Urteil des BGH vom 04.03.2015

Leitsatzentscheidung zu Bonus, Erneuerbare Energien, Anteil, Abgrenzung, Vergütung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 325/13
Verkündet am:
4. März 2015
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
EEG 2009 § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und 3
Die erhöhte Vergütung gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 (Kraft-
Wärme-Kopplungsbonus für Strom aus Biomasse) ist nur dann zu zahlen, wenn
die Biomasseanlage, in der der Strom erzeugt worden ist, erstmals nach dem
31. Dezember 2008 in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 zum
EEG 2009 betrieben worden ist. Für Strom aus Anlagen, in denen bereits vor
diesem Stichtag Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt worden ist, ist - auch
im Falle einer nach dem Stichtag erfolgten Vergrößerung dieser Strommenge -
nur ein begrenzter Kraft-Wärme-Kopplungsbonus nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3
EEG 2009 zu entrichten.
BGH, Urteil vom 4. März 2015 - VIII ZR 325/13 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Oldenburg vom 30. Oktober 2013 wird zu-
rückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger erzeugt seit 2001 Strom aus Biogas, den er in das Netz der
Beklagten einspeist. Die bei der Stromproduktion entstehende Abwärme nutzt
er teilweise im Wege der Kraft-Wärme-Kopplung.
Der Kläger erweiterte seine ursprünglich aus einem Blockheizkraftwerk,
einem Fermenter und einem Gärrestebehälter bestehende Biomasseanlage bis
zum Jahr 2007 schrittweise um mehrere Fermenter und um zwei zusätzliche
Blockheizkraftwerke. Seit 2002 beheizte er mit einem Teil der bei der Strompro-
duktion anfallenden Wärme zwei Wohnhäuser und Stallungen. Im Jahr 2009
errichtete er einen weiteren Maststall, der ebenfalls mit der erzeugten Abwärme
beheizt wurde. 2011 nahm er ein viertes, mit den vorhandenen Fermentern und
dem Gärrestebehälter verbundenes Blockheizkraftwerk in Betrieb. Zugleich in-
stallierte er einen Wärmetauscher für das neue Blockheizkraftwerk und eine
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Gärresteaufbereitungsanlage, die große Teile der Abwärme aller Blockheiz-
kraftwerke verbraucht.
Die Beklagte zahlte den KWK-Bonus in Höhe von 3,0 Cent/kWh nur für
einen Teil des im streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum (Januar 2010
bis Juni 2011) in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Stroms. In der Revisions-
instanz steht zwischen den Parteien nur noch in Streit, ob der Kläger einen wei-
teren KWK-
Bonus in Höhe von 93.865,19 € nebst Zinsen verlangen kann. Das
Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie
in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Beru-
fungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (OLG Oldenburg, REE 2014, 24 ff.) hat zur Be-
gründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von
Interesse - ausgeführt:
Die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung eines
weiteren KWK-Bonus sei begründet. Dem Kläger stehe über den bereits ge-
zahlten KWK-Bonus hinaus kein weiterer Zahlungsanspruch zu. Aus § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 ergebe sich zwar ein Anspruch auf Zahlung ei-
nes KWK-Bonus, jedoch nur in dem von der Beklagten bereits vergüteten Um-
fang.
