Urteil des BGH vom 10.10.2014

Leitsatzentscheidung zu Verwaltung, Bewässerung, Verwalter, Mehrheit, Kostenregelung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 315/13
Verkündet am:
10. Oktober 2014
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
WEG § 23 Abs. 1
a) Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiell-
rechtlich u.a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte
begrenzt; ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffe-
nen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirk-
sam.
b) Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten
gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor
der Aufbürdung neuer (originärer)
– sich weder aus dem Gesetz noch aus
der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender
– Leistungspflichten
schützt.
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2014 - V ZR 315/13 - LG Hamburg
AG Hamburg-Bergedorf
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des Land-
gerichts Hamburg
– Zivilkammer 18 – vom 27. November 2013
aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf
vom 12. Februar 2013 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert,
als die Klage abgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer
vom 26. Juli 2012 zu TOP 2 unwirksam ist.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigen-
tümergemeinschaft. Die Wohnanlage besteht aus sechs Einheiten, auf die je-
weils 1/6 Miteigentumsanteil entfällt. Die Klägerin ist Inhaberin einer der beiden
im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen. Zu ihrem Miteigentumsanteil nebst
Sondereigentum gehört auch das Sondernutzungsrecht an der die Wohnung
umgebenden und im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Gartenfläche. Zu
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Gunsten der anderen Erdgeschosseinheit besteht ebenfalls ein entsprechendes
Sondernutzungsrecht.
Gemäß § 6 Nr. 1 der Teilungserklärung (TE) obliegt die Instandhaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
und ist von dem Verwalter durchzuführen. § 4 TE bestimmt, dass eine Ände-
rung der §§ 3
– 20 TE durch Beschluss nur mit 2/3 Mehrheit möglich ist.
In der Eigentümerversammlung vom 26. Juli 2012 wurde zu dem Tages-
ordnungspunkt (TOP) 2 der folgende Beschluss gefasst:
„Die Gemeinschaft beschließt in Änderung der Teilungserklä-
rung mit 4 Ja- und 2 Nein-Stimmen, dass hinsichtlich der Son-
dernutzungsflächen der Erdgeschosswohnungen, welche in
dem zur Teilungserklärung vom 28.10.2002 gehörenden Auf-
teilungsplan mit Nr. 1 und 2 gekennzeichnet sind, ab dem
01.07.2012 die ordnungsgemäße Instandhaltung in Gestalt
von Gartenpflege- und Reinigungsarbeiten den jeweiligen
Sondernutzungsberechtigten obliegt und diese auch die
dadurch entstehenden Kosten zu tragen haben. Dies schließt
die notwendige Bewässerung mit ein.“
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschlussmängelklage hat das
Amtsgericht im Wesentlichen abgewiesen und den Beschluss lediglich insoweit
für ungültig erklärt, als dieser die Zeit vor dem Tag der Beschlussfassung
betrifft. Die von der Klägerin gegen die Klageabweisung eingelegte Berufung ist
erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision möchte die Klägerin errei-
chen, dass der angefochtene Beschluss vollends für ungültig erklärt wird. Die
Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, der angefochtene Be-
schluss sei nicht nichtig. Dieser sei hinreichend bestimmt. Durch die den Son-
dernutzungsberechtigten übertragene Instandhaltung würden nur solche Maß-
nahmen erfasst, die
zur „ordnungsgemäßen“ Instandhaltung in Gestalt von Gar-
tenpflege- und Reinigungsarbeiten erforderlich seien. Dadurch werde hinrei-
chend deutlich, dass nur diejenigen Maßnahmen gemeint seien, die sich im
Rahmen üblicher Gartenpflege hielten. Die fehlende Konkretisierung der Arbei-
ten und das Fehlen von Angaben dazu, wann diese zu erbringen seien, führe
nicht dazu, dass die Regelung undurchführbar sei. Dies betreffe auch die im
letzten Satz des Beschlusses erwähnte notwendige Bewässerung, die ebenfalls
nur im üblichen Rahmen erbracht werden müsse. Die Beschlusskompetenz fol-
ge aus der in § 4 TE enthaltenen Öffnungsklausel.
