Urteil des BGH vom 17.11.2010

Leitsatzentscheidung zu Ertragswert, Immobilienfonds, Form, Kommanditeinlage, Anwartschaft

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 170/09 Verkündet
am:
17. November 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1376, 1568 b; ZPO § 287
a) Wird die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstandes vom
Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall eine ge-
eignete Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwen-
den (im Anschluss an Senatsurteile BGHZ 130, 298, 303 und vom 17. Juli
2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).
b) Lässt sich die Werthaltigkeit eines in den Zugewinnausgleich fallenden An-
rechts bezogen auf den Stichtag nicht hinreichend konkret bestimmen, hat
der Tatrichter im Rahmen der gemäß § 287 ZPO durchzuführenden Schät-
zung die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugänglichen Erkenntnis-
möglichkeiten zu nutzen.
c) Im Falle einer späteren Liquidation kann der zum maßgeblichen Stichtag
bestehende Wert eines Kommanditanteils an einem geschlossenen Immobi-
lienfonds grundsätzlich unter Berücksichtigung des Veräußerungserlöses
bestimmt werden.
d) Mit der Aufhebung der Hausratsverordnung und der Einführung des
§ 1568 b BGB zum 1. September 2009 sind der gerichtlichen Hausratsver-
teilung nur noch die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden
Haushaltsgegenstände unterworfen. Hausrat, der im Alleineigentum eines
Ehegatten steht, bleibt dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehalten.
§ 1568 b BGB ist mangels Übergangsregelung auch in bereits vor dem
1. September 2009 anhängig gemachten Verfahren anwendbar.
BGH, Urteil vom 17. November 2010 - XII ZR 170/09 - OLG Hamm
AG Rheine
- 2 -
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17.
November 2010 durch die Richter Dose, Weber-Monecke,
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Senats für
Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Oktober
2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-
dung, auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens, an
das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht vom Beklagten Zugewinnausgleich.
1
Die Parteien heirateten am 5. März 1982. Sie lebten im gesetzlichen Gü-
terstand der Zugewinngemeinschaft. Am 26. Juli 1997 wurde der Scheidungs-
antrag zugestellt. Seit dem 19. Dezember 2000 ist die Ehe rechtskräftig ge-
schieden. Der Beklagte war seinerzeit Leiter einer Bezirksstelle der W.
L. GmbH & CO (W. L. ). Gemäß Ziffer 16 Absatz 1 des an ei-
nen früheren Vertrag anknüpfenden Geschäftsbesorgungsvertrages vom
2
- 3 -
13. November 1992 (im Folgenden: Geschäftsbesorgungsvertrag) haben der
Bezirksleiter oder seine Hinterbliebenen bei Beendigung des Vertragsverhält-
nisses wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Berufsunfähigkeit oder Tod
Anspruch auf eine Versorgung (Kapitalzahlung). Gemäß Absatz 3 berechnet
sich die Versorgung nach der Durchschnittsprovision der letzten drei Kalender-
jahre vor dem Ausscheiden.
Die Klägerin hat während der Ehezeit keinen Zugewinn erzielt. Die Par-
teien streiten um die Höhe des Zugewinns des Beklagten, namentlich um die
Frage, mit welchem Wert der Versorgungsanspruch des Beklagten in die Zu-
gewinnausgleichsbilanz einzustellen ist, und um die Bewertung einer Komman-
diteinlage im Anfangsvermögen des Beklagten sowie zweier Immobilien im
Endvermögen.
3
Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen
Zugewinnausgleich in Höhe von 39.023,39 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die
von beiden Parteien eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den ausge-
urteilten Zahlbetrag auf 29.427,34 € herabgesetzt. Hiergegen wendet sich die
Klägerin mit ihrer vom Oberlandesgericht im Hinblick auf die Bewertung der
Versorgungsanwartschaft des Beklagten zugelassenen Revision.
4
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beru-
fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Zulassung der Revision
nicht allein auf das Versorgungsanrecht des Beklagten beschränkt ist.
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- 4 -
Zwar hat das Berufungsgericht die Revision im Hinblick auf die Bewer-
tung der Versorgungsanwartschaft des Beklagten zugelassen. Darin ist jedoch
keine - unzulässige - Beschränkung der Revision zu sehen, sondern lediglich
ein Hinweis auf die Motivation der Revisionszulassung.
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Der Anspruch auf Zugewinnausgleich beruht auf einer Saldierung ver-
schiedener, von den Ehegatten in der Ehe erworbener Vermögenspositionen.
Er bildet als einheitlicher Anspruch einen jedenfalls im Grundsatz unteilbaren
Streitgegenstand, der dem Revisionsgericht deshalb nur insgesamt anfallen
kann und die Überprüfung aller Vermögensgegenstände, die bei der Saldierung
berücksichtigt worden sind oder zu berücksichtigen waren, erforderlich macht
(vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt:
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Das Anfangsvermögen der Klägerin habe sich unstreitig am Stichtag
(5. März 1982) auf 491.824,93 DM belaufen. Demgegenüber habe ihr Endver-
mögen am Stichtag (26. Juli 1997) insgesamt einen Wert von 269.230,93 DM
gehabt.