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Sei - wie hier - § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 anwendbar, bleibe
entgegen der Ansicht des Klägers für eine kumulative Anwendung von § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 kein Raum. Beide Regelungen schlössen sich
vielmehr aus. Nach dem Wortlaut und dem Willen des Gesetzgebers werde die
"unbegrenzte" Vergütung nach Satz 1 nur "für Biomasseanlagen [gezahlt], die
vor Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen wurden und nach Inkraft-
treten dieser Gesetzesfassung erstmals in Kraft-Wärme-Kopplung [
…] betrie-
ben werden" (BT-Drucks. 16/8148, S. 77). Es komme mithin nicht darauf an, ob
bestimmte (größere) Strommengen erst ab dem 1. Januar 2009 in Kraft-
Wärme-Kopplung produziert worden seien, sondern allein darauf, ob die Anlage
nach dem 31. Dezember 2008 erstmals Strom in Kraft-Wärme-Kopplung er-
zeugt habe. Demgegenüber gelte Satz 3 nach seinem Wortlaut "für Strom aus
sonstigen Biomasseanlagen", was sinnvoll nur auf solche Anlagen bezogen
werden könne, die eben nicht erstmals nach dem 31. Dezember 2008, sondern
- in welchem Ausmaß auch immer - schon davor Strom in Kraft-Wärme-
Kopplung produziert hätten. Selbst wenn in diesem Fall bei bereits vorhande-
nen Wärmenetzen Erweiterungen für Anlagenbetreiber wirtschaftlich uninteres-
sant seien, lasse sich hieraus für die Intention des Gesetzgebers und die Aus-
legung der Norm nichts Durchgreifendes herleiten. Dem Gesetzgeber stehe ein
weiter Spielraum zu, auf welche Weise er ein als förderungswürdig erachtetes
Verhalten unterstützen wolle. Dafür, dass der Gesetzgeber die Grenzen seines
Gestaltungsspielraums überschritten haben könnte, gebe es keine Anhalts-
punkte.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-
sion zurückzuweisen ist.
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1. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuer-
barer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom 25. Oktober 2008
(BGBl. I S. 2074) in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung (im
Folgenden: EEG 2009) erhöht sich die Vergütung für Strom aus Biomasseanla-
gen, der nach dem 31. Dezember 2008 erstmals in Kraft-Wärme-Kopplung er-
zeugt worden ist, um jeweils 3,0 Cent pro Kilowattstunde (KWK-Bonus). Das
Berufungsgericht hat diese Vorschrift zutreffend dahin ausgelegt, dass der darin
geregelte KWK-Bonus nur dann zu zahlen ist, wenn die Biomasseanlage, in der
der Strom erzeugt worden ist, erstmals nach dem 31. Dezember 2008 in Kraft-
Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 zum EEG 2009 (im Folgenden:
Anlage 3) betrieben worden ist. Für Strom aus Anlagen, in denen - wie in der
Anlage des Klägers - bereits vor diesem Stichtag Strom in Kraft-Wärme-
Kopplung erzeugt worden ist, ist nur ein auf die Leistung von 500 Kilowatt be-
grenzter KWK-Bonus nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 zu
entrichten, den der Kläger bereits erhalten hat.
2. Entgegen der Auffassung der Revision genügt es für die Anwendung
des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 nicht, dass die Anlage des Klägers auf-
grund einer Anlagenerweiterung nach dem Stichtag eine größere Strommenge
in Kraft-Wärme-Kopplung produziert hat als zuvor. Vielmehr ist der KWK-Bonus
für Strom aus Anlagen, die - wie die Anlage des Klägers - schon vor dem Stich-
tag Strom in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 produziert
haben, ausschließlich nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 zu vergüten, wie
das Berufungsgericht zu Recht und in Übereinstimmung mit einer in der Litera-
tur verbreiteten Auffassung (Reshöft/Reshöft, EEG, 3. Aufl., § 66 Rn. 25 ff.;
Salje, EEG, 5. Aufl., § 66 Rn. 22 ff.; v. Hesler in Gabler/Metzenthin, EEG - Der
Praxiskommentar, Stand Oktober 2012, § 27 Rn. 244 ff.; Benzin in Gabler/
Metzenthin, aaO, § 66 Rn. 27 f.; Rostankowski/Vollprecht, in Altrock/Oschmann/
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Theobald, EEG, 3. Aufl., § 27 Rn. 170; vgl. ferner Weißenborn, REE 2014,
27 f.) angenommen hat.
a) Im Gegensatz dazu vertritt die Clearingstelle EEG (Votum vom
30.
Oktober
2013
-
Az.
2013/56,
Rn.
