Urteil des BGH vom 25.01.2012

Leitsatzentscheidung zu Änderung der Rechtsprechung, Befristung, Abänderungsklage, Feststellungsklage, Quote

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 139/09
Verkündet am:
25. Januar 2012
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO §§ 256 Abs. 1; 323 aF; BGB §§ 139; 242 Cd; 313; 1573; 1578 b; 1581
a) Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung
vereinbart, und hat sich die Rechtslage danach geändert (Möglichkeit der Befris-
tung), bleibt es dem Unterhaltspflichtigen im Zweifel unbenommen, sich auf eine
Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen.
b) Der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehefrau hat keine Auswirkung auf den
Unterhaltsbedarf der früheren Ehefrau nach § 1578 BGB; dieser Anspruch ist al-
lein im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB
zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 7. Dezember 2011
- XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, Urteil vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 - OLG Frankfurt am Main in Kassel
AG Kassel
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richte-
rin Weber-Monecke, die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-
Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Familiensenats
in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli
2009 aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers für die Zeit ab
8. April 2008 zurückgewiesen worden ist (Herabsetzung des Un-
terhalts auf monatlich 600
€ bis einschließlich Dezember 2008 und
Wegfall des Unterhalts ab Januar 2009) und soweit seine Feststel-
lungsklage abgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver-
fahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der 1949 geborene Kläger begehrt mit seiner Klage Abänderung eines
zugunsten seiner 1956 geborenen geschiedenen Ehefrau, der Beklagten, mit
Urteil aus dem Jahr 2005 titulierten Unterhaltsanspruchs.
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Der Kläger ist Zahnarzt. Aus der 1977 geschlossenen Ehe sind die 1979
und 1981 geborenen Söhne hervorgegangen. Die Ehe wurde im Jahr 1999 ge-
schieden.
Nach ihrer Trennung im Jahr 1991 schlossen die Parteien am
19. September 1996 einen notariellen Vertrag (im Folgenden: EV), in dem sie
neben einer umfassenden Vermögens- und güterrechtlichen Auseinanderset-
zung den Unterhalt der Beklagten regelten.
In Ziffer VII. EV vereinbarten die Parteien eine Unterhaltsregelung, wo-
nach die Beklagte 50 % der - nach einem von den Parteien vereinbarten Modus
bereinigten - Einnahmen aus der Zahnarztpraxis des Klägers erhalten sollte. Mit
Wegfall der Unterhaltsverpflichtung den Kindern gegenüber sollte sich die Quo-
te auf 40 % verringern.
In Ziffer VII. EV (Seite 9 f. EV) heißt es weiter:
"3. Die Unterhaltszahlung an die Erschienene zu 2 (die Beklagte)
erfolgt lebenslänglich. Renteneinkommen der Erschienenen
zu 2 werd
en angerechnet (…).
4. Eigenes Einkommen der Erschienenen zu 2 durch Erwerbstä-
tigkeit wird auf die Unterhaltsleistung nicht angerechnet."
Der Kläger verpflichtete sich in dem Vertrag, monatlich mindestens
5.000 DM (nach einer ergänzenden Vereinbarung später 5.200 DM) an die Be-
klagte zu zahlen, wobei der tatsächlich geschuldete Unterhalt im Folgejahr nach
Vorlage der Gewinn- und Verlustrechnung abgerechnet werden sollte. Hierzu
heißt es in dem notariellen Vertrag (Seite 10 f. EV):
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"Ergibt die Abrechnung eine Überzahlung, so ist der Erschienene
zu 1 (Kläger) befugt, den überzahlten Betrag mit den künftig mo-
natlich fällig werdenden Abschlagszahlungen zu verrechnen. Soll-
te die Abrechnung ergeben, dass ein Zwölftel der der Erschiene-
nen zu 2 (Beklagte) zustehenden Quote weniger als 5.000 DM be-
trägt, soll gleichwohl zunächst weiterhin unbeschadet der vorste-
hend vereinbarten Aufrechnungsmöglichkeit eine Abschlagszah-
lung in Höhe von monatlich 5.000 DM erfolgen, bis rechtskräftig
durch Urteil oder Vergleich festgestellt wurde, dass die gesetzliche
Ehegattenunterhaltsverpflichtung des Erschienenen zu 1 gegen-
über der Erschienenen zu 2 unterhalb von 5.000 DM liegt. In die-
sem Fall kann der Erschienene zu 1 Abänderung der vorstehen-
den Unterhaltsverpflichtung verlangen, wenn er unverschuldet
Einkommenseinbußen erleidet".