10
Als Aktivvermögen sei der halbe Miteigentumsanteil an dem Anwesen
S. 8 mit einem Wert von 425.000 DM in die Bilanz einzustellen (wie im
Übrigen bei dem Beklagten auch). Gegen die Vorgehensweise des Gutachter-
ausschusses, der ausschließlich den Ertragswert (mit einem Wert von
750.000 DM) bemessen habe, spreche, dass die Immobilie während der Ehe-
zeit von den Parteien selbst genutzt worden sei. Zutreffend hätten der Sachver-
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- 5 -
ständige K. und der von der Klägerin beauftragte Sachverständige Kr.
sowohl den Sachwert als auch den Ertragswert berücksichtigt, deren Ver-
hältnis aber unterschiedlich gewichtet. Die geringe Zahl der aufgrund der Be-
sonderheiten des Objekts (gemischte Wohn- und Betriebsbebauung im Gewer-
begebiet) in Betracht kommenden Nutzer rechtfertige es vorliegend trotz der
Eigennutzung, den ermittelten Sachwert deutlich zu korrigieren. Es sei damit
zwar grundsätzlich dem Gutachten des Sachverständigen K. (geschätzter
Wert: 913.000 DM) zu folgen. Ergänzend sei aber zu berücksichtigen, dass die
Klägerin den hälftigen Miteigentumsanteil des Beklagten Ende der 90er-Jahre
entsprechend einer Kaufpreiseinschätzung mehrerer Makler für 425.000 DM
übernommen habe, nachdem der Versuch einer Veräußerung an Dritte ge-
scheitert sei.
Der Zugewinn des Beklagten belaufe sich auf 175.109,75 DM. Das An-
fangsvermögen des Beklagten habe indexiert 139.519,13 DM betragen, davon
sei die Kommanditeinlage "B. -W. -F. -15" mit 30.000 DM zu bewerten.
Diese Einlage sei im Wege einer Schätzung nach § 287 ZPO mit dem Wert des
Anschaffungspreises im Anfangsvermögen des Beklagten zu berücksichtigen.
Zwar habe der Beklagte ca. zehn Jahre nach dem Erwerb "nur" den Nennbe-
trag des Anschaffungspreises wieder ausbezahlt bekommen, er habe aber zeit-
nah zur Heirat für die Jahre 1982 und 1983 Ertragsausschüttungen erhalten.
12
Demgegenüber habe der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung des
Scheidungsantrages am 26.
Juli 1997 ein Endvermögen in Höhe von
314.628,88 DM gehabt.
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Die Eigentumswohnung N. Straße 9-11 sei mit einem Betrag von
200.000 DM in die Bilanz einzustellen. Der Gutachterausschuss habe ange-
sichts des Umstandes, dass die Wohnung vermietet sei, zu Recht maßgeblich
14
- 6 -
auf den Ertragswert abgestellt. Bei dessen Ermittlung habe das Dachstudio
nicht herangezogen werden dürfen, weil es bauordnungsrechtlich nicht zu
Wohnzwecken genutzt und deswegen auch nicht als Wohnfläche vermietet
werden dürfe.
15
Bei der dem Beklagten zugesagten Versorgungsanwartschaft in Form ei-
nes Kapitalbetrages handele es sich um eine unverfallbare Anwartschaft im
Sinne des Betriebsrentengesetzes. Da es um die Bewertung des Endvermö-
gens zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages gehe, könne für
die Bemessung des Wertes der Anwartschaft im Ansatz nur vom Durch-
schnittswert der Provision aus den letzten drei Jahren vor Zustellung des
Scheidungsantrages ausgegangen werden. Hieraus errechne sich die maximal
erreichbare Anwartschaft gemäß den vertraglichen Absprachen mit 50 %, also
mit 217.795 DM. Die wegen der bestehenden Unsicherheiten von der Sachver-
ständigen in Form eines Abschlags vorgenommene Risikobewertung, die zur
Herabsetzung auf 54.688,92 DM führe, erscheine nachvollziehbar und begrün-
det. Demgegenüber sei die Witwenrentenanwartschaft nicht zu berücksichtigen.
Zum Ende der Ehezeit habe der Beklagte allerdings angesichts der Dauer sei-
ner Betriebszugehörigkeit erst 45 % der Durchschnittsprovisionen beanspru-
chen können. Da es vorliegend um eine Frage des Zugewinnausgleichs gehe,
sei es sachgerecht, nicht auf eine zeitratierliche Berechnung bis zum Rentenal-
ter, sondern nur auf die Vermögensentwicklung während der Ehezeit abzustel-
len. Es errechne sich damit ein Wert der Versorgungsanwartschaft zum Ende
der Ehezeit in Höhe von 90 % von 54.688,92 DM, also 49.220,02 DM. Ferner
sei gemäß § 287 ZPO hinsichtlich der Steuerpflicht ein pauschaler Abschlag
von 35 % von dem bisher errechneten Wert vorzunehmen. Demnach sei die
Versorgungsanwartschaft mit einem Betrag von 31.993,02 DM in das Endver-
mögen einzustellen.
- 7 -
II.
16
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision zu Recht, soweit es
um die Bewertung des Versorgungsanrechtes des Beklagten bei der W. L.
geht. Im Übrigen sind die vom Berufungsgericht durchgeführten Bewertungen
der Kommanditeinlage sowie der Immobilien revisionsrechtlich nicht zu bean-
standen. Dies gilt gleichermaßen für die übrigen vom Berufungsgericht in die
Bilanz eingestellten und von der Revision nicht angegriffenen Positionen bzw.
Bewertungen.
