Urteil des BGH vom 22.01.2015

Leitsatzentscheidung zu Provision, Beendigung, Handelsvertreter, Geschäft, Einspruch

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V I I Z R 8 7 / 1 4
Verkündet am:
22. Januar 2015
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
HGB § 87 Abs. 1
Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhal-
ten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsan-
spruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung
(hier im Zusammenhang mit Serienbelieferungsverträgen in der Automobilin-
dustrie) maßgeblich.
BGH, Versäumnisurteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 87/14 - OLG Köln
LG Bonn
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Dezember 2014 durch die Richter Dr. Eick, Halfmeier und Dr. Kartzke
und die Richterinnen Graßnack und Sacher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 21. März 2014 aufgehoben und
die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-
rückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte nach beendetem Handelsvertretervertrag
auf Zahlung restlicher Provision für den Monat August 2010 in Anspruch.
Geschäftsgegenstand der Beklagten ist u.a. die Herstellung von und der
Handel mit Kunststoffteilen, mit denen sie Automobilhersteller beliefert. Der
Kläger war aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertre-
tervertrags vom 20. Januar 2007 als Handelsvertreter für die Beklagte tätig und
vertrat diese gegenüber der B. AG.
In "§ 2 Provision" des Vertrages war Folgendes vereinbart:
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"Der Handelsvertreter erhält von dem Unternehmen eine Provision
von
1,0 % bis zu einem Jahresumsatz von 12 Mio.
0,7 % von dem 12 Mio.
€ Jahresumsatz übersteigenden Betrag bis
zu einem Jahresumsatz von 25 Mio.
0,5 % von dem 25 Mio.
€ übersteigenden Jahresumsatz
Der Mindestprovisionsanspruch beträgt 120.000,00
€ pro Jahr,
zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und ist zahlbar in monatli-
chen Teilbeträgen von 10.000,00
…".
Das Geschäft der Beklagten mit der B. AG gestaltete sich so, dass die
B. AG zunächst eine auf bestimmte Fahrzeugbauteile bezogene Anfrage an die
Beklagte richtete, die Angaben zum Gesamtvolumen und zur Jahresproduktion
enthielt, jedoch mit dem Zusatz verbunden war, dass Stückzahlinformationen
keine Verpflichtung der B. AG zur Abnahme entsprechender Volumina begrün-
deten. Auf der Grundlage dieser Anfrage erstellte die Beklagte sodann ein An-
gebot, das wiederum Grundlage einer von der B. AG erteilten Serienbestellung
war. Diese Bestellung enthielt u.a. Angaben zum Festpreis, zum Bedarfsort,
zum Versand und zu den Zahlungsbedingungen, jedoch keine Stückzahlen,
sondern lediglich einen Prozentsatz in Höhe des auf den Gesamtbedarf entfal-
lenden Lieferanteils. Nach den der Serienbestellung zugrunde liegenden Allge-
meinen Geschäftsbedingungen der B. AG stellen die in Anfragen oder Angebo-
ten angegebenen Mengen lediglich unverbindliche Orientierungswerte dar und
begründen keinerlei Verpflichtung für die B. AG, diese Mengen zu bestellen.
Außerdem ist festgelegt, dass die in den Serienbestellungen angegebenen Lie-
ferquoten in keinem Zusammenhang zu Mengenangaben in Anfragen oder An-
geboten stehen. Die Menge der von der Beklagten zu liefernden Teile wurde in
der Folge jeweils erst durch Lieferabrufe der B. AG konkretisiert.
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Mit Schreiben vom 28. Juli 2010, das dem Kläger am 3. August 2010 zu-
ging, erklärte die Beklagte die außerordentliche Kündigung des Handelsvertre-
tervertrags wegen eines Verstoßes des Klägers gegen das vertraglich verein-
barte Wettbewerbsverbot. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Han-
delsvertreterverhältnis mit Ablauf des 3. August 2010 beendet worden ist. Für
den Monat August 2010 zahlte die Beklagte dem Kläger eine anteilige Vergü-
tung in Höhe von 1.535,48
€. Für den Zeitraum vom 4. bis zum 31. August 2010
fordert der Kläger eine restliche Provision in Höhe von 8.398,14
€.
Das Landgericht hat die Beklagte in diesem Umfang durch Teilurteil zur
Zahlung verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist, nachdem
der Kläger eine zunächst geltend gemachte Klageerweiterung nicht weiter ver-
folgt hat, mit der Maßgabe zurückgewiesen worden, dass es sich bei dem ange-
fochtenen Urteil um ein Schlussurteil handele. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision will die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage er-
reichen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-
teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung
zum Termin nicht vertreten war, ist über die Revision der Beklagten durch Ver-
säumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der
Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom
4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).
