Urteil des BGH vom 24.02.2015

Coenzym Q10 Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 3 1 / 1 3
Verkündet am:
24. Februar 2015
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Coenzym Q
10
PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Feststellungen des Patentgerichts, die die Schlussfolgerung tragen, dass die
Nacharbeitung eines in einer Entgegenhaltung beschriebenen Ausführungsbei-
spiels zur Verwirklichung eines Merkmals des Gegenstands des Streitpatents
führt, sind für das Berufungsverfahren bindend, wenn nicht konkrete Anhalts-
punkte Zweifel an ihrer Richtigkeit begründen.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - X ZR 31/13 - Bundespatentgericht
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 24. Februar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-
Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin
Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 7. November 2012 verkündete Urteil
des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird
auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents 1 466 983 (Streitpatents), das am
27. Dezember 2002 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom
27. Dezember 2001 angemeldet wurde und Verfahren zur Herstellung von re-
duziertem und oxidiertem Coenzym Q
10
betrifft. Das Streitpatent umfasst 55
Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 und 31 nebengeordnet sind und
in der Verfahrenssprache wie folgt lauten:
"1. A process for producing the reduced coenzyme Q
10
represen-
ted by the following formula (I):
1
- 3 -
which comprises
(a) culturing reduced coenzyme Q
10
-producing microorgan-
isms in a culture medium containing a carbon source, a ni-
trogen source, a phosphorus source and a micronutrient to
obtain microbial cells containing reduced coenzyme Q
10
at
a ratio of not less than 70 mole % among the entire coen-
zymes Q
10
,
(b) optionally disrupting the microbial cells and
(c) extracting thus-produced reduced coenzyme Q
10
by an or-
ganic solvent under the condition that the reduced coen-
zyme Q
10
is protected from an oxidation reaction, to there-
by obtain an extract containing not less than 70 mole % of
reduced coenzyme Q
10
among the entire coenzyme Q
10
.
31. A process for producing the oxidized coenzyme Q
10
represen-
ted by the following formula (Il):
which comprises
culturing reduced coenzyme Q
10
-producing microorganisms in
a culture medium containing a carbon source, a nitrogen
source, a phosphorus source and a micronutrient to obtain mi-
crobial cells containing reduced coenzyme Q
10
at a ratio of not
less than 70 mole % among the entire coenzymes Q
10
,
optionally disrupting the microbial cells; and
- 4 -
either oxidizing thus-produced reduced coenzyme Q
10
to oxi-
dized coenzyme Q
10
using an oxidizing agent and then ex-
tracting the resultant by an organic solvent,
or extracting thus-produced reduced coenzyme Q
10
by an or-
ganic solvent, purifying optionally and oxidizing the resultant to
oxidized coenzyme Q
10
using an oxidizing agent."
Die Klägerinnen haben das Streitpatent im Umfang des Patentan-
spruchs 31 sowie der darauf rückbezogenen Patentansprüche 32 bis 55 ange-
griffen. Sie haben geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei inso-
weit weder patentfähig noch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein
Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteil-
ten Fassung und hilfsweise in zwei geänderten Fassungen verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang mit Wir-
kung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Dagegen richtet
sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Klageabweisung erstrebt und
das Streitpatent hilfsweise mit ihren bereits in erster Instanz gestellten Anträgen
sowie mit drei neuen Hilfsanträgen verteidigt. Die Klägerinnen treten dem
Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Das Streitpatent betrifft Verfahren zur Herstellung des Coenzyms Q
10
in der reduzierten und in der oxidierten Form.
1. Nach den Erläuterungen in der Streitpatentschrift fungieren reduzier-
tes und oxidiertes Coenzym Q
10
in den Zellen des menschlichen Körpers als
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3
4
5
6
- 5 -
Elektronentransportsystem und sind an der Produktion von Adenosintriphosphat
(ATP) beteiligt. Es sei bekannt, dass sich oxidiertes und reduziertes Coenzym
Q
10
im menschlichen Körper im Gleichgewicht befänden und absorbiertes oxi-
diertes Coenzym Q
10
und absorbiertes reduziertes Coenzym Q
10
sich gegensei-
tig reduzierten bzw. oxidierten.
Die Streitpatentschrift führt weiter aus, dass oxidiertes Coenzym Q
10
als
eine für eine Vielzahl von Krankheiten pharmazeutisch und physiologisch effek-
tive Substanz in pharmazeutischen Produkten, in Nahrungsergänzungsmitteln
und in kosmetischen Produkten breite Verwendung finde. Demgegenüber habe
reduziertes Coenzym Q
10
bisher kaum Beachtung gefunden, wenngleich in den
vergangenen Jahren berichtet worden sei, dass reduziertes Coenzym Q
10
in
mancherlei Anwendungen effektiver sei als das oxidierte Coenzym Q
10.
.