49
ff.,
abrufbar
unter
http://www.clearingstelle-eeg.de/votv/2013/56) allerdings die Auffassung, dass
sich die Anwendungsbereiche von § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 EEG
2009 in Bezug auf dieselbe Biomasseanlage nicht notwendig ausschlössen. Für
die Abgrenzung sei vielmehr auf die jeweils vor und nach dem Stichtag in Kraft-
Wärme-Kopplung erzeugten Strommengen abzustellen. Ein Anspruch gemäß
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 könne deshalb auch dann geltend gemacht
werden, wenn in der jeweiligen Biomasseanlage bereits vor dem Stichtag Strom
in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 erzeugt und die Strom-
erzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung nach dem Stichtag ausgeweitet worden
sei. Für den im Vergleich zusätzlichen Stromanteil gelte § 66 Abs. 1 Nr. 3
Satz 1 EEG 2009. Für den bereits zuvor in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten
Stromanteil bestehe daneben bis zu einer Leistung von 500 Kilowatt gemäß
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 ein Anspruch auf den KWK-Bonus. Diese
"strommengenbezogene" Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 EEG 2009 wird auch von einem Teil des Schrift-
tums befürwortet (Reshöft/Schäferhoff, aaO, Anlage 3 Rn. 82; Rostankowski/
Vollprecht, aaO, Anlage 3 Rn. 109 ff.; Loibl in Maslaton/Loibl u.a. [Hrsg.], Bio-
gasanlagen im EEG, 3. Aufl., § 19 Rn. 90; Walter in Maslaton/Loibl u.a. [Hrsg.],
aaO, § 26 Rn. 106; Vollprecht, IR 2014, 12 f.).
b) Der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie die vom Gesetzgeber
verfolgten Regelungszwecke sprechen indes für die vom Berufungsgericht ver-
tretene Auffassung.
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aa) Bereits dem Wortlaut von § 66 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2009 lassen sich
- entgegen der Auffassung der Revision - Hinweise darauf entnehmen, dass
Satz 1 der Vorschrift nur für solche Anlagen Geltung beansprucht, in denen
erstmalig nach dem Stichtag Strom in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maßgabe
der Anlage 3 erzeugt wird, während Strom aus sonstigen Anlagen ausschließ-
lich unter Satz 3 der Vorschrift fällt.
(1) Zwar ist die Formulierung des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009,
wonach ein KWK-Bonus für "
Strom aus Biomasseanlagen, der […] erstmals in
Kraft-Wärme-
Kopplung […] erzeugt worden ist", gewährt werde, insoweit miss-
verständlich, als sie eine Vergütungsregelung für Strom trifft, der zu einem be-
stimmten Zeitpunkt "erstmals" in bestimmter Weise erzeugt worden sei. Da der
jeweils vergütete Strom nur einmal erzeugt werden kann, kann nicht auf die
"erstmalige" Erzeugung genau dieses Stroms als Unterscheidungskriterium ab-
gestellt werden. Anders als die Revision meint, ergibt sich aus dieser (miss-
glückten) Formulierung aber nicht der Schluss, dass unter "Strom" die jeweili-
gen Strommengen zu verstehen seien, die vor und nach dem Stichtag in Kraft-
Wärme-Kopplung erzeugt worden seien und dass bei einer Ausweitung der in
Kraft-Wärme-Kopplung erzeugten Strommenge für den insoweit "gesteigerten"
Anteil der Bonus nach Satz 1 und im Übrigen (also in dem Umfang, in dem
schon vor dem Stichtag Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt worden sei)
der Bonus nach Satz 3 zu gewähren wäre. Ebenso wenig lässt sich aus dem in
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und 3 EEG 2009 enthaltenen Zusatz "nach Maßgabe
der Anlage 3" etwas dafür herleiten, dass eine Abgrenzung nach Strommengen
zu erfolgen hätte, je nachdem, inwieweit eine Anlage schon vor dem Stichtag
Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt hat oder dieser Anteil nach dem Stich-
tag ausgeweitet worden ist.
