Urteil des BGH vom 12.05.2016

Leitsatzentscheidung zu Umkehr der Beweislast, Quote, Sanierungsplan, Insolvenz

ECLI:DE:BGH:2016:120516UIXZR65.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 65/14
Verkündet am:
12. Mai 2016
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
InsO § 133 Abs. 1 Satz 2
a) Den Gläubiger, der die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die
Benachteiligung der Gläubiger kennt, trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass
er spätere Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzep-
tes erlangt hat.
b) Der Gläubiger kann nur dann von einem schlüssigen Sanierungskonzept des
Schuldners ausgehen, wenn er in Grundzügen über die wesentlichen Grundla-
gen des Konzeptes informiert ist; dazu gehören die Ursachen der Insolvenz, die
Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose.
c) Der Gläubiger, der im Rahmen eines Sanierungsvergleichs quotal auf seine
Forderungen verzichtet in der Annahme, andere Gläubiger verzichteten in ähn-
licher Weise, kann von einer Sanierung des Schuldnerunternehmens allein
durch diese Maßnahme nur ausgehen, wenn nach seiner Kenntnis die Krise al-
lein auf Finanzierungsproblemen beruht, etwa dem Ausfall berechtigter Forde-
rungen des Schuldners.
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d) Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, das Sanierungskonzept des Schuldners
fachmännisch zu prüfen oder prüfen zu lassen; er darf sich auf die Angaben
des Schuldners oder dessen Berater zu den Erfolgsaussichten des Konzeptes
verlassen, solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden
soll oder dass der Plan keine Chancen auf dauerhaften Erfolg bietet.
e) Der Sanierungsplan des Schuldners muss nicht den formalen Erfordernissen
entsprechen, wie sie das Institut für Wirtschaftsprüfer e.V. in dem IDW Standard
S6 (IDWS6) oder das Institut für die Standardisierung von Unternehmenssanie-
rungen (ISU) als Mindestanforderungen an Sanierungskonzepte (MaS) aufge-
stellt haben.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 65/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Rich-
ter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Februar 2014 aufge-
hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Klägerin nimmt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das
Vermögen der E. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) die Beklagte auf
Rückzahlung einer Vergleichszahlung in Anspruch. Die Beklagte erbrachte für
die Schuldnerin Speditionsleistungen. Im Januar 2007 standen ihr fällige Forde-
rungen von 59.703,20
€ zu, von denen 25.416,85 € rechtskräftig tituliert waren.
Aufgrund des Titels erwirkte die Beklagte im Januar 2007 einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss. Die Volksbank als Drittschuldnerin teilte ihr mit, dass
keine pfändbaren Guthaben vorhanden seien und Vorpfändungen in Höhe von
16.000
€ bestünden.
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Mit Schreiben vom 15. Januar 2007 wandte sich die von der Schuldnerin
beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft R. an die Beklagte und
teilte mit, dass eine buchmäßige Überschuldung der Schuldnerin in Höhe von
3,5 Mio.
€ bestehe. Die Kreditlinien seien eingefroren, es drohe in Kürze Zah-
lungsunfähigkeit. Zur Vermeidung der Insolvenz sei ein Vergleichsvorschlag
erarbeitet worden, nach dem die Gläubiger auf 65 v.H. der Forderungen ver-
zichten sollten, davon auf 15 v.H. gegen Besserungsschein. Der Vergleichsvor-
schlag könne dann umgesetzt werden, weil von Dritten Liquidität zur Verfügung
gestellt werde. Voraussetzung sei, dass alle Gläubiger dem Vorschlag bedin-
gungslos zustimmten. Anderenfalls sei ein Insolvenzverfahren unabdingbar, das
keine Befriedigungsquote erwarten lasse. Antwort werde bis 19. Januar 2007
erbeten.