Das Oberlandesgericht verurteilte den Kläger auf der Grundlage des vor-
genannten Vertrages mit Urteil vom 9. März 2005 - 2 UF 114/01 - (in der Fas-
sung der Beschlüsse vom 12. August 2005 und des Urteils vom 14. Dezember
2005), an die Beklagte ab Januar 2004 monatlich 2.810,83
€ zu zahlen.
Auf die streitgegenständliche Abänderungsklage, mit der der Kläger eine
Herabsetzung und Befristung begehrt hatte, hat das Amtsgericht den Kläger in
Anbetracht des weggefallenen Kindesunterhalts verurteilt, ab 1. April 2008 an
die Beklagte fortlaufend 2.248,66
€ nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Auf die
hiergegen von den Parteien jeweils eingelegten Berufungen und den vom Klä-
ger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag hat das
Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil geringfügig zugunsten der Be-
klagten geändert und im Übrigen die Berufungen zurückgewiesen. Hiergegen
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wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revisi-
on.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist im Wesentlichen begründet. Sie führt zur teilweisen Auf-
hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Be-
rufungsgericht.
A.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet.
Mit dem erneut erhobenen Einwand der anfänglichen Unwirksamkeit der
vertraglichen Regelung des Unterhaltes in dem notariellen Vertrag sei der Klä-
ger nach § 323 Abs. 2 ZPO aF ausgeschlossen, da sich das abzuändernde Ur-
teil vom 9. März 2005 ausführlich mit der Frage der Sittenwidrigkeit der Verein-
barung auseinandergesetzt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass
dem Vertrag die rechtliche Anerkennung nicht zu versagen sei.
Die - durch das abzuändernde Urteil - titulierte Verpflichtung des Klägers
sei im Hinblick auf die ab 1. Januar 2008 geänderte Rechtslage mit der neuge-
schaffenen Möglichkeit der Befristung und/oder Herabsetzung des nacheheli-
chen Unterhalts nach § 1578 b BGB einer Abänderung nach § 323 ZPO nicht
zugänglich. Nach dem Vertragsinhalt habe zwar der gesetzliche Unterhaltsan-
spruch der Beklagten nach §§ 1570 ff. BGB geregelt werden sollen; hiermit sei
jedoch ein eigener Schuldgrund geschaffen worden, so dass sich ein Rückgriff
auf die gesetzlichen Bestimmungen zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und
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damit auf die Neuregelung des § 1578 b BGB verbiete. Der Unterhaltsanspruch
nach dem Vertrag sei ausdrücklich "lebenslänglich" und ohne Anrechnung von
eigenem Erwerbseinkommen und dies auch unbefristet versprochen worden,
was eine deutliche Abweichung von der gesetzlichen Unterhaltsvorschrift des
hier einschlägigen § 1573 BGB bedeute. Weiter habe der nach dem Vertrag
geschuldete Pauschalbetrag von 5.000 DM bzw. 5.200 DM auch nur unter be-
stimmten, sehr eingeschränkten Voraussetzungen herabgesetzt werden kön-
nen, und zwar aufgrund "unverschuldeter Einkommenseinbußen", die auch ih-
rerseits auf bestimmte Fälle beschränkt worden seien. Dies spreche eindeutig
dafür, dass es sich um ein eigenständiges Leistungsversprechen handele und
der gesetzliche Unterhaltsanspruch losgelöst von den gesetzlichen Vorausset-
zungen in der Form eines Leibrentenversprechens (§ 759 BGB) habe ausge-
staltet werden sollen.