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(2) Im Gegenteil spricht die Formulierung in Satz 3 ("sonstige Anlagen")
dafür, dass sich die in Satz 1 und Satz 3 geregelten Anspruchsgrundlagen in
Bezug auf dieselbe Biomasseanlage gegenseitig ausschließen. Denn gemäß
§ 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 besteht für "Strom aus sonstigen Bio-
masseanlagen, der in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3" er-
zeugt worden ist, lediglich ein begrenzter Anspruch auf den KWK-Bonus. Nach
dieser Formulierung liegt entweder eine Anlage im Sinne des Satzes 1 oder
eine "sonstige" Anlage im Sinne des Satzes 3 vor, so dass dieselbe Anlage
nicht gleichzeitig von Satz 1 und Satz 3 erfasst werden kann (Salje, aaO
Rn. 23; Reshöft/Reshöft, aaO Rn. 26). Die von der Revision befürwortete, auf
einzelne in derselben Anlage erzeugten Strommengen abhebende Auslegung
lässt sich hiermit nicht in Einklang bringen.
bb) Nach der Gesetzesbegründung zu § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG
2009 soll der Bonus in Höhe von 3,0 Cent pro Kilowattstunde für in Kraft-
Wärme-Kopplung erzeugten Strom aus Biomasseanlagen gezahlt werden, "die
vor Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen wurden und nach Inkraft-
treten dieser Gesetzesfassung erstmals in Kraft-Wärme-Kopplung nach Maß-
gabe der Anlage 3 betrieben werden" (BT-Drucks. 16/8148, S. 77). Der Gesetz-
geber ging somit davon aus, dass Biomasseanlagen, die bereits zuvor in Kraft-
Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 betrieben wurden, unabhängig
vom Umfang der Erzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung nicht von der Vorschrift
erfasst werden sollten. Das steht im Einklang mit der Annahme des Gesetzge-
bers, dass es für bestehende Anlagen regelmäßig keiner zusätzlichen finanziel-
len Anreize bedürfe, um diese Anlagen wirtschaftlich betreiben zu können (vgl.
BT-Drucks. 16/8148, S. 76).
Dieser Schluss wird durch das weitere Gesetzgebungsverfahren bekräf-
tigt. Infolge der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur-
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schutz und Reaktorsicherheit vom 4. Juni 2008 hat der Gesetzgeber zusätzlich
die Regelung des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 eingefügt und den KWK-
Bonus "nunmehr für Altanlagen, wenn diese die Anforderungen der Anlage 3
erfüllen", bis zu einer Leistung von 500 Kilowatt gewährt (BT-Drucks. 16/9477,
S. 29 f.). Im Umkehrschluss ging der Gesetzgeber davon aus, dass die bereits
im ursprünglichen Entwurf enthaltene Anspruchsgrundlage in § 66 Abs. 1 Nr. 3
Satz 1 EEG 2009 solche Bestandsanlagen nicht erfasste.
cc) Aus dem in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/8148, S. 77)
genannten Ziel, eine stärkere sinnvolle Wärmenutzung auch bei Altanlagen zu
fördern, kann die Revision nichts für ihre Auffassung herleiten.
(1) Der Gesetzgeber ging einerseits davon aus, dass Altanlagen regel-
mäßig keiner erhöhten Förderung bedürften, weil sie bereits zuvor wirtschaftlich
betrieben werden könnten (BT-Drucks. 16/8148, S. 76). Andererseits wollte der
Gesetzgeber die sinnvolle Wärmenutzung durch Kraft-Wärme-Kopplung auch
bei Altanlagen durch gezielte Anreize fördern (BT-Drucks. 16/8148, S. 77). Da-
bei sollten kleinere Biomasseanlagen durch die gestaffelte Vergütung in stärke-
rem Maße von der Förderung profitieren als große Anlagen (vgl. hierzu Senats-
urteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, NVwZ 2014, 94 Rn. 17, und VIII ZR
301/12, juris Rn. 17). Im Übrigen hatte der Gesetzgeber bei der Förderung er-
neuerbarer Energien auch die Kostenbelastung der Endverbraucher im Blick,
die spiegelbildlich zur erhöhten Förderung entsteht und nicht durch Mitnahme-
effekte erhöht werden soll (Senatsurteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12,
aaO Rn. 19, und VIII ZR 301/12, aaO Rn. 19; vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober
2013 - VIII ZR 262/12, NVwZ 2014, 313 Rn. 52).
