Urteil des BGH vom 30.04.2015

Leitsatzentscheidung zu Treu Und Glauben, Anspruch auf Bewilligung, Verwertung, Miteigentumsanteil

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I X Z R 3 0 1 / 1 3
Verkündet am:
30. April 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 867 Abs. 1; BGB § 242 D
Ein durch eine Zwangssicherungshypothek nachrangig gesicherter Gläubiger, des-
sen Recht bei einer Verwertung des Grundstücks wegen dessen wertausschöpfender
Belastung durch im Rang vorgehende Rechte keinen Anteil am Erlös erwarten lässt,
ist nicht verpflichtet, im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Grundstücksei-
gentümers zugunsten der vom Insolvenzverwalter beabsichtigten freihändigen las-
tenfreien Veräußerung des Grundstücks die Löschung seines Sicherungsrechts zu
bewilligen.
BGH, Urteil vom 30. April 2015 - IX ZR 301/13 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Rich-
ter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Grupp und die Richterin Möhring
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. November 2013 im
Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt
worden ist, die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts
S.
zu seinen Gunsten eingetragenen Zwangssicherungshypo-
thek zu bewilligen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen
das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth
vom 16. April 2013 zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden dem Kläger aufer-
legt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Juni 2009 eröffneten Insolvenzver-
fahren über das Vermögen des F. D. (fortan: Schuldner). Als das Insol-
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venzverfahren eröffnet wurde, war der Schuldner zu einem Viertel Miteigentü-
mer eines Wohnungs- und Teileigentums an einem mit einem Wohnhaus be-
bauten Grundstück. Der Miteigentumsanteil des Schuldners war in Abteilung III
des Grundbuchs unter Nr. 1 und Nr. 2 mit zwei vom F. gepfände-
ten Eigentümergrundschulden in Höhe von 12.229,26
€ und 5.417,29 €, unter
Nr. 3 mit einer Zwangssicherungshypothek zugunsten des F. in
Höhe von 204.557,64
€ und unter Nr. 4 mit einer Zwangssicherungshypothek in
Höhe von 31.616,82
€ zugunsten der beklagten Gemeinde belastet. Die Pfand-
rechte des F. valutierten noch mit einem Gesamtbetrag von
über 200.000
€. Ein weiterer Miteigentumsanteil von einem Viertel gehört der
Schwester des Schuldners, S. . Den restlichen hälftigen, nicht be-
lasteten Miteigentumsanteil erwarben der Schuldner und seine Schwester nach
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Erbengemeinschaft.
Der Kläger möchte die Rechte des Schuldners bei einem angenomme-
nen Verkehrswert des gesamten Wohnungs- und Teileigentums von 80.000
zu einem Kaufpreis von 40.000
€ freihändig und lastenfrei an die Schwester des
Schuldners verkaufen. Vom Kaufpreis sollen die Insolvenzmasse und der F.
jeweils 20.000
€ erhalten. Der F. hat sich bereit er-
klärt, die Löschung seiner Rechte im Grundbuch zu bewilligen und an die be-
klagte Gemeinde für eine Zustimmung zu der Veräußerung 200
€ zu zahlen.
Der Beklagte hat eine Zustimmung jedoch verweigert.
Der Kläger nimmt nunmehr den Beklagten auf Bewilligung der Löschung
der zu seinen Gunsten eingetragenen Zwangssicherungshypothek und auf Er-
stattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandes-
gericht den Beklagten zur Bewilligung der Löschung verurteilt; bezüglich der
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Rechtsanwaltskosten hat es die Abweisung der Klage bestätigt. Mit seiner vom
Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Abweisung
der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des Urteils des
Landgerichts.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, der Kläger könne von dem Beklagten
gemäß § 242 BGB die Bewilligung der Löschung der Zwangssicherungshypo-
thek verlangen. Der Vollstreckungszugriff des Beklagten habe eine gesetzliche
Sonderbeziehung privatrechtlicher Art zwischen dem Beklagten und dem
Schuldner begründet. Sie verpflichte den Beklagten, auch die Interessen des
Schuldners zu wahren. Dies führe im vorliegenden Fall bei der gebotenen wer-
tenden Betrachtungsweise dazu, dass der Beklagte sein Sicherungsrecht auf-
geben müsse. Die Zwangssicherungshypothek sei offensichtlich wertlos, weil
der Beklagte wegen seines Nachrangs bei keiner der in Betracht kommenden
Verwertungsarten eine Aussicht auf eine auch nur teilweise Befriedigung habe.
Eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des Grundeigentums und damit ein
möglichst weitreichender Abbau der Verbindlichkeiten des Schuldners sei nur
möglich, wenn die eingetragenen Grundpfandrechte gelöscht würden. Dies
scheitere an der Weigerung des Beklagten. Sein Beharren auf einer formalen,
wirtschaftlich aber wertlosen Rechtsposition sei wegen der damit verbundenen
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Nachteile für den Schuldner rechtsmissbräuchlich. Von der Zahlung einer so
genannten Lästigkeitsprämie durch den Kläger könne der Beklagte die Erteilung
der Löschungsbewilligung nicht abhängig machen, weil eine solche Vereinba-
rung nichtig wäre.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der
vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung der Löschung der zu-
gunsten des Beklagten im Grundbuch eingetragenen Zwangssicherungshypo-
thek besteht nicht.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der
das materielle Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242
BGB) auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung gilt (BGH, Beschluss vom
10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 12 mwN; vom 19. März 2008
- I ZB 56/07, NJW 2008, 1959 Rn. 17; vom 14. August 2008 - I ZB 39/08, NJW
2008, 3287 Rn. 10; vom 5. Mai 2011 - VII ZB 17/10, WM 2011, 1141 Rn. 8).
Aufgrund des Vollstreckungseingriffs entsteht zwischen dem Gläubiger und
dem Schuldner eine gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art. Sie be-
steht fort, solange der Eingriff andauert, im Fall einer Zwangssicherungshypo-
thek mithin bis zur Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück (RGZ 81,
64 f; BGH, Urteil vom 3. August 1995 - IX ZR 34/95, BGHZ 130, 347, 349), und
begründet Sorgfaltspflichten gegenüber dem anderen Teil (BGH, Urteil vom
10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 148). Sie kann Pflichten des
Gläubigers zur Wahrung der Interessen des Schuldners erzeugen, deren Ver-
letzung zu einem Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der positi-
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ven Forderungsverletzung führen kann (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1984
- VI ZR 25/83, NJW 1985, 3080, 3081). Die Sonderbeziehung erstreckt sich
auch auf etwaige Drittberechtigte und kann zur Haftung des Vollstreckungs-
gläubigers für ein Verschulden seines Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB füh-
ren (BGH, Urteil vom 7. März 1972 - VI ZR 158/70, BGHZ 58, 207, 214 f). Sie
kann auch Verpflichtungen des Vollstreckungsschuldners begründen, etwa die
Pflicht, im Falle der Pfändung eines Steuererstattungsanspruchs die erforderli-
che Steuererklärung abzugeben und das Festsetzungsverfahren zu betreiben
(BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2003 - IXa ZB 115/03, BGHZ 157, 195,
200).
Bei der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Vollstre-
ckungsrecht ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer zwangs-
weisen Vollstreckung zur Durchsetzung rechtskräftig festgestellter materieller
Ansprüche notwendig ist und dabei Härten für den Schuldner wegen der erfor-
derlichen Eingriffe in seine Rechtsgüter unvermeidbar sind. Belastungen, die
mit vollstreckungsrechtlich zulässigen Maßnahmen verbunden sind, hat der
Schuldner grundsätzlich hinzunehmen. Der Schutz des Schuldners vor unzu-
mutbaren Beeinträchtigungen wird in erster Linie durch die besonderen Schutz-
normen des Vollstreckungsrechts wie § 765a ZPO gewährleistet. Der demge-
genüber subsidiäre Grundsatz von Treu und Glauben begründet nur in Aus-
nahmefällen weitergehende Pflichten des Gläubigers (vgl. Stein/Jonas/Münz-
berg, ZPO, 22. Aufl., vor § 704 Rn. 45). Die Aufgabe eines im Wege der
Zwangsvollstreckung rechtmäßig erworbenen Sicherungsmittels kann dem
Gläubiger deshalb nicht allein aus Gründen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit
oder bloßer Billigkeit abverlangt werden. Nach Treu und Glauben unzulässig ist
die Ausübung rechtlicher Befugnisse im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen
Rechtsbeziehung nur im Falle ihres Missbrauchs. Rechtsmissbräuchlich und
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damit unzulässig ist die Ausübung solcher Befugnisse, wenn sie nicht den ge-
setzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten, aber
funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient (BGH, Be-
schluss vom 10. Mai 2007, aaO). Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Gläu-
biger seine Rechtsstellung dazu benutzt, um einen anderweitigen, ihm nicht
zustehenden Vorteil zu erlangen, oder wenn er ein Recht gezielt nur zur Schä-
digung des anderen Teils ausübt.