Die Beklagte stimmte am 26. Januar 2007 auf einem Formular der
Schuldnerin zu. Mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Januar 2007 stimmte sie erneut
zu und teilte mit, dass sie sich an die Zustimmung gebunden fühle, wenn bis
15. Februar 2007 35 v.H., also 20.896,12
€, bezahlt würden. Mit Schreiben vom
30. Januar 2007 teilte R. mit, dass bis 22. Februar 2007 der genannte
Betrag von 20.896,12
€ bezahlt werde. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007
teilte sie mit, aus "abwicklungstechnischen" Gründen verzögerte sich die Aus-
zahlung um ca. 10 Tage. Die Zahlung erfolgte am 29. März 2007.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf
der Grundlage von Anträgen vom Mai, Oktober und Dezember 2011 am
20. Januar 2012 eröffnet.
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Der Kläger hat die Zahlung nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten. Die
Schuldnerin habe sich seit vielen Jahren in einer tiefgreifenden Krise befunden.
Die Beklagte habe dies aufgrund des Schreibens von R. gewusst.
Der Sanierungsversuch sei offensichtlich nicht ernsthaft gewesen. Es seien von
vorneherein allenfalls die Hälfte der Gläubiger an den Vergleichsbemühungen
beteiligt gewesen, nicht aber die Kreditinstitute, das Finanzamt und die Sozial-
versicherungsträger. Selbst ohne Berücksichtigung dieser Gläubiger habe der
von den Geschäftsführern der Schuldnerin beschaffte Kredit von 500.000
nicht ausgereicht, weil Forderungen von 850.000
€ hätten zurückgeführt werden
müssen. Die mangelnde Ernsthaftigkeit des Sanierungsversuchs habe der Be-
klagten nicht verborgen bleiben können, schon wegen der mehrfach verzöger-
ten Zahlung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die
Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt
der Kläger seinen Klageanspruch in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
und zur Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte habe aufgrund des
Schreibens von R. vom 15. Januar 2007 gewusst, dass der Schuld-
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nerin die Zahlungsunfähigkeit zumindest drohte, weil sich aus dem Schreiben
Umstände ergäben, die zwingend auf die bereits eingetretene Zahlungsunfä-
higkeit schließen ließen. Wisse der Anfechtungsgegner um die Zahlungsunfä-
higkeit des Schuldners, sei auch anzunehmen, dass er damit rechne, die zu
seinen Gunsten getroffene Verfügung werde zu einer Benachteiligung anderer
Gläubiger führen.
Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO sei jedoch widerlegt, weil
die Beklagte darauf habe vertrauen dürfen, dass die Schuldnerin einen ernst-
haften Sanierungsversuch unternommen habe.
Soweit es um die Kenntnis des Anfechtungsgegners gehe, genüge zur
Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO hinsichtlich der Vo-
raussetzungen eines ernsthaften Sanierungsversuchs die Darlegung konkreter
Umstände, die es naheliegend erscheinen ließen, dass ihm der (hier unterstell-
te) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht bekannt gewesen sei. Derartige
Umstände lägen vor. Aus der Sicht der Beklagten habe die Schuldnerin kompe-
tente Fachleute mit der Sanierung betraut. Nach Mitteilung der Schuldnerin sei
mit einigen wesentlichen Gläubigern die Vorgehensweise bereits mündlich ab-
gestimmt gewesen. Die eingeschaltete Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe
die Überschuldung und die (drohende) Zahlungsunfähigkeit offenbart und mit-
geteilt, dass bereits Sanierungsverhandlungen mit Kreditinstituten geführt wor-
den seien und die Kreditlinie lediglich eingefroren worden sei. Es sei ein Ver-
gleichsvorschlag erarbeitet worden und es habe Liquidität durch Dritte zugeführt
werden sollen. Zwar seien der Beklagten weder von der Schuldnerin noch von
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Einzelheiten oder wenigstens die wesentli-
chen Einzelheiten mitgeteilt worden. Der Schuldner sei hierzu aber auch nicht
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verpflichtet gewesen, ebenso wenig dazu, dem Gläubiger Auskünfte zu erteilen
oder Prüfungen zu ermöglichen.
Entscheidend sei, dass die Beklagte nicht habe erkennen können, dass
das von der Schuldnerin und den von ihr beauftragten Fachleuten verfolgte
Konzept - was unterstellt werde - nicht tragfähig gewesen sei und nicht zur Be-
friedigung der Gläubiger habe führen können. Dass wesentliche Gläubiger nicht
in den Vergleich einbezogen worden seien, habe die Beklagte nicht gewusst.
