Urteil des BGH vom 27.04.2016

Leitsatzentscheidung zu Kaufvertrag, Vorkaufsrecht, Miteigentumsanteil, Grundstück

ECLI:DE:BGH:2016:270416UVIIIZR61.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 61/15
Verkündet am:
27. April 2016
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 (analog)
Ein Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB analog wird bei Veräuße-
rung eines noch ungeteilten Gesamtgrundstücks und beabsichtigter Realteilung nur dann
begründet, wenn der Verkäufer als Vorkaufsverpflichteter in dem mit dem Erwerber abge-
schlossenen Kaufvertrag die Verpflichtung zur Aufteilung übernommen hat. Ob dies der Fall
ist, ist dem Kaufvertrag im Wege der Auslegung zu entnehmen. Weiter setzt die Entstehung
eines solchen Vorkaufsrechts voraus, dass die vom Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Ein-
zelfläche in dem Kaufvertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist
(Fortführung von BGH, Urteil vom 22. November 2013 - V ZR 96/12, BGHZ 199, 136 Rn. 17,
22 ff.).
BGB § 467 Satz 1 und 2 (analog)
a) § 467 Satz 1 BGB sichert das Interesse des Vorkaufsberechtigten an der Ausübung sei-
nes Rechts beim Verkauf mehrerer Gegenstände, die nur zum Teil dem Vorkaufsrecht un-
terliegen, und schränkt damit den in § 464 Abs. 2 BGB enthaltenen Grundsatz der Ver-
tragsidentität ein. Damit bestimmt das Vorkaufsrecht und nicht der den Vorkaufsfall auslö-
sende Kaufvertrag, welche Gegenstände der Vorkaufsberechtigte in Ausübung seines
Rechts erwerben kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06,
BGHZ 168, 152 Rn. 21 ff.).
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b) § 467 Satz 1 BGB ist auf den Fall des Verkaufs eines nur teilweise mit einem Vorkaufs-
recht belasteten Grundstücks entsprechend anzuwenden (im Anschluss an BGH, Urteil
vom 10. Oktober 1969 - V ZR 155/66, LM § 508 BGB aF Nr. 1).
c) Der Vorkaufsverpflichtete kann jedoch gemäß § 467 Satz 2 BGB (analog) verlangen, dass
der Vorkauf auf alle Gegenstände beziehungsweise auf das gesamte Grundstück er-
streckt wird, wenn nach Abtrennung der vorkaufsbelasteten Gegenstände lediglich ein
isoliert nicht sinnvoll nutzbarer Gegenstand verbliebe, für den sich kein adäquater Preis
erzielen ließe (Fortführung von BGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 272/10, NJW
2012, 1354 Rn. 18).
BGH, Urteil vom 27. April 2016 - VIII ZR 61/15 - LG Aachen
AG Aachen
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer
des Landgerichts Aachen vom 5. März 2015 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
Aachen vom 24. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tra-
gen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist seit dem Jahr 1989 Mieterin eines in einer Siedlung
ehemaliger Zolldienstwohnungen gelegenen Einfamilienreihenhauses in
Aachen. Das Eigentum an dem Siedlungsgrundstück, das mit zwei hintereinan-
der liegenden eingeschossigen Wohnblöcken mit je drei Einfamilienhäusern
und einem zweigeschossigen Zweifamiliendoppelhaus sowie einer Garage und
einem Schuppengebäude bebaut ist, war mit Wirkung vom 1. Januar 2005 von
Gesetzes wegen auf die Beklagte übergegangen.
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Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Dezember 2012 veräußerte die Be-
klagte das Gesamtgrundstück, das in einem dem Vertrag beigefügten Lageplan
in noch zu vermessenden Teilflächen dargestellt wurde, zum Gesamtpreis von
rund 1,2 Mio.
€ an fünf Ehepaare und an eine Einzelperson. Dabei wurden in
§ 1 Abs. 4 des Kaufvertrags sowohl das Gesamtgrundstück als auch die
Grundstücksteilflächen als Kaufgegenstand bezeichnet. Die in § 2 des Kaufver-
trags jeweils mit einer ungefähren Größenangabe versehenen und im beigefüg-
ten Lageplan farblich gekennzeichneten, damals noch nicht vermessenen Teil-
flächen wurden bestimmten Käufern entweder insgesamt (mit Wohnhäusern
bzw. mit einem Schuppengebäude bebaute Teilflächen Nr. 1 bis Nr. 9) oder
nach Bruchteilen (Stellplatzparzelle Nr. 10 und mit Garage bebaute Gemein-
schaftsfläche Nr. 11) zugeordnet. Gemäß § 2 des Kaufvertrags war der von den
Vertragsparteien genehmigte und unterschriebene Lageplan Bestandteil des
Vertrages und waren diese sich über die Abgrenzung des Kaufgegenstandes in
der Natur einig.
Zur Berechnung der Grunderwerbssteuer und anfallender Kosten stellten
die Käufer in § 10 des Kaufvertrags klar, dass sie den Gesamtpreis in bestimm-
ten Anteilen an die Verkäuferin gezahlt hatten, wobei auf die - im Rubrum des
Kaufvertrags unter Nr. 5 aufgeführten - Käufer der mit dem von der Klägerin
genutzten Einfamilienhaus bebauten Teilfläche Nr. 5 einschließlich der diesen
Käufern zukommenden Miteigentumsanteile an - den ebenfalls noch zu ver-
messenden - Teilflächen Nr. 10 und Nr. 11
ein Kaufpreisanteil von 163.353 €
entfiel.
In § 14 Abs. 1 des Kaufvertrags wurde zugleich die Auflassung erklärt,
wobei das Eigentum am Grundstück im jeweils im Kaufvertrag angegebenen
Beteiligungsverhältnis auf die Käufer übergehen sollte. In § 14 Abs. 2 des Ver-
trages ermächtigten die Vertragsparteien Notarangestellte unter anderem dazu,
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nach der Katasterfortschreibung den Kaufgegenstand genau zu bezeichnen
und erneut die Auflassung zu erklären.
Mit weiterer notarieller Urkunde vom 14. Dezember 2012 trafen die am
Kaufvertrag beteiligten Käufer eine Vereinbarung über die künftige Ausgestal-
tung ihrer Miteigentümergemeinschaft. In der Vorbemerkung zu dieser Verein-
barung heißt es unter Bezugnahme auf den anliegenden Lageplan, die Ver-
tragsschließenden hätten den Grundbesitz "zum Eigentum zu Teilflächen" er-
worben.
Die Klägerin teilte der Beklagten innerhalb der gesetzlichen Ausschluss-
frist mit Anwaltsschreiben vom 12. April 2013 mit, sie übe bezüglich des von ihr
gemieteten Einfamilienhauses "das ihr gemäß § 577 BGB zustehende Vor-
kaufsrecht" aus. Die Beklagte stimmte dem zunächst mit Schreiben vom
15. April 2013 zu, vertrat dann aber später die Ansicht, der Klägerin stehe das
in Anspruch genommene Vorkaufsrecht nicht zu.
Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht Aachen am 22. April 2013
im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet, dass zu ihren Gunsten eine
Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Auflassung und Ein-
tragung der im beigefügten Lageplan mit Nr. 5 bezeichneten, noch zu vermes-
senden Teilfläche nebst aufstehendem Haus eingetragen wird. Die Vormerkung
wurde am Folgetag in das Grundbuch eingetragen.
Im Oktober 2013 wurden die im Kaufvertrag aufgeführten Teilflächen
vermessen, wobei die im Kaufvertrag mit Nr. 5 bezeichnete Teilfläche zum Flur-
stück 185 und die weiteren Teilflächen Nr. 10 und Nr. 11 zu den Flurstücken
186 und 183 wurden. Das Grundbuch wurde entsprechend fortgeschrieben.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auflassung des zwischenzeitlich
vermessenen Flurstücks 185 nebst Übertragung eines 11/100 Miteigentumsan-
teils an den Flurstücken 183 und 186 und auf Bewilligung der Eintragung des
Eigentumswechsels im Grundbuch, Zug um Zug gegen Zahlung von 163.353 €,
in Anspruch. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Aufhebung der vom
Amtsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung nebst Verpflichtung der Kläge-
rin zur Tragung der dort angefallenen Kosten.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-
wiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abge-
wiesen und der Widerklage entsprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-
lassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzli-
chen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Aufgrund des notariellen Kaufvertrags vom 14. Dezember 2012 sei der
Klägerin ein Vorkaufsrecht in entsprechender Anwendung des § 577 Abs. 1
BGB nicht zugefallen. Ein Vorkaufsrecht entstehe nicht, wenn rein ideelles Mit-
eigentum an einer oder mehreren ungeteilten Fläche(n) verkauft werde, ohne
dass der Verkäufer gleichzeitig die vertragliche Verpflichtung übernehme, eine
Teilung vorzunehmen. Hingegen werde ein Vorkaufsrecht des Mieters dann
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begründet, wenn die verkauften Teilflächen bereits in allen wesentlichen Ein-
zelheiten zumindest bestimmbar festgelegt und bestimmten Erwerbern mit dem
Ziel einer Teilung des Grundstücks zuzuordnen seien, dies die Erwerber nicht
mehr einseitig ändern könnten und die Teilfläche der Mietsache genau entsprä-
che.