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Bewertung der dem Be-
klagten von der W. L. zugesagten Versorgung in Form einer Kapitalzah-
lung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Oberlandesge-
richts, wonach es sich bei dem Versorgungsanrecht des Beklagten - jedenfalls
dem Grunde nach - um eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne des Gesetzes
zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung handelt (vgl. BGH Urteil
vom 13. Juli 2006 - IX ZR 90/05 - NJW 2006, 3638, 3639) und sie, da sie auf
Auszahlung eines Kapitalbetrages gerichtet ist, beim Zugewinnausgleich zu
berücksichtigen ist. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass das
in der Ehe erworbene unverfallbare Anrecht des Beklagten auf den ihm von der
W. L. als "Versorgung" zugesagten Einmalbetrag dem Zugewinnausgleich
unterliegt. Ein solches Anrecht auf Kapitalleistungen unterfiel nach der hier bei
der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch maßgeblichen Rechts-
lage grundsätzlich nicht dem Versorgungsausgleich, da dessen System auf den
Ausgleich wiederkehrender Versorgungsleistungen zugeschnitten war und auf
den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht übertragen werden konnte (Senatsur-
teile vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153; BGHZ 88, 387,
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- 8 -
395 f. = FamRZ 1984, 156 und 117, 70, 76 = FamRZ 1992, 411 - vgl. aber
nunmehr § 2 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 VersAusglG).
19
b) Die Besonderheit bei der Bewertung der hier streitgegenständlichen
Anwartschaft besteht darin, dass das Anrecht des Beklagten zum Stichtag be-
tragsmäßig weder feststand noch feststellbar war und es deshalb an einem ihm
zurechenbaren Kapitalwert fehlt. Fest steht allein der von den Durchschnitts-
provisionen der letzten drei Kalenderjahre maßgebliche Prozentsatz bezogen
auf den Stichtag. Dieser ist in Ziffer 16 Abs. 3 des Geschäftsbesorgungsvertra-
ges festgeschrieben
.
Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststel-
lungen des Berufungsgerichts konnte der Beklagte am Stichtag auf eine Be-
triebszugehörigkeit von fünfzehn Jahren zurückblicken. Damit hat er ein Anrecht
in Höhe von 45 % der vorgenannten Durchschnittsprovisionen erworben.
aa) Wie der Wert für ein solches Anrecht im Zugewinnausgleich zu ermit-
teln ist, hat der Senat - bislang - nicht entschieden.
20
(1) Wird die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstan-
des vom Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall eine
geeignete Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwen-
den. In der Sache handelt es sich um eine Schätzung im Rahmen des § 287
Abs. 2 ZPO (Senatsurteile BGHZ 130, 298 = FamRZ 1995, 1270 und vom
17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154). Dies entbindet das Ge-
richt indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen
seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise an-
zugeben (Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - zur Veröffentli-
chung bestimmt und vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-RR 2003, 873,
874; Laumen in Prütting/Gehrlein ZPO § 287 Rn. 21). Diese tatrichterliche Be-
wertung kann nach allgemeinen Grundsätzen nur daraufhin überprüft werden,
21
- 9 -
ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf
rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.
22
(2) Ist eine erst in der Zukunft fällig werdende Forderung zu bewerten, ist
zu beachten, dass sie einen geringeren wirtschaftlichen Wert als eine bereits
fällige hat. Deshalb ist nichts dagegen einzuwenden, die Forderung zu dem für
die Ermittlung des Endvermögens maßgebenden Bewertungsstichtag abzuzin-
sen. In diesem Sinne hat der Senat bereits im Fall eines betragsmäßig festste-
henden Anrechts auf "Alterskapital" entschieden (Senatsurteil vom 17. Juli 2002
- XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153, 154).
(3) Ebenso hat der Senat entschieden, dass die Ungewissheit, ob der im
Anrecht verkörperte Vermögenswert dem Begünstigten oder seinen Rechts-
nachfolgern zufallen wird, bei der Bewertung des Anrechts berücksichtigt wer-
den muss (Senatsurteile BGHZ 117, 70 = FamRZ 1992, 411, 414; 118, 242 =
FamRZ 1992, 1155, 1159 und vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ
2003, 153, 154). So kann die Erlebenswahrscheinlichkeit des Anrechtsinhabers
etwa durch das Verhältnis der Erlebensquoten erfasst werden, die für den An-
rechtsinhaber bei Eintritt des (Alters-) Versorgungsfalles einerseits und zum
Bewertungsstichtag andererseits gelten (Senatsurteil BGHZ 118, 242 = FamRZ
1992, 1155, 1159).
23
(4) Das hier zu beurteilende Anrecht zeichnet sich indessen dadurch aus,
dass sich seine Werthaltigkeit erst durch die - am Stichtag nicht absehbare -
weitere Entwicklung der Jahresprovisionen konkretisiert. Deshalb stellen die für
den Stichtag maßgeblichen Durchschnittsprovisionen, auf die das Berufungsge-
richt hier zurückgegriffen hat, für die Höhe des später auszuzahlenden Kapital-
betrages keine verlässliche Größe dar. Zwar ist gemäß § 1376 Abs. 2 BGB bei
der Berechnung der Wert zugrunde zu legen, den das bei Beendigung des Gü-
24
- 10 -
terstandes vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt hat. Hier geht es jedoch
gerade um die Bewertung eines zum Zeitpunkt des Stichtages der Höhe nach
nicht bestimmbaren Rechts. In einem solchen Fall auf den Erkenntnisstand ei-
nes optimalen Betrachters am Stichtag abzustellen und dabei spätere Entwick-
lungen des Anrechts nur dann zu berücksichtigen, wenn sie schon im Ansatz
erkennbar waren (so etwa Palandt/Brudermüller BGB 69. Aufl. § 1376 Rn. 8 zur
Unternehmensbewertung), ist wegen der vorgenannten Eigenheiten des An-
rechts hier nicht zielführend.