Sie habe auf der Grundlage der Erklärungen des Wirtschaftsprüfers davon aus-
gehen dürfen, dass sich alle Gläubiger durch Teilnahme an dem Vergleich an
der Sanierung beteiligen würden, weil die Zustimmung aller Gläubiger zur
Voraussetzung für die Sanierung erklärt worden sei. Die Beklagte habe auch
nicht gewusst, dass statt benötigter 850.000
€ nur 500.000 € Fremdmittel zur
Verfügung gestanden hätten. Dass der Vergleichsbetrag verspätet an sie ge-
zahlt worden sei, habe die Wirtschaftsprüferkanzlei plausibel erklärt.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Beru-
fungsgericht durfte anhand der getroffenen Feststellungen nicht zu dem
Schluss gelangen, dass die Beklagte die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2
InsO widerlegt hat. Die Beklagte konnte nach den ihr vorliegenden Informatio-
nen nicht davon ausgehen, dass die Schuldnerin einen ernsthaften Sanierungs-
versuch unternahm.
Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die
der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des
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Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz vorgenommen
hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Hand-
lung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133
Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungs-
unfähigkeit des Schuldners droht und dass die Handlung die Gläubiger benach-
teiligt.
1. Die Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit kann nach
ständiger Rechtsprechung des Senats ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für
den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers
hiervon verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines
ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Ur-
teil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273; vom 5. März
2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17; vom 21. Februar 2013 - IX ZR
52/10, WM 2013, 763, Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014,
1009 Rn. 40 mwN). Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem an-
fechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet und das Bewusstsein der Be-
nachteiligung anderer Gläubiger tritt in den Hintergrund (BGH, Urteil vom
8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11 und 18; vom 21. Feb-
ruar 2013, aaO mwN).
Voraussetzung ist auf Schuldnerseite, dass zu der Zeit der angefochte-
nen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausge-
hendes Sanierungskonzept vorlag, das mindestens in den Anfängen schon in
die Tat umgesetzt war und die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg
rechtfertigte (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, WM 2009, 117
Rn. 52; vom 8. Dezember 2011, aaO; vom 21. Februar 2013, aaO jeweils
mwN). Die bloße Hoffnung des Schuldners auf eine Sanierung räumt seinen
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Benachteiligungsvorsatz nicht aus, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen
über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten
nicht hinausgekommen sind (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO; vom
3. April 2014, aaO).
Ein schlüssiges Sanierungskonzept setzt nicht notwendigerweise eine
Einbeziehung sämtlicher Gläubiger voraus. Ein Sanierungsversuch kann auch
aussichtsreich sein, wenn sich die beabsichtigten Maßnahmen nur auf einen
Teil der Gläubiger erstrecken, etwa wenn umfangreiche Forderungsverzichte
der Hauptgläubiger dem Schuldner neue Liquidität verschaffen, mittels der er in
die Lage versetzt wird, seine übrigen Gläubiger vollständig zu befriedigen
(BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 13). Die Zustimmung aller Gläu-
biger wird häufig ohnehin nicht erreichbar sein. Die für eine erfolgreiche Sanie-
rung erforderliche Quote hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei
sind für unterschiedliche Gläubiger unterschiedliche Quoten denkbar, weil ver-
kehrswertbestimmende Faktoren bei der Festlegung der Quote berücksichtigt
werden können (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - IX ZR 176/08, GWR
2011, 144).
Die in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Umstände lassen je-
doch kein geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten
der Schuldnerin und zur Sanierung ihres Geschäftsbetriebes erkennen.