Zu möglichen Herstellungsverfahren führt die Streitpatentschrift aus,
dass reduziertes Coenzym Q
10
auf ähnliche Weise wie oxidiertes Coenzym Q
10
durch eine chemische Synthese hergestellt werden könne. Diese Methode sei
jedoch kompliziert, riskant und kostenaufwendig. Sie habe überdies den Nach-
teil, dass es dabei zu einer Verunreinigung durch die Bildung von (Z)-Isomeren
kommen könne, die aus arzneimittelrechtlichen Gründen minimiert werde müs-
se (Beschr. Abs. 10).
Eine andere Methode bestehe darin, Mikroorganismen einzusetzen, de-
ren mikrobielle Zellen reduziertes Coenzym Q
10
produzierten. Nachteilig hieran
sei, dass das durch die mikrobiellen Zellen produzierte reduzierte Coenzym Q
10
eine große Menge an oxidiertem Coenzym Q
10
enthalte und die Trennung und
Gewinnung des reduzierten Coenzyms Q
10
durch ein konventionelles Verfahren
mit hohen Kosten verbunden sei (Beschr. Abs. 11).
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9
10
- 6 -
Die Anwesenheit von reduziertem Coenzym Q
10
in mikrobiellen Zellen sei
zwar in den japanischen Offenlegungsschriften Sho-57-70834 (NK1) und Sho-
60-75294 (NK3) beschrieben. Allerdings betreffe die Offenlegungsschrift Sho-
57-70834 die Verwendung von Photosynthesebakterien, deren Kultivierung
kompliziert sei. Außerdem könne nicht festgestellt werden, ob das Verhältnis
von reduziertem Coenzym Q
10
zum gesamten Coenzym in den mikrobiellen
Zellen der Mikroorganismen ausreichend sei, wenn auf die Herstellung von re-
duziertem Coenzym Q
10
abgezielt werde. Die Offenlegungsschrift Sho-60-
75294 betreffe die Gewinnung von reduziertem Coenzym Q
10
aus Bakterien der
Gattung Pseudomonas und beschreibe ein Verfahren zum Überführen von in
einer Hexanphase enthaltenem oxidiertem Coenzym Q
10
in reduziertes
Coenzym mit dem Reduktionsmittel Natriumhydrosulfit. Dabei sei jedoch das
Verhältnis von reduziertem Coenzym Q
10
zum gesamten Coenzym in den mik-
robiellen Zellen unklar (Beschr. Abs. 12, 14 und 15). Im Übrigen zielten beide
Veröffentlichungen darauf ab, letztlich oxidiertes Coenzym Q
10
zu erhalten, und
beschrieben damit das reduzierte Coenzym lediglich als ein Zwischenprodukt in
der Herstellung von oxidiertem Coenzym Q
10
. Schließlich werde in keiner der
beiden Schriften die Herstellungsmenge von Coenzym Q
10
in der Kultur be-
schrieben (Beschr. Abs. 13 und 16).
Das Patentgericht hat die Aufgabe des Streitpatents in Übereinstimmung
mit den Angaben in der Streitpatentschrift darin gesehen, ein sicheres, einfa-
ches und im industriellen Maßstab effizientes Verfahren zur Herstellung von
oxidiertem Coenzym Q
10
durch Kultivierung von Mikroorganismen bereitzustel-
len. Mit dem Hinweis auf die Kultivierung von Mikroorganismen nimmt das Pa-
tentgericht allerdings die erfindungsgemäße Lösung teilweise vorweg. Das dem
Streitpatent zugrundeliegende Problem ist allgemeiner darin zu sehen, ein si-
cheres und in industriellem Maßstab effizientes Verfahren zur Herstellung von
reduziertem Coenzym Q
10
sowie ein einfaches und zuverlässiges Verfahren zur
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- 7 -
Herstellung von oxidiertem Coenzym Q
10
bereitzustellen (Beschr. Abs. 19 und
20).
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem
- nicht angegriffenen - Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Herstellung von re-
duziertem Coenzym Q
10
vor, das folgende Schritte umfasst:
die Kultivierung von Mikroorganismen, die reduziertes
Coenzym Q
10
herstellen, in einem Kulturmedium, das eine
Kohlenstoffquelle, eine Stickstoffquelle, eine Phosphorquelle
und einen Mikronährstoff enthält, um mikrobielle Zellen zu er-
halten, die das reduzierte Coenzym Q
10
in einem Verhältnis
von nicht weniger als 70 mol% unter den gesamten Coenzy-
men Q
10
enthalten;
gegebenenfalls das Zerstören der mikrobiellen Zellen und
das Extrahieren des so hergestellten reduzierten Coenzyms
Q
10
mit einem organischen Lösungsmittel unter der Bedingung,
dass das reduzierte Coenzym Q
10
vor einer Oxidationsreaktion
geschützt wird, um so einen Extrakt zu erhalten, der nicht we-
niger als 70 mol% reduziertes Coenzym Q
10
unter dem gesam-
ten Coenzym Q
10
enthält.