Dass der Kläger nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2007 mit
einem lebenslangen Unterhaltsanspruch der Beklagten habe rechnen müssen,
entkräfte nicht die Bedeutung der ausdrücklichen Lebenslänglichkeit dieses
Versprechens, da es bei Unterhaltskonstellationen der vorliegenden Art auch
nach altem Recht nicht üblich gewesen sei, die lebenslange Wirksamkeit des
Unterhaltsversprechens ausdrücklich in eine Urkunde aufzunehmen.
Zu vermuten sei, dass das Unterhaltsversprechen im Gegenseitigkeits-
verhältnis mit der übrigen güter- und vermögensrechtlichen Auseinanderset-
zung gestanden habe und unter Umständen eine Kompensation für den Ver-
zicht der Beklagten auf vermögensrechtlichen Ausgleich und Zugewinnaus-
gleich dargestellt habe. Dass nach dem jetzigen Vortrag des Klägers die Ver-
mögenssituation im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen Ausgleichsanspruch
der Beklagten nicht gerechtfertigt hätte, entkräfte dies nicht, zumal die Beklagte
auf erhebliches Vermögen des Klägers verwiesen habe.
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Auch die atypische salvatorische Klausel in dem Vertrag, die zwar einen
Fortbestand der anderen Vertragspunkte bei Unwirksamkeit von Einzelpunkten
bestimme, jedoch eine Verpflichtung der Parteien feststelle, über die unwirksa-
men Einzelpunkte neu zu verhandeln und eine wirtschaftlich entsprechende
Regelung zu schaffen, spreche für ein in sich abgestimmtes Gegenseitigkeits-
verhältnis des Leistungsversprechens mit anderen Regelungen der Vereinba-
rung.
Allerdings könne der Kläger grundsätzlich nach der vertraglichen Verein-
barung eine Abänderung des durch das Senatsurteil titulierten vertraglichen
Unterhaltsanspruchs verlangen, wenn und soweit eine Abrechnung nach Zif-
fer VII. 4. des Vertrages ergebe, dass die der Beklagten zustehende Quote un-
ter 5.000 DM bzw. 2.556,46
€ (später 5.200 DM = 2.658,72 €) liege. Jedenfalls
habe der Kläger nicht, wie ihm dies oblegen hätte, den der Beklagten zu-
stehenden Unterhalt nach dem System des Vertrages abgerechnet. Sein Vor-
trag sei insoweit nicht nachvollziehbar.
Der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsrechtszug hilfsweise
gestellte Feststellungsantrag, gegen dessen Zulässigkeit mangels hinreichen-
der Bestimmtheit durchgreifende Bedenken bestünden, sei unbegründet.
B.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in wesentli-
chen Teilen nicht stand.
Die im vorliegenden Verfahren vom Kläger begehrte Abänderung richtet
sich gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch nach dem bis zum 31. August
2009 geltenden Verfahrensrecht und ist mithin nach § 323 ZPO aF zu beurtei-
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len (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381
Rn. 15 mwN).
I. Abänderungsklage
1. Gegenstand der Abänderungsklage ist das Urteil des Berufungssenats
vom 9. März 2005 in der Fassung der Beschlüsse vom 12. August 2005 und
des Urteils vom 14. Dezember 2005. Mit dieser Entscheidung hat das Gericht
die - bis dahin nicht vollstreckbare - Verpflichtung aus dem notariellen Vertrag
vom 19. September 1996 für die Zukunft tituliert.