In Fallkonstellationen dieser Art, in denen völlig ungewiss ist, welche
Provisionen in dem -
dem Renteneintritt vorausgehenden
- Drei-Jahres-
Zeitraum zu erwarten sind, stellt sich die Frage, ob das Anrecht der Höhe nach
überhaupt unverfallbar und damit im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist.
Würde der Begünstigte in den letzten drei Jahren vor seinem Austritt keine Pro-
visionen erzielen, wäre sein Versorgungsanrecht wertlos. Dies spräche gegen
eine Unverfallbarkeit des Anrechts. Andererseits kann nicht davon ausgegan-
gen werden, dass der von dem Anrecht Begünstigte drei Jahre lang ohne jegli-
che Einnahmen für das Unternehmen tätig ist. Von daher verbleibt dem Be-
günstigten jedenfalls ein Mindestwert, der im Zugewinnausgleich zu berücksich-
tigen ist.
25
Im Rahmen der Wertermittlung muss es dem Tatrichter wegen der Ei-
genart des hier zu bestimmenden Rechts und der damit einhergehenden Un-
wägbarkeiten erlaubt sein, die ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugängli-
chen Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen, um den Wert zum Stichtag besser zu
erfassen. Wenn sich hieraus keine konkreten Erkenntnisse für die Werthaltigkeit
des Anrechts gewinnen lassen, bleibt Raum für eine Schätzung nach § 287
ZPO. Grundlage der Schätzung ist dann der Kenntnisstand des Tatrichters im
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
26
- 11 -
Die von der Revision vertretene Auffassung, wonach - wie bei der Er-
tragswertermittlung von Unternehmen - eine auf den Stichtag bezogene Prog-
nose der Provisionsentwicklung vorzunehmen und auf diese Weise der mut-
maßliche Provisionsertrag zu ermitteln sei, verfängt nicht. Einer solchen Be-
rechnung liegt die Annahme zugrunde, dass sich der Wert eines Unternehmens
danach richtet, was ein Erwerber für dieses bezahlen würde
(MünchKommBGB/Koch 5. Auflage § 1376 Rn. 27). Demgegenüber ist das Ver-
sorgungsanrecht des Beklagten bezogen auf den Stichtag weder wertmäßig
bestimmt noch - anders etwa als bei Unternehmen oder Lebensversicherun-
gen - in irgendeiner Weise realisierbar.
27
bb) Den sich hiernach ergebenden Bewertungsanforderungen wird das
Berufungsurteil nicht gerecht.
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(1) Dem Grunde nach nicht zu beanstanden ist allerdings der vom Beru-
fungsgericht gebilligte Ansatz der Sachverständigen, dem Umstand, dass dem
Beklagten der Kapitalbetrag am Stichtag noch nicht zur Verfügung stand, durch
eine entsprechende Abzinsung unter Zugrundelegung der Heubeck-Richttafeln
(2005 G, Männer Jahrgang 1948) als biometrische Rechnungsgrundlage Rech-
nung zu tragen.
29
(2) Ferner hat das Berufungsgericht die von der Sachverständigen vor-
geschlagene Kürzung dieses Betrages bezogen auf die Ermittlung des Ehezeit-
anteils der Versorgungsanwartschaft entsprechend der Berechnung im Versor-
gungsausgleich gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 a) BGB aF mit zutreffender Be-
gründung abgelehnt. Diese Norm findet ausschließlich auf den Versorgungs-
ausgleich Anwendung. Hier geht es indes um eine - dem Zugewinnausgleich
unterliegende - Kapitalzahlung. Demgemäß ist nach § 1376 BGB der Wert zu
ermitteln, den das Anrecht am Stichtag hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der
30
- 12 -
Beklagte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts jedoch während der
Ehezeit bereits 90 % der maximal erzielbaren Versorgungsanwartschaften er-
reicht. Diese Ausführungen greift die Revision im Übrigen als für sie günstig
auch nicht an.
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(3) Gegen die Berücksichtigung einer geschätzten Steuerlast ist dem
Grunde nach nichts zu erinnern. Zwar ist der Einwand der Revision zutreffend,
wonach am Stichtag keine Steuerlasten (hinsichtlich des noch nicht fälligen Ver-
sorgungskapitals) angefallen sind. Darum geht es bei der Frage der Bewertung
hingegen nicht. Maßgeblich ist, welchen Wert das Anrecht am Stichtag für den
Beklagten hatte. Bei der Wertermittlung darf deshalb nicht unberücksichtigt
bleiben, dass der Beklagte bei einer späteren Auszahlung den Betrag auch zu
versteuern hat. Es handelt sich dabei um eine latente Steuerlast. Sie ist, jeden-
falls soweit es sich wie hier um Ertragssteuern handelt, wertmindernd zu be-
rücksichtigen (Schröder Bewertungen im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 153
mwN). Dagegen, dass das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO den Steuersatz
auf 35 % geschätzt hat, ist ebenfalls nichts zu erinnern. Hier kommt es nicht auf
die - einer Feststellung zugänglichen - steuerrechtlichen Verhältnisse des Be-
klagten am Stichtag an, sondern auf diejenigen, die zum Zeitpunkt der Auszah-
lung maßgeblich sein werden. Da diese gegenwärtig nicht verlässlich feststell-
bar sind, konnte das Berufungsgericht nur auf eine Schätzung zurückgreifen.
