Urteil des BGH vom 18.02.2016

Leitsatzentscheidung zu Treu Und Glauben, Vertrag Zugunsten Dritter, Ohg, Personengesellschaft

ECLI:DE:BGH:2016:180216UIXZR191.13.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 191/13
Verkündet am:
18. Februar 2016
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 675 Abs. 1, § 249 Abs. 1 He
Hat der steuerliche Berater nach dem Inhalt des Vertrages die Interessen mehrerer
von seinem Mandanten beherrschter Gesellschaften zu beachten, ist im Falle der
Pflichtverletzung die Schadensberechnung unter Einbeziehung der Vermögenslage
dieser Unternehmen vorzunehmen (Fortführung von BGH, Urteil vom 10. Dezember
2015 - IX ZR 56/15).
BGH, Urteil vom 18. Februar 2016 - IX ZR 191/13 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2016 durch den Richter Vill als Vorsitzenden, die Richterin
Lohmann, die Richter Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 2013 auf-
gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Gesellschafterinnen der klagenden GmbH, Andrea und Christina
T. , waren ursprünglich auch je zu 50 vom Hundert Gesellschafterinnen
der Hermann T. OHG (nachfolgend: OHG). Diese war Eigentümerin ei-
nes Grundstücks, auf dem sie ein Speditionsunternehmen betrieb. Im Jahre
2005 beabsichtigten die Gesellschafterinnen, zum Zweck der Haftungsbe-
schränkung die OHG in die bereits bestehende Klägerin einzubringen. Hierzu
beschlossen sie mit notariellem Vertrag vom 23. August 2005, die OHG auf die
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Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 2005 zu verschmelzen. Die für die Ver-
schmelzung erforderliche Schlussbilanz der OHG zum 31. Dezember 2004 fer-
tigte der Beklagte. Anschließend wurde die Verschmelzung in das Handelsre-
gister eingetragen.
Bei einer steuerlichen Außenprüfung in den Jahren 2009/2010 stellte das
Finanzamt fest, dass aufgrund des Übergangs des Betriebsgrundstücks der
OHG auf die GmbH im Rahmen der Verschmelzung Grunderwerbsteuer ange-
fallen war. Nach längeren Verhandlungen mit dem Finanzamt, in deren Verlauf
sämtliche mit dem Beklagten bestehenden Mandatsverhältnisse gekündigt wur-
den und die Klägerin sich durch neue steuerliche Berater vertreten ließ, setzte
das Finanzamt den Wert des Grundstücks auf einen Betrag fest, der zu einer
Grunderwerbsteuer in Höhe von 54.075
€ führte, welche die GmbH bezahlte.
Die Klägerin macht die von ihr entrichtete Grunderwerbsteuer zuzüglich
Zinsen sowie das für die Verhandlungen mit dem Finanzamt an ihre neuen Be-
rater gezahlte Honorar in Höhe von 4.150 € und außergerichtliche Anwaltskos-
ten geltend. Sie ist der Auffassung, der Beklagte hätte bei der Verschmelzung
im Hinblick auf eine optimale steuerliche Gestaltung eine Übertragung des Be-
triebsgrundstücks auf eine von den Gesellschafterinnen neu zu gründende Per-
sonengesellschaft vor der Verschmelzung der OHG auf die bestehende GmbH
empfehlen müssen. Dann wäre keine Grunderwerbsteuer angefallen.
Die gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts gerichtete Beru-
fung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet
sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-
teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch der Klägerin scheide
schon mangels Darlegung eines ersatzfähigen Schadens aus. Die Klägerin ha-
be durch die unterlassene Beratung keinen nach der Differenzhypothese zu
ersetzenden Schaden erlitten, denn hätte der Beklagte nach ihren Vorstellun-
gen beraten, hätte sie zwar keine Grunderwerbsteuer zu zahlen gehabt. Sie
hätte aber auch kein Grundstück erworben, so dass ihr Vermögen um ein Viel-
faches geringer wäre. Mit dem Argument, durch die Übertragung des Grund-
stücks sei ihr Haftungsvermögen unnütz verbreitert worden, könne sie nicht ge-
hört werden, denn selbst wenn dadurch Vollstreckungsrisiken entstanden wä-
ren, liege darin kein Schaden. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung unter
Einschluss der Vermögenssituation ihrer Gesellschafterinnen und einer etwa
neu zu gründenden Besitzgesellschaft könne nicht vorgenommen werden. Für
die erhobene Klage sei allein ausschlaggebend, ob das Vermögen der Klägerin
infolge des Beratungsfehlers geringer sei, als es ohne den Fehler wäre.