2. Die Abänderungsklage ist im Sinne des § 323 Abs. 2 ZPO aF zulässig.
a) Allerdings hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgeführt,
dass sich der Kläger zur Darlegung einer wesentlichen Änderung nicht auf eine
etwaige Unwirksamkeit des Ehevertrages nach § 138 BGB berufen könne, die
bereits in dem abzuändernden Urteil überprüft worden ist. Denn es ist weder
dargetan noch ersichtlich, dass sich die Verhältnisse, namentlich die rechtliche
Beurteilung der Wirksamkeit des Ehevertrages seit der abzuändernden Ent-
scheidung aus dem Jahr 2005 maßgeblich geändert hätten.
b) Jedoch hat sich der Kläger hinsichtlich der Möglichkeit, den nacheheli-
chen Unterhalt zu befristen, in zulässiger Weise auf eine Änderung der Rechts-
lage berufen.
Zwar ist bezogen auf den hier im Streit stehenden Aufstockungsunterhalt
die maßgebliche Änderung der Rechtslage entgegen der Auffassung der Revi-
sion und des Berufungsgerichts nicht erst durch das Unterhaltsänderungsge-
setz vom 21. Dezember 2007, sondern bereits durch die Änderung der Senats-
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rechtsprechung aufgrund seines Urteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03
- FamRZ 2006, 1006) eingetreten (Senatsurteile vom 29. September 2010
- XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 und vom 8. Juni 2011
- XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18). Denn der Senat hat bereits mit
diesem Urteil seine zunächst nach dem Unterhaltsänderungsgesetz vom
20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) ergangene Rechtsprechung geändert. Nach
ihr war eine mit Einführung des § 1573 Abs. 5 BGB aF erstmals mögliche Be-
fristung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs ab einer bestimmten Dauer der
Ehe regelmäßig ausgeschlossen und allenfalls unter außergewöhnlichen Um-
ständen zulässig. Von dieser Rechtsprechung ist der Senat in seinem Urteil
vom 12. April 2006 in Bezug auf die grundsätzliche Gewichtung des Merkmals
der Ehedauer abgerückt und hat für die Entscheidung über die Befristung nach
§ 1573 Abs. 5 BGB aF das hauptsächliche Gewicht auf die mit der Ehe verbun-
denen (Erwerbs-)Nachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt (Senatsurteil
vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 20).
Die Abänderung wegen wesentlicher Änderungen der rechtlichen Ver-
hältnisse kann indes sowohl auf eine Gesetzesänderung als auch auf eine Än-
derung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gestützt werden
(Senatsurteile vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18 und
vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 16). Zudem
ist § 1578 b BGB, auf den sich der Kläger beruft, letztlich eine Ausformung der
Senatsrechtsprechung aus dem Jahr 2006 (Senatsurteil vom 27. Januar 2010
- XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 33 f.). Da diese ebenfalls erst nach Er-
lass des abzuändernden Urteils aus dem Jahr 2005 ergangen ist, ist die Abän-
derungsklage im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO aF in jedem Fall zulässig.
3. Jedoch vermögen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-
gen die Zurückweisung der Berufung und die Ablehnung einer - über das Amts-
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gerichtsurteil hinausgehenden - Abänderung in der Sache nicht zu rechtfertigen.
Gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des notariellen
Vertrages vom 19. September 1996 bestehen vielmehr durchgreifende revisi-
onsrechtliche Bedenken.
a) Gemäß § 323 Abs. 1 ZPO aF ist jeder Teil berechtigt, im Wege der
Klage eine entsprechende Abänderung des Urteils zu verlangen, wenn im Falle
der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen eine
wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse eintritt, die für die Verurteilung
zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen
oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren. Ist Gegenstand der abzu-
ändernden Entscheidung ein Prozessvergleich, ist im Rahmen der Abänderung
für eine zeitlich nachfolgende Neubemessung des Unterhalts der ursprüngliche
Parteiwille im Verständnis und in Ausgestaltung des vorausgegangenen rechts-
kräftigen (Abänderungs-)Urteils maßgebend (Senatsurteile vom 8. Dezember
1982 - IVb ZR 338/81 - FamRZ 1983, 260, 261 und vom 9. Oktober 1991
- XII ZR 170/90 - FamRZ 1992, 162, 163; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl.