Im Streitfall liege die erstgenannte Fallgestaltung vor, denn mit dem nota-
riellen Kaufvertrag vom 14. Dezember 2012 seien nicht - in Vorwegnahme einer
Realteilung - Teilflächen an verschiedene Erwerber einzeln formwirksam ver-
äußert worden, sondern - wie in § 1 Abs. 1, § 3 des Vertrags zum Ausdruck
komme - ein ungeteiltes Grundstück zu einem einheitlich vereinbarten Gesamt-
preis von 1.202.021 €. Soweit in § 1 Abs. 4, § 2 des Kaufvertrags die Rede von
Teilflächen sei, handele es sich hierbei lediglich um zeichnerische und sprachli-
che Bezeichnungen. Deutlich werde die ungeteilte Veräußerung auch in weite-
ren vertraglichen Regelungen. So solle von der in § 2 Abs. 1 Buchst. h des
Kaufvertrags mit Nr. 11 bezeichneten Gemeinschaftsfläche ausdrücklich nur ein
- der Realteilung nicht zugänglicher - Miteigentumsanteil von 11/100 auf die
Käufer der Teilfläche Nr. 5 entfallen. Auch die in § 7 des Vertrags enthaltene
Bestimmung über das Wege- und Fahrrecht bezüglich der im Lageplan mit
Nr. 10 und Nr. 11 gekennzeichneten Gemeinschaftsflächen zeige deutlich, dass
eine Regelung zwischen Verkäuferin und Käufern eines einheitlichen, ungeteil-
ten Grundstücks getroffen worden sei, zu dessen Teilung sich die Verkäuferin
gerade nicht verpflichtet habe. Die in § 14 des Vertrags erklärte Übereignung
sei ebenfalls nicht bezogen auf bestimmte Flächen, sondern "im jeweils ange-
gebenen Beteiligungsverhältnis" an eine Käufergemeinschaft erfolgt.
Wie die unter den Erwerbern am 14. Dezember 2012 getroffene weitere
Vereinbarung zeige, sei aus deren Sicht Ziel des Kaufvertrags die Bildung einer
Miteigentümergemeinschaft eigener Art gewesen. In Anbetracht dieses Um-
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stands sei eine Realteilung zunächst ausgeschlossen gewesen. Zudem habe
sich die Liegenschaft wegen der Erschließung und Versorgung durch gemein-
same Anlagen für eine Realteilung nicht ohne Weiteres geeignet. Die gemein-
schaftlichen Erwerber seien außerdem grundsätzlich frei gewesen, nach dem
Erwerb des Grundstücks eine andere (interne) Teilung vorzunehmen und zu
vollziehen, denn die Beklagte habe ihrerseits eine Grundstücksteilung weder
vorgenommen noch sei sie hierzu verpflichtet gewesen.
Unabhängig davon scheide ein Vorkaufsrecht der Klägerin auch deswe-
gen aus, weil es an der gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3, § 463 BGB erforderlichen
Identität zwischen Mietsache, Kaufgegenstand und Vorkaufsgegenstand fehle.
An die Klägerin vermietet seien das auf der Teilfläche Nr. 5 stehende Einfamili-
enhaus, ein Hausgarten und zwei Stellplätze. Nicht mitvermietet sei ein ab-
grenzbarer Teil der Gemeinschaftsfläche Nr. 11 des Aufteilungsplans. Der nota-
rielle Kaufvertrag betreffe hingegen bezüglich der hier maßgeblichen Miterwer-
ber nur zeichnerisch die Teilfläche Nr. 5 und daneben einen 11/100 Miteigen-
tumsanteil an den Teilflächen Nr. 10 und Nr. 11. In der Erklärung zur Ausübung
des Vorkaufsrechts werde zwar die Teilfläche Nr. 5, nicht aber die vom Kaufver-
trag umfasste Teilfläche Nr. 11 angegeben, zudem eine nicht näher bezeichne-
te Stellplatzfläche.
Demnach habe die Klage keinen Erfolg. Dagegen sei der Widerklage der
Beklagten stattzugeben, da der Klägerin aufgrund der vorstehenden Erwägun-
gen keine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Auflassung und Ein-
tragung des Eigentumswechsels bezüglich des streitigen Grundstücksteils zu-
stehe.
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II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Beru-
fungsgericht hat die für das Entstehen eines Vorkaufsrechts im Falle der Ver-
äußerung eines ungeteilten Grundstücks (§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB ana-
log) zu stellenden Anforderungen an das Vorliegen einer vom Veräußerer ein-
gegangenen vertraglichen Verpflichtung zur Grundstücksteilung nicht hinrei-
chend erfasst und hat demzufolge den notariellen Kaufvertrag vom 14. Dezem-
ber 2012 rechtsfehlerhaft dahin ausgelegt, dass die Beklagte eine entsprechen-
de Verpflichtung nicht übernommen habe. Ferner hat es die im Streitfall analog
anwendbaren Bestimmungen des § 577 Abs. 1 Satz 3 BGB und des § 467 BGB
übersehen und daher zu Unrecht eine vollständige Übereinstimmung zwischen
Kaufgegenstand und Mietobjekt verlangt. Schließlich hat es bei der Auslegung
der Erklärung der Klägerin über die Ausübung des Vorkaufsrechts auslegungs-
relevante Umstände außer Acht gelassen.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings an-
genommen, dass die für die Begründung von Wohnungseigentum geltende Be-
stimmung des § 577 BGB auf die Realteilung eines Grundstücks, das mit zu
Wohnzwecken vermieteten Reihenhäusern bebaut ist, entsprechend anzuwen-
den ist (Senatsurteile vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, NZM 2008, 569
Rn. 8 f.; vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 325/09, NJW 2010, 3571 Rn. 14). Dement-
sprechend kann ein Vorkaufsrecht des Mieters sowohl im Falle der Veräuße-
rung eines Grundstücks nach vollzogener Realteilung (§ 577 Abs. 1 Satz 1
Alt. 1 BGB analog), die neben einer Teilungserklärung des Grundstückseigen-
tümers - und gegebenenfalls erforderlichen behördlichen Genehmigungen - die
Eintragung im Grundbuch voraussetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember
2012 - V ZB 49/12, NJW-RR 2013, 588 Rn. 5; MünchKommBGB/Kohler,
6. Aufl., § 890 Rn. 15, 16; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 890 Rn. 6), als
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auch im Falle der Veräußerung eines ungeteilten Grundstücks bei beabsichtig-
ter Realteilung (§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB analog) in Betracht kommen
(Senatsurteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 325/09, aaO Rn. 14 einerseits und
Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, aaO Rn. 8 f. andererseits).