(2) Diesen vom Gesetzgeber verfolgten Zielen entspricht es, einen KWK-
Bonus für Strom aus Bestandsanlagen, die bereits vor dem Stichtag in Kraft-
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Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 betrieben worden sind, aus-
schließlich gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 zu gewähren.
Denn zum einen setzt die in der vorgenannten Norm angeordnete Be-
rechnung des KWK-Bonus nach dem Verhältnis der Gesamtleistung der Anlage
im Sinne von § 18 Abs. 1, 2 EEG 2009 zur Leistungsgrenze von 500 Kilowatt
(vgl. hierzu Senatsurteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, aaO Rn. 11 ff.,
und VIII ZR 301/12, aaO Rn. 11 f.) Anreize, auch die Effizienz einer bereits vor
dem Stichtag in Kraft-Wärme-Kopplung betriebenen Biomasseanlage durch
Erschließung zusätzlicher Wärmesenken zu erhöhen und hiermit im Verhältnis
zur Gesamtmenge des erzeugten Stroms den Anteil, der in Kraft-Wärme-
Kopplung produziert wird, zu vergrößern. Da in diesem Fall der - den bonusfä-
higen Anteil an in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugtem Strom begrenzende -
Quotient aus der Bemessungsgrenze von 500 Kilowatt und der Gesamtleistung
der Biomasseanlage gleich bleibt, führt eine solche effizientere Nutzung der
erzeugten Abwärme zu einem insgesamt höheren KWK-Bonus. Dem Gesetz-
geber steht es bei der Schaffung solcher Anreize frei, anstelle der höchstmögli-
chen Förderung mit Blick auf die von den Verbrauchern zu tragenden Gesamt-
kosten nur einen Teil der Investitionskosten in neue Wärmenutzungen zu be-
rücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, aaO
Rn. 18, und VIII ZR 301/12, aaO Rn. 18; vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR
241/07, WM 2011, 514 Rn. 30).
Zum anderen hat die in § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009 vorgeschrie-
bene Berechnung des KWK-Bonus im Einklang mit der vom Gesetzgeber be-
absichtigten geringeren Förderung großer Anlagen zur Konsequenz, dass sich
der Anspruch auf einen KWK-Bonus für Bestandsanlagen verringert, die nach
dem Stichtag - etwa durch das Anschließen eines weiteren Fermenters oder
eines neuen Blockheizkraftwerks - vergrößert werden. Denn je mehr Strom in
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einer solchen Bestandsanlage erzeugt wird, desto geringer ist der gemäß § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 3, § 18 Abs. 1, Abs. 2 EEG 2009 durch den Quotienten aus
der Leistungsgrenze von 500 Kilowatt und der Bemessungsleistung der gesam-
ten Anlage determinierte Anteil an dem insgesamt in Kraft-Wärme-Kopplung
erzeugten Strom, für den der KWK-Bonus geltend gemacht werden kann. Diese
im Hinblick auf den KWK-Bonus negativen Folgen einer Anlagenerweiterung
lassen sich - wiederum entsprechend dem gesetzgeberischen Ziel, die Kraft-
Wärme-Kopplung auszuweiten - nur dadurch auffangen oder abmildern, dass
gleichzeitig mit der Erhöhung der Strommenge auch die Wärmenutzung erwei-
tert und die Gesamtanlage damit gleichzeitig effizienter wird.