(4) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber, soweit es we-
gen der Ungewissheit hinsichtlich der Höhe des Versorgungsanrechts im Ein-
klang mit der Sachverständigen eine Erhöhung des Rechnungszinses von
4,5 % auf insgesamt 10 % vorgenommen hat mit der Folge, dass sich der
verbleibende Betrag von 55.690 € auf 27.962 € (= 54.688,92 DM) in etwa hal-
biert hat. Dem Gutachten, auf das das Oberlandesgericht Bezug nimmt, lässt
sich nicht entnehmen, wie die Sachverständige zu diesem Wert gelangt ist. Zu-
32
- 13 -
treffend weist die Revision darauf hin, dass sich nicht im Ansatz nachvollziehen
lässt, inwieweit sich die von der Sachverständigen thematisierten Unsicherhei-
ten in der von ihr angeführten unterschiedlichen Rendite von britischen und
deutschen Lebensversicherungen widerspiegeln.
33
Das Berufungsgericht hätte vielmehr nach der Einlassung des Beklagten
in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2008, wonach er seit Januar 2004
nicht mehr als Bezirksleiter bei W. L. tätig sei, sondern dort nunmehr als
Prokurist und Vertriebsleiter arbeite, der Frage nachgehen müssen, ob sich
hierdurch bereits sein Versorgungsanrecht anhand der Durchschnittsprovisio-
nen der letzten drei Jahre vor seinem Ausscheiden als Bezirksleiter konkreti-
siert hat.
Wenn sich hieraus keine verlässlichen Erkenntnisse hätten gewinnen
lassen, wäre Raum für eine Schätzung nach § 287 ZPO gewesen. Insoweit hät-
te das Berufungsgericht allerdings entgegen der Auffassung der Revision auch
die von der Sachverständigen herangezogenen "Änderungen im Lotteriewesen
mit ihren ungewissen Auswirkungen auf die zukünftigen Provisionszahlungen"
berücksichtigen dürfen, auch wenn sich diese am Stichtag noch nicht abge-
zeichnet haben sollten. Denn der Tatrichter darf bei einem Anrecht der vorlie-
genden Art - wie oben ausgeführt - für die stichtagsbezogene Bewertung auch
die späteren Erkenntnisse berücksichtigen. Das entbindet das Gericht (bzw.
den Sachverständigen) aber nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächli-
chen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüf-
barer Weise anzugeben. Hier wäre etwa zu erwarten gewesen, dass die Sach-
verständige die "anstehenden Änderungen" konkretisiert und erläutert, welchen
Einfluss sie auf die Umsatzzahlen haben können. Ferner hätte sich das Beru-
fungsgericht mit der Frage einer möglichen Verfallbarkeit des Anrechts der Hö-
he nach bzw. eines zu schätzenden Mindestwertes auseinandersetzen müssen.
34
- 14 -
(5) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind schließlich auch die Ausfüh-
rungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Witwenrentenanwartschaft nicht
zu berücksichtigen sei, weil eine solche "vorliegend keine Rolle spielt".
35
36
Die in Ziffer 16 Absatz 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages zugesagte
Hinterbliebenenversorgung ist Bestandteil der Versorgungsregelung. Von daher
ist sie bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Schätzung des Kapitalwertes
nach § 287 ZPO einzubeziehen. Zwar ist es entgegen der Auffassung der Revi-
sion nicht zwingend, diese weitere Option wertmäßig zu berücksichtigen. Je-
doch muss der Tatrichter die Grundlagen für seine entsprechende Entschei-
dung benennen. Diesem Erfordernis genügt das Oberlandesgericht mit seinem
Hinweis nicht, zumal es auch nicht zwingend ist, dass die Witwenrentenanwart-
schaft ohne Bedeutung ist. Denn es kann für den Beklagten durchaus einen
wirtschaftlichen Wert bedeuten, dass im Falle seiner Wiederverheiratung seine
künftige Frau eine Hinterbliebenenversorgung beanspruchen kann. Weder das
Familiengericht noch das Oberlandesgericht haben sich damit auseinanderge-
setzt.
Der Ansatz der Revision, dass der Beklagte am Stichtag noch verheiratet
gewesen und deshalb die Witwenrente wertmäßig zu berücksichtigen sei, geht
allerdings fehl. Denn ihn weitergedacht, wäre die Klägerin Begünstigte der Hin-
terbliebenenversorgung. Ihre etwaige Vermögensmehrung dem Beklagten im
Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens zuzurechnen, das mit dem Stich-
tag eine Zäsur hinsichtlich der Vermögensentwicklung vorsieht, würde die Ziel-
richtung des Zugewinnausgleichs verfehlen.
37
2. Dass das Berufungsgericht für die Beteiligung des Beklagten an dem
geschlossenen Immobilienfonds "B. -W. -F. -15" in Form einer Kom-
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- 15 -
manditeinlage einen Wert von 30.000 DM in das Anfangsvermögen eingestellt
hat, ist demgegenüber revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
39
a) Ähnlich wie bei der Bewertung des Versorgungsanrechts des Beklag-
ten bei der W. L. stellt sich auch bei der Beteiligung an einem geschlosse-
nen Immobilienfonds in Form einer Kommanditeinlage die Frage, wie sie zum
Stichtag annähernd realistisch bewertet werden kann. Denn die entsprechen-
den Kommanditanteile sind - wie die Revision zu Recht ausführt - überhaupt
nicht bzw. nur sehr schlecht veräußerbar (BGH Urteile vom 22. Juli 2010
-
III
ZR
203/09
- NZG 2010, 1026 Rn.
23 und vom 18.