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II.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein
der Klägerin entstandener Schaden kann mit der Begründung des Berufungsur-
teils nicht verneint werden.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nach dem revisions-
rechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt - eine Haftung des Beklagten der
Klägerin gegenüber dem Grunde nach unterstellt - für die Schadensbetrachtung
nicht ausschließlich die Vermögenslage der Klägerin entscheidend. Vielmehr
kann aufgrund der von der Klägerin behaupteten Ausgestaltung des dem Be-
klagten erteilten Mandats im Rahmen einer konsolidierten Schadensberech-
nung die Belastung mit Grunderwerbsteuer als Schaden der Klägerin zu be-
rücksichtigen sein.
1. Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Differenzhypothese.
Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff BGB zu ersetzender Vermögensschaden
vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haf-
tungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen,
die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012
- IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 42; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM
2013, 1323 Rn. 20; vom 5. Februar 2015 - IX ZR 167/13, WM 2015, 790 Rn. 7;
vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15, z.V.b. Rn. 12). Erforderlich ist ein Ge-
samtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbegründenden Ereignis
betroffenen finanziellen Positionen umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 20. November
1997 - IX ZR 286/96, WM 1998, 142 f; vom 20. Januar 2005 - IX ZR 416/00,
WM 2005, 999, 1000; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946
Rn. 24; vom 5. Februar 2015, aaO). Dieser erfordert hierbei nicht lediglich eine
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Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der
hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. BGH, Urteil vom
7. Februar 2008, aaO; vom 5. Februar 2015, aaO; vom 10. Dezember 2015,
aaO).
2. Grundsätzlich ist Bezugspunkt des Gesamtvermögensvergleichs das
Vermögen des Geschädigten, nicht aber dasjenige Dritter (vgl. BGH, Urteil vom
5. Februar 2015, aaO Rn. 8; vom 10. Dezember 2015, Rn. 13). Daher kann auf
Grund eines Vertrages nur derjenige Schadensersatz verlangen, bei dem der
Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt (vgl. BGH,
Urteil vom 26. November 1968 - VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 93). Dies hat im
Rahmen der Beraterhaftung zur Folge, dass der haftpflichtige Steuerberater
grundsätzlich nur für den Schaden seines Mandanten einzustehen hat; eine
Ausnahme bilden die Drittschadensliquidation und der Vertrag zugunsten Dritter
sowie mit Schutzwirkung für Dritte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015,
aaO; G. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der An-
waltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn. 138).
3. Die hiernach grundsätzlich gebotene formale Betrachtungsweise führt
dazu, dass streng zwischen den Vermögensmassen unterschiedlicher Beteilig-
ter zu unterscheiden ist. Es ist daher zunächst festzustellen, ob in der Person,
der dem Grunde nach ein Anspruch zusteht, ein Schaden eingetreten ist (vgl.
G. Fischer, aaO). Gesellschaft und Gesellschafter sind hierbei regelmäßig als
im Rahmen der schadensrechtlichen Beurteilung selbständige Zuordnungssub-
jekte zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1973 - VI ZR 53/72,
BGHZ 61, 380, 383; vom 7. November 1991 - IX ZR 3/91, WM 1992, 308, 310;
G. Fischer, aaO). Weder führt die Annahme eines den Gesellschaftern entstan-
denen Schadens ohne das Hinzutreten weiterer Umstände zu einem vermö-
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gensrechtlichen Nachteil der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012
- IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 12 ff; G. Fischer, aaO), noch kann ein
Steuernachteil der Gesellschaft mit einem Anrechnungsvorteil des Gesellschaf-
ters saldiert werden (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 153/96, NJW
1998, 1486, 1487; vom 10. Dezember 2015, aaO Rn. 14; G. Fischer, aaO).