Der angefochtene Beschluss entspreche auch den Anforderungen, die
an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellen seien. Der Beschluss stelle in
zulässiger Weise einen Zusammenhang zwischen dem Sondernutzungsrecht
und der Verpflichtung zur Tragung der daraus folgenden Kosten her.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Der angegriffene Beschluss ist unwirksam.
1. Allerdings nimmt das Berufungsgericht zumindest der Sache nach zu-
treffend an, dass der angefochtene Beschluss hinreichend bestimmt ist, durch-
führbare Regelungen enthält und auch keine inneren Widersprüche aufweist (zu
diesen Anforderungen etwa Senat, Beschluss vom 10. September 1998
– V ZB
11/98, BGHZ 139, 288, 298; BayObLG, ZWE 2005, 230, 231; Merle in Bär-
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mann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 54, 162 f.). Der Beschlussinhalt ist durch Aus-
legung zu ermitteln. Dabei kommt es bei der gebotenen objektiven Auslegung
maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für
einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist (std. Rspr.,
grundlegend dazu Senat, Beschluss vom 10. September 1998
– V ZB 11/98,
BGHZ 139, 288, 292; vgl. auch Urteil vom 28. September 2012
– V ZR 251/11,
BGHZ 195, 22 Rn. 14 mwN; ebenso für die Auslegung von Vereinbarungen Se-
nat, Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 33/09, NJW-RR 2010, 227 Rn. 8
mwN).
a) Gemessen daran wird hinreichend deutlich, dass es sich bei den über-
tragenen Instandhaltungsmaßnahmen um solche handelt, die sich im üblichen
Rahmen der Gartenpflege halten, also um Maßnahmen, die der Pflege, Erhal-
tung oder Bewahrung der Gartenfläche dienen. Hierzu zählen nach gefestigter
Rechtsprechung neben der für den Erhalt der Pflanzen notwendigen Bewässe-
rung insbesondere der übliche Baumschnitt, das Auslichten von Bäumen, die
Erneuerung abgestorbener Pflanzen sowie das Rasenmähen und Hecken-
schneiden (vgl. OLGR Düsseldorf 2004, 95, 97; OLGR Schleswig 2007, 881,
882; OLG Köln, NJW-RR 2005, 1541, 1542; OLG Frankfurt, Beschluss vom
30. Juni 2003
– 20 W 254/01, juris Rn. 9; LG Hamburg, NZM 2011, 589, 593;
Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 113).
b) Was die zeitlichen Intervalle des geforderten Tätigwerdens anbelangt,
folgt ohne weiteres aus Sinn und Zweck der Regelung, dass die Maßnahmen
der Gartenpflege bei Bedarf anfallen sollen. Insbesondere die Bewässerung der
Pflanzen wird sich nach den jeweiligen Witterungsverhältnissen und dem damit
zusammenhängenden Bedarf richten. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der
Hand, dass feste Fristen weder praktikabel noch sachdienlich wären.
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c) Soweit die Revision rügt, es sei unklar, was unter den Begriff der Rei-
nigungsarbeiten falle, weil die Sondernutzungsflächen insgesamt gärtnerisch
angelegt seien, steht dem die den Senat bindende tatbestandliche Feststellung
des Berufungsgerichts entgegen, wonach zu den Sondernutzungsflächen der
Klägerin auch steinplattenbelegte Terrassenflächen sowie Steinstufen gehören,
die einen gelegentlichen Reinigungsaufwand erfordern können. Ein Berichti-
gungsverfahren nach § 320 ZPO hat die Klägerin nicht angestrengt (dazu etwa
Senat, Urteil vom 9. März 2012
– V ZR 161/11, NJW 2012, 1724 Rn. 9 mwN).