2. Nach diesen Maßstäben kann eine Verpflichtung des Beklagten zur
Bewilligung der Löschung der zu seinen Gunsten nachrangig im Grundbuch
eingetragenen Zwangssicherungshypothek nicht angenommen werden.
a) Der Beklagte hat die Sicherungshypothek wirksam im Wege der
Zwangsvollstreckung erworben. Dass er dabei andere Zwecke verfolgt hätte als
die Durchsetzung seiner gegen den Schuldner bestehenden Steuerforderung,
hat der Kläger nicht behauptet. Angesichts der vorrangig eingetragenen, in Hö-
he von rund 200.000
€ valutierenden Grundpfandrechte und des im vorliegen-
den Rechtsstreit mit 80.000
€ unstreitig gestellten Werts des gesamten Woh-
nungseigentums bestand zwar von vorneherein eine allenfalls geringe Aussicht
des Beklagten, jemals Befriedigung aus der Zwangssicherungshypothek zu er-
langen. Völlig aussichtslos war die Situation jedoch nicht, weil die vorrangigen
Rechte zur Löschung kommen konnten (vgl. § 1179a BGB) und der Wert der
Immobilie steigen konnte. Im Übrigen gilt das Verbot einer zwecklosen Pfän-
dung, wie es in § 803 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommt, im Immobiliarvollstre-
ckungsrecht in dieser Allgemeinheit nicht (BGH, Beschluss vom 30. Januar
2004 - IXa ZB 233/03, WM 2004, 646, 647).
Die Erwirkung des Sicherungs-
rechts war deshalb nicht rechtsmissbräuchlich.
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b) Der Beklagte missbraucht seine Rechtsstellung auch nicht dadurch,
dass er nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Schuldners auf seiner Sicherungshypothek beharrt und deren Löschung ver-
weigert. Das Bestreben des Insolvenzverwalters, den Miteigentumsanteil des
Schuldners freihändig zu veräußern, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die
nach der Insolvenzeröffnung anstehende Verwertung des Miteigentumsanteils
des Schuldners (§ 159 InsO) lässt zwar unter den gegebenen Umständen keine
Befriedigung des Beklagten erwarten, auch nicht teilweise. Die Weigerung des
Beklagten, sein Sicherungsrecht aufzugeben, steht aber einer Verwertung
rechtlich nicht entgegen, und zwar weder einer Verwertung im Wege der frei-
händigen Veräußerung noch einer Zwangsversteigerung. Veräußert der Kläger
als Insolvenzverwalter den Miteigentumsanteil freihändig (vgl. §§ 159, 160
Abs. 2 Nr. 1, § 164 InsO), bleibt allerdings das Recht des Beklagten bestehen
und wird den erzielbaren Kaufpreis mindern. Ein gegenüber der freihändigen
lastenfreien Veräußerung geringerer Erlös kann sich auch bei der Zwangsver-
steigerung der Immobilie ergeben, sei es bei der Versteigerung auf Antrag des
F. als Absonderungsberechtigtem, die auch noch während des
Insolvenzverfahrens zulässig ist (§ 49 InsO) und zum Erlöschen nachrangiger
Grundpfandrechte führt (§ 44 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 1 ZVG), sei
es bei einer Versteigerung auf Veranlassung des Insolvenzverwalters (§ 165
InsO, §§ 172 ff ZVG). Fällt der Erlös tatsächlich niedriger aus, geht dies in ers-
ter Linie zu Lasten des vorrangig gesicherten Gläubigers. Dessen Interessen ist
ein nachrangiger Gläubiger nicht verpflichtet. Ein Nachteil für die Insolvenzmas-
se entsteht nur, wenn ein Kostenbeitrag zu ihren Gunsten vereinbart ist; dane-
ben verschlechtert es die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger, dass
die persönliche Forderung des Vorranggläubigers in größerem Umfang beste-
hen bleibt. Allein diese tatsächlichen Folgen rechtfertigen es jedoch nicht, dem
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nachrangig gesicherten Gläubiger die Aufgabe seines rechtmäßig erworbenen,
absolut wirkenden Sicherungsrechts abzuverlangen. Dass er die dargestellten
wirtschaftlichen Folgen in Kauf nimmt, erlaubt nicht den Schluss, die Verweige-
rung der Löschungsbewilligung diene sachfremden, rechtlich zu missbilligenden
Zwecken.