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass ein Vor-
kaufsrecht des Mieters entsprechend § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB bei Ver-
äußerung eines noch ungeteilten Gesamtgrundstücks und beabsichtigter Real-
teilung nur dann begründet werden kann, wenn den Anforderungen sinngemäß
entsprochen wird, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Entste-
hung eines Vorkaufsrechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB im Falle der
Veräußerung eines ungeteilten Mehrfamilienhauses und beabsichtigter Begrün-
dung von Wohnungseigentum gefordert werden.
a) Das für den Fall der Veräußerung künftigen Wohnungseigentums in
§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB angeordnete Vorkaufsrecht soll gerade nicht
zum Erwerb des gesamten Grundstücks berechtigen. Ebenso wenig soll der
Mieter dauerhaft einen ideellen Miteigentumsanteil in einer Bruchteilsgemein-
schaft ohne Sondereigentum erwerben. Gegenstand des Vorkaufsrechts ist
vielmehr ein sachenrechtlich noch nicht vorhandenes, aber in seiner Entste-
hung bereits angelegtes Wohnungseigentum (BGH, Urteil vom 22. November
2013 - V ZR 96/12, BGHZ 199, 136 Rn. 22).
aa) Deshalb muss zunächst gewährleistet sein, dass der Mieter einen
Anspruch auf die Begründung von Wohnungseigentum erwirbt (BGH, Urteil vom
22. November 2013 - V ZR 96/12, aaO). Hierfür genügt die Teilungserklärung
des Veräußerers gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 8 WEG nicht, denn
sie ist bis zur Anlegung der Wohnungsgrundbücher frei widerruflich. Ebenso
wenig reicht es aus, dass eine Aufteilung durch den oder die Erwerber durchge-
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führt werden soll, denn in diesem Fall erwirbt ein das Vorkaufsrecht ausübender
Mieter keinen Rechtsanspruch auf Durchführung der Aufteilung (BGH, Urteil
vom 22. November 2013 - V ZR 96/12, aaO Rn. 24). Erforderlich ist vielmehr,
dass der Verkäufer als Vorkaufsverpflichteter in dem Kaufvertrag eine Verpflich-
tung zur Aufteilung übernommen hat (BGH, Urteil vom 22. November 2013
- V ZR 96/12, aaO Rn. 17, 23). Ob dies der Fall ist, ist dem Kaufvertrag im We-
ge der Auslegung zu entnehmen. Dabei kann sich bereits aus einer Bezugnah-
me auf eine erfolgte Teilungserklärung ergeben, dass vom Veräußerer die voll-
endete Aufteilung geschuldet ist (BGH, Urteil vom 22. November 2013 - V ZR
96/12, aaO Rn. 23).
bb) Weitere Voraussetzung für das Entstehen eines Vorkaufsrechts nach
§ 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB ist, dass die von dem Vorkaufsrecht erfasste
zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Kaufvertrag mit dem Dritten be-
reits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (BGH, Urteil vom
22. November 2013 - V ZR 96/12, aaO Rn. 17, 23).
b) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, haben die
vorgenannten Anforderungen sinngemäß auch für die Entstehung eines Vor-
kaufsrechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB analog bei einer beabsichtig-
ten Realteilung eines Grundstücks zu gelten, das mit einem zu Wohnzwecken
vermieteten Haus bebaut ist. Es reicht also nicht aus, dass der Vermieter das
ungeteilte Grundstück an einen Dritten veräußert und dieser nach dem Erwerb
die Realteilung durchführt. Vielmehr muss sich dem Kaufvertrag unter Anwen-
dung der Auslegungsregeln nach §§ 133, 157 BGB entnehmen lassen, dass
der Veräußerer auch den Vollzug der Realteilung schuldet und damit der Er-
werber gegen den Veräußerer einen Anspruch auf die Begründung eines be-
stimmten oder wenigstens bestimmbaren Einzelgrundstücks erwirbt, das mit
dem angemieteten Wohnhaus bebaut ist. Nur in diesem Fall ist gewährleistet,
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dass sich die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bewirkte Rechtsstellung
des Mieters nicht darin erschöpft, einen sachenrechtlich noch nicht existieren-
den Gegenstand käuflich zu erwerben, sondern der Mieter die (künftige) Ent-
stehung dieses Kaufgegenstands auch durchsetzen kann, weil ihm gegen den
Veräußerer zugleich ein schuldrechtlicher Anspruch auf die Schaffung eines mit
dem von ihm genutzten Wohnhaus bebauten Einzelgrundstücks zusteht.
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Kaufvertrag
vom 14. Dezember 2012 dahin ausgelegt, dass die Beklagte als Veräußerin
eine entsprechende Verpflichtung nicht übernommen habe.
Die Auslegung einer - hier ersichtlich vorliegenden - Individualvereinba-
rung durch den Tatrichter kann vom Revisionsgericht zwar nur beschränkt da-
rauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungs-
regeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Ausle-
gungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Re-
vision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom
9. Juli 2014 - VIII ZR 376/13, BGHZ 202, 39 Rn. 42; vom 15. Oktober 2014
- XII ZR 111/12, WM 2014, 2280 Rn. 38; vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR
224/13, NJW-RR 2015, 264 Rn. 37; jeweils mwN). Einer an diesem Maßstab
ausgerichteten Prüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts jedoch nicht
stand. Das Berufungsgericht hat allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze
missachtet und dabei zugleich wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt
gelassen. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann
der erkennende Senat die Auslegung des Kaufvertrags vom 14. Dezember
2012 selbst vornehmen (vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Dezember 2000
- XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 unter II 2 a mwN; vom 22. Februar 2012
- VIII ZR 34/11, WM 2012, 2061 Rn. 25).
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a) Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen bildet der von den Partei-
en gewählte Wortlaut einer Vereinbarung und der diesem zu entnehmende ob-
jektiv erklärte Parteiwille den Ausgangspunkt einer nach §§ 133, 157 BGB vor-
zunehmenden Auslegung (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 2014
- XII ZR 111/12, aaO Rn. 48; vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13, NJW-RR
2015, 243 Rn. 15; vom 11. November 2014 - VIII ZR 302/13, NJW 2015, 409
Rn. 11). Weiter sind nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen insbesondere
der mit der Vereinbarung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Parteien
zu beachten, ferner die sonstigen Begleitumstände, die den Sinngehalt der ge-
wechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012
- IX ZR 30/10, WM 2012, 2144 Rn. 11 mwN; vom 13. November 2014 - IX ZR
277/13, WM 2015, 186 Rn. 8).
Dabei kann auch das nachträgliche Verhalten der Vertragsparteien zu
berücksichtigen sein. Dieses kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht
mehr beeinflussen, aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens
und das tatsächliche Verständnis der Vertragsparteien haben (st. Rspr.; vgl.
BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012 - IX ZR 30/10, aaO Rn. 14; vom 24. Febru-
ar 2016 - VIII ZR 216/12, juris Rn. 37, jeweils mwN). Bei formbedürftigen Ver-
einbarungen sind außerhalb der Urkunde liegende Begleitumstände allerdings
nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie in der Urkunde einen wenn auch
unvollkommenen Ausdruck gefunden haben (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom
25. März 1983 - V ZR 268/81, BGHZ 87, 150, 154; vom 17. Februar 2000
- IX ZR 32/99, NJW 2000, 1569 unter II 3; jeweils mwN).
b) Hiergegen hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es den Inhalt
des Kaufvertrags vom 14. Dezember 2012 entgegen dem objektiven Wortlaut
der Regelungen in §§ 1, 2 des Vertrags und unter Außerachtlassung der dem
Kaufvertrag zugrundeliegenden Interessenlage der Parteien sowie unter unzu-
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reichender Erfassung der im Kaufvertrag von den Parteien gewählten - und in
der anschließend von den Erwerbern am selben Tag getroffenen notariellen
Vereinbarung bestätigten - rechtlichen Konstruktion ausgelegt hat.
aa) Wie die Revision im Ergebnis zu Recht beanstandet, hat das Beru-
fungsgericht bereits den Wortlaut der ausschlaggebenden Regelungen in
§§ 1, 2 des Kaufvertrags nicht hinreichend erfasst. Insbesondere lässt es nicht
erkennen, ob es diese für die Bestimmung der Pflichten der Beklagten zentralen
Vertragsklauseln - wie geboten - aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfän-
gers ausgelegt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR
196/93, NJW 1995, 45 unter II 2 a mwN).
(1) In § 1 Abs. 4 des Kaufvertrags heißt es, die Beklagte verkaufe "das
unter (1) genannte, im beigefügten Lageplan (Anlage 1) in Teilflächen darge-
stellte Grundstück". Weiter ist ausdrücklich die Rede davon, dass "das vorbe-
zeichnete Grundstück bzw. die Grundstücksteilflächen […] Gegenstand des
vorliegenden Vertrages" seien und "nachstehend Kaufgegenstand genannt"
würden.