3. Der nebengeordnete und mit der Nichtigkeitsklage angegriffene Pa-
tentanspruch 31 betrifft hingegen ein Verfahren zur Herstellung von oxidiertem
Coenzym Q
10
. Danach wird zunächst wie in Patentanspruch 1 angegeben redu-
ziertes Coenzym Q
10
hergestellt, das in einem weiteren Verfahrensschritt oxi-
diert wird, wobei hinsichtlich der Reihenfolge von Extraktion und Oxidation zwei
Alternativen vorgesehen werden. Das Verfahren zur Herstellung von oxidiertem
12
13
- 8 -
Coenzym Q
10
besteht danach aus folgenden Schritten (abweichende Gliede-
rung des Patentgerichts in eckigen Klammern):
1. Mikroorganismen, die reduziertes Coenzym Q
10
herstellen,
werden kultiviert
1.1 in einem Kulturmedium, das eine Kohlenstoffquelle, eine
Stickstoffquelle, eine Phosphorquelle und einen Mikro-
nährstoff enthält [b],
1.2 zum Erhalt mikrobieller Zellen (),
die reduziertes Coenzym Q
10
zu einem Anteil von we-
nigsten 70 Molprozent des gesamten Coenzyms Q
10
ent-
halten [c].
2. Die mikrobiellen Zellen werden gegebenenfalls zerstört [d].
3. Das so hergestellte reduzierte Coenzym Q
10
wird
3.1 entweder unter Verwendung eines Oxidationsmittels oxi-
diert und anschließend mit einem organischen Lösungs-
mittel extrahiert [e1] oder
3.2 mit einem organischen Lösungsmittel extrahiert, gege-
benenfalls gereinigt und unter Verwendung eines Oxida-
tionsmittels oxidiert [e2].
4. Die Formulierung des Patentanspruchs 31 schließt zwar nicht von
vornherein aus, dass bestimmte Anforderungen an die Kultivierungsbedingun-
gen gestellt werden, damit der gewünschte Anteil von wenigstens
70 Molprozent des gesamten Coenzyms Q
10
erhalten wird. Aus der Beschrei-
bung des Streitpatents ergeben sie sich indessen nicht. Dort heißt es lediglich,
dass die Kultivierung im Allgemeinen () aerob durchgeführt werde
(Abs. 47). Damit ist schon eine anaerobe Kultivierung nicht grundsätzlich aus-
14
- 9 -
geschlossen, was auch dadurch bestätigt wird, dass erst Patentanspruch 37
vorschreibt, dass die Kultivierung aerob erfolgt. Soweit die Berufung darüber
hinaus geltend macht, dass es dem Streitpatent mit der Forderung einer aero-
ben Kultivierung nicht bloß auf eine übliche, irgendwie geartete Zuführung von
Sauerstoff ankomme, sondern dass damit eine Sauerstoffzufuhr verlangt werde,
bei der während der gesamten Dauer der Kultivierung keine Sauerstofflimitie-
rung in Form eines Sauerstoffmangels auftreten dürfe, und dass hierfür eine
beschränkte Belüftung nicht ausreiche, kann sie damit erst recht keinen Erfolg
haben. Abgesehen davon, dass der Begriff "aerob" schon nach allgemeinem
Verständnis lediglich bedeutet, dass Sauerstoff in einem für den jeweils in Rede
stehenden Organismus Maß vorhanden sein muss, definiert
auch die Streitpatentschrift den Begriff "aerob" in diesem Sinne, wenn es dort
heißt, dass dieser Ausdruck Bedingungen beschreibe, bei denen Sauerstoff
zugeführt werde, so dass keine Sauerstofflimitierung (Sauerstoffmangel) wäh-
rend der Kultivierung verursacht werde. Weitergehend bezeichnet es das
Streitpatent sogar als bevorzugt, dass "ausreichend" Sauerstoff zugeführt wird,
so dass keine "wesentliche" Sauerstofflimitierung ()
auftritt (Abs. 47). Zwar heißt es in der Beschreibung auch, dass der Anteil redu-
zierten Coenzyms Q
10
durch ein Verfahren ermittelt werden könne, für das eine
Reihe von Parametern angegeben wird, zu denen auch die Kultivierung unter
Schütteln (Amplitude 2 cm, 310 Pendelbewegungen/min) gehört (Abs. 26). Dies
soll jedoch nur der Standardisierung der Verhältnisangabe bei verschiedenen
Mikroorganismen dienen (Abs. 27). Soweit sich die Beschreibung im Übrigen
mit geeigneten Fermentationsbedingungen (Abs. 40) befasst, geht es um eine
möglichst hohe Produktivität, etwa was die kontrollierte Konzentration der Koh-
lenstoffquelle anbelangt (Abs. 44 f.). Damit ist der Streitpatentschrift nichts dafür
zu entnehmen, dass das erfindungsgemäße Verfahren - wie die Beklagte
meint - eine besonders starke Belüftung voraussetzt.