Januar 2007
- III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621 Rn. 16). Das bedeutet indes nicht, dass sie
wertlos sind. Die Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds basiert viel-
mehr auf langfristigen Investitionen, die jedenfalls in der hier maßgeblichen Zeit
um 1982 üblicherweise auch wegen der Aussicht auf Steuervorteile bezogen
auf die Dauer der Beteiligung getätigt wurden.
Zur Ermittlung des Wertes einer Abschreibungsgesellschaft, die in der
Regel in Form einer Kommanditgesellschaft betrieben wird (Haußleiter/Schulz
Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 4. Aufl. Kap. 1
Rn. 129), wird in der Literatur empfohlen, den zu erwartenden Veräußerungser-
lös bei Beendigung der Beteiligung zu ermitteln. Hierzu seien die bis dahin noch
zu erwartenden Steuervorteile hinzuzurechnen. Abzuziehen seien noch offene
Zahlungsverpflichtungen sowie die mit der Veräußerung ausgelösten Steuern
(so Schröder aaO Rn. 115 unter Hinweis auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des
OLG Hamm vom 20. März 1984 - 1 UF 233/82; ihm folgend Büte Zugewinnaus-
gleich bei Ehescheidung 3. Aufl. Rn. 62; Haußleiter/Schulz aaO; Münch FamRB
2007, 375, 380). Der Sache nach lehnt sich diese Vorgehensweise an das Li-
quidationswertverfahren an, bei dem Anknüpfungspunkt der Wertermittlung der
zu erzielende Veräußerungserlös ist (vgl. Schröder aaO Rn. 80).
40
- 16 -
Diese von der Literatur für Abschreibungsgesellschaften empfohlene Me-
thode verspricht nach dem oben Gesagten jedenfalls für die Bewertung einer
Kommanditeinlage an einem geschlossenen Immobilienfonds einen verlässli-
chen Rückschluss auf den zum maßgeblichen Stichtag bestehenden Wert.
41
42
b) Gemessen an diesen Anforderungen hält sich die vom Berufungsge-
richt vorgenommene Wertermittlung im Rahmen des tatrichterlichen Ermes-
sens.
Der Immobilienfonds war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
1984 liquidiert worden. In der Folge - wenn auch erst 1990 als Ergebnis eines
Rechtsstreits - hat der Beklagte den Nennbetrag des Anschaffungspreises zu-
rückerhalten. Zuvor hat er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1982
und 1983 Ertragsausschüttungen und schließlich insgesamt mehr als den in-
vestierten Betrag erhalten. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Um-
stände gemäß § 287 ZPO den Wert auf den Betrag schätzt, der dem Anschaf-
fungspreis des Kommanditanteils Ende 1980 und gleichzeitig dem Betrag ent-
spricht, den der Beklagte infolge der - bereits 1984 eingetretenen - Liquidation
ausgezahlt erhalten hat, liegt dies vor allem unter Berücksichtigung sämtlicher
Unwägbarkeiten, die mit einer Bewertung eines solchen Anteils einhergehen,
noch im tatrichterlichen Ermessen (vgl. zur Unternehmensbewertung im Falle
der Liquidation BGH Urteil vom 17. März 1982 - IVa ZR 27/81 - NJW 1982,
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3. Ebenso wenig ist es revisionsrechtlich zu beanstanden, dass das Be-
rufungsgericht für das Anwesen S. 8 per Stichtag nur einen Wert von
850.000 DM in die Zugewinnausgleichsberechnung eingestellt hat.
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a) Es ist Sache des - sachverständig beratenen - Tatrichters, die zur Er-
mittlung des "vollen, wirklichen" Wertes der Immobilie geeignete Bewertungs-
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- 17 -
methode auszuwählen und sachgerecht anzuwenden. Seine Entscheidung
kann vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder ob sie sonst auf rechtsfehler-
haften Erwägungen beruht (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 8. September
2005, 1974, 1976).
Dabei muss der für die Berechnung des Zugewinns maßgebende wirkli-
che Wert eines Grundstücks nicht stets mit dem hypothetischen Verkaufswert
am Stichtag übereinstimmen. Vielmehr kann der wirkliche Wert höher sein als
der aktuelle Veräußerungswert. Insbesondere ist bei der Bewertung ein vorü-
bergehender Preisrückgang nicht zu berücksichtigen, wenn er bei nüchterner
Beurteilung schon am Stichtag als vorübergehend erkennbar war. Eine strenge-
re Orientierung an dem tatsächlich erzielbaren Verkaufserlös ist nur dann gebo-
ten, wenn das Grundstück zur Veräußerung bestimmt ist oder als Folge des
Zugewinnausgleichs veräußert werden muss (Senatsurteil vom 1. April 1992
- XII ZR 146/91 - FamRZ 1992, 918, 919).
46
b) Diesen Anforderungen ist das Berufungsurteil gerecht geworden.
