Urteil des BGH vom 05.12.2013

Leitsatzentscheidung zu Anwartschaft, Direktversicherung, Treuhänder, Versicherungsvertrag, Bestätigung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 165/13
vom
5. Dezember 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO §§ 35, 36 Abs. 1; BetrAVG § 2 Abs. 2 Satz 5; VVG § 169 Abs. 1
Ist ein Arbeitnehmer nach Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft Versicherungsnehmer
einer Direktversicherung der betrieblichen Altersversorgung geworden, kann in dem
Insolvenzverfahren über sein Vermögen der allein aus den Beiträgen seines Arbeit-
gebers gebildete Rückkaufswert nach Kündigung der Versicherung nicht zur Masse
gezogen werden.
BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 165/13 - OLG Hamm
LG Münster
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp und die
Richterin Möhring
am 5. Dezember 2013
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Be-
schluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom
5. Juli 2013 wird abgelehnt.
Gründe:
Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Das Beru-
fungsgericht hat richtig entschieden. Der Kläger hat nach Kündigung der auf der
Zusage einer betrieblichen Altersversorgung beruhenden Direktversicherung
(§ 1b Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversor-
gung, fortan: BetrAVG) keinen Anspruch darauf, dass der beklagte Versicherer
den Rückkaufswert an die Masse zahlt. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG
darf der Rückkaufswert in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers
gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berech-
nung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169
Abs. 3 und 4 VVG berechneten Wertes aufgrund einer Kündigung des Versi-
cherungsvertrages nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündi-
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gung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt;
§ 169 Abs. 1 VVG findet insoweit keine Anwendung. Zwischen den Parteien ist
unstreitig, dass der Rückkaufswert allein auf Leistungen des Arbeitgebers be-
ruht. Dass vorliegend nicht der ausgeschiedene Arbeitnehmer selbst, sondern
nach Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens über sein Vermögen der
Treuhänder den Versicherungsvertrag gekündigt hat und die Zahlung des
Rückkaufswerts verlangt, ändert angesichts der gesetzlichen Regelung nichts.
Der Gesetzgeber wollte durch § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5 BetrAVG errei-
chen, dass die bestehende Anwartschaft im Interesse des Versorgungszwecks
aufrecht erhalten wird, und verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft
liquidiert und für andere Zwecke verwendet. Das entspricht der Grundkon-
zeption der §§ 1b und 2 BetrAVG, die darauf ausgerichtet ist, die Versorgungs-
anwartschaft beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aufrecht zu er-
halten und die Fälligkeit unangetastet zu lassen. Der Versorgungszweck der
Anwartschaften soll möglichst lückenlos gesichert werden (BGH, Beschluss
vom 11. November 2010 - VII ZB 87/09, WM 2010, 2366 Rn. 6). Mit diesen Ver-
fügungsbeschränkungen korrespondiert ein Pfändungsverbot, § 851 Abs. 1
ZPO. Die Unpfändbarkeit gilt uneingeschränkt für die vor Verfügungen des Ar-
beitnehmers umfassend geschützte Versorgungsanwartschaft (BGH, aaO
Rn. 7). Was für die Einzelvollstreckung gilt, verlangt über § 36 Abs. 1 Satz 1
InsO auch Geltung für die Gesamtvollstreckung. Diese Grundsätze ergeben
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sich hinreichend klar aus dem Gesetz und bedürfen keiner weiteren Bestäti-
gung durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Möhring
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 25.10.2012 - 115 O 113/12 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.07.2013 - I-20 U 260/12 -