§ 323 Rn. 41 aE; Graba Die Abänderung von Unterhaltstiteln 4. Aufl. Rn. 503).
Dies gilt gleichermaßen, wenn - wie hier - die abzuändernde Entscheidung auf
einem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag beruht (vgl. Graba aaO
Rn. 507).
Wenn das abzuändernde Urteil eine bis dahin nicht vollstreckbare ehe-
vertragliche Unterhaltsregelung auf eine entsprechende Leistungsklage hin (vgl.
MünchKommZPO/Gottwald 3. Aufl. § 323 Rn. 13) einer Titulierung zuführt und
keine Abänderung der vertraglichen Grundlagen zum Gegenstand hat, ist im
Rahmen des hier an sich einschlägigen § 323 Abs. 1 ZPO aF auch § 313 BGB
zu beachten, der die Störung der Geschäftsgrundlage regelt (vgl. Graba aaO
Rn. 511 u.a. zu § 238 FamFG). Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung
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der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien eine
bindende Regelung zur Möglichkeit einer Abänderung getroffen haben (vgl. Se-
natsurteile BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13 mwN und vom
23. November 2011 - XII ZR 47/10 - juris Rn. 15).
b) Gemessen hieran kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
aa) Zwar ist die Auslegung von Verträgen grundsätzlich dem Tatrichter
vorbehalten. Seine Auslegung kann vom Revisionsgericht grundsätzlich nur
darauf überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt wor-
den ist, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denk-
gesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung
auf im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruht, wobei die Ausle-
gung auch ohne entsprechende Rüge vom Revisionsgericht zu überprüfen ist
(Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 15 mwN; s. auch Senats-
urteil vom 10. Mai 2006 - XII ZR 23/04 - NJW-RR 2006, 1158, 1159).
bb) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung wird den vor-
genannten Anforderungen indes nicht gerecht.
(1) Die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach die ehevertragliche
Unterhaltsregelung einen vom gesetzlichen Unterhaltsrecht losgelösten selb-
ständigen Schuldgrund darstelle, der einer Abänderung im Hinblick auf die
durch das Unterhaltsänderungsgesetz eingetretenen Änderungen nicht zugäng-
lich sein soll, beruhen auf einem revisionsrechtlich zu beachtenden Ausle-
gungsfehler.
(a) Das Berufungsgericht geht nach dem Vertragsinhalt selbst davon
aus, dass der gesetzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten nach §§ 1570 ff.
BGB habe geregelt werden sollen. Allein der Umstand, dass der Unterhalt teil-
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weise abweichend von den gesetzlichen Vorgaben vereinbart worden ist, wie
dies etwa durch die Anrechnungsfreiheit eigener Erwerbseinkünfte auf Seiten
der Beklagten geschehen ist, hat nicht zwingend zur Konsequenz, dass der Un-
terhaltsanspruch losgelöst von sämtlichen gesetzlichen Voraussetzungen aus-
gestaltet werden sollte. Dies zeigt sich auch daran, dass die vertragliche Rege-
lung im Übrigen an unterhaltsrechtliche Grundsätze angelehnt ist. So haben die
Parteien in Ziffer VII. 3. des Vertrages (Seite 9 EV) im zweiten Satz geregelt,
dass das Renteneinkommen der Beklagten im Ergebnis bedarfsmindernd zu
berücksichtigen ist. Daneben haben die Parteien vereinbart, dass sich bei un-
verschuldeten Einkommenseinbußen auf Seiten des Klägers eine Abänderung
der bestehenden Unterhaltsverpflichtung ergeben kann (Ziffer VII, Seite 10 EV),
und zwar wenn die "gesetzliche Ehegattenunterhaltsverpflichtung" unterhalb
von 5.000 DM (bzw. 5.200 DM) liegt. Zu Recht weist die Revision in diesem
Kontext darauf hin, dass damit auch nach dem Vertrag das gesetzliche Unter-
haltsrecht nicht ohne Einfluss auf die vertraglichen Ansprüche bleiben soll.