47
aa) Das Oberlandesgericht hat die vorliegenden Gutachten unter Einbe-
ziehung der mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen ausführlich ge-
würdigt. Die von ihm auf dieser Grundlage angestellte Wertermittlung trägt den
Besonderheiten der Immobilie Rechnung; sie ist nachvollziehbar und lässt je-
denfalls revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
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Vor allem ist nichts dagegen zu erinnern und im Übrigen von der Revisi-
on nicht gerügt, dass das Berufungsgericht der vom Sachverständigen K.
gewählten Methode dem Grunde nach gefolgt ist. Dieser hatte den Verkehrs-
wert sowohl aus dem (niedrigeren) Ertragswert als auch aus dem (höheren)
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- 18 -
Sachwert ermittelt. Dabei hat er - anders als der von der Klägerin beauftragte
Sachverständige Kr. - das Schwergewicht auf ersteren gelegt und ei-
nen weiteren Abzug (vom Sachwert) wegen eingeschränkter Marktverhältnisse
in Höhe von 10 % vorgenommen. Diese Art der Wertermittlung war dem Um-
stand geschuldet, dass die Immobilie an sich als Gewerbeobjekt zu qualifizieren
ist, gleichzeitig aber ein - mittlerweile von der Klägerin allein genutztes - Wohn-
gebäude umfasst.
bb) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei
der Bewertung der Immobilie gegenüber dem Gutachten K. einen weiteren
Abschlag (von 913.000 DM auf 850.000 DM) vorgenommen hat. Insoweit hat
das Oberlandesgericht ergänzend den unstreitigen Vortrag der Parteien heran-
gezogen. Danach war ihnen von mehreren Maklern ein Verkaufspreis von
850.000 DM als realistische Kaufpreisgröße angegeben und von den Parteien
auch intern beim Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klägerin
zugrunde gelegt worden.
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Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht
nicht davon ausgehen, dass es sich nur um einen vorübergehenden Preisrück-
gang gehandelt hat, der dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn er bei nüchter-
ner Beurteilung schon am Stichtag als vorübergehend erkennbar war. Zu Recht
weist der Beklagte auf die Ausführungen des Sachverständigen K. in sei-
nem Gutachten hin, wonach "in jüngster Zeit und heute (…) hier sogar Abschlä-
ge von ca. 20 bis 30 % hingenommen werden" müssten. Vor dem Berufungsge-
richt hat der Sachverständige von einer "damals beginnenden Abwärtsentwick-
lung" gesprochen. Wenn das Berufungsgericht in diesem Kontext den - insoweit
übereinstimmenden - Äußerungen der Parteien und dem Umstand, dass der
Beklagte nach gescheiterten Verkaufsbemühungen seinen Miteigentumsanteil
an der Immobilie für 425.000 DM an die Klägerin veräußert hat, eine maßgebli-
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- 19 -
che Indizwirkung für einen niedrigeren als vom Sachverständigen angenomme-
nen Wert beimisst, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Im Übrigen ist - wie bereits ausgeführt - auch nach der Senatsrechtspre-
chung eine strengere Orientierung an dem tatsächlich erzielbaren Verkaufserlös
geboten, wenn das Grundstück zur Veräußerung bestimmt ist (Senatsurteil vom
1. April 1992 - XII ZR 146/91 - FamRZ 1992, 918, 919). Dies war hier ersichtlich
der Fall, da die Klägerin nach den - von der Revision nicht angegriffenen Fest-
stellungen des Berufungsgerichts - den Miteigentumsanteil des Beklagten erst
erworben hatte, nachdem der Versuch einer Veräußerung an Dritte gescheitert
war.
4. Revisionsrechtlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass das Be-
rufungsgericht für die Eigentumswohnung N. Straße 9 zum Stichtag im End-
vermögen des Beklagten einen Wert von 200.000 DM angesetzt hat.
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Die vom Oberlandesgericht tatrichterlich vorgenommene Bewertung be-
ruht weder auf rechtsfehlerhaften Erwägungen noch verstößt sie gegen Denk-
gesetze oder Erfahrungswerte.
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a) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet der Ansatz eines
Mietwertes von DM 9,50/qm keinen Bedenken.
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Dass der Beklagte tatsächlich eine höhere Miete erzielt hat als vom Gut-
achterausschuss bei der Ermittlung des Ertragswertes zugrunde gelegt, ist für
die Wertermittlung unbeachtlich. Der Gutachterausschuss hat den Ertragswert
in Anlehnung an die §§ 16, 17 der Wertermittlungsverordnung ermittelt
(BGBl. I 1988 S. 2209 - WertV; siehe jetzt §§ 17, 18 der seit dem 1. Juli 2010
gültigen Immobilienwertermittlungsverordnung, BGBl.
I 2010, 639
- ImmoWertV). Er hat in seinem Gutachten vom 26. August 2003 dargelegt,
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- 20 -
dass die nachhaltig erzielbaren Mieten "in Anlehnung an die Werte des Miet-
spiegels (…) sachverständig und unabhängig von den tatsächlich gezahlten
Mieten geschätzt werden". Dass das Oberlandesgericht bei der Übernahme
dieser Einschätzung sein tatrichterliches Ermessen überschritten hat, ist nicht
ersichtlich. Auf die "nachhaltig erzielbaren" Einnahmen im Sinne der §§ 16, 17
WertV (bzw. auf die "marktüblich erzielbaren" Erträge im Sinne der §§ 17, 18
ImmoWertV) ist vielmehr auch dann abzustellen, wenn für die Nutzung des
Grundstücks vom Üblichen abweichende Entgelte, also etwa über dem Miet-
spiegel liegende Mieteinnahmen, erzielt werden (s. dazu FG Nürnberg DStRE
2005, 97, 98; vgl. auch §§ 17, 18 ImmoWertV).
Ferner hat die Vorsitzende des Gutachterausschusses in ihrer Verneh-
mung vor dem Amtsgericht nachvollziehbar erläutert, dass dieser bei dem im
Mietspiegel ausgewiesenen Mietwert wegen der Lage der Wohnung (benach-
barte Gewerbeimmobilen) einen Abschlag vorgenommen und so zu dem veran-
schlagten Wert von 9,50 DM gekommen sei.