Sowohl für die Frage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für
die Prognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung eines unvoreinge-
nommenen branchenkundigen Fachmanns abzustellen, dem die vorgeschrie-
benen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen zeitnah vorliegen (vgl. BGH, Ur-
teil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, WM 1998, 248, 250). Erforderlich ist
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eine Analyse der Verluste und der Möglichkeit deren künftiger Vermeidung, eine
Beurteilung der Erfolgsaussichten und der Rentabilität des Unternehmens in der
Zukunft und Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung der (drohenden)
Insolvenzreife. Bei einem Sanierungsvergleich muss zumindest festgestellt
werden die Art und Höhe der Verbindlichkeiten, die Art und Zahl der Gläubiger
und die zur Sanierung erforderlichen Quote des Erlasses der Forderungen. Da
eine Zustimmung aller Gläubiger regelmäßig nicht zu erreichen ist, muss eine
Zustimmungsquote nach Schuldenstand festgelegt werden, gegebenenfalls für
unterschiedliche Arten von Gläubigergruppen, sowie die Behandlung nicht ver-
zichtender Gläubiger. Gegebenenfalls sind Art und Höhe einzuwerbenden fri-
schen Kapitals darzustellen sowie die Chance, dieses tatsächlich zu gewinnen
(vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1997, aaO; vom 10. Februar 2011, aaO
Rn. 4 ff).
Ein Sanierungsplan, der zu einer Verneinung des Gläubigerbenachteili-
gungsvorsatzes des Insolvenzschuldners führt, muss dagegen nicht bestimm-
ten formalen Erfordernissen entsprechen, wie sie etwa das Institut für Wirt-
schaftsprüfer e.V. in dem IDW Standard S 6 (IDW S 6) oder das Institut für die
Standardisierung von Unternehmenssanierungen (ISU) als Mindestanforderun-
gen an Sanierungskonzepte (MaS) aufgestellt haben. Die Einhaltung der dort
für erforderlich gehaltenen Voraussetzungen mag für eine erfolgreiche Sanie-
rung in der Regel eine positive Prognose ermöglichen. Sie ist aber nicht zwin-
gend erforderlich und vor allem bei kleinen Unternehmen nicht immer in vollem
Umfang geboten. Auch dort muss jedoch die Prüfung der wirtschaftlichen Lage
des Schuldners im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche analysiert und müssen
die Krisenursachen sowie die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage erfasst
werden (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997, aaO).
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Ob danach aus Sicht der Schuldnerin ein ausreichendes Sanierungskon-
zept vorlag, hat das Berufungsgericht dahinstehen lassen, und allein auf die
nach seiner Auffassung fehlende Kenntnis der Beklagten vom (unterstellten)
Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin abgestellt.
2. Richtig ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe
zumindest die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gekannt. Das
wird von der Beklagten in der Revision nicht in Frage gestellt. Die Kenntnis
ergab sich jedenfalls aus dem der Beklagten zugegangenen Schreiben der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 15. Januar 2007, in dem mitgeteilt wurde,
dass die Schuldnerin mit 3,5 Mio.
€ überschuldet sei und sich die Überschul-
dung bei Liquidation noch erhöhe. Es trete in Kürze Zahlungsunfähigkeit ein,
wenn nicht alle Gläubiger auf 65 v.H. ihrer Forderungen verzichteten. Auch in
diesem Fall könne die Insolvenz nur durch die zugesagte Zurverfügungstellung
von Liquidität durch Dritte vermieden werden. Damit war für die Beklagte ein-
deutig, dass Zahlungsunfähigkeit nicht nur drohte, sondern bereits eingetreten
war. Die Erklärung der Schuldnerin, ihre Verbindlichkeiten nicht bedienen zu
können, vermittelte ungeachtet der Bitte um Forderungserlass die Kenntnis von
der Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - IX ZR
61/14, ZIP 2016, 173 Rn. 19 ff mwN). Hinzu kam die Auskunft der Volksbank
als Drittschuldnerin auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, dass kein
pfändbares Guthaben vorhanden sei und Vorpfändungen in erheblichem Um-
fang vorlägen. Zudem waren die eigenen Forderungen der Beklagten nicht er-
füllt worden, selbst soweit sie tituliert waren.
Wusste die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin,
musste sie grundsätzlich auch davon ausgehen, dass Zahlungen an sie selbst
gläubigerbenachteiligende Wirkung haben, wenn der Schuldner, wie hier, un-
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ternehmerisch tätig und deshalb damit zu rechnen war, dass auch andere
Gläubiger existierten. Dann weiß der Gläubiger regelmäßig auch, dass Leistun-
gen aus dem Vermögen des Schuldners an ihn die Befriedigungsmöglichkeiten
anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren oder verzögern. Des-
halb ist dann der Anfechtungsgegner regelmäßig auch über den Benachteili-
gungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10,
WM 2012, 85 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, WM 2013, 1044
Rn. 28; vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 17; vom 17. De-
zember 2015 - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 23).