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I.
Das Berufungsgericht führt aus, dem Kläger stehe für den Monat August
2010 aus § 87 Abs. 1 HGB ein Anspruch auf Überhangprovision in Höhe von
restlichen 8.398,14
€ zu. Denn sämtliche geltend gemachten Provisionen resul-
tierten aus Abrufen aus Serienbestellungen der B. AG, die während der Laufzeit
des Handelsvertretervertrages aufgegeben worden seien. Das die Provisions-
anwartschaft im Sinne des § 87 Abs. 1 HGB auslösende Geschäft sei in der
Serienbestellung und nicht im einzelnen Lieferabruf zu sehen. Denn durch die
Serienbestellung seien die wesentlichen Bedingungen der Lieferbeziehung be-
reits festgelegt worden, der einzelne Lieferabruf folge einem Automatismus,
ohne dass noch einmal Verhandlungen zwischen der Beklagten und der B. AG
geführt würden. Zwar stehe die genaue Abnahmemenge im Zeitpunkt der Seri-
enbestellung nicht fest. Die Festlegung auf konkrete Stückzahlen sei aber als
alleiniges Abgrenzungskriterium zum Sukzessivlieferungsvertrag, der unstreitig
provisionsauslösend sei, im vorliegenden Fall untauglich. In diesem Zusam-
menhang sei auch zu beachten, dass der Serienbestellung erhebliche Vorpla-
nungen vorangegangen seien, die sich erst bei Abwicklung der Serie im geplan-
ten Umfang amortisierten. Entsprechend könne hier der Lieferabruf nur für die
Höhe und Fälligkeit des Provisionsanspruchs des Klägers als maßgeblich an-
gesehen werden und nicht als eigenständiges Geschäft. Da ein Provisionsan-
spruch nach § 87 Abs. 1 HGB gegeben sei, könne dahinstehen, ob dem Kläger
auch ein Anspruch aus § 87 Abs. 3 HGB zustehe und ob er Handlungen vorge-
nommen habe, die eine Serienbestellung durch die B. AG gefördert hätten.
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II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt
nicht stand.
1. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, dass dem Kläger
gemäß § 87 Abs. 1 HGB für nach der Beendigung des Handelsvertretervertra-
ges erfolgte Lieferabrufe der B. AG allein aufgrund während der Laufzeit dieses
Vertrags erfolgter Serienbestellungen ein Provisionsanspruch in Höhe von 1 %
des auf die einzelnen Lieferabrufe entfallenden Umsatzes zusteht.
a) Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf
Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Ge-
schäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abge-
schlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben
hat. Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision
erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsan-
spruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung
maßgeblich. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB ist insoweit dispositiv
(vgl. Emde in Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., 2008, § 87 Rn. 11 f.
m.w.N.).
b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Provisions-
vereinbarung im Hinblick auf das nach § 87 Abs. 1 HGB provisionspflichtige
Geschäft ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
Die tatrichterliche Vertragsauslegung ist allerdings revisionsrechtlich nur
dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln,
anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgeset-
ze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (vgl. BGH,
Urteil vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13, juris Rn. 17; Urteil vom 26. Juni
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2014 - VII ZR 289/12, BauR 2014, 1773 Rn. 13 = NZBau 2014, 555; Urteil vom
12. September 2013 - VII ZR 227/11, BauR 2013, 2017 Rn. 11 = NZBau 2013,
695). Das Berufungsurteil beruht indes auf derartigen Auslegungsfehlern. Das
Berufungsgericht hat den Wortlaut der Provisionsvereinbarung nicht hinrei-
chend berücksichtigt und dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten
Auslegung nicht ausreichend Rechnung getragen.
Die zwischen den Parteien geschlossene Provisionsvereinbarung be-
gründet keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision allein aufgrund von Seri-
enbestellungen seitens der B. AG, die während der Laufzeit des Handelsvertre-
tervertrags erfolgt sind. Nach dem Inhalt des von den Parteien geschlossenen
Handelsvertretervertrags ist das die Provisionsanwartschaft des Klägers nach
§ 87 Abs. 1 HGB auslösende Geschäft nicht die jeweilige Serienbestellung,
sondern der durch den Abruf seitens der B. AG zustande kommende jeweilige
Liefervertrag. Der Senat kann die Provisionsvereinbarung der Parteien selbst
auslegen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
aa) Die Parteien haben in § 2 des Handelsvertretervertrags vereinbart,
dass der Kläger bis zu einem Jahresumsatz von 12.000.000 € eine Provision in
Höhe von 1 % erhalten sollte, wobei zugleich bestimmt war, dass die Beklagte
bei einem Jahresumsatz bis zu 12.000.000
€ eine Mindestprovision von jährlich
120.000
€ zuzüglich Umsatzsteuer, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von
10.000
€, schuldete. Dieser Mindestprovisionsanspruch, der wertmäßig einem
Anteil von 1 % bei einem Jahresumsatz von 12.000.000
€ entspricht, sollte dem
Kläger unabhängig von der Anzahl oder dem Wert der von ihm vermittelten Ge-
schäftsabschlüsse als Mindestvergütung zustehen.