2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht die formelle
Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Änderung der bisheri-
gen Regelung des § 6 Nr. 1 TE. Die Mehrheitsherrschaft bedarf stets der for-
mellen Legitimation durch Kompetenzzuweisung, die sich entweder aus dem
Gesetz oder aus einer Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WEG) ergeben kann
(Senat, Beschluss vom 20. September 2000
– V ZB 58/99, BGHZ 145, 158,
166; Senat, Urteil vom 9. März 2012
– V ZR 161/11, NJW 2012, 1724 Rn. 11;
Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 10). Die Öffnungsklausel des § 4
TE erlaubt es den Wohnungseigentümern, die §§ 3
– 20 TE im Beschlusswege
mit
– hier erreichter – qualifizierter Mehrheit zu ändern. Dass der Gegenstand
der Beschlussfassung hierunter fällt, unterliegt keinem Zweifel.
3. Das Berufungsgericht übersieht jedoch, dass der Beschluss ungeach-
tet der formellen Seite der Beschlusskompetenz aus materiellen Gründen un-
wirksam ist.
a) Die Öffnungsklausel hat lediglich die Funktion, zukünftige Mehrheits-
entscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie materiell zu rechtfertigen
(Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 147; Elzer in Jennißen, WEG,
3. Aufl., § 23 Rn. 11; Wenzel, ZNotP 2004, 170, 171; Becker, ZWE 2002, 341,
343; Hagen in Festschrift Wenzel, 2005, S. 201, 217). Deshalb ist ein Ände-
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rungsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel nicht schon dann
rechtmäßig, wenn er die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt.
Vielmehr sind insbesondere zum Schutz der Minderheit bestimmte fundamenta-
le inhaltliche Schranken zu beachten (Köhler/Becker, Anwaltshandbuch Woh-
nungseigentumsrecht, 3. Aufl., Teil 4 Rn. 172; vgl. auch Becker/Strecker ZWE
2001, 569, 572). Erst bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den
Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Woh-
nungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter
– ledig-
lich durch das Willkürverbot beschränkter
– Gestaltungsspielraum eingeräumt
(zu Letzterem Senat, Urteil vom 1. April 2011
– V ZR 162/10, NJW 2011, 2202
Rn. 8; vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juni 2011
– V ZR 2/10, ZWE 2011, 327,
328; Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 23 Rn. 20; Elzer in Jennißen, WEG,
3. Aufl., § 23 Rn. 13; Köhler/Becker, Anwaltshandbuch Wohnungseigentums-
recht, 3. Aufl., Teil 4 Rn. 179; Armbrüster, ZWE 2013, 242, 244).
aa) Fundamentale Schranken ergeben sich zunächst aus den gesetzli-
chen Bestimmungen der §§ 134, 138, 242 BGB und den zum Kernbereich des
Wohnungseigentumsrechts zählenden Vorschriften, wozu u.a. unentziehbare
und unverzichtbare Individualrechte gehören. Denn was selbst durch Vereinba-
rung nicht geregelt werden könnte, entzieht sich auch einer Regelung im Be-
schlusswege aufgrund einer Öffnungsklausel (zum Ganzen Wenzel, ZNotP
2004, 170, 171 mwN; vgl. auch Köhler/Becker, aaO, Teil 4 Rn. 175; Buck,
Mehrheitsentscheidungen mit Vereinbarungsinhalt im Wohnungseigentums-
recht, 2001, S. 77 f.); ein gleichwohl gefasster Beschluss ist nichtig. Darüber
hinaus wird die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht
– wo-
rauf es hier entscheidend ankommt
– auch durch Individualrechte begrenzt, die
zwar ebenfalls zu den unentziehbaren Mitgliedschaftsrechten gehören, die aber
verzichtbar sind. Ein in solche Rechte eingreifender Beschluss ist nur dann
wirksam, wenn die hiervon nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer zu-
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stimmen; bis dahin ist er schwebend unwirksam (vgl. Senat, Beschluss vom 22.
Januar 2004
– V ZB 51/03, BGHZ 157, 322, 335; Klein in Bärmann, WEG, 12.
Aufl., § 10 Rn. 37; Köhler/Becker, aaO, Teil 4 Rn. 172, 175; Becker, ZWE 2002,
341, 344; Wenzel, aaO). Die endgültige Unwirksamkeit des Beschlusses tritt
ein, wenn die Zustimmung verweigert wird.