- 10 -
II. Das Patentgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand
des Streitpatents im angegriffenen Umfang nicht neu sei, und hat dies im We-
sentlichen wie folgt begründet:
Die japanische Offenlegungsschrift Sho-53-133687 (NK5) beschreibe ein
industriell anwendbares Verfahren zur Herstellung von Coenzym Q
10
. Aus den
dort geschilderten Beispielen 1, 3 und 4 ergebe sich, dass das vorgeschlagene
Verfahren insbesondere zur Herstellung von oxidiertem Coenzym Q
10
geeignet
sei. Dabei zeige Beispiel 3 einen Weg zur Gewinnung von reduziertem
Coenzym Q
10
aus Mikroorganismen auf. Aus dem Umstand, dass die NK5 die
für die Kultivierung der Mikroorganismen erforderlichen Bedingungen nicht nä-
her beschreibe, entnehme der Fachmann, ein Team aus einem organischen
Chemiker und einem mit Fermentationsverfahren vertrauten Biologen mit spe-
ziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Mikrobiologie, dass die Kultivierung
unter den ihm bekannten Standardbedingungen möglich sei. Wie durch die
US-amerikanische Patentschrift 3 769 170 (NK2) gutachtlich belegt werde,
handle es sich bei den in Patentanspruch 31 für das Kulturmedium genannten
Komponenten um die üblichen Bestandteile eines Standardmediums. Nachdem
das Streitpatent weder die Kultivierungsbedingungen noch die Zusammenset-
zung des Kulturmediums im Einzelnen beschreibe, umfasse Merkmal 2 daher
auch diejenigen Standardbedingungen und -medien, die der Fachmann in der
NK5 als solche mitlese. Die NK5 offenbare ferner die nach Merkmal 2 des
Streitpatents optional vorgesehene Zerstörung der mikrobiellen Zellen. In den in
Beispiel 3 der NK5 genannten Maßnahmen - Sammeln der Zellen durch Zentri-
fugation und Extraktion des gewonnenen Zellpellets mit einer Lösung aus He-
xan und Methanol, die in Gegenwart von Natriumhydroxid und Pyrogallol erhitzt
werde - erkenne der Fachmann eine konventionelle Methode zur Zerstörung
mikrobieller Zellen; auch dies werde durch die NK2 bestätigt. Schließlich offen-
bare die NK5 den abschließenden Verfahrensschritt in der in Merkmal 3.2 des
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16
- 11 -
Streitpatents genannten Alternative. Beispiel 3 der NK5 sehe zur Isolierung der
das reduzierte Coenzym Q
10
enthaltenden Zwischenstufe eine Extraktion vor,
bei der zunächst eine Mischung aus Hexan und Methanol und anschließend
Aceton verwendet werde. Das nach Abzug des Acetons erhaltene, mit reduzier-
tem Coenzym Q
10
angereicherte Öl werde nach den Angaben in Beispiel 1 der
NK5 chromatographisch aufgereinigt und schließlich mit Hilfe von Luftsauerstoff
in oxidiertes Coenzym Q
10
überführt.
Zwar fehle in der NK5 eine Angabe zum Anteil reduzierten Coenzyms
Q
10
in der Zellkultur. In Beispiel 3 der NK5 werde aber mit Pseudomonas de-
nitrificans ein Mikroorganismus verwendet, der auch im Streitpatent als ein für
das Verfahren nach Patentanspruch 31 geeigneter Mikroorganismus angese-
hen werde, da dieser nach den Angaben in Tabelle 2 des Streitpatents
85 Molprozent an reduziertem Coenzym Q
10
enthalte. Da nach dem Streitpatent
allgemein übliche Kultivierungsbedingungen ausreichend seien, um einen sol-
chen Gehalt an reduziertem Coenzym Q
10
zu erhalten, werde nach dem Grund-
satz, dass gleiche Arbeitsweisen bei Verwendung identischer Edukte regelmä-
ßig zu identischen Produkten führten, auch mit den in Beispiel 3 der NK5 ver-
wendeten Bakterien der Gattung Pseudomonas denitrificans der in Merkmal 1.2
genannte Prozentsatz an reduziertem Coenzym Q
10
erhalten. Diese Annahme
stehe auch im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten im Verletzungsverfahren
vor dem Landgericht Düsseldorf, wo sie (als Klägerin) geltend gemacht habe,
dass ein Gehalt an reduziertem Coenzym Q
10
nach Merkmal 3 keine speziellen
Kultivierungsbedingungen erfordere, sondern ein Fachmann, der einen im
Streitpatent genannten Mikroorganismus auswähle und diesen entsprechend
den Vorgaben im Stand der Technik kultiviere, regelmäßig einen Anteil von
nicht weniger als 70 Molprozent an reduziertem Coenzym Q
10
erhalte.
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Es möge zwar sein, dass es der Beklagten bei Nacharbeitung des Bei-
spiels 3 nicht möglich gewesen sei, reduziertes Coenzym Q
10
zu isolieren. An-
gesichts des mehrfachen Hinweises in der NK5 auf dieses Zwischenprodukt
gebe dies aber keinen Anlass, an der Realisierung des Beispiels 3 zu zweifeln.