3. Greift damit die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ein, bewirkt
dies eine Umkehr der Beweislast. Es obliegt dann dem Anfechtungsgegner,
darzulegen und zu beweisen, dass er nichts von einem Benachteiligungsvor-
satz des Schuldners wusste (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09,
WM 2012, 711 Rn. 14; vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, WM 2016, 366
Rn. 8). Den Gläubiger, der über die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des
Schuldners und die Gläubigerbenachteiligung unterrichtet ist, trifft deshalb auch
die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er spätere Zahlungen auf der
Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erlangt hat (BGH, Urteil vom
3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).
Hinsichtlich der Kenntnis vom Vorliegen der Voraussetzungen eines
ernsthaften Sanierungsversuchs sind allerdings nicht dieselben Anforderungen
zu stellen, wie sie für den Schuldner oder dessen Geschäftsführer gelten. Der
Anfechtungsgegner muss aber konkrete Umstände darlegen und beweisen, die
es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm im Hinblick auf den Sanierungs-
versuch der (hier unterstellte) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuld-
ners unbekannt geblieben war (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06,
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ZIP 2007, 1511 Rn. 9; Beschluss vom 10. Februar 2011, aaO). Die dabei zu
stellenden Anforderungen hat das Berufungsgericht nicht zutreffend beurteilt.
a) Der Gläubiger ist hinsichtlich eines ernsthaften Sanierungsversuchs in
der Regel auf die Informationen angewiesen, die ihm der Schuldner zur Verfü-
gung stellt. Auf die Erteilung der erforderlichen Informationen muss der Gläubi-
ger im Vorfeld einer Sanierungsvereinbarung im eigenen Interesse bestehen.
Verzichtet er hierauf, handelt er mit Anfechtungsrisiko.
aa) Der Gläubiger, dem ein Teilverzicht auf seine Forderung abverlangt
wird, hat zum Inhalt des Sanierungsplans allerdings kein Auskunftsrecht gegen
seinen Schuldner, insbesondere auch nicht zu dem wesentlichen Inhalt des
Plans und zu der Frage, welche anderen Gläubiger mit welcher Quote bedient
werden sollen und ob sie diesem Vorgehen zugestimmt haben. Der Schuldner
muss einem Gläubiger auch keine entsprechende Prüfung ermöglichen (BGH,
Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 9). Andererseits ist
ein Gläubiger nicht verpflichtet, auf seine Forderung ganz oder teilweise zu ver-
zichten und sich mit einer Quote zu begnügen (gegebenenfalls teilweise gegen
Besserungsschein). Wird er, wie im vorliegenden Fall, vor die Alternative ge-
stellt, eine Quote von 35 v.H. als Abfindung zu akzeptieren (mit einem Besse-
rungsschein über 15 v.H.) oder in einem sonst unausweichlichen Insolvenzver-
fahren gar nichts zu erhalten, ist ihm jedenfalls klar, dass der normale Gang der
Dinge die Beantragung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens wäre, wo er
keine Quote zu erwarten hätte. Lässt er sich auf einen Vergleich ein, mit dem er
deutlich besser gestellt werden soll, muss er zumindest so viele Informationen
verlangen, dass er die Frage der möglichen Benachteiligung anderer Gläubiger
nach dem Konzept des Schuldners einschätzen kann.