c) Missbräuchlich ist auch nicht das Bestreben des Beklagten, am Erlös
einer etwaigen freihändigen Veräußerung in einem größeren Umfang als vom
F. angeboten beteiligt zu werden. Nach der Rechtsprechung des
Senats widerspricht es offensichtlich dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen
Befriedigung der Gläubiger, wenn der Insolvenzverwalter einem durch eine
wertlose Grundschuld gesicherten Gläubiger für die Erteilung einer Löschungs-
bewilligung eine Geldleistung zu Lasten der Insolvenzmasse verspricht. Eine
darauf gerichtete Vereinbarung ist deshalb nichtig (BGH, Beschluss vom
20. März 2008 - IX ZR 68/06, NZI 2008, 365 Rn. 6). Wirksam sind hingegen
Vereinbarungen, welche die Aufgabe eines nachrangigen Grundpfandrechts
gegen eine Zahlung aus dem Erlös des freihändigen Verkaufs zum Inhalt ha-
ben, weil eine solche Zahlung zu Lasten der vorrangig gesicherten Gläubiger
und nicht zu Lasten der Masse erfolgt (BGH, Urteil vom 20. März 2014 - IX ZR
80/13, NZI 2014, 450 Rn. 15 ff, 24). Jedenfalls dann, wenn der nachrangig ge-
sicherte Gläubiger die Erteilung einer Löschungsbewilligung von einer solchen
Zahlung aus dem Veräußerungserlös abhängig macht, handelt er nicht rechts-
missbräuchlich. Er versucht lediglich, mittels seines Sicherungsrechts eine Zah-
lung auf seine gesicherte Forderung zu erreichen, verlangt dabei aber vom In-
solvenzverwalter kein unzulässiges Verhalten und zielt nicht auf eine Durchset-
zung der gesicherten Insolvenzforderung zu Lasten der Masse unter Umgehung
der insoweit bestehenden Beschränkungen der Insolvenzordnung (vgl. § 87
InsO). Dem vorrangig gesicherten Gläubiger verleiht sein Sicherungsrecht kei-
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nen Anspruch auf eine freihändige lastenfreie Veräußerung des belasteten
Grundstücks und auf einen damit möglicherweise erzielbaren höheren Erlös.
Will er diese Möglichkeit anstelle der gesetzlich vorgesehenen Zwangsverstei-
gerung wahrnehmen, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, einen nachrangig
gesicherten Gläubiger, dessen fortbestehendes Recht die Höhe des Erlöses
verringern würde, durch eine angemessene Beteiligung am Erlös abzufinden
(vgl. Erman/Wenzel, BGB, 14. Aufl., § 1191 Rn. 82c).
d) Verschiedene Instanzgerichte haben die Auffassung vertreten, nach-
rangig durch ein rechtsgeschäftlich bestelltes Grundpfandrecht gesicherte
Gläubiger könnten in besonderen Fällen
verpflichtet sein, die Löschung ihres
Rechts zu bewilligen, um einen freihändigen lastenfreien Verkauf des Grund-
stücks zu ermöglichen (OLG Köln, WM 1995, 1801, 1803; LG Regensburg, WM
2010, 316; OLG Schleswig, WM 2011, 1128, 1129; LG Leipzig, ZInsO 2014,
100, 101 f). Diese Verpflichtung wurde unter dem Gesichtspunkt einer nach
Treu und Glauben anzunehmenden nebenvertraglichen Schutz- und Treue-
pflicht teilweise aus dem besicherten Darlehensvertrag abgeleitet, der die Betei-
ligten zu dauerhaftem und vertrauensvollem Zusammenwirken verbinde und
eine verstärkte Verpflichtung zur Beachtung der wechselseitigen wirtschaftli-
chen Interessen schaffe (OLG Köln, aaO), teilweise aus dem Sicherungsver-
trag. Ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist (kritisch etwa Gladenbeck, ZfIR
2014, 643; Volmer, WuB I F 3.-2.11; Frege/Keller, NZI 2009, 11 ff; Lange, NZI
2014, 161, 162 und NZI 2014, 451, 452), bedarf hier keiner Entscheidung. Im
Streitfall fehlt es an einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Beklagten und
dem Schuldner. Eine Nebenpflicht, durch Aufgabe der Zwangssicherungshypo-
thek eine freihändige lastenfreie Veräußerung zu ermöglichen, ergibt sich we-
der aus der durch den Vollstreckungseingriff geschaffenen Rechtsbeziehung
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noch aus dem Steuerrechtsverhältnis, das der zu vollstreckenden Steuerforde-
rung zugrunde liegt.
III.
Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach, soweit es zum Nachteil
des Beklagten entschieden hat, keinen Bestand haben. Es ist in diesem Um-
fang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen
Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachver-
hältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat
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der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und die
Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ins-
gesamt zurückzuweisen.
Kayser
Vill
Lohmann
Grupp
Möhring
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 16.04.2013 - 4 O 9985/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 19.11.2013 - 4 U 994/13 -