Auch für die von der Beklagten behauptete Kultivierung unter teilweise anaero-
ben Bedingungen gebe es keinen Anhalt. Dem Fachmann sei bekannt, dass es
sich bei Pseudomonas denitrificans um einen Mikroorganismus handle, der zum
Überleben Sauerstoff benötige, so dass er die Kultivierung nach Beispiel 3 der
NK5 ohne weiteres mit einer rein aeroben Kultivierung verbinde.
Das nach Hilfsantrag I gegenüber der erteilten Fassung zusätzlich vor-
gesehene Merkmal, dass die Kultivierung der Mikroorganismen aerob durchzu-
führen sei, sei hiernach ebenfalls nicht geeignet, die Neuheit des Gegenstands
des Streitpatents zu begründen.
Ebenso wenig sei die nach Hilfsantrag II vorgesehene Beschränkung auf
die in Merkmal 3.2 genannte Verfahrensalternative neu gegenüber der NK5, da
dort für die Gewinnung des oxidierten Coenzyms Q
10
aus der mit reduziertem
Coenzym Q
10
angereicherten Zwischenstufe dieselbe Reihenfolge wie in Merk-
mal 3.2 vorgesehen sei.
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren
stand.
1. Das Patentgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der
Gegenstand von Patentanspruch 31 nicht neu ist. Er wird durch die japanische
Offenlegungsschrift Sho-53-133687 (NK5) vorweggenommen, die ein Verfahren
zur Aufreinigung von Coenzym Q beschreibt, bei dem reduziertes Coenzym Q
mit porösem Kunstharz aufbereitet und anschließend oxidiert wird.
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- 13 -
a) Die Merkmalsgruppe 1 ist in NK5 offenbart. Nach den Feststellungen
des Patentgerichts führt die Nacharbeitung des Ausführungsbeispiels 3, bei
dem Bakterien der Gattung Pseudomonas (Pseudomonas denitrificans) kulti-
viert werden, zu einer Zellkultur, die reduziertes Coenzym Q
10
zu einem Anteil
von wenigstens 70 Molprozent des gesamten produzierten Coenzyms Q
10
ent-
hält.
Diese Feststellung des Patentgerichts ist für das Berufungsverfahren
bindend (§ 117 PatG i.V.m. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und hält den Angriffen der
Berufung stand.
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhand-
lung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten
Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an
der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen
begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Letzteres ist hier
nicht der Fall.
aa) Gegen die Annahme des Patentgerichts, dass die in Merkmal 1.1
genannten Bestandteile des Kulturmediums die üblichen und für ein optimales
Wachstum von Mikroorganismen essentiellen seien und dass dies durch die
entsprechenden Erläuterungen in der NK2 (Sp. 2 Z. 2 bis 17) belegt sei, ist
ebenso wenig zu erinnern wie gegen seine Annahme, dass auch für das Aus-
führungsbeispiel 3 mangels näherer Ausführungen zur Zusammensetzung von
der Verwendung eines derartigen Standardmediums auszugehen sei.
Die Rüge der Berufung, NK2 offenbare nicht, dass das Kulturmedium ei-
ne Phosphorquelle enthalte, ist unbegründet. Die Beklagte selbst hat - worauf
die Berufungserwiderung verweist - im zwischen den Parteien anhängigen Ver-
letzungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf ein wissenschaftliches Gut-
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- 14 -
achten von Prof. T. vorgelegt, in dem die in Merkmal 1.1 genannten Be-
standteile als notwendige Elemente jedes Kulturmediums bezeichnet werden
(NK23 Rn. 17, 19). Die NK2 führt im Übrigen als möglichen Bestandteil u. a.
Ammoniumphosphat auf (Sp. 2 Z. 14), das auch in der Streitpatentschrift als
mögliche Phosphorquelle genannt wird. Im Übrigen weist die Streitpatentschrift
darauf hin, dass in den natürlichen Komponenten eines Kulturmediums, wie
beispielsweise Hefeextrakt, Phosphorquellen enthalten sein können. Hefeex-
trakt wird aber auch von der NK2 als Bestandteil vorgeschlagen (Sp. 2 Z. 16).
bb) Keinen Bedenken begegnet auch die weitere Annahme des Patent-
gerichts, dass Pseudomonas denitrificans ein dem Fachmann bekannter Mikro-
organismus ist, der während seiner Kultivierung Sauerstoff zum Überleben be-
nötigt und deshalb eine aerobe Kultivierung erfordert.
Die Beklagte kann insoweit mit ihrem Einwand, der vermeintliche Sauer-
stoffbedarf der in der NK5 verwendeten Mikroorganismen sei kein Beleg dafür,
dass diese unter den in Abs. 47 der Beschreibung des Streitpatents genannten
Bedingungen aerob kultiviert worden seien, nicht durchdringen. Soweit sie gel-
tend macht, dass die Verwendung von Pseudomonas denitrificans als Mikroor-
ganismus nichts über die Menge an zugeführtem Sauerstoff aussage und dass
nach dem Stand der Technik zur Kultivierung einer Vielzahl von Mikroorganis-
men eine beschränkte Sauerstoffzufuhr als ausreichend oder sogar als erfor-
derlich erachtet werde, ist darauf hinzuweisen, dass das Verständnis des
Streitpatents von einer aeroben Kultivierung - wie oben dargelegt - dem ent-
spricht, was der Fachmann üblicherweise unter einer aeroben Kultivierung ver-
steht. Insbesondere ist der Streitpatentschrift nichts dafür zu entnehmen, dass
das erfindungsgemäße Verfahren eine besonders starke Belüftung voraussetzt.