Nach dem Wortlaut der Bestimmung in § 2 ist die dem Kläger zustehen-
de Provision anteilig aus dem jeweiligen Jahresumsatz der Beklagten mit der
B. AG zu berechnen. Zwar ist für die vereinbarte Provision von 1 % eine Be-
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zugsgröße nicht ausdrücklich angegeben. Aus den folgenden Bestimmungen
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r Höhe der Provision bei Jahresumsätzen, die einen Betrag von 12.000.000 €
übersteigen, ergibt sich jedoch, dass nach dem Willen der Parteien auf den je-
weiligen Jahresumsatz abzustellen ist. So soll dem Kläger von dem
25.000.000
€ übersteigenden Jahresumsatz ein Provisionsanspruch in Höhe
von 0,5 % zustehen. Die Abhängigkeit des Provisionsanspruchs von dem jewei-
ligen Jahresumsatz bedeutet, dass die diesen Umsatz auslösenden Geschäfte
nach dem Willen der Parteien Grundlage des Provisionsanspruchs sind. Dies
sind die jeweils durch die Lieferabrufe der B. AG zustande kommenden Einzel-
lieferverträge. Erst mit diesen und nicht bereits mit der von der B. AG aufgege-
benen Serienbestellung wird der für den Provisionsanspruch nach dem Vertrag
maßgebliche Umsatz generiert.
bb) Die Auffassung des Berufungsgerichts, das die Provisionsanwart-
schaft auslösende Geschäft sei in der von der B. AG aufgegebenen Serienbe-
stellung zu sehen, findet im Vertragswortlaut dagegen keine Stütze. Da sich aus
der Provisionsvereinbarung der Parteien keine hinreichenden Anhaltspunkte
dafür ergeben, dass auf den Zeitpunkt der zu einer Bezugsbindung des Kunden
führenden Serienbestellung abzustellen ist, ist nicht davon auszugehen, dass
die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Serienbestellung unabhängig vom Fortbe-
stand des Handelsvertretervertrags eine Provisionsverpflichtung gegenüber
dem Kläger für die bis zum Abschluss der Serienproduktion erfolgenden und in
ihrer Größenordnung noch nicht feststehenden Lieferabrufe übernehmen wollte.
Eine dahingehende Auslegung der Provisionsvereinbarung der Parteien
wäre auch nicht interessengerecht. Mit einer solchen Regelung würde der Be-
klagten im Hinblick auf die für solche Serienproduktionen üblichen Laufzeiten
von mehreren Jahren anderenfalls ein unverhältnismäßig hohes wirtschaftliches
Risiko aufgebürdet, weil sie bei einem solchen Verständnis der Klausel im Falle
der Beendigung des Handelsvertretervertrags noch für einen erheblichen Zeit-
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raum zu Provisionszahlungen gegenüber dem ausgeschiedenen Kläger und
daneben zu Provisionszahlungen gegenüber dessen Nachfolger verpflichtet
sein könnte. Das wäre etwa dann der Fall, wenn sich die Beklagte diesem ge-
genüber auch zu Provisionszahlungen für Lieferabrufe aus früheren Serienbe-
stellungen verpflichten würde. Eine solche Vertragsgestaltung liegt nahe, weil
der nachfolgende Handelsvertreter regelmäßig von Beginn seines Vertragsver-
hältnisses an auf ausreichende Einkünfte angewiesen sein dürfte. Hierfür
spricht zudem, dass mit der vereinbarten Mindestprovision eine derartige Ver-
tragsgestaltung im Verhältnis zum Kläger gewählt worden ist.
Das Interesse des Klägers rechtfertigt die vom Berufungsgericht gefun-
dene Auslegung ebenfalls nicht. Denn seinem Provisionsinteresse ist bereits
dadurch angemessen Rechnung getragen worden, dass er von Beginn der Ver-
tragslaufzeit an die vereinbarte Mindestprovision erhielt.
cc) Auf die rechtliche Qualifizierung der Serienbestellung als Rahmen-
bzw. Bezugsvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1957 - II ZR 33/56,
NJW 1958, 180; OLG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 2007 - 6 U 529/06, juris Rn.