Die Begründung des Berufungsgerichts, bei Unterhaltskonstellationen
der vorliegenden Art sei es nach altem Recht nicht üblich gewesen, die lebens-
lange Wirksamkeit des Unterhaltsversprechens ausdrücklich in eine Urkunde
aufzunehmen, überzeugt nicht. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend
davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Unterhaltsvereinba-
rung 1996 jedenfalls bei der vorliegenden Fallkonstellation (Heirat September
1977 - Scheidung Oktober 1999; Hausfrauenehe bei Betreuung zweier Kinder)
zu einer lebenslangen Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sein dürfte.
Nachvollziehbare Gründe, warum vor diesem Hintergrund die Vereinbarung
einer lebenslangen Unterhaltsrente den Charakter eines vom gesetzlichen Un-
terhalt losgelösten Anspruchs haben sollte, hat das Berufungsgericht nicht be-
nannt.
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(b) Ebenso wenig hält die Begründung des Berufungsurteils einer revisi-
onsrechtlichen Überprüfung stand, soweit das Berufungsgericht eine Abände-
rung der Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf das Gesamtgefüge des Ehever-
trages ablehnt. Es fehlt schon an den hierfür erforderlichen Feststellungen.
Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts ist lediglich "zu vermuten
(…),
dass das Unterhaltsversprechen im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der übrigen
güter- und vermögensrechtlichen Auseinandersetzung stand und unter Um-
ständen eine Kompensation für den Verzicht der Beklagten auf vermögens-
rechtlichen Ausgleich und Zugewinnausgleich darstellt". Im Übrigen spricht die
Begründung des abzuändernden Urteils eher gegen eine ausgewogene vertrag-
liche Regelung, die ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis begründen könnte.
Danach hat sich der Kläger (damaliger Beklagter) seinerzeit "auf eine für ihn
insgesamt recht nachteilige Unterhaltsregelung eingelassen" (Urteil des Ober-
landesgerichts vom 9. März 2005, Seite 11).
Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass die "lebenslange" Unter-
haltsverpflichtung so mit den übrigen Regelungen des Vertrages verzahnt ist,
dass sie unumstößlich ist.
(c) Schließlich steht auch die salvatorische Klausel des notariellen Ehe-
vertrages einer Abänderung der Unterhaltsverpflichtung schon deshalb nicht
entgegen, weil sie sich ausschließlich auf eine Unwirksamkeit vertraglicher Re-
gelungen bezieht, die vorliegend aber nicht gegeben ist. Im Übrigen bedeutet
die Klausel nach Ziffer XI. Satz 1 EV, dass es im Zweifel auch bei Fortfall einer
vertraglichen Regelung bei der Wirksamkeit des Ehevertrages verbleiben kann
(vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - XII ZR 57/07 - NZM 2009, 198
Rn. 20; s. auch Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005,
1444, 1447). Soweit Satz 2 der vorgenannten Klausel die Parteien verpflichtet,
anstelle der unwirksamen Regelung eine neue Vereinbarung zu treffen, die die-
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ser wirtschaftlich am nächsten kommt, dürfte diese Klausel im Ergebnis mit der
Regelung des § 313 Abs. 1 BGB übereinstimmen, wonach eine Anpassung des
Vertrages verlangt werden kann.
(2) Da die getroffenen Feststellungen und die mit ihnen einhergehende
Auslegung des Vertrages eine Abänderbarkeit der Unterhaltsregelung mithin
nicht ausschließen, hätte sich das Berufungsgericht mit der Frage befassen
müssen, ob der Vertrag gemäß § 323 Abs. 1 ZPO aF iVm § 313 BGB abzuän-
dern war.