Die Schlussfolgerung des Patentgerichts, die Verwendung der dem Fachmann
als aerobe Mikroorganismen bekannte Bakterien der Gattung Pseudomonas
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- 15 -
denitrificans spreche dafür, dass sich die Kulturbedingungen der NK5 nicht von
denjenigen des Streitpatents unterschieden, ist daher nicht zu beanstanden.
Auch der Einwand der Beklagten, dass nach der NK5 signifikante Mengen von
reduziertem Coenzym Q
10
erst durch die Zugabe eines Reduktionsmittels nach
der Kultivierung gebildet würden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Wie be-
reits das Patentgericht ausgeführt hat, werden die Reduktionsmittel im Bei-
spiel 3 der NK5 erst beim Aufschluss der Zellen zugegeben, nachdem die Kulti-
vierung der Mikroorganismen abgeschlossen ist, so dass aus der Verwendung
der Reduktionsmittel in der NK5 keine Rückschlüsse auf die Bedingungen ge-
zogen werden können, unter denen die Kultivierung erfolgt ist. Insbesondere
kann hieraus nicht auf eine anaerobe Kultivierung geschlossen werden.
cc) Ebenso wenig ist auch die Feststellung des Patentgerichts zu bean-
standen, dass die Kultivierung von Pseudomonas denitrificans unter üblichen
- aeroben - Kulturbedingungen einen Anteil reduzierten Coenzyms Q
10
von min-
destens 70 Molprozent des Coenzyms zum Ergebnis hat und deswegen davon
ausgegangen werden kann, dass auch bei der Nacharbeitung von Beispiel 3
der NK5 ein Anteil reduzierten Coenzyms Q
10
in dieser Höhe erhalten wird.
Wie das Patentgericht überzeugend ausgeführt hat, ergibt sich ein Indiz
dafür, dass diese Feststellung zutrifft, schon aus der Beschreibung des Streit-
patents selbst. In der dort wiedergegebenen Tabelle 2 wird angegeben, dass
mit Pseudomonas denitrificans ein Anteil von reduziertem Coenzym Q
10
von
85 Molprozent erreicht werden könne. Soweit die Beklagte dies unter Berufung
darauf entkräften will, das Patentgericht habe unzutreffend angenommen, dass
bei der NK5 und dem Streitpatent die Kulturen unter übereinstimmenden - übli-
chen - Bedingungen angelegt worden seien, kann sie damit keinen Erfolg ha-
ben. Denn wie bereits ausgeführt unterscheiden sich die Kulturbedingungen
des Streitpatents nicht von den für die Kultivierung von Mikroorganismen übli-
30
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- 16 -
chen, dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens bekannten Bedingungen.
Ferner wird die Richtigkeit der Feststellung, dass die Kultivierung von Pseu-
domonas denitrificans unter üblichen Kulturbedingungen zum Erhalt mikrobieller
Zellen mit einem Anteil reduzierten Coenzyms Q
10
gemäß Merkmal 1.2 führt,
durch den Vortrag der Beklagten selbst indiziert. So führt sie im Verletzungsver-
fahren zwischen den Parteien in ihrem Schriftsatz vom 25. Oktober 2011 aus,
dass die Verletzungsbeklagte fehl gehe, wenn sie annehme, dass im Streitpa-
tent ganz spezielle, auf den jeweiligen Mikroorganismus abgestimmte Kultivie-
rungsbedingungen eine Voraussetzung für einen Anteil von 70 Molprozent re-
duzierten Coenzyms Q
10
seien. Der Verweis auf die Kultivierungsbedingungen
sei lediglich als Hinweis auf allgemein vernünftige Bedingungen zu verstehen
(NK20, S. 2 Abs. 1 aE). Im Streitpatent werde beschrieben, dass bestimmte
Mikroorganismen grundsätzlich einen Anteil von reduziertem Coenzym Q
10
von
mehr als 70 Molprozent produzierten. Die in der Streitpatentschrift aufgeführten
Ergebnisse (Tabellen 1 bis 3, Abs. 115) seien auch nicht das Resultat ausgiebi-
ger Testreihen der Klägerin, mit denen sie spezielle Kultivierungs- und Fermen-
tationsbedingungen ermittelt hätte. Vielmehr werde eine allgemeine Versuchs-
anordnung beschrieben, wie sie der Fachmann durchweg wählen würde. Dem-
entsprechend zeigten die dort genannten Mikroorganismen selbst dann ein
Verhältnis von 70 Molprozent reduzierten Coenzyms Q
10
, wenn die Kultivie-
rungsbedingungen nicht für den einzelnen Mikroorganismus optimiert oder spe-
ziell festgelegt seien. Wenn daher ein Fachmann entsprechende Mikroorganis-
men nach dem Stand der Technik kultiviere, werde er regelmäßig einen Anteil
von reduziertem Coenzym Q
10
von 70 Molprozent erhalten. Die im Streitpatent
genannten Bedingungen seien nicht zwingend einzuhalten.