26; Emde in Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., 2008, § 87 Rn. 71 ff.;
MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 87 Rn. 60) oder als ein
dem Sukzessivlieferungsvertrag vergleichbarer Vertrag (vgl. Thume in
Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1, 4. Aufl.,
Kap. V Rn. 168; Döpfer in FS Thume 2008, S. 35, 46) kommt es danach für die
Entscheidung, ob dem Kläger für den in Rede stehenden Zeitraum ein Provisi-
onsanspruch nach § 87 Abs. 1 HGB zusteht, nicht entscheidend an. Vielmehr
ist die Auslegung der von den Parteien getroffenen Provisionsvereinbarung
maßgebend. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Ok-
tober 2009 (VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298) ergibt sich nichts anderes.
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2. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob dem Kläger Provisions-
ansprüche gemäß § 87 Abs. 3 HGB für Umsätze zustehen, die auf Lieferabru-
fen der B. AG beruhen, die - nach Beendigung des Handelsvertretervertrags -
im August 2010 erfolgt sind. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entschei-
den, § 563 Abs. 3 ZPO, weil Feststellungen dazu fehlen, ob die Voraussetzun-
gen des § 87 Abs. 3 HGB für nach Beendigung des Vertrags von der Beklagten
geschlossene Lieferverträge vorliegen. Die angefochtene Entscheidung ist da-
her aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben,
die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang ergänzend zu
prüfen haben, ob nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien Ansprüche
des Klägers gemäß § 87 Abs. 3 HGB für den Fall einer auf einen Wettbewerbs-
verstoß gestützten außerordentlichen Kündigung möglicherweise ausgeschlos-
sen sind, wie die Beklagte in der Revision geltend gemacht hat. Ein allgemeiner
Grundsatz, dass im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrags durch
fristlose Kündigung Provisionen für die Zeit nach Beendigung des Vertrags nicht
geschuldet werden (vgl. OLG München, Urteil vom 19. Dezember 2012
- 7 U 465/12, juris Rn. 29), ist allerdings nicht anzuerkennen. Insoweit kommt es
auf die Auslegung der von den Parteien getroffenen Provisionsvereinbarung
unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage im Einzelfall an. Nach
den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bestehen keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass nachvertragliche Provisionsansprüche
des Klägers gemäß § 87 Abs. 3 HGB für den Fall ausgeschlossen sein sollten,
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dass der Handelsvertretervertrag wegen eines Verstoßes des Klägers gegen
das vertragliche Wettbewerbsverbot durch außerordentliche Kündigung been-
det würde.
2. Der Kläger hat einen ihm gegebenenfalls nach § 87 Abs. 3 HGB zu-
stehenden Provisionsanspruch für den Zeitraum vom 4. bis zum 31. August
2010 zudem der Höhe nach bislang nicht schlüssig dargelegt. Hierzu genügt es
nicht, zu den auf diesen Zeitraum aufgrund von Lieferabrufen der B. AG entfal-
lenden Umsätzen vorzutragen. Denn der Kläger kann nach der vertraglichen
Provisionsvereinbarung, die insoweit auch für einen etwaigen Provisionsan-
spruch nach § 87 Abs. 3 Satz 1 HGB beachtlich ist, nicht eine Provision in der
von ihm geltend gemachten Höhe von 1 % der von der Beklagten in diesem
Zeitraum erzielten Einzelumsätze, sondern lediglich eine Provision in Höhe von
1 % des auf diesen Zeitraum anteilig entfallenden Jahresumsatzes beanspru-
chen. Hierzu hat der Kläger zunächst die Höhe des im Jahr 2010 insgesamt
erzielten Jahresumsatzes darzulegen. Für den hier interessierenden Zeitraum
vom 4. bis zum 31. August 2010 ist der auf diese Zeitspanne prozentual entfal-
lende Jahresumsatz zugrunde zu legen. Ein Provisionsanspruch in Höhe von
1 % des sich für diesen Zeitraum ergebenden anteiligen Umsatzes steht dem
Kläger nach § 87 Abs. 3 HGB allerdings nur dann zu, wenn feststeht, dass für
die nach der Beendigung des Vertrags ab dem 4. August 2010 von der Beklag-
ten erzielten Umsätze die Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 HGB vorliegen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des Bundesgerichtshofes
kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustel-
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lung beim Bundesgerichtshof E i n s p r u c h einlegen. Der Einspruch muss
von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt durch
Einreichung
einer
Einspruchsschrift
beim
Bundesgerichtshof,
Herrenstraße 45a, Karlsruhe eingelegt werden.
Die Einspruchsschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der
Anfechtung zu bezeichnen.
Eick
Halfmeier
Kartzke
Graßnack
Sacher
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 23.05.2013 - 12 O 48/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.03.2014 - 19 U 104/13 -