Zu den in diesem Sinne mehrheitsfesten Rechten gehört das dem Ver-
bandsrecht immanente Belastungsverbot (§ 53 Abs. 3 GmbHG, § 179 Abs. 3 u.
§ 180 Abs. 1 AktG; vgl. auch § 35 Abs. 1 BGB), das jeden Wohnungseigentü-
mer vor der Aufbürdung neuer (originärer)
– sich weder aus dem Gesetz noch
aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender
– Leistungspflichten
schützt (vgl. Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 38; Merle in Bärmann, aaO, § 23
Rn. 20, 132; Timme/Dötsch, WEG, 2010, § 10 Rn. 196 aE; Becker, ZWE 2002,
341, 344; Buck aaO, S. 79; Becker/Strecker, ZWE 2001, 569, 575
 f.; Bub, ZWE
2007, 339, 342 f.; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum, 2003, Rn. 93).
bb) Der angegriffene Beschluss verstößt gegen das Belastungsverbot.
(1) Die auferlegten Leistungspflichten finden im Gesetz keine Grundla-
ge. Die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des Gemein-
schaftseigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach § 21 Abs. 1, 5 Nr. 2
WEG gemeinschaftlich. Das bedeutet jedoch nicht, dass die einzelnen Woh-
nungseigentümer kraft Gesetzes verpflichtet sind, Instandhaltungsmaßnahmen
selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen; auch zur sog. tätigen Mithilfe
sind sie nicht verpflichtet (Senat, Urteil vom 9. März 2012
– V ZR 161/11, NJW
2012, 1724 Rn. 11 ff.). Vielmehr sind Instandhaltungsmaßnahmen betreffende
Beschlüsse von dem Verwalter umzusetzen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WEG). Die
Wohnungseigentümer haben lediglich die Kosten hierfür aufzubringen. Nichts
anderes folgt aus § 16 Abs. 4 WEG. Denn auch nach dieser Vorschrift können
die Wohnungseigentümer lediglich die Verteilung der u.a. für Instandhaltungs-
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und Instandsetzungsmaßnahmen angefallenen Kosten abweichend von § 16
Abs. 2 mit qualifizierter Mehrheit regeln und dies ohnehin nur im Einzelfall.
(2) Auch § 6 TE enthält keine hiervon abweichende Regelung, sondern
bestimmt in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage, dass die Instandhaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft obliegt und von dem
Verwalter durchzuführen ist. Hierzu gehört auch die Instandhaltung der von
dem Sondernutzungsrecht der Klägerin erfassten Gartenflächen, weil das Son-
dernutzungsrecht die sachenrechtliche Zuordnung des Nutzungsgegenstandes
zum Gemeinschaftseigentum unverändert lässt (vgl. nur Klein in Bärmann,
WEG, 12. Aufl., § 13 Rn. 74, 118; Hogenschurz, Das Sondernutzungsrecht
nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 2008, § 3 Rn. 13, 16; Greiner, Woh-
nungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 1 Rn. 117). Zwar ist es bei Sondernutzungs-
rechten üblich, dem Sondernutzungsberechtigten die Pflicht zur Instandhaltung
auf eigene Kosten aufzuerlegen, weil ein Auseinanderfallen von Nutzungsrecht
und Instandhaltungslast als unbefriedigend empfunden wird. Das ändert aber
nichts daran, dass eine hiervon abweichende Regelung bereits in der Teilungs-
erklärung / Gemeinschaftsordnung selbst oder im Wege einer späteren Verein-
barung der Wohnungseigentümer hätte getroffen werden müssen. Ist dies
– wie
hier
– nicht geschehen, bleibt die Gemeinschaft zuständig; eine nachträgliche
Übertragung der daraus folgenden Pflichten ist nur noch mit Zustimmung des
Betroffenen möglich (vgl. auch Baumgarten in Tank/Baumgarten/Kutz, Das
Wohnungseigentumsgesetz, 2013, § 13 Rn. 60; Kümmel in Niedenführ/
Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 13 Rn. 54).
b) Der Verstoß gegen das Belastungsverbot führt unter den gegebenen
Umständen zur Unwirksamkeit des Eigentümerbeschlusses. Zwar war der Be-
schluss zunächst schwebend unwirksam. Da die Klägerin jedoch mit der Erhe-
bung der Beschlussmängelklage zumindest konkludent ihre Zustimmung ver-
weigert hat, ist der Beschluss endgültig unwirksam geworden.