Daran anschließend wird unter § 2 Abs. 1 bestimmt, dass die Verkäuferin
"den in § 1 beschriebenen Kaufgegenstand" unterteilt in elf verschiedene, noch
zu vermessende Teilflächen an insgesamt sechs Käufergruppen (fünf Ehepaare
und eine Einzelperson) verkaufe. Dabei ist jede einzelne Teilfläche mit ihrer
ungefähren Größe bezeichnet; zugleich ist - soweit bebaut - das jeweils auf ihr
befindliche Gebäude angegeben. Zur weiteren Kennzeichnung der jeweiligen
Teilfläche wird auf den dem Vertrag beigefügten Lageplan und die dort in unter-
schiedlichen Farben vorgenommenen Markierungen sowie die dort angebrachte
Nummerierung (Nr. 1 bis 11) Bezug genommen. Hiervon ausgehend sollen
nach § 2 Abs. 1 Buchst. a bis f des Kaufvertrags die Teilflächen Nr. 1 bis Nr. 9
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jeweils an einzelne Käufer (Ehepaare bzw. Einzelpersonen) verkauft werden,
wobei drei Käufergruppen jeweils zwei Teilflächen erwerben werden sollen. Be-
züglich der weiteren zwei Teilflächen Nr. 10 (Stellplatzparzelle) und Nr. 11
(Gemeinschaftsfläche) ist in § 2 Abs. 1 Buchst. g und h des Kaufvertrags be-
stimmt, dass diese nicht an einzelne Käufer veräußert werden, sondern viel-
mehr sämtliche sechs Käufergruppen - der Höhe nach variierende - Miteigen-
tumsanteile hieran erhalten sollen.
Weiter heißt es in § 2 Abs. 2 des Kaufvertrags, der in der Anlage beige-
fügte Lageplan sei Bestandteil des Vertrags und sei von den Parteien "geneh-
migt und unterschrieben worden"; die Parteien seien sich "über die Abgrenzung
des Kaufgegenstands in der Natur einig".
(2) Das Berufungsgericht hat die Regelung in § 2 Abs. 2 des Kaufver-
trags und die darin zum Ausdruck gekommene Bedeutung der im Lageplan ein-
gezeichneten Aufteilung in Teilflächen nicht in den Blick genommen. Vielmehr
hat es allein auf die in § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags getroffenen Aus-
sagen zu den Grundstücksteilflächen abgestellt und dabei zudem den Inhalt
dieser Regelungen nur unzureichend erfasst. Den detaillierten Bestimmungen
in § 2 Abs. 1 Buchst. a bis f des Kaufvertrags über die Zuordnung der Teilflä-
chen Nr. 1 bis Nr. 9 an konkrete Einzelerwerber hat es, ohne dies näher zu be-
gründen, einen rein unverbindlichen Charakter als bloße zeichnerische und
sprachliche Bezeichnungen beigemessen und ihnen damit einen rechtlichen
Regelungsgehalt abgesprochen.
Letztlich hat es entscheidend auf die in § 1 Abs. 1 des Kaufvertrags ent-
haltene Beschreibung des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch unge-
teilten Grundstücks sowie auf den Umstand abgestellt, dass die in Aussicht ge-
nommenen Teilflächen nicht einzeln formwirksam an den jeweiligen Erwerber
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veräußert worden seien. Mit dieser Deutung hat es sich den Blick für den aus
Sicht eines objektiven Empfängers in der Lage der Vertragsparteien maßge-
benden Erklärungsgehalt der zentralen Bestimmungen in § 1 Abs. 4, § 2 des
Kaufvertrags verstellt und bei seiner Auslegung maßgebliche Gesichtspunkte
unberücksichtigt gelassen.
(a) Bereits die sprachlich klare Beschreibung des Kaufgegenstands in
§ 1 Abs. 4 des Kaufvertrags, die die Grundstücksteilflächen gleichrangig neben
dem Gesamtgrundstück als Kaufobjekt nennt, macht deutlich, dass nicht allein
das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses existierende ungeteilte Grund-
stück, wie in § 1 Abs. 1 des Kaufvertrags beschrieben, verkauft werden sollte,
sondern daneben auch die im Lageplan aufgeführten Grundstücksteilflächen.
(b) Anknüpfend daran werden in § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags, unter der
Überschrift "Verkauf" und eingeleitet mit den Worten "Die Verkäuferin verkauft
den in § 1 beschriebenen Kaufgegenstand […] wie folgt:" sämtliche im Lageplan
ausgewiesenen, mit Wohnhäusern bebauten Teilflächen des ungeteilten
Grundstücks (Teilflächen Nr. 1 bis Nr. 9) konkret bezeichneten Einzelerwerbern
zuordnet und jedem Einzelerwerber ein bestimmter Miteigentumsanteil an den
weiteren, zur gemeinschaftlichen Nutzung bestimmten Teilflächen Nr. 10 und
Nr. 11 zugewiesen. Soweit das Berufungsgericht diese detaillierten Bestim-
mungen als rein sprachliche Beschreibung der Teilflächen und den dabei in Be-
zug genommenen Lageplan als bloße zeichnerische Darstellung dieser Flächen
wertet, lässt es jede Begründung dafür vermissen, weshalb es den akribisch
vorgenommenen Zuordnungen der mit Wohnhäusern bebauten Teilflächen
Nr. 1 bis Nr. 9 zu konkret bezeichneten Käufern, die in dem Vertragstext einen
breiten Raum einnehmen, keine rechtliche Bedeutung beimisst.
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(c) Bei objektivem Verständnis lässt die Regelung in § 2 Abs. 1 des
Kaufvertrags angesichts ihres klaren Wortlauts nur die Auslegung zu, dass die
Beklagte nicht nur ein ungeteiltes Grundstück an eine Erwerbergemeinschaft
veräußerte und dessen weiteres rechtliches Schicksal in die Hände dieser Ge-
meinschaft geben wollte, sondern dass die mit Wohnhäusern bebauten, im La-
geplan ausgewiesenen und in § 2 Abs. 1 Buchst. a bis f des Kaufvertrags zu-
sätzlich sprachlich umschriebenen Teilflächen Nr. 1 bis Nr. 9 als künftig entste-
hende Einzelgrundstücke jeweils an bestimmte Käufer verkauft werden sollten.
Bestätigt wird dies durch die in § 2 Abs. 2 des Kaufvertrags im Anschluss an die
Zuordnung der einzelnen Teilflächen getroffene Vereinbarung, wonach sich die
Vertragsparteien über die Abgrenzung des Kaufgegenstands in der Natur einig
waren. Diese Einigung belegt, dass die Aufteilung des Gesamtgrundstücks
nicht der Erwerbergemeinschaft überlassen bleiben sollte, sondern unter Mit-
wirkung der Beklagten zu erfolgen hatte.
bb) Weiter hat das Berufungsgericht den mit dem Kaufvertrag verfolgten
Zweck und die Interessenlage der Parteien außer Acht gelassen. Gegenstand
des in dem in § 6 Abs. 1 des Kaufvertrags erwähnten Exposé enthaltenen An-
gebots der Beklagten war noch allein das ungeteilte Grundstück gewesen. Vor
der Beurkundung des Kaufvertrags wurde jedoch ein Lageplan erstellt, der eine
Aufteilung des gesamten Grundstücks in elf Teilflächen vorsah und von allen
Vertragsparteien genehmigt und zum (wesentlichen) Bestandteil des Kaufver-
trags gemacht wurde. Ein solches Vorgehen ergibt - worauf die Revision mit
Recht hinweist - nur dann Sinn, wenn der Ausweisung der Teilflächen auch für
die Beklagte rechtliche Bedeutung zukommen sollte. Ansonsten hätten die Er-
werber die Aufteilung später ohne Mitwirkung der Beklagten in der von ihnen
ebenfalls am 14. Dezember 2012 getroffenen gesonderten Vereinbarung regeln
können.
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Dass der Sinn und Zweck des mit der Beklagten abgeschlossenen Kauf-
vertrags darin bestand, den einzelnen Käufern den Erwerb der dort beschriebe-
nen Einzelgrundstücke zu ermöglichen und die Beklagte zu verpflichten, die
Entstehung dieser Grundstücke und den Übergang des Eigentums zu gewähr-
leisten, wird insbesondere in den vorstehend bereits genannten Passagen in
§ 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1, 2 des Kaufvertrags deutlich, ergibt sich aber auch aus
weiteren, vom Berufungsgericht nicht erörterten Bestimmungen dieses Vertrags
sowie aus dem Inhalt der unmittelbar nach Beurkundung des Kaufvertrags unter
den Erwerbern getroffenen Vereinbarung.