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b) Entgegen der Ansicht der Revision ist es auch nicht zu beanstanden,
dass das Berufungsgericht die weitere Vorgehensweise des Gutachteraus-
schusses gebilligt hat, wonach bei der Wertermittlung der Dachbodenraum nicht
zusätzlich mit einem Mietwert zu versehen sei, da er bauordnungsrechtlich nicht
als Wohnraum genutzt werden dürfe. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WertV umfasst
der Rohertrag alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nut-
zung nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück (Entsprechendes
gilt jetzt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV). Die Vermietung einer nicht als
Wohnraum genehmigten Räumlichkeit als Wohnraum wäre indes unzulässig
und darf damit in den Ertragswert keinen Eingang finden.
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Dem stehen die von der Revision zitierten Urteile des VIII. Zivilsenats
(vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 39/09 - NJW 2010, 1064 Rn. 18 und vom
16. September 2009 - VIII ZR 275/08 - NJW 2009, 3421 Rn. 8 ff.) nicht entge-
gen. Denn diese Entscheidungen beziehen sich ausschließlich auf den Fall,
dass der Mieter die - für Wohnzwecke nicht genehmigte - Fläche als Wohnflä-
che mietvertraglich akzeptiert hat und daran gebunden ist. Eine solche Fallges-
taltung ist für die Ermittlung des Ertragswertes genauso wenig repräsentativ wie
die tatsächliche Vereinbarung eines überhöhten Mietzinses.
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Die Revision meint, dass die mit dem Ausbau einhergehende werterhö-
hende Eigenschaft jedenfalls den Sachwert der Wohnung beeinflusse und des-
halb in die Verkehrswertermittlung Eingang finden müsse. Dabei hat sie indes
nicht beachtet, dass ausweislich des Gutachtens die "zusätzlich nutzbare Flä-
che im 2. Dachgeschoss (Dachbodenraum)" als ein positiver Faktor berücksich-
tigt worden ist. Schließlich ist der Verkehrswert trotz des ermittelten Ver-
gleichswertes von 190.000 DM auf 200.000 DM festgesetzt worden.
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c) Es begegnet auch keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das
- sachverständig beratene - Berufungsgericht den vom Gutachterausschuss mit
3,5 % angesetzten Liegenschaftszins gebilligt hat. Es ist nichts dagegen einzu-
wenden, wenn der Sachverständige bei der Bewertung eines Grundstücks zum
Ende des Untersuchungszeitraums von dem Mittelwert abweicht und den sich
bis dahin konkret eingestellten Preisrückgang berücksichtigt. Hier kommt hinzu,
dass die Klägerin selbst auf einen veröffentlichten Zinssatz "3,08 % +/- 0,47 %"
hingewiesen hat. Außerdem wurde - worauf der Gutachterausschuss in seiner
ergänzenden Stellungnahme vom 17. Dezember 2004 hingewiesen hatte
-
die
Markteinschätzung durch den ermittelten Vergleichswert bestätigt, der
10.000 DM unter dem Ertragswert liegt.
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- 22 -
5. Die vom Berufungsgericht in die Bilanz gestellten Positionen bzw. Be-
wertungen, die von der Revision nicht in Frage gestellt werden, sind ebenfalls
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei geht es im Wesentlichen um
unstreitige Positionen oder um tatrichterliche Einschätzungen. Soweit das Beru-
fungsgericht die nach seinen Feststellungen bereits bei Heirat im Alleineigen-
tum des Beklagten stehenden Einrichtungsgegenstände in den Zugewinnaus-
gleich einbezogen hat, ist hiergegen nichts zu erinnern. Die Streitfrage, ob sol-
che Gegenstände dem Zugewinnausgleichsverfahren unterfallen (vgl. zum Mei-
nungsstand Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 1374 Rn. 14),
kann unbeantwortet bleiben. Denn mit der Aufhebung der Hausratsverordnung
und der Einführung des § 1586 b BGB zum 1. September 2009 durch das Ge-
setz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom
6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1696) sind der gerichtlichen Hausratsverteilung nur
noch die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden Haushaltsgegens-
tände unterworfen (Johannsen/Henrich/Jaeger aaO); Hausrat, der im Alleinei-
gentum eines Ehegatten steht, bleibt dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehal-
ten (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drucks.
16/10798 S. 23). Dabei kommt das neue - materielle - Recht mangels einer ent-
sprechenden Übergangsregelung bereits im vorliegenden Fall zur Anwendung
(vgl. BT-Drucks. 16/10798 S. 25; OLG Schleswig Beschluss vom 24. März 2010
- 15 UF 166/09 - juris Rn. 27 zur Anwendung von § 1568 a BGB). Eine Haus-
ratsteilung nach früherem Recht ist nicht erfolgt. Ebenso wenig ist zu beanstan-
den, dass das Berufungsgericht bei der Bewertung des Betriebsvermögens vom
Substanzwert ausgegangen ist (vgl. dazu auch BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977,
386, 387; Schröder Bewertung im Zugewinnausgleich 4. Aufl. Rn. 129).
62
- 23 -
III.
63
Das angefochtene Urteil war aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO. Der Senat
vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Sie war vielmehr ge-
mäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen,
damit es die für die Frage der Bewertung des Versorgungsanrechts maßgebli-
chen Feststellungen treffen kann.
Dose Weber-Monecke
Klinkhammer
Schilling
Günter
Vorinstanzen:
AG Rheine, Entscheidung vom 02.05.2007 - 13 F 251/01 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 09.10.2009 - 13 UF 144/07 -