(3) Demgegenüber widerspricht die von der Revision befürwortete,
"strommengenbezogene" Abgrenzung des Anwendungsbereichs von § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 EEG 2009 und die hiermit verbundene Be-
schränkung des Anwendungsbereichs von § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 EEG 2009
auf Anlagen, die vor und nach dem Stichtag unverändert in Kraft-Wärme-
Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 zum EEG 2009 betrieben werden, dem
Förderzweck des EEG 2009. Hiermit käme dem in Satz 3 begründeten KWK-
Bonus ausschließlich eine nachträgliche Subventionierungswirkung für bereits
vor dem Inkrafttreten des EEG 2009 getätigte Investitionen zu. Die Norm würde
dagegen - den Intentionen des Gesetzgebers zuwider - keine Anreizwirkungen
für eine Verbesserung von solchen Anlagen durch eine Ausweitung der Kraft-
Wärme-Kopplung entfalten.
c) Schließlich steht der von der Revision vertretenen, "strommengenbe-
zogenen" Auslegung entgegen, dass hiermit die Gesamtanlage fiktiv in mehrere
Teile aufgeteilt würde, von denen ein Teil als "Neuanlage" unbegrenzt und ein
Teil als "Altanlage" nur begrenzt gefördert würde. Eine tatsächliche Aufteilung
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von größeren Biomasseanlagen zum Zwecke der Fördermaximierung war vom
Gesetzgeber jedoch auch für Altanlagen nicht erwünscht und führte auch mit
Blick auf § 19 Abs. 1 EEG 2009 nicht zu einer erhöhten Förderung (BT-Drucks.
16/8148, S. 50 f.). Es würde der in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden
Wertung widersprechen, an anderer Stelle Altanlagen fiktiv aufzuspalten, um
den KWK-Bonus zu erhöhen (Senatsurteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12,
aaO Rn. 20, und VIII ZR 301/12, aaO Rn. 20; vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober
2013 - VIII ZR 262/12, aaO Rn. 27 ff.).
d) Entgegen der Auffassung der Revision verstößt die im Gesetz ange-
legte Ungleichbehandlung von Altanlagen, die bereits vor dem Stichtag in Kraft-
Wärme-Kopplung nach Maßgabe der Anlage 3 betrieben wurden, und Anlagen,
die einen derartigen Betrieb erstmals danach aufgenommen haben, nicht gegen
den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Dem Gesetzgeber steht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, auf welche
Weise er ein als förderwürdig erachtetes Verhalten unterstützen will. Auch in
der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen durch finanziel-
le Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber
weitgehend frei. Er ist lediglich insoweit gebunden, als er die Leistung nicht will-
kürlich, das heißt nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, verteilen darf. So-
lange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu wider-
sprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt und die Grün-
de für die Ungleichbehandlung innerhalb eines vertretbaren gesetzgeberischen
Konzepts aufeinander abgestimmt sind, kann die Maßnahme verfassungsrecht-
lich nicht beanstandet werden (BVerfGE 110, 274, 293 mwN; vgl. auch Senats-
urteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 300/12, aaO Rn. 21, und VIII ZR 301/12, aaO
Rn. 21). Innerhalb des so gezogenen Rahmens hat sich der Gesetzgeber hier
gehalten. Soweit die Revision geltend macht, es sei unter keinem Gesichts-
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punkt sachlich zu rechtfertigen, dass der unbeschränkte KWK-Bonus des § 66
Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 solchen Anlagebetreibern vorbehalten bliebe, die
vor dem Stichtag keinerlei Strom in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt hätten, ver-
kennt sie die vom Gesetzgeber intendierte Anreizwirkung. Die weitere Annahme
der Revision, der Zweck des § 66 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EEG 2009 bestehe darin,
auch für Bestandsanlagen durch einen unbegrenzten KWK-Bonus einen Anreiz
für den Aufbau einer sinnvollen Wärmenutzung zu setzen, findet in den Geset-
zesmaterialien - wie bereits dargelegt - keine Stütze.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Kosziol
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 27.09.2012 - 4 O 2955/11 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 30.10.2013 - 5 U 143/12 -