(1) Die in § 2 Abs. 2 des Kaufvertrags erfolgte Einigung der Parteien über
die Aufteilung des Kaufgegenstands in die im Lageplan eingezeichneten Teilflä-
chen belegt, dass es sich dabei um einen gemeinsam gefassten, beide Seiten
schuldrechtlich bindenden "Aufteilungsplan" handelt. Wenn die Beklagte ledig-
lich die Verpflichtung hätte eingehen wollen, ein ungeteiltes Grundstück zu ver-
äußern, hätte weder Anlass für eine Übereinkunft der Parteien über die Auftei-
lung des Kaufgegenstands in die im Lageplan eingezeichneten Teilflächen (§ 2
Abs. 2 des Kaufvertrags) noch für die in § 2 Abs. 1 des Vertrags vorgenomme-
ne detaillierte Beschreibung der Teilflächen und deren Zuordnung an bestimmte
Käufer bestanden. Ebenso wenig hätte es in diesem Fall ein Bedürfnis dafür
gegeben, in § 1 Abs. 4 des Kaufvertrags neben dem ungeteilten Grundstück
auch die Grundstücksteilflächen als Kaufgegenstand zu definieren.
Den genannten Umständen kommt - was das Berufungsgericht nicht in
den Blick genommen hat - mindestens die gleiche Aussagekraft zu, die von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung einer Bezugnahme des Kaufvertrags auf
eine Teilungserklärung nach § 8 WEG beigemessen wird. Wenn sich bereits
aus einer solchen Bezugnahme ergeben kann, dass vom Veräußerer die voll-
endete Aufteilung in Wohnungseigentumseinheiten geschuldet ist (BGH, Urteil
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vom 22. November 2013 - V ZR 96/12, aaO Rn. 23), gilt dies erst recht für die
im Vertragstext breiten Raum einnehmenden Regelungen über die Aufteilung
des Gesamtgrundstücks entsprechend dem Vertragsbestandteil gewordenen
Lageplan und über die Zuordnung der konkret und eingehend beschriebenen
Teilflächen an einzelne Käufer.
(2) Dass sich die Verpflichtung der Beklagten nicht in der Eigentumsver-
schaffung an dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allein existierenden
Gesamtgrundstück erschöpfte, sondern diese auch die schuldrechtliche Ver-
pflichtung eingegangen war, den einzelnen Käufern das Eigentum an den ihnen
jeweils nach § 2 Abs. 1 des Vertrags zugeordneten Einzelflächen zu verschaf-
fen, ergibt sich auch aus der vom Berufungsgericht nicht gewürdigten Regelung
in § 14 Abs. 2 des Kaufvertrags.
(a) Die Vertragsparteien haben sich zunächst in § 14 Abs. 1 des Kaufver-
trags dahin geeinigt, dass das Eigentum an dem in § 1 näher bezeichneten
Kaufgegenstand, wie in § 2 näher ausgeführt, auf den jeweiligen Käufer im je-
weils angegebenen Beteiligungsverhältnis übergeht. Schon darin kommt, an-
ders als das Berufungsgericht meint, nicht zum Ausdruck, dass die Käufer am
ungeteilten Grundstück, also an sämtlichen im Lageplan eingezeichneten Teil-
flächen, Miteigentumsanteile erwerben sollen. Denn durch die Bezugnahme auf
§ 2 des Kaufvertrags wird klargestellt, dass die Formulierung "im jeweils ange-
gebenen Beteiligungsverhältnis" die in § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags vorgenom-
menen Zuordnungen der Teilflächen an konkrete Einzelkäufer unberührt lässt.
Bei richtigem Verständnis bezieht sich die genannte Wendung darauf, dass in
fünf von sechs Fällen Ehepaare als Käufer von Einzelflächen auftraten, die
nach den in § 2 Abs. 1 des Vertrags getroffenen Regelungen jeweils hälftiges
Miteigentum erwerben sollten.
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(b) Weiter haben die Vertragsparteien, was das Berufungsgericht nicht in
seine Erwägungen einbezogen hat, in § 14 Abs. 2 des Kaufvertrags Notarange-
stellte bevollmächtigt, "nach der Katasterfortschreibung den Kaufgegenstand
genau zu bezeichnen, erneut die Auflassung zu erklären und alles zu tun, was
ihnen zur Durchführung des Vertrages erforderlich oder zweckmäßig erscheint."
Diese Bestimmung zeigt, dass die Beklagte sich in der Pflicht sah, auch für eine
Übertragung des Eigentums an den noch nicht entstandenen Einzelgrundstü-
cken Sorge zu tragen. Vollzugsvollmachten, wie sie in § 14 Abs. 2 des Kaufver-
trags erteilt wurden, sind zwar nicht Teil der schuldrechtlichen Vereinbarungen
und werden daher bei wirksamer Ausübung eines Vorkaufsrechts nicht Inhalt
eines gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3, § 464 Satz 2 BGB zustande kommenden
Kaufvertrags zwischen Mieter und Vorkaufsverpflichtetem (BGH, Beschluss
vom 21. Juni 2012 - V ZB 283/11, NJW-RR 2012, 1483 Rn. 12). Dies ändert
aber nichts daran, dass § 14 Abs. 2 des Kaufvertrags für die Auslegung der von
der Beklagten im Kaufvertrag übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtun-
gen von Bedeutung ist. Denn bei der Auslegung formbedürftiger Erklärungen
sind auch Begleitumstände, soweit sie in der Vertragsurkunde einen, wenn
auch nur unvollkommenen Ausdruck gefunden haben, zu berücksichtigen.
(3) Der im Kaufvertrag an mehreren Stellen zum Ausdruck gekommene
Wille der Vertragsparteien, Alleineigentum einzelner Käufer an den mit Wohn-
häusern bebauten künftigen Einzelgrundstücken zu begründen und Miteigen-
tum nur an den beiden Gemeinschaftsteilflächen entstehen zu lassen, findet
seine Entsprechung auch in der am 14. Dezember 2012 im Anschluss an die
notarielle Beurkundung des Kaufvertrags unter den Erwerbern getroffenen nota-
riellen Vereinbarung.
Dort heißt es in der Vorbemerkung ausdrücklich: "Die Erschienenen ha-
ben durch notariellen Kaufvertrag vom heutigen Tage […] den Grundbesitz […]
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zu Eigentum zu Teilflächen erworben. Wegen der Aufteilung wird auf den anlie-
genden Lageplan Bezug genommen, der als Anlage zu dieser Niederschrift ge-
nommen wird." Weiter ist unter Nr. 2 a der Vereinbarung geregelt, dass die Mit-
eigentümergemeinschaft die "Stellplatzfläche und die Erschließungsfläche gem.
Nr. 10 und Nr. 11 der Plananlage in ihr Eigentum" übernimmt. In den beiden
Passagen kommt zum Ausdruck, dass nur die Teilflächen Nr. 10 und Nr. 11
- wie auch schon in § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags bestimmt - in das Miteigentum
aller Erwerber übergehen sollten. Schließlich ist unter Nr. 2 j der Vereinbarung
die Rede davon, dass, "sofern aus bau-, planungs- und erschließungs- oder
sonstigen rechtlichen Gründen eine Änderung der Aufteilung erforderlich wird
und die beabsichtigte eigentumsrechtliche Trennung der einzelnen Häuser und
zugehörigen Freiflächen nicht in Frage gestellt wird", die Erwerber bereits jetzt
ihre Zustimmung hierzu erklären.
Das Berufungsgericht hat keine der vorstehend erörterten Bestimmungen
im Kaufvertrag und in der unter den Miterwerbern getroffenen Vereinbarung
gewürdigt, die unmissverständlich eine bindende Zuweisung der bebauten Ein-
zelteilflächen Nr. 1 bis Nr. 9 an einzelne Erwerber vornehmen beziehungsweise
voraussetzen.
cc) Stattdessen hat das Berufungsgericht bereits den Regelungsplan der
Kaufvertragsparteien und der Miterwerber missverstanden. Dabei hat es seine
gegenteilige Deutung durch die Regelungen in § 3 (Vereinbarung eines Ge-
samtkaufpreises), in § 2 Abs. 1 Buchst. h (Begründung von Miteigentumsantei-
len aller Käufer an der Teilfläche Nr. 11) und § 7 des Kaufvertrags (Einräumung
eines Wege- und Fahrrechts an den Gemeinschaftsteilflächen Nr. 10 und
Nr. 11) sowie der von den Erwerbern "vorgenommenen Regelung einer Mitei-
gentümergemeinschaft" bestätigt gesehen. Die vom Berufungsgericht angeführ-
ten Bestimmungen stehen aber der Auslegung, dass sich die Beklagte in § 1
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Abs. 4, § 2 des Kaufvertrags nicht nur zur Übereignung des ungeteilten Grund-
stücks, sondern sich daneben auch verpflichtet hat, das Eigentum an mit
Wohnhäusern bebauten Einzelflächen jeweils an einzelne Käufer zu übertra-
gen, nicht entgegen, sondern lassen sich im Gegenteil damit widerspruchsfrei in
Einklang bringen.