(a) Soweit das Berufungsgericht ebenso wie die Revision eine Überprü-
fung des Ehevertrages am Maßstab der so genannten Ausübungskontrolle
nach § 242 BGB erwogen und nicht auf § 313 BGB abgestellt haben, bestehen
gegen diesen Ansatz Bedenken, mag er unter Umständen auch zum selben
Ergebnis wie die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage führen (vgl.
dazu Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377
Rn. 16). Wenn ein Ehevertrag nach § 138 BGB Bestand hat, muss der Richter
im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die
ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im
Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzli-
chen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam ab-
bedungen sei (Senatsurteile vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 - FamRZ
2004, 601, 606 und vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377
Rn. 16). So liegt der Fall hier aber nicht. Es geht nicht um den Ausschluss einer
Scheidungsfolge; vielmehr begehrt der Kläger die Abänderung der durch den
Vertrag modifizierten Unterhaltsregelung unter dem Gesichtspunkt der Störung
der Geschäftsgrundlage.
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(b) Selbst wenn man dem Berufungsgericht folgte und von einem selb-
ständigen Schuldversprechen im Sinne eines Leibrentenversprechens nach
§ 759 BGB ausginge, wäre ebenfalls am Maßstab des § 313 BGB zu prüfen
(vgl. Palandt/Sprau BGB 71. Aufl. § 759 Rn. 6), ob die 1996 geltende Rechtsla-
ge, wonach die Unterhaltsverpflichtung des Klägers (grundsätzlich) unbefristet
galt, zur Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden ist und die Änderung der
Senatsrechtsprechung im Jahr 2006 damit zu einer Störung der Geschäfts-
grundlage im Sinne des § 313 BGB geführt hat.
c) Unbegründet ist die Revision allerdings, soweit sie mit ihren Anträgen
eine Abänderung des Urteils bereits für die Zeit vor dem 8. April 2008 begehrt.
Denn nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Beru-
fungsgerichts ist die Abänderungsklage der Beklagten erst am 8. April 2008
zugestellt und damit gemäß § 253 Abs. 1 ZPO erhoben worden. Erst ab diesem
Zeitpunkt konnte das Urteil gemäß § 323 Abs. 3 Satz 1 ZPO aF abgeändert
werden.
II. Feststellungsklage
Die Revision ist zudem erfolgreich, soweit das Berufungsgericht die vom
Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Feststellungsklage abge-
wiesen hat. Die Abweisung der Klage ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor,
aber aus den Gründen des Berufungsurteils.
Revisionsrechtlich ist dabei zu beanstanden, dass das Berufungsurteil of-
fengelassen hat, ob die Feststellungsklage zulässig ist.
Es ist grundsätzlich rechtsfehlerhaft, die Frage der Zulässigkeit einer
Klage nicht zu beantworten und diese wegen feststehender Unbegründetheit
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abzuweisen. Schon wegen der Auswirkung auf die Rechtskraft ergibt sich inso-
weit ein absoluter Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung
(BGH Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719 f.).
Zwar werden hiervon im Fall der Feststellungsklage Ausnahmen zuge-
lassen. Diese betreffen aber ausschließlich das etwaige Fehlen des Feststel-
lungsinteresses, das in § 256 Abs. 1 ZPO als besondere Voraussetzung gere-
gelt ist (BGH Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - NJW 2004, 766
und vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76 - NJW 1978, 2031, 2032; krit.
Thomas/Putzo ZPO 32. Aufl. § 256 Rn. 4).
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bestanden gegen die Zulässig-
keit mangels hinreichender Bestimmtheit durchgreifende Bedenken. Damit hat
es nicht das Feststellungsinteresse, sondern eine allgemeine Zulässigkeitsvo-
raussetzung angesprochen, die es nicht ungeprüft hätte lassen dürfen.
III.
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
C.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin.
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I.
Das Berufungsgericht hat eine Abänderung der Entscheidung im Hinblick
auf eine mögliche Befristung von vornherein nicht in Betracht gezogen. Deshalb
hat es - aus seiner Sicht folgerichtig - die weitere Prüfung, ob die Vorausset-
zungen für eine Befristung vorliegen, nicht durchgeführt. Die Aufhebung und
Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, die erforder-
lichen Feststellungen nachzuholen.