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c) Eine teilweise Aufrechterhaltung des Beschlusses als isolierte Kosten-
tragungsregelung scheidet aus. Zwar erlaubt es § 16 Abs. 3 WEG, im Rahmen
ordnungsgemäßer Verwaltung einen von § 16 Abs. 2 WEG abweichenden
Maßstab für die Verteilung der näher bezeichneten Kosten zu beschließen. Bei
der teilweisen Aufrechterhaltung von wohnungseigentumsrechtlichen Beschlüs-
sen entsprechend § 139 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012
- V ZR 193/11, NJW 2012, 2648 Rn. 10) bzw. im Wege der Umdeutung nach
§ 140 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, WM 2011, 281
Rn. 7) ist jedoch Zurückhaltung geboten. Dem Gericht steht bei der Beschluss-
mängelklage kein Gestaltungsermessen zu (Senat, Urteil vom 11. Mai 2012
- V ZR 193/11, NJW 2012, 2648 Rn. 9). Vielmehr verbleibt es bei dem Grund-
satz, dass es Sache der Wohnungseigentümer ist, innerhalb der durch das
Recht gesetzten Schranken die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in
eigener Regie privatautonom zu regeln (s.o. II.3.a; vgl. auch Senat, Urteil vom
11. Mai 2012 - V ZR 193/11, aaO). Vor diesem Hintergrund kommt eine teilwei-
se Aufrechterhaltung regelmäßig nur dann in Betracht, wenn nach dem tatsäch-
lichen oder hypothetischen Parteiwillen zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass
der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre. Das gilt umso
mehr, als sich Wohnungseigentümer gegen eine teilweise Aufrechterhaltung
durch das Gericht letztlich nicht wehren können, ihnen diese Möglichkeit aber
bei einer von vornherein beschlossenen isolierten Kostenregelung innerhalb der
Fristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG auch mit Anfechtungsgründen offen ge-
standen hätte.
Vorliegend knüpft die Kostentragungspflicht an die notwendig Ermessen-
spielräume eröffnende Verpflichtung zur Vornahme von Gartenpflege- und Rei-
nigungsarbeiten an. Ob die Wohnungseigentümer ohne die Ausgangsverpflich-
tung eine isolierte Kostenregelung getroffen hätten, lässt sich zweifelsfrei nicht
sagen. Auf die Frage, ob auf der Grundlage der von der Klägerin behaupteten
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erheblich eingeschränkten Nutzbarkeit der Fläche (in weiten Teilen starke
Hanglage) eine vollständige Aufbürdung der Kosten noch den Anforderungen
ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche, kommt es nicht an.
III.
Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1
ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung
des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Geset-
zes erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das
führt im Umfang der Aufhebung zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
und zur Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses. Dass die Klägerin
beantragt hat, den Beschluss für ungültig zu erklären, steht dem nicht ent-
gegen. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein solcher Antrag nicht die
Feststellung der Nichtigkeit hindert (grundlegend Senat, Urteil vom
2. Oktober 2009
– V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.; vgl. auch Senat, Urteil
vom 1. April 2011
– V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 13; Urteil vom 10. De-
zember 2010
– V ZR 60/10, NJW 2011, 679 Rn. 5). Da ein endgültig unwirksa-
mer Beschluss dem nichtigen Beschluss hinsichtlich der Rechtsfolgen gleich-
steht (vgl. nur Merle in Bärmann, aaO, § 23 Rn. 129), kann nichts anderes gel-
ten.
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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Stresemann
Roth
Brückner
Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Bergedorf, Entscheidung vom 12.02.2013 - 407a C 17/12 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.11.2013 - 318 S 32/13 -
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