(1) Dass die Vertragsparteien in § 3 des Kaufvertrags nicht - wie in § 10
des Kaufvertrags zum Zwecke der Berechnung anfallender Kosten geschehen -
den Gesamtkaufpreis anteilig auf die Käufer aufgeteilt haben, lässt in Anbe-
tracht der klaren Regelungen über die Verpflichtungen der Beklagten in § 1
Abs. 4, § 2 des Kaufvertrags nicht den zwingenden Schluss zu, dass nur ein
ungeteiltes Grundstück Kaufgegenstand gewesen ist. Die Vereinbarung eines
Gesamtkaufpreises, für den alle sechs Käufergruppen gesamtschuldnerisch
haften, lässt sich vielmehr - wie die Revision zu Recht geltend macht - auch
damit erklären, dass sich die Beklagte zwar, anders als noch im Exposé vorge-
sehen, zur Aufteilung der Gesamtfläche entsprechend den Wünschen der Käu-
fer bereitfand, im eigenen Interesse aber nicht von der im Exposé geäußerten
Vorstellung der Zahlung eines Gesamtpreises abrücken wollte.
(2) Der Umstand, dass die Teilfläche Nr. 11 (Gemeinschaftsfläche) und
auch die Teilfläche Nr. 10 (Stellplatzparzelle) nicht einzelnen Käufern zugewie-
sen, sondern hieran alle sechs Käufergruppen Miteigentumsanteile erwerben
sollten, ist bei richtigem Verständnis der von den Vertragsparteien angestrebten
Nutzung - anders als das Berufungsgericht meint - kein Beleg für den Verkauf
eines ungeteilten Grundstücks. Vielmehr fügen sich die insoweit in § 2 Abs. 1
Buchst. g und h des Kaufvertrags getroffenen Bestimmungen nahtlos in das
Regelungskonzept der Vertragsparteien ein. Wie § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags
mit seinen detaillierten Regelungen zeigt, sollten an die Stelle des Gesamt-
grundstücks insgesamt elf Teilgrundstücke treten, wovon lediglich zwei (Nr. 10
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und Nr. 11) im Interesse eines reibungslosen Zusammenlebens gemeinsam
genutzt werden sollten. An diesen sollte daher Miteigentum aller Käufer be-
gründet werden. Alle übrigen Teilflächen, also alle mit Wohnhäusern bebauten
Teilflächen (Nr. 1 bis Nr. 9) sollten jeweils in das Eigentum einzelner Käufer
übergehen.
Die Vertragsparteien haben damit eine rechtliche Konstruktion gewählt,
wie sie in ähnlicher Weise auch bei der (geplanten) Begründung von Woh-
nungseigentum anzutreffen ist. Gegenstand der Einzelnutzung sind die mit
Wohnhäusern bebauten künftigen Einzelgrundstücke, die - wie in § 2 Abs. 1
Buchst. a bis f des Kaufvertrags geregelt - in das Alleineigentum einzelner Käu-
fer fallen sollten. Dagegen sollte an den gemeinsam genutzten zwei Gemein-
schaftsflächen Nr. 10 und Nr. 11 Miteigentum aller Erwerber entstehen (§ 2
Abs. 1 Buchst. g und h des Kaufvertrags).
Soweit bezüglich der Nutzung dieser im Miteigentum aller Käufer ste-
hender Gemeinschaftsflächen in § 2 Abs. 1 Buchst. g (Stellplatzzuweisung) und
in § 2 Buchst. h (Gemeinschaftsfläche) und in § 7 des Kaufvertrags (Wege- und
Fahrrecht) nähere Regelungen getroffen worden sind, beschränken sich diese
auf die im Miteigentum stehenden Teilflächen und nicht auf die mit Wohnhäuser
bebauten neun weiteren Teilflächen. Bereits aus diesem Grund lassen die ge-
nannten Bestimmungen nicht den Schluss zu, dass ausschließlich ein ungeteil-
tes Gesamtgrundstück veräußert werden sollte.
(3) Die im Anschluss an die Beurkundung des Kaufvertrags unter den
Erwerbern getroffene Vereinbarung über die Bildung einer Miteigentumsge-
meinschaft vollzieht die im Kaufvertrag gewählte rechtliche Konstruktion nach
und lässt - was das Berufungsgericht verkannt hat - das Alleineigentum einzel-
ner Erwerber an den Teilflächen Nr. 1 bis Nr. 9 unberührt. In das Miteigentum
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aller Erwerber sollen nur die Gemeinschaftsflächen einschließlich darauf ste-
hender Gebäude sowie alle Versorgungsleitungen bis zur ersten Entnahmestel-
le fallen.
Die weiteren Regelungen der Vereinbarung betreffen die Verteilung von
Kosten (für die Beseitigung außergewöhnlicher Bauschäden und von Nadel-
bäumen; für anwaltliche Beratung; Grundbesitzabgaben und sonstige Lasten,
solange die Parzellierung noch nicht rechtswirksam vollzogen ist; Kosten für die
rechtliche Umsetzung des Aufteilungsplans; Kosten der Unterhaltung, Instand-
setzung, Erneuerung und Änderung der im Eigentum der Miteigentümerge-
meinschaft stehenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen), die Begründung
eines Vorkaufsrechts im Falle des Verkaufs eines Hauses, die Vermietung
zweier im Kaufvertrag noch nicht einzelnen Erwerbern zugewiesener Stellplät-
ze, die maßgeblichen Beschlussmehrheiten, die Geschäftsführung sowie die
Bestellung von Dienstbarkeiten für Versorgungsleitungen und nachbarrechtliche
Zustimmungserfordernisse bei der Errichtung baulicher Anlagen auf den "nach
dem Vollzug des Aufteilungsplans entstehenden privaten Gebäudefreiflächen".
Nach der Vereinbarung vom 14. Dezember 2012 sind die Erwerber also - an-
ders als es das Berufungsgericht in Verkennung ihres Regelungsgehalts ange-
nommen hat - nicht grundsätzlich frei, eine andere interne Aufteilung anzuneh-
men. Vielmehr liegt das Anliegen der Miteigentümergemeinschaft in dem erfolg-
reichen Vollzug der im Kaufvertrag vorgesehenen Zuweisung der Einzelflächen
an konkrete Erwerber und in der Regelung des gemeinschaftlichen Zusammen-
lebens einschließlich der gemeinschaftlichen Nutzung der Teilflächen Nr. 10
und Nr. 11.
dd) Danach hat die Beklagte im Kaufvertrag auch die Verpflichtung zur
Aufteilung des Gesamtgrundstücks in die in § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags be-
schriebenen Einzelflächen übernommen.
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ee) Der Entstehung eines Vorkaufsrechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
BGB analog steht auch nicht der von der Revisionserwiderung geltend gemach-
te Umstand entgegen, dass sich für die Klägerin nach Erwerb des von ihr be-
wohnten Hausgrundstücks in tatsächlicher Hinsicht Nutzungsschwierigkeiten
ergeben könnten, weil sie - anders als die ursprünglichen Käufer Nr. 5 - nicht
Partei der unter den Erwerbern am 14. Dezember 2012 getroffenen Vereinba-
rung über die künftige Ausgestaltung einer Miteigentümergemeinschaft gewor-
den ist. Aus der von der Revisionserwiderung angeführten Entscheidung des
Senats vom 23. Juni 2010 (VIII ZR 325/09, aaO) lässt sich nicht herleiten, dass
ein Vorkaufsrecht des Mieters nur in "geeigneten" Fällen entstehen soll.
4. Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Rechtsstandpunkt aus
folgerichtig - nicht mit der Frage befasst, ob die einzelnen Teilflächen im Kauf-
vertrag vom 14. Dezember 2012 hinreichend bestimmt oder zumindest hinrei-
chend bestimmbar sind. Dies ist mit dem Amtsgericht zu bejahen. Da weitere
Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Beurteilung selbst
vornehmen. Die detaillierten Regelungen in § 2 Abs. 1 des Kaufvertrags, die auf
den beigefügten Lageplan mit seinen Kennzeichnungen Bezug nehmen, be-
zeichnen die jeweiligen Teilflächen nach ihrer ungefähren Größe, ihrer Beschaf-
fenheit (mit Wohnhaus, Schuppen oder Garage bebaut) und nach ihrer Lage
auf dem Gesamtgrundstück. Sie sind damit ausreichend bestimmt beschrieben
und bezeichnet worden.
5. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht dann weiter angenommen,
das Entstehen eines Vorkaufsrechts scheitere im Streitfall jedenfalls daran,
dass die notwendige Kongruenz zwischen Mietsache und Kaufgegenstand nicht
gegeben sei, da an die Klägerin das Haus Nr. 118, ein Hausgarten und zwei
Stellplätze vermietet seien, der notarielle Kaufvertrag bezüglich der hier maß-
geblichen Teilflächen aber nur zeichnerisch die Teilfläche Nr. 5 und daneben
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jeweils einen 11/100 Miteigentumsanteil an den Teilflächen Nr. 11 und Nr. 10
(Stellplätze) betreffe. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, dass Mietsa-
che und Kaufgegenstände bezüglich der Teilflächen Nr. 5 und Nr. 10 überein-
stimmen und im Übrigen (Teilfläche Nr. 11) die - hier entsprechend anwend-
bare - Bestimmung des § 467 Satz 2 BGB eingreift.
a) Der wesentliche Kaufgegenstand, nämlich die mit einem Wohnhaus
bebaute Teilfläche Nr. 5, ist mit dem von der Klägerin angemieteten Grund-
stücksteil identisch. Ausweislich der Regelungen im Mietvertrag vom
14./17. August 1989 sowie dem ihm beigefügten Lageplan war Mietgegenstand
das Gebäude Nr. 118 und der angrenzende Hausgarten, der bis zu den ange-
legten Stellplätzen reichte. Der Mietgegenstand umfasst somit die in dem
- Bestandteil des Kaufvertrags gewordenen - Lageplan dargestellte und in § 2
Abs. 1 Buchst. d des Kaufvertrags beschriebene Teilfläche Nr. 5. Auf dieser
Teilfläche Nr. 5 (nach Vermessung Flurstück Nr. 185) liegt - was ein Vergleich
der bei den Akten befindlichen Lagepläne zeigt - auch der zweite, an der Stirn-
seite der bereits vorhandenen Stellplätze durch zwei Gehwegplattenreihen be-
festigte weitere Stellplatz, dessen Errichtung und Nutzung der Klägerin in der
Nachtragsvereinbarung vom 11./22. Oktober 1992 zum Mietvertrag und dem
dieser Vereinbarung beigefügten Lageplan gestattet wurde.
b) Auch bezüglich der Nebenfläche Nr. 10 (Stellplatzparzelle; nach
Vermessung Flurstück Nr. 186) bestehen keine Abweichungen zwischen Kauf-
gegenstand und Mietobjekt. Ausweislich § 2 Abs. 1 Buchst. g des Kaufvertrags
ist an die Käufer Nr. 5 ein Miteigentumsanteil von 11/100 an dieser Teilfläche
verkauft und für diese ein schuldrechtliches Nutzungsrecht an dem im Lageplan
mit "H" bezeichneten Stellplatz begründet worden. Der Stellplatz "H" ist - wie
ein Vergleich der dem Kaufvertrag und dem Mietvertrag beigefügten Lagepläne
zeigt - mit dem von der Klägerin angemieteten Stellplatz Nr. 4 identisch. Auf die
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teilweise im Schrifttum diskutierte Frage, wie zu verfahren ist, wenn an den Mie-
ter vermietete Nebenräume oder Nebenflächen bei der Aufteilung anders als im
Mietvertrag vorgenommen zugeordnet werden (vgl. etwa Staudinger/Rolfs,
BGB, Neubearb. 2014, § 577 Rn. 30), kommt es daher im Streitfall nicht an.
c) Eine Identität zwischen Mietgegenstand und Kaufobjekt besteht daher
nur bezüglich der Gemeinschaftsteilfläche Nr. 11 (nach Vermessung Flurstück
183) nicht. Denn diese ist - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat -
nicht Gegenstand des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrags. Das
würde aber - anders als dies das Berufungsgericht angenommen hat - das Zu-
standekommen eines Kaufvertrags zwischen Klägerin und Beklagter nicht hin-
dern, sondern würde nur dazu führen, dass sich dieser nicht auch auf die Teil-
fläche Nr. 11 erstreckte. Das Berufungsgericht hat die Ausführungen im Urteil
des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. November 2013
(V ZR 96/12, aaO Rn. 21) zu den aus § 464 Abs. 2 BGB abzuleitenden Rechts-
folgen eines wirksam ausgeübten Vorkaufs dahin missverstanden, dass ein
Vorkaufsrecht gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3 BGB analog nur dann wirksam aus-
geübt werden könne, wenn Mietgegenstand und Kaufgegenstand vollständig
identisch seien.
Dies trifft, wie § 577 Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 1 BGB zeigen, nicht zu.
§ 467 Satz 1 BGB sichert das Interesse des Vorkaufsberechtigten an der Aus-
übung seines Rechts für den Fall des Verkaufs mehrerer Gegenstände, die nur
zum Teil dem Vorkaufsrecht unterliegen, und schränkt damit den in § 464
Abs. 2 BGB enthaltenen Grundsatz der Vertragsidentität ein (BGH, Urteil vom
23. Juni 2006 - V ZR 17/06, BGHZ 168, 152, Rn. 21 ff.). Die Vorschrift des
§ 467 Satz 1 BGB ordnet an, dass sich der zwischen Vorkaufsverpflichtetem
und Drittem vereinbarte Gesamtkaufpreis um den Anteil verringert, der auf die
nicht vom Vorkaufsrecht erfassten Gegenstände entfällt. Damit bestimmt das
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Vorkaufsrecht und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Kaufvertrag, welche
Gegenstände der Vorkaufsberechtigte in Ausübung seines Rechts erwerben
kann (BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06, aaO Rn. 24). Mit der Aus-
übung des sich nur auf einen Teil der Kaufgegenstände erstreckenden Vor-
kaufsrechts wird also in Abweichung zu § 464 Abs. 2 BGB ein Kaufvertrag zwi-
schen Vorkaufsverpflichtetem und Mieter begründet, der nicht in jeder Hinsicht
den zwischen Veräußerer und Drittem vereinbarten Bedingungen entspricht.
Die Bestimmung des § 467 Satz 1 BGB ist auf den Fall des Verkaufs eines nur
teilweise mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks entsprechend anzu-
wenden (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1969 - V ZR 155/66, LM § 508 BGB aF
Nr. 1 unter 1; BayObLG, NJW-RR 1992, 1039, 1041 f.; jeweils mwN und jeweils
zu der Vorgängerregelung § 508 Satz 1 BGB aF).
d) Dass nach den vorstehenden Ausführungen bezüglich des an die Käu-
fer Nr. 5 verkauften Miteigentumsanteils an der nicht mitvermieteten Gemein-
schaftsfläche Nr. 11 kein Vorkaufsrecht der Klägerin gemäß § 577 Abs. 1
Satz 1 BGB analog besteht, bedeutet aber nicht, dass sie nicht gleichwohl
Übertragung eines Miteigentumsanteils von 11/100 an diesem Grundstücksteil
(nun Flurstück Nr. 183) beanspruchen kann. Denn hier greifen nun die Vor-
schriften der § 577 Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 2 BGB analog ein (vgl. hierzu
BGH, Urteil vom 10. Oktober 1969 - V ZR 155/66, aaO mwN). Die Beklagte hat
von der ihr als Vorkaufsverpflichteter eingeräumten Möglichkeit Gebrauch ge-
macht, den Vorkauf auf alle Teilflächen zu erstrecken, die nicht ohne Nachteile
für sie getrennt werden können. Dieses Begehren hat die Klägerin aufgegriffen
und daher im Verlauf des Rechtsstreits zuletzt auch die Übertragung eines
11/100 Miteigentumsanteils an dem Flurstück Nr. 183 verlangt.