Ob der Aufstockungsunterhaltsanspruch nach Änderung der Senats-
rechtsprechung im Jahr 2006 zu befristen ist, richtet sich im Wesentlichen da-
nach, ob der Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile erlitten hat. Nach
§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB, der der Rechtsprechung des Senats zu § 1573
Abs. 5 BGB aF entspricht (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 -
FamRZ 2010, 538 Rn. 33 f.), ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabset-
zung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksichti-
gen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetre-
ten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Liegen ehebedingte Nachteile
vor, scheidet eine Befristung des Unterhalts daher regelmäßig aus (Senatsurteil
vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 36). Allerdings
kann auch bei Fehlen ehebedingter Nachteile aus Gründen der nachehelichen
Solidarität eine Befristung ausscheiden (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR
44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20 ff.); für die Ermittlung der konkreten Ehedauer
bedarf es noch der Feststellung, wann der Scheidungsantrag zugestellt worden
ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414
Rn. 30).
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- 18 -
Im Rahmen der Prüfung des § 1578 b BGB wird das Berufungsgericht
schließlich die Regelungen des notariellen Vertrages zu berücksichtigen und
eine etwaige Abänderung hieran anzupassen haben.
II.
§ 36 Nr. 1 EGZPO ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hier
nicht einschlägig. § 36 Nr. 1 EGZPO findet nur für den Fall Anwendung, dass im
Rahmen der Abänderung von Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen Umstände
"durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind"
(Senatsurteile BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 41 und vom 8. Juni 2011
- XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 20 ff.). § 36 Nr. 1, 2 EGZPO stellt in
diesem Fall die Abänderung unter die einschränkende weitere Voraussetzung
der Zumutbarkeit und enthält im Übrigen lediglich die Klarstellung, dass die Ge-
setzesänderung, soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse
führt, einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO darstellt. Im
vorliegenden Fall hat sich indessen durch das Unterhaltsrechtsänderungsge-
setz vom 21. Dezember 2007 keine Änderung ergeben. Im Hinblick auf den
Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB war eine Befristung - nach der
Änderung der Rechtsprechung zum Stellenwert der Ehedauer bei der Unter-
haltsbefristung (Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006,
1006) - schon nach der zuvor bestehenden Gesetzeslage gemäß § 1573 Abs. 5
BGB aF zulässig. Auf die Änderung der Rechtsprechung findet § 36 Nr. 1 EG-
ZPO indes keine Anwendung (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238
Rn. 41).
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- 19 -
III.
Hinsichtlich einer etwaigen Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegen-
über seiner jetzigen Ehefrau weist der Senat auf seine geänderte Rechtspre-
chung hin. Danach hat der Unterhaltsanspruch der nachfolgenden Ehefrau kei-
ne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf der früheren Ehefrau nach § 1578
BGB; dieser Anspruch ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unter-
haltspflichtigen nach § 1581 BGB zu berücksichtigen, wobei es maßgeblich auf
die Rangverhältnisse ankommt (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011
- XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung bestimmt - Rn. 38).
Insoweit wird das Berufungsgericht gegebenenfalls Feststellungen zu
den Rangverhältnissen der hier beteiligten Ehefrauen zu treffen haben (vgl.
zum Rang Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911
Rn. 65 f. iVm Rn. 58). Sollte das Berufungsgericht zu dem - nach den bisher
getroffenen Feststellungen naheliegenden - Ergebnis gelangen, dass die jetzige
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- 20 -
Ehefrau nachrangig ist, dürfte eine etwaig ihr gegenüber bestehende Unter-
haltsverpflichtung den Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht berühren (vgl.
Senatsurteile
vom
7. Dezember
2011
- XII ZR 151/09 -
Rn. 49
und
XII ZR 159/09 - Rn. 41 - jeweils zur Veröffentlichung bestimmt).
Hahne
Weber-Monecke
Klinkhammer
Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 02.07.2008 - 511 F 938/08-UE- -
OLG Frankfurt am Main in Kassel, Entscheidung vom 29.07.2009 - 2 UF 208/08 -