Die Beweiskraft dieser Indizien vermag die Beklagte weder durch den
beim Patentgericht vorgelegten Versuchsbericht noch durch den im Berufungs-
verfahren vorgelegten "Experimentalbericht" (Anlage HE1) und die Ergänzung
32
- 17 -
hierzu (Anlage HE3) zu erschüttern. Die Rüge der Beklagten, das Patentgericht
habe sich nicht mit dem von ihr vorgelegten Versuchsbericht auseinanderge-
setzt, ist unbegründet. Das Patentgericht hat den Bericht gewürdigt und ist in-
soweit zu dem Ergebnis gelangt, der Umstand, dass es der Beklagten bei der
Nacharbeitung des Beispiels 3 der NK5 nicht gelungen war, reduziertes
Coenzym Q
10
zu isolieren, gebe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass mit dem
in diesem Beispiel geschilderten Verfahren reduziertes Coenzym Q
10
isoliert
gewonnen werden könne. Das Patentgericht hat diese Annahme darauf ge-
stützt, dass der Erhalt von reduziertem Coenzym Q
10
im Beispiel 3 der NK5
nicht nur beiläufig erwähnt, sondern vielmehr unter Verwendung der chemisch
eindeutigen Bezeichnung 2,3-Dimethoxy-5-methyl-6-decaprenylhydroquinon
und der Angabe der erhaltenen Menge und des Reinheitsgrads gezielt heraus-
gestellt werde, dass mit dem Verfahren reduziertes Coenzym Q
10
isoliert als
Zwischenprodukt erhalten werde. Der im Berufungsverfahren vorgelegte "Expe-
rimentalbericht" (Anlage HE1) bestätigt, dass der patentgemäße Mindestanteil
von reduziertem Coenzym Q
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gemäß Merkmal 1.2 jedenfalls bei hinreichender
Belüftung übertroffen wird. Schließlich kann auch aus dem von der Beklagten
im Verletzungsverfahren vorgelegten Gutachten von Prof. T. geschlossen
werden, dass mit der Kultivierung von Coenzym Q
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produzierenden Mikroor-
ganismen die in Tabelle 2 des Streitpatents genannten Werte, die sogar über
dem nach Merkmal 1.2 patentgemäßen Wert liegen, erreicht werden, ohne dass
hierfür besondere Kulturbedingungen erforderlich wären. So geht das Gutach-
ten in Bezug auf den von der Klägerin zu 1 in der angegriffenen Ausführungs-
form verwendeten Mikroorganismus Rhodopseudomonas palustris ohne weite-
res, d.h. insbesondere ohne auf hierfür etwa erforderliche besondere Kulturbe-
dingungen hinzuweisen, davon aus, dass dieser, wie in Tabelle 2 des Streitpa-
tents angegeben, die reduzierte Form des Coenzyms Q
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zu einem Anteil von
90% des gesamten Coenzyms produziert (NK23 Rn. 22 bis 26).
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b) Die nach Merkmal 2 optional vorgesehene Zerstörung der durch die
Kultivierung erhaltenen mikrobiellen Zellen wird durch die NK5 ebenfalls offen-
bart. So ist in Beispiel 3 der NK5 vorgesehen, dass die aus der Kultur nach der
Zentrifugation gewonnene feuchte Zellpaste in Gegenwart von Natriumhydroxid
und Pyrogallol erhitzt und mit einer Lösung aus Hexan und Methanol extrahiert
wird (S. 8 Z. 23 bis 28). Die Feststellung des Patentgerichts, dass es sich dabei
um ein dem Fachmann bekanntes konventionelles Zellzerstörungsverfahren
handle, das sich beispielsweise auch der US-amerikanischen Patentanmeldung
3 769 170 (NK2) entnehmen lasse, greift die Berufung nicht an, und sie lässt
auch keine Rechtsfehler erkennen. Im Übrigen weist auch das Streitpatent, das
für den ohnehin nur optional vorgesehenen Verfahrensschritt der Zerstörung
der mikrobiellen Zellen kein bestimmtes Verfahren vorsieht, diese Methode als
eine von mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten aus (Beschr.
Abs. 63).
c) Schließlich hat das Patentgericht ebenfalls zutreffend angenommen,
dass Merkmal 3 durch die NK5 in der Variante von Merkmal 3.2 offenbart wird.
Die Rüge der Berufung, das Patentgericht habe zu Unrecht in Beispiel 3 der
NK5 den Oxidationsschritt des Beispiels 1 hineininterpretiert, ist unbegründet.