4. Abweichend von diesen Grundsätzen kann aber bei der Bestimmung
des jeweils eigenen Schadens die Einbeziehung der Vermögensinteressen ei-
nes Dritten nach dem Inhalt des Beratungsvertrages geschuldet sein mit der
Folge, dass eine konsolidierte Schadensbetrachtung geboten ist (vgl. BGH, Ur-
teil vom 5. Februar 2015 - IX ZR 167/13, WM 2015, 790 Rn. 10; vom
10. Dezember 2015, aaO Rn. 15). Entscheidend ist hierbei der konkrete Auf-
trag, den der Mandant dem Berater ausdrücklich oder den Umständen nach
erteilt hat: Wenn der Mandant im Rahmen einer Beratung die Berücksichtigung
der Interessen eines Dritten zum Gegenstand der Beratungsleistung gemacht
hat, ist die Schadensberechnung auch unter Einbeziehung dieser Drittinteres-
sen vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2015, aaO Rn. 11 f; vom 10.
Dezember 2015, aaO Rn. 15).
In ständiger Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass in einer - etwa im
Interesse der Steuerersparnis - gewollten und gewünschten Vermögensüber-
tragung zugunsten von Familienangehörigen ohne gleichwertige Gegenleistung
kein Schaden im Rechtssinn und in ihrem Unterbleiben kein mit dem Steuer-
schaden verrechenbarer Vermögensvorteil gesehen werden kann (vgl. BGH,
Urteil vom 20. März 2008 - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042 Rn. 15, 18 mwN;
vom 5. Februar 2015, aaO Rn. 10). Auch im Fall der Verschmelzung von zwei
Gesellschaften ist - sofern es sich wirtschaftlich um dieselbe Vermögensmasse
handelt, deren Bestand durch zutreffende Gestaltung der Verschmelzung gera-
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de gesichert werden sollte - eine einheitliche Schadensbetrachtung vorzuneh-
men, unbeschadet der Tatsache, dass es sich um zwei voneinander zu unter-
scheidende Rechtsträger handelt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996
- IX ZR 61/96, WM 1997, 333; vom 10. Dezember 2015, aaO Rn. 16).
5. Die Grundsätze der konsolidierten Schadensbetrachtung können auch
im vorliegenden Fall anzuwenden sein.
Waren nach dem maßgeblichen Vertrag neben den Vermögensinteres-
sen der Klägerin auch diejenigen der Gesellschafterinnen als der wirtschaftli-
chen Initiatorinnen der Verschmelzung zu berücksichtigen, können die wirt-
schaftlichen Auswirkungen auf deren Vermögen nicht außer Betracht bleiben.
Die Gründung einer Besitzgesellschaft und die Übertragung des Grundstücks
auf diese vor der Verschmelzung der OHG auf die Klägerin war nach Darstel-
lung der Klägerin wesentlicher Bestandteil der von dem Beklagten geschuldeten
Beratung, welche dieser pflichtwidrig unterlassen haben soll. Demgemäß muss-
te und sollte das Ergebnis der Beratung unmittelbaren Einfluss auf das Vermö-
gen des Firmenverbundes der Gesellschafterinnen haben (vgl. BGH, Urteil vom
10. Oktober 1985 - IX ZR 153/84, NJW 1986, 581, 582). Diese Tatsache erfor-
dert eine Gesamtbetrachtung der Vermögensverhältnisse der Personen und
Gesellschaften, deren Vermögensinteressen vertragsgemäß bei der Beratung
zu berücksichtigen waren.
Der Umstand, dass die Klägerin das Eigentum an dem Grundstück er-
worben hat, kann dann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
zur Folge haben, dass die von ihr zu zahlende Grunderwerbsteuer keinen
Schaden darstellt. Der Vorteil des Grundstückserwerbs kann nicht berücksich-
tigt werden, weil das Grundstück den Gesellschafterinnen wirtschaftlich als
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Vermögen der von ihnen gebildeten OHG ohnehin gehörte und bei Übertragung
auf eine von ihnen neu zu gründende Personengesellschaft wirtschaftlich auch
weiter gehört hätte, ohne dass Grunderwerbsteuer zu zahlen gewesen wäre.
Nur die Zahlung der Grunderwerbsteuer wirkte sich danach auf das Vermögen
aus, dessen Schutz bei der Beratung durch den Beklagten zu berücksichtigen
war.
Wäre Grunderwerbsteuer nicht angefallen, hätte die Klägerin auch kei-
nen Schaden dadurch erlitten, dass sie neue steuerliche Berater kostenpflichtig
beauftragen musste, um die Höhe der Steuer möglichst gering zu halten.
III.
Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-
zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist,
wird sie zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1
ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer konsolidierten Schadens-
betrachtung vorliegen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nach dem
revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt war der Beklagte damit
beauftragt, im Rahmen einer von ihm geschuldeten umfassenden steuerlichen
Beratung der Gesellschafterinnen und der von diesen beherrschten Gesell-
schaften die für eine Beschränkung der Haftung günstigste steuerliche Gestal-
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tung zu finden. Hierzu hat die Klägerin Beweis angetreten. Der Beklagte hat
unter Beweisantritt bestritten, ein umfassendes steuerliches Beratungsmandat
gehabt zu haben. Er sei jeweils nur im Einzelfall nach entsprechender Beauf-
tragung tätig geworden. Im Hinblick auf die Verschmelzung im Jahre 2005 habe
er nur den Auftrag gehabt, die erforderliche Schlussbilanz der OHG zum
31. Dezember 2004 zu fertigen. Im Hinblick auf Inhalt und Umfang des Bera-
tungsmandats des Beklagten wird das Berufungsgericht den angebotenen Be-
weis erheben müssen.
2. Der Beklagte hat bestritten, von der Klägerin mandatiert gewesen zu
sein. Sollte sich ein entsprechendes Mandat zwischen Klägerin und Beklagtem
nicht bestätigen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Beratungs-
vertrag mit dem Beklagten, sei er von den Gesellschafterinnen oder der OHG
geschlossen worden, die Klägerin als begünstigte Dritte (§ 328 BGB) oder zu-
mindest in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen hat. Ist in diesem Ver-
trag keine ausdrückliche Regelung über eine Einbeziehung der Klägerin enthal-
ten, bedarf es der maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben gepräg-
ten ergänzenden Auslegung des Beratervertrages, um festzustellen, ob ein Ver-
trag mit Schutzwirkung zugunsten der Klägerin vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom
14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 14; vom 10. Dezember 2015,
aaO Rn. 26). Lässt sich aus dem Willen der Vertragspartner eine Einbeziehung
des Dritten in den Schutzbereich der Vertragsleistung des Beraters ableiten,
kann der einbezogene Dritte im Falle der Schädigung einen eigenen Ersatzan-
spruch als sekundären vertraglichen Anspruch gegen den Berater geltend ma-
chen. Um die Haftung des Beraters nicht unbegrenzt auszudehnen, ist jedoch
erforderlich, dass der Dritte mit der Hauptleistung des Steuerberaters als
Schutzpflichtiger bestimmungsgemäß in Berührung kommt. Zu dieser Voraus-
setzung der Leistungsnähe muss ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers
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an der Einbeziehung des Dritten in den vertraglichen Schutzbereich hinzutreten.
Des Weiteren muss, um das Haftungsrisiko berechenbar halten zu können, die
Einbeziehung Dritter dem schutzpflichtigen Steuerberater bekannt oder für ihn
zumindest erkennbar sein. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz re-
gelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sach-
verhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (vgl.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015, aaO Rn. 26 mwN).
Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt war die
Klägerin in den Schutzbereich des Mandatsverhältnisses einbezogen. Das nach
der Behauptung der Klägerin von dem Beklagten erarbeitete Konzept verfolgte
die haftungsrechtliche und steuerrechtliche Optimierung der Vermögensverhält-
nisse der Gesellschafterinnen. Durch die Beratung und die hierauf aufbauende
Vertragsgestaltung sollte bewirkt werden, dass das Haftungsrisiko der Gesell-
schafterinnen reduziert wurde. Ein Steuerschaden sollte bei den hierbei erfor-
derlichen Maßnahmen möglichst vermieden werden.
3. Das Berufungsgericht wird sodann festzustellen haben, ob die be-
hauptete Pflichtverletzung vorliegt.
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4. Stellt das Berufungsgericht eine schuldhafte Pflichtverletzung und ei-
nen darauf beruhenden Schaden der Klägerin fest, wird es sich mit den von
dem Beklagten behaupteten nachteiligen Folgen - Aufdeckung stiller Reserven
mit der Folge der Pflicht, diese zu versteuern - einer Übertragung des Grund-
stücks auf eine neu zu gründende Personengesellschaft zu befassen haben,
die gegebenenfalls schadensmindernd zu berücksichtigen sind.
Vill Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 17.04.2012 - 2-14 O 161/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.07.2013 - 10 U 121/12 -
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