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Das Sanierungskonzept des Schuldners muss der Gläubiger allerdings
nicht selbst fachmännisch überprüfen oder durch Sachverständige überprüfen
lassen. Er darf sich grundsätzlich auf schlüssige Angaben des Schuldners ver-
lassen. Der Gläubiger ist selbst dann nicht verpflichtet, beim Schuldner Unter-
suchungen und Nachforschungen über die Erfolgsaussicht eines Sanierungs-
konzeptes anzustellen oder durch einen Fachmann anstellen zu lassen, wenn
jener damit einverstanden ist. Er darf vielmehr den Angaben des Schuldners
oder seines beauftragten Sanierungsberaters vertrauen, solange er keine (er-
heblichen) Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass
der Sanierungsplan keine Aussicht auf Erfolg hat. Sind die den Gläubigern mit-
geteilten Angaben, wie im vorliegenden Fall nach Behauptung des Klägers,
falsch, mag das die Strafbarkeit oder Schadensersatzpflicht des Schuldners
oder seines Bevollmächtigten zur Folge haben. Die Kenntnis des Gläubigers
von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners begründet das
grundsätzlich nicht.
bb) Da der Beklagten mitgeteilt worden war, dass alle Gläubiger mit der-
selben Quote verzichten müssten, durfte sie zunächst davon ausgehen, dass
andere aktuelle Gläubiger nicht benachteiligt würden. Dass mehrere Großgläu-
biger entgegen den Angaben des Schuldners und der Wirtschaftsprüfungsge-
sellschaft - nach Behauptung des Klägers - nicht quotal verzichten mussten,
wusste die Beklagte nicht. Selbst wenn sie es gewusst hätte, hätte sich daraus
nicht ergeben, dass durch die Zahlung an sie selbst in Höhe der vereinbarten
Quote andere Gläubiger benachteiligt werden würden, solange davon auszuge-
hen war, dass die übrigen Gläubiger die Quote, mit der sie sich zufrieden gege-
ben hatten, erhalten würden.
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b) Eine Gläubigerbenachteiligung ist jedoch mit einem Sanierungskon-
zept nur dann nicht verbunden, wenn das Schuldnerunternehmen auf der
Grundlage der gegenwärtigen Erkenntnisse dauerhaft saniert wird. Arbeitet das
Unternehmen ständig mit Verlust, ist eine Sanierungsvereinbarung, mit der le-
diglich der gegenwärtige Schuldenstand reduziert wird, von vornherein nicht
tragfähig, weil dann der erneute Anstieg der Schulden unausweichlich und der
erneute Eintritt der Insolvenzreife absehbar ist.
aa) Für die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mit-
telbare Gläubigerbenachteiligung. Der Benachteiligungsvorsatz muss sich zwar
gerade auf Gläubiger beziehen. Unerheblich ist aber, ob diese Gläubiger bereits
vorhanden sind. Deshalb ist die Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO auch in
Bezug auf im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung noch künftige
Gläubiger möglich (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009,
1943 Rn. 5 mwN; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 16). Wird durch
einen Sanierungsplan lediglich der gegenwärtige Schuldenstand durch quotalen
Verzicht aller oder einiger Gläubiger reduziert, ist aber absehbar, dass künftige
neue Gläubiger mangels kostendeckender Arbeit des Schuldnerunternehmens
wiederum nicht befriedigt werden können, bleibt es bei der Kenntnis vom Gläu-
bigerbenachteiligungsvorsatz. Das bedeutet nicht, dass ein Sanierungskonzept
ohne jegliches Risiko sein muss. Eine positive Prognose genügt, muss aber
nachvollziehbar und vertretbar erscheinen. Es muss damit gerechnet werden
können, dass mit dem Sanierungsplan die Wiederherstellung der uneinge-
schränkten Zahlungsfähigkeit erfolgt. Ist dies nicht gewährleistet und müssen
deshalb der Schuldner und die Gläubiger davon ausgehen, dass die Finanzie-
rung des Unternehmens auch künftig nicht stabil ist, sondern dass die bei Un-
ternehmensfortführung zu verdienenden Gelder weiterhin nicht ausreichen wer-
den, um die anfallenden Kosten zu decken, ist der (erneute) Zusammenbruch
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des Unternehmens bereits absehbar (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2015
- IX ZR 198/13, WM 2015, 293 Rn. 14).
