Urteil des BGH vom 19.02.2015

Kaufpreis, Verkehrswert, Aktivlegitimation, Verzicht, Preisnachlass

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 278/13
vom
19. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom
2. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
(§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der
Gegenstandswert
des
Beschwerdeverfahrens
beträgt
913.755,28 €.
Gründe:
Die Rechtssache wirft keine entscheidungserheblichen Fragen von
grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbil-
dung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor-
derlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt allerdings zu
Recht einen Verstoß gegen § 139 Abs. 1 ZPO. Der Hinweis hätte so erteilt wer-
den müssen, dass die Klägerin daraus hätte ersehen können, welchen fehlen-
den Sachvortrag das Berufungsgericht als entscheidungserheblich ansah; zu-
dem hätte ihr danach die Möglichkeit eröffnet werden müssen, ihr Vorbringen
zu ergänzen (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW
2005, 2624; BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317,
3320). Die Erörterung der Aktivlegitimation in der Sitzung, an deren Schluss das
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Urteil erging (§ 310 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO) genügte dem nicht. Dass der
Klägerin ein weitergehender Hinweis erteilt und ihr die Möglichkeit zur Ergän-
zung ihres Vortrags gegeben wurde, ist dem Vermerk im Protokoll über die
Verhandlung vom 2. Oktober 2013, die Sach- und Rechtslage sei - auch zur
Aktivlegitimation - erörtert worden, nicht zu entnehmen. Ein solcher Vermerk
genügt zudem nicht den sich aus § 139 Abs. 4 Satz 2 ZPO ergebenden Anfor-
derungen an die Dokumentation eines richterlichen Hinweises (vgl. BGH, Be-
schluss vom 30. Juni 2011 - IX ZR 35/10, NJW-RR 2011, 1556 Rn. 7). Diese
Verfahrensfehler führen hier aber nicht zur Zulassung der Revision, da die an-
gegriffene Entscheidung sich aus der weiteren Begründung als im Ergebnis
richtig darstellt, dass der Erstkäuferin kein Anspruch auf Rückzahlung eines
Teils der Zahlungen zustand, die sie nach „ihrem“ Vertrag mit dem Beklagten
(vom 30. Juni 1995 mit der Änderung vom 20. Februar 1996) geleistet hatte.
Das ergibt sich aus der rechtsfehlerfreien Begründung des Landgerichts und
der im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen, ebenfalls rechtsfehlerfreien
Auslegung der Verträge im Urteil des Kammergerichts vom 1. Juli 2008.
Die Rechtsfehler in der von dem Berufungsgericht hinzugefügten, von
den zitierten Entscheidungen teilweise abweichenden Begründung, wonach die
Parteien
in
dem
Vertrag
vom
28.
Dezember
2001
einen
Kaufpreisrückzahlungsanspruch der ersten Käuferin abbedungen hätten, führen
ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision, weil die Erstkäuferin einen solchen
Anspruch nicht hatte. Ein anderes Auslegungsergebnis ist auch dann
ausgeschlossen, wenn das Berufungsgericht auf sein von dem Landgericht
teilweise abweichendes Verständnis der Vereinbarungen hingewiesen und die
Klägerin darauf - wie von der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebracht - weiter
vorgetragen hätte.
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Der Kaufvertrag aus den Jahren 1995/1996 blieb Rechtsgrund für die von
der ersten Käuferin 1996 und 1998 geleisteten Zahlungen auf den gemäß dem
Beschluss des Berliner Senats vom 28. März 1993 ermittelten vorläufigen
(ermäßigten) Kaufpreis. Dasselbe gilt für die von dem Beklagten geforderte
weitere Zahlung von 864.750 DM auf den nicht subventionierten Teil des mit
der Erstkäuferin vereinbarten Kaufpreises, die für den Beklagten Voraussetzung
für den Abschluss eines Übernahme- und Schuldeintrittsvertrag mit der Klägerin
zu einem nach dem Verkehrswert im Dezember 2001 bemessenen Kaufpreis
war. Die erste Käuferin schuldete - ungeachtet dessen - Zahlungen auf den
nach dem Verkehrswert von 1995 bestimmten Kaufpreis; das galt auch für die
im Dezember 2001 vereinbarte, im Januar 2002 geleistete Zahlung. Der im
Vertrag zwischen den Parteien vom 28. Dezember 2001 vereinbarte Preis
änderte daran nichts. Die Verpflichtungen der Erstkäuferin und der Klägerin
gegenüber dem Beklagten bestanden insoweit unabhängig voneinander.
Nachvollziehbare Gründe dafür, dass der Beklagte die erste Käuferin vor dem
Hintergrund der Nichterfüllung ihrer Bebauungspflicht mit einem teilweisen
Verzicht auf den vereinbarungsgemäß nachzuzahlenden Preisnachlass hätte
belohnen und der Käuferseite darüber hinaus das von ihr zu tragende Risiko
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aus der - in dem Zeitraum zwischen 1995 und 2001 rückläufigen - Entwicklung
der Grundstückswerte hätte abnehmen wollen, sind nicht ansatzweise dargelegt
worden und aus den Verträgen auch nicht ersichtlich.
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Czub
Kazele
Göbel
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.06.2012 - 22 O 14/12 -
KG, Entscheidung vom 02.10.2013 - 26 U 199/12 -