aa) Ein entsprechendes Verlangen hat die Beklagte in ihrem Bestäti-
gungsschreiben vom 15. April 2013 - zumindest konkludent - gestellt. Denn dort
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hat sie ausgeführt, von dem infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts kraft Ge-
setz zustande gekommenen Kaufvertrag sei auch "ein Nutzungsrecht an den
Gemeinschaftsflächen" erfasst. Die Verwendung des Plural zeigt, dass nach der
Vorstellung der Beklagten auch die Teilfläche Nr. 11 von der Klägerin erworben
werden sollte.
bb) Dass die Beklagte die Berechtigung besaß, eine Erstreckung des
Vorkaufs auf sämtliche an die Käufer Nr. 5 veräußerten Kaufgegenstände zu
verlangen, kann der Senat, da weitere Feststellungen nicht in Betracht kom-
men, abschließend beurteilen. Die Voraussetzungen des § 467 Satz 2 BGB
analog sind erfüllt, weil nach Abtrennung der vorkaufsbelasteten Gegenstände
(Teilfläche Nr. 5 und Miteigentumsanteil an der Fläche Nr. 10) lediglich ein iso-
liert nicht sinnvoll nutzbarer Gegenstand (Miteigentumsanteil an der Gemein-
schaftsteilfläche Nr. 11) verbleiben würde, für den sich kein adäquater Preis
erzielen ließe (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - V ZR 272/10, NJW 2012,
1354 Rn. 18). Dies erschließt sich schon daraus, dass der isolierte Erwerb die-
ses Miteigentumsanteils selbst für die Käufer der übrigen bebauten Teilflächen
wirtschaftlich betrachtet keinen Sinn machen würde, da diese bereits jeweils
Miteigentumsanteile an der Gemeinschaftsteilfläche Nr. 11 erworben haben, die
ihnen eine gemeinschaftliche Nutzung sichern. Auch für einen anderen Käufer
wäre ein isolierter Erwerb eines Miteigentumsanteils an der gemeinschaftlichen
Teilfläche Nr. 11 wirtschaftlich betrachtet nach Lage der Dinge nicht von Inte-
resse. Dass der Miteigentumsanteil an der Teilfläche sich kaum gesondert ver-
kaufen lassen würde, hat offenbar auch die Klägerin gesehen, denn sie hat sich
in ihrer Ausübungserklärung vom 12. April 2012 trotz der Beschränkung auf die
in § 2 Abs. 1 Buchst. d und g des Kaufvertrags genannten Flächen zur Zahlung
des vollen Kaufpreises
von 163.353 € bereitgefunden, also keinen Abzug für
den auf die Teilfläche Nr. 11 entfallenden 11/100 Miteigentumsanteil vorge-
nommen.
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6. Aus den vorstehend genannten Gründen sind schließlich auch die vom
Berufungsgericht angestellten Erwägungen, dass das Vorkaufsrecht wegen
mangelnder Identität von Kaufgegenstand und Gegenstand der Erklärung über
die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 12. April 2013 nicht wirksam ausgeübt
worden sei, nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht verkennt auch
hier, dass gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 1 BGB analog ein Vorkaufs-
recht auch dann wirksam ausgeübt werden kann, wenn nicht nur der Gegen-
stand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, sondern auch weitere Gegen-
stände zu einem Gesamtkaufpreis an einen Dritten verkauft werden. Weiter
übersieht es, dass sich die Ausübungserklärung der Klägerin bei richtigem Ver-
ständnis auf alle angemieteten Flächen erstreckt. Selbst wenn dies nicht der
Fall wäre, würde dies nicht dazu führen, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam
ausgeübt worden wäre, sondern lediglich dazu, dass nur bezüglich der vom
Vorkaufsberechtigten ausgewählten Kaufgegenstände ein Kaufvertrag mit dem
Verpflichteten zustande gekommen wäre. Denn ein Vorkaufsberechtigter, der
an mehreren Kaufgegenständen Vorkaufsrechte hat (hier Teilfläche Nr. 5, nun
Flurstück 185, und Miteigentumsanteil an Teilfläche Nr. 10, nun Flurstück 186),
ist in entsprechender Anwendung des § 467 Satz 1 BGB nicht verpflichtet, das
Vorkaufsrecht einheitlich für alle verkauften Gegenstände auszuüben (vgl.
BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 - V ZR 17/06, aaO Rn. 19 [für den Fall des Ver-
kaufs mehrerer vorkaufsbelasteter Grundstücke]).
a) Bei der gebotenen, am objektiven Empfängerhorizont ausgerichteten
Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ist die - innerhalb der Frist des § 469 Abs. 2 BGB
erfolgte - Erklärung vom 12. April 2013 dahin zu verstehen, dass die Klägerin
ein Vorkaufsrecht bezüglich aller Teilflächen ausgeübt hat, die ihr nach dem
Mietvertrag zur Nutzung überlassen worden sind. Dies betrifft zum einen das
von ihr angemietete Wohnhaus nebst Hausgarten - wie in § 2 Abs. 1 Buchst. d
des Kaufvertrags näher bezeichnet - und zum anderen den in § 2 Abs. 1
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Buchst. g des Kaufvertrags genannten Miteigentumsanteil von 11/100 an der
Stellplatzfläche Nr. 10, verbunden mit einem schuldrechtlichen Sondernut-
zungsrecht an dem im Lageplan zum Kaufvertrag mit "H" gekennzeichneten,
von ihr angemieteten und im Mietvertrag mit Nr. 4 bezeichneten Stellplatz.
In Anbetracht des Umstands, dass die Erklärung ausdrücklich auf die
Bestimmungen in § 2 Abs. 1 Buchst. d und g des Kaufvertrags Bezug nimmt
und dort der jeweilige Kaufgegenstand näher beschrieben ist, ist es nicht nach-
vollziehbar, wie das Berufungsgericht zu der Annahme gelangt ist, in der Aus-
übungserklärung werde eine "nicht näher bezeichnete Stellplatzfläche" genannt.
Bezüglich der Teilflächen Nr. 5 und Nr. 10 besteht also keine Abweichung zwi-
schen dem Gegenstand des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und den be-
troffenen Erwerbern und dem Gegenstand der Ausübungserklärung.
b) Dass sich die Ausübungserklärung nicht auch auf den gemäß § 2
Abs. 1 Buchst. h des Kaufvertrags einen weiteren Kaufgegenstand bildenden
Miteigentumsanteil von 11/100 an der Gemeinschaftsteilfläche Nr. 11 bezieht,
erklärt sich - wie oben unter II 5 c ausgeführt - daraus, dass insoweit ein Vor-
kaufsrecht nicht besteht. Dies führt aber nicht dazu, dass hinsichtlich der übri-
gen Teilflächen Nr. 5 und Nr. 10 ein Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt wor-
den wäre, sondern würde allenfalls bedeuten, dass die Klägerin nicht auch die
Übertragung eines 11/100 Miteigentumsanteils an Grundstücksfläche Nr. 11
verlangen könnte. Hier greifen aber nun - aus den oben unter II 5 c dargestell-
ten Gründen - die Regelungen der § 577 Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 2 BGB ana-
log ein, so dass sich der Vorkauf infolge des im Schreiben der Beklagten vom
15. April 2013 gestellten Verlangens auch auf die Teilfläche Nr. 11 (Flurstück
Nr. 183) erstreckt.
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III.
Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand; es ist aufzu-
heben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil wei-
tere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung
reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Klägerin ein Vorkaufsrecht an dem Flurstück
185 und hinsichtlich eines 11/100 Miteigentumsanteils an dem Flurstück 186
zusteht, sie dieses wirksam ausgeübt hat und sich der Vorkauf gemäß § 577
Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 2 BGB analog auch auf einen 11/100 Miteigen-
tumsanteil an dem Flurstück 183 erstreckt, hat sie einen aus § 577 Abs. 1
Satz 3 BGB analog, § 464 Abs. 2, § 433 Abs. 2 BGB folgenden Anspruch auf
Übereignung dieser Kaufgegenstände. Die zur Sicherung dieses Anspruchs
angeordnete Vormerkung ist zu Recht ergangen. Daher ist das Berufungsurteil
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aufzuheben und - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten - die erstin-
stanzliche Entscheidung wiederherzustellen.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 24.07.2014 - 100 C 624/13 -
LG Aachen, Entscheidung vom 05.03.2015 - 2 S 292/14 -