In Beispiel 3 der NK5 wird nach der Zerstörung der mikrobiellen Zellen
die das reduzierte Coenzym Q
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enthaltende Zwischenstufe zunächst mit einer
Mischung aus Hexan und Methanol und anschließend mit Aceton extrahiert.
Nach Abzug des Acetons werde - so führt die NK5 weiter aus - eine ölartige,
reduziertes Coenzym Q
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enthaltende Substanz erhalten, die im Folgenden in
gleicher Weise behandelt werden soll wie in Beispiel 1. In Beispiel 1 wird das
reduziertes Coenzym Q
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enthaltende Fett zunächst chromatographisch aufge-
reinigt, anschließend werden Lösungsmittel herausdestilliert und danach wird
das so behandelte Produkt oxidiert, indem ihm 30 Minuten lang bei Raumtem-
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peratur unter Rühren Luft zugeführt wird. Da das nach Beispiel 3 erhaltene Pro-
dukt dem Ausgangsprodukt in Beispiel 1 entspricht, und nach den Angaben in
Beispiel 3 wie dieses behandelt werden soll, ist der in Beispiel 1 beschriebene
Oxidationsschritt auch in Beispiel 3 durchzuführen und wird damit auch dort
offenbart. Von einem nicht gerechtfertigten Hineininterpretieren dieses Verfah-
rensschritts in den in Beispiel 3 gezeigten Verfahrensablauf kann daher keine
Rede sein.
2. Das Patentgericht hat den Gegenstand von Patentanspruch 31 in der
Fassung der Hilfsanträge I und II zu Recht mangels Neuheit als nicht patentfä-
hig erachtet. Das in beiden Hilfsanträgen zusätzlich aufgenommene Kriterium
der aeroben Kultivierung ergibt sich für den Fachmann aus der NK5, da ihm
bekannt ist, dass die dort verwendeten Mikroorganismen nur unter aeroben Be-
dingungen gedeihen. Die in Hilfsantrag II aufgenommene Beschränkung des
abschließenden Verfahrensschritts auf die in Merkmal 3.2 genannte Variante ist
- wie oben dargelegt - ebenfalls bereits durch die NK5 offenbart.
3. Ob sich der Prüfungsumfang des Berufungsgerichts nach § 117
PatG in Verbindung mit den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der
§ 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO auf die mit der Beru-
fungsbegründung eingereichten Hilfsanträge III, IV und V erstreckt, kann dahin
gestellt bleiben. Auch wenn der Gegenstand von Patentanspruch 31 in der Fas-
sung dieser Hilfsanträge möglicherweise neu ist, ist seine Patentfähigkeit jeden-
falls deshalb zu verneinen, weil er dem Fachmann durch den Stand der Technik
nahegelegt war. Die Beklagte hat insoweit in der Berufung auch nichts darge-
tan, was auf eine erfinderische Tätigkeit schließen lassen könnte.
a) Hilfsantrag III beschränkt das erfindungsgemäße Verfahren ausge-
hend von Hilfsantrag I auf bestimmte Mikroorganismen, die neben anderen im
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erteilten Patentanspruch 54 genannt sind, der in der mit Hilfsantrag III verteidig-
ten Fassung entfallen soll. Dies vermag die Patentfähigkeit des Gegenstands
von Patentanspruch 31 nicht zu begründen. Denn zumindest ein Teil der ge-
nannten Mikroorganismen war im Stand der Technik bereits als Coenzym-Q
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Produzenten bekannt. So offenbart die NK1 die Kultivierung von Bakterien der
Gattung Rhodopseudomonas. Die NK2 beschreibt die Kultivierung von Bakte-
rien der Gattungen Sporobolmyces und Trichosporon. In der als NK4 vorgeleg-
ten Veröffentlichung (Yoshida et al., Production of ubiquinone-10 using bacteria,
J. Gen. Appl. Microbiol. 1998, Bd. 44, S. 19-26) wird der Bakterienstamm Rho-
dobacter sphaeroides als ausgezeichneter Coenzym-Q
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-Produzent genannt
(vgl. Einl. der NK4).
b) Hilfsantrag IV entspricht Hilfsantrag III mit dem Unterschied, dass bei
Merkmal 3 nur die Variante 3.2 beansprucht werden soll. Diese Fassung ist aus
den gleichen Gründen wie die Fassung nach den Hilfsanträgen III und II nicht
als patentfähig anzusehen.
c) Hilfsantrag V setzt auf Hilfsantrag IV auf, beschränkt die Mikroorga-
nismen jedoch auf Hefen. Die Möglichkeit, Hefen zur Gewinnung von Coenzym
Q
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zu kultivieren, wird bereits in der NK2 offenbart (Sp. 1 Z. 31; Sp. 5 Z. 55 bis
Sp. 6 Z. 1-19).
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung
mit § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck
Gröning
Bacher
Hoffmann
Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 07.11.2012 - 3 Ni 21/11 (EP) verbun-
den mit 3 Ni 39/11 (EP) -
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