Beschränkt sich ein Sanierungsversuch allein darauf, dass alle oder ein
Teil der Gläubiger quotal auf ihre Forderungen verzichten, ist dies nur dann er-
folgversprechend, wenn der Insolvenzgrund allein auf einem Finanzierungs-
problem beruht, etwa dem Ausfall berechtigter Forderungen des Schuldners,
das Schuldnerunternehmen aber grundsätzlich profitabel arbeitet. Kann in die-
sem Fall durch einen Schuldenschnitt die Zahlungsfähigkeit dauerhaft wieder-
hergestellt und die Überschuldung beseitigt werden, werden hierdurch andere,
auch künftige Gläubiger nicht benachteiligt.
Ging der Anfechtungsgegner in einem solchen Fall bei Entgegennahme
einer quotalen Teilleistung des Schuldners davon aus, dass bei der Höhe der
an ihn ausgezahlten Quote das Vermögen des Schuldners ausreiche, an alle
anderen gegenwärtigen Gläubiger, die einem solchen Vorgehen zugestimmt
haben, ebenfalls eine Quote zu zahlen, mit der diese einverstanden waren,
dann sollen nach seinen Vorstellungen andere Gläubiger vom Schuldner nicht
benachteiligt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06,
WM 2009, 1943 Rn. 14; vom 21. Januar 2016 - IX ZR 84/13, WM 2016, 366
Rn. 7).
Dass der Sanierungserfolg mit einem reinen Quotenvergleich der Gläu-
biger herbeigeführt werden kann, ist jedoch ungewöhnlich. Hiervon kann der
Gläubiger eines zahlungsunfähigen Schuldners nur ausgehen, wenn ihm derar-
tige besondere Umstände vom Schuldner oder dessen Beratern schlüssig dar-
gelegt worden sind. Dies war vorliegend nicht der Fall. Aus dem Schreiben der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergab sich nicht, dass die Zahlungsunfähigkeit
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der Schuldnerin allein auf Finanzierungsproblemen beruhte, etwa dem einmali-
gen nicht absehbaren Ausfall größerer Forderungen. Aus dem Schreiben ergibt
sich vielmehr keinerlei Anhaltspunkt, dass und warum mit dem geforderten
Quotenvergleich eine Sanierung bewerkstelligt werden könnte. Hiervon konnte
die Beklagte folglich nicht ausgehen.
bb) Beruht die Insolvenz des Schuldners nicht lediglich auf dem Ausfall
berechtigter Forderungen, sondern - wie im Regelfall - vor allem auf dem dau-
erhaft unwirtschaftlichen Betrieb des Unternehmens, kann ein Gläubiger von
einem erfolgversprechenden Sanierungskonzept nur ausgehen, wenn vom
Schuldner oder dessen Beratern zumindest die Grundlagen einer weitergehen-
den Sanierung schlüssig dargelegt wurden.
(1) Erforderlich ist die Darlegung der Ursache der drohenden Insolvenz,
insbesondere ob diese lediglich aus Problemen auf der Finanzierungsseite re-
sultiert, oder ob der Betrieb unwirtschaftlich, insbesondere nicht kostendeckend
oder sonst mit Verlusten arbeitet. Details müssen den Gläubigern nicht mitge-
teilt werden. Diese müssen aber zumindest erkennen können, ob zur Sanierung
ein Forderungsverzicht der Gläubiger ausreichend ist, oder ob Umstrukturie-
rungsmaßnahmen erforderlich sind.
Bei der Notwendigkeit von Umstrukturierungsmaßnahmen müssen diese
nicht im Detail erörtert werden. Zumindest ist aber darzulegen, dass diese in
Angriff genommen werden und dass nach ihrer Durchführung für das Unter-
nehmen wieder Erfolgsaussichten bestehen und die Rentabilität der unterneh-
merischen Tätigkeit wiederhergestellt werden kann. Die Maßnahmen müssen
eine positive Fortführungsprognose begründen.
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Sofern, wie im Regelfall, ein finanzieller Beitrag der Gläubiger verlangt
wird, etwa in Form eines quotalen Verzichts auf Forderungen, ist zumindest Art
und Höhe der bei Sanierungsbeginn bestehenden ungedeckten Verbindlichkei-
ten des Schuldners offenzulegen (Finanzlage), weil dies Ausgangspunkt jeder
Sanierungsüberlegung auf der Finanzierungsseite ist.
Schließlich muss dem Gläubiger bekannt sein, in welcher Weise mit dem
Sanierungsplan der Insolvenzgrund beseitigt werden soll. Das beinhaltet zum
einen die Frage, in welcher Höhe Verbindlichkeiten erledigt werden müssen,
etwa durch Verzicht der Gläubiger, und die Festlegung der mindestens zu erzie-
lenden Vergleichsquote (Forderungsanteil, auf den insgesamt verzichtet werden
muss). Auf der anderen Seite beinhaltet dies gegebenenfalls die Darstellung
der Notwendigkeit der Einwerbung frischen Kapitals, der Erfolgsaussicht dieser
Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf den Insolvenzgrund. Insoweit kommen
vor allem neues Eigenkapital oder Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt in
Betracht. Auch insoweit müssen dem Gläubiger nur die Grundzüge, keine De-
tails bekannt gemacht werden.
(2) Aus den Informationen, die dem Gläubiger danach mitgeteilt worden
sind, muss sich aus seiner Sicht das Sanierungskonzept als schlüssig darstel-
len und erfolgversprechend erscheinen. Sicher muss der Erfolg nicht sein. Es
genügen gute Chancen für eine Sanierung. Konnte dem Vorhaben dagegen
aus seiner Perspektive von vorneherein eine realistische Realisierungschance
nicht zugebilligt werden, ist die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
nicht ausgeräumt, weil dann mit einem Erfolg des Konzeptes von vorneherein
nicht zu rechnen war.
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Von einem erfolgversprechenden Sanierungsplan kann der Gläubiger
nicht ausgehen, wenn er keine Kenntnis von den Ursachen der drohenden In-
solvenz sowie den Gründen für eine positive Fortführungsprognose hat. Die
Reduzierung allein der Schulden durch (Teil-)Verzicht der Gläubiger ist für eine
Sanierung in der Regel nicht erfolgversprechend, wenn dadurch die Ursachen
der Krise nicht beseitigt werden und in der Zukunft unverändert fortwirken wür-
den. Ihre Beseitigung ist die Grundlage jeder erfolgversprechenden Sanierung,
sofern die Krise, wie ausgeführt, nicht ausnahmsweise lediglich auf einem Zah-
lungsausfall beruht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM
2013, 763 Rn. 13).
cc) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte
keinerlei Kenntnis von den Ursachen der Krise und den geplanten Maßnahmen
zu ihrer Beseitigung. Hatte sie jedoch nicht einmal Kenntnis davon, was nach
Auffassung des Schuldners und seiner Berater für die gebotene Sanierung ent-
scheidend war, konnte und durfte sie nicht von einem erfolgversprechenden
Sanierungskonzept ausgehen.
Das Schreiben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 15. Januar 2007
enthielt keinerlei Hinweise auf die Ursachen der Krise und dazu, wie diese Ur-
sachen dauerhaft beseitigt werden könnten. Es befasst sich ausschließlich mit
der aktuellen Liquiditätslage der Schuldnerin und der Frage, wie diese kurzfris-
tig verbessert werden konnte. Das allein war für eine Sanierung offensichtlich
kein brauchbarer Ansatz. Dass es hier ausnahmsweise anders gewesen wäre,
wurde nicht dargelegt.
Auch sonstige Feststellungen, wonach die Beklagte von einer dauerhaf-
ten Beseitigung der Krisenursachen ausgehen durfte, hat das Berufungsgericht
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nicht getroffen. Die Beklagte hat vielmehr selbst vorgetragen, über Einzelheiten
des Sanierungskonzeptes nicht informiert gewesen zu sein. Auf dieser Grund-
lage durfte sie nicht davon ausgehen, dass das Konzept Erfolg haben könnte.
III.
Das Berufungsurteil kann damit keinen Bestand haben. Die Sache ist
noch nicht zur Endentscheidung reif, weil die erforderlichen Feststellungen zum
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin fehlen. Das Berufungsurteil
ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-
dung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird
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festzustellen haben, ob aus Sicht der Schuldnerin ein ausreichendes und er-
folgversprechendes Sanierungskonzept vorlag.
Kayser
Vill
Lohmann
Pape
Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.06.2013 - 7 O 349/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.02.2014 - I-12 U 91/13 -