Urteil des BGH vom 27.09.2012

Leitsatzentscheidung zu Bezugsrecht, Versicherungsvertrag, Versicherungsnehmer, Eintritt des Versicherungsfalls, Erblasser

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 15/12
Verkündet am:
27. September 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO § 140 Abs. 1, Abs. 3; VVG § 159 Abs. 3
Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung als Bezugsberech-
tigten im Todesfall unwiderruflich seinen Ehegatten, ist die Zuwendung der Versiche-
rungsleistung regelmäßig bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter vorge-
nommen. Dies gilt auch dann, wenn die Versicherungsleistung im Erlebensfall dem
Versicherungsnehmer zustehen soll und das Bezugsrecht des Ehegatten daran ge-
knüpft ist, dass die Ehe mit dem Versicherten bei dessen Tod besteht.
BGH, Urteil vom 27. September 2012 - IX ZR 15/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Januar 2012
wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Dezember 2009 eröffneten Insol-
venzverfahren über den Nachlass des am 22. Februar 2009 verstorbenen
N. H. (fortan: Erblasser). Der Erblasser hatte vier Lebensversicherun-
gen abgeschlossen. Nach seinem Tod zahlten die Versicherer die Versiche-
rungssummen in Höhe von insgesamt 414.847,02
€ an die Beklagte aus, mit
welcher der Erblasser in dritter Ehe verheiratet war. Der Kläger focht das Be-
zugsrecht der Beklagten aus den Lebensversicherungen nach § 134 InsO an.
Die Beklagte erstattete dem Kläger die Versicherungssummen aus drei Le-
bensversicherungen in Höhe von insgesamt 288.099,07
€, weigerte sich aber
unter Berufung auf ein unwiderrufliches Bezugsrecht, die weiteren 126.747,95
zu zahlen. Bei diesem Betrag handelte es sich um die Versicherungssumme
aus einer im Jahr 1991 umgewandelten Lebensversicherung. Der nach der
Umwandlung gültige Versicherungsschein enthält unter der Überschrift "Leis-
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tungsempfänger" folgenden Text: "Im Todesfall der Ehegatte, mit dem der Ver-
sicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist. Sie haben ein unwiderrufli-
ches Bezugsrecht verfügt."
Die auf Zahlung von 126.747,95
€ nebst Zinsen (auch aus dem von der
Beklagten erstatteten Betrag ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Nachlassin-
solvenzverfahrens) und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage
hat beim Landgericht nur in Höhe der Zinsen aus dem erstatteten Betrag und
anteiliger Anwaltskosten Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das
Oberlandesgericht die Beklagte darüber hinaus in der Hauptsache zur Zahlung
von 7.362,60
€ nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen haben Klage und Berufung
keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-
folgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen
Anspruch des Klägers auf Erstattung der Versicherungssumme nach der allein
in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage der § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1
InsO verneint.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte habe zwar eine un-
entgeltliche Leistung des Schuldners erlangt. Diese sei jedoch nicht nach § 134
Abs. 1 InsO anfechtbar, weil sie früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröff-
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nung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sei. Der Erblasser habe
der Beklagten am Tag der Eheschließung ein unwiderrufliches Bezugsrecht
zugewandt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte den Anspruch aus dem
Versicherungsvertrag erworben, ohne dass der Erblasser dies vertragsrechtlich
noch habe ändern können. Die Möglichkeit, dass die Beklagte das Bezugsrecht
durch eine Scheidung verlieren konnte, mache dieses nicht zu einem widerrufli-
chen. Die Schenkungsanfechtung könne auch nicht damit begründet werden,
dass der Erblasser von seinem Recht, den Versicherungsvertrag zu kündigen,
keinen Gebrauch gemacht habe. Ein über die Einräumung der Bezugsberechti-
gung hinausgehender Vermögenswert sei der Beklagten dadurch nicht zuge-
führt worden, außerdem fehle es insoweit an einer zweckgerichteten Zuwen-
dung. Begründet sei die Schenkungsanfechtung hingegen bezüglich der Versi-
cherungsprämien in Höhe von 7.362,60
€, die der Erblasser in den letzten vier
Jahren erbracht habe. Für die dadurch bewirkte Mehrung des Versicherungs-
anspruchs habe die Beklagte keine Gegenleistung erbracht.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Die von
der Beklagten aufgrund ihres Bezugsrechts erlangte Versicherungssumme un-
terliegt nicht der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO.
1. Allerdings hat die Beklagte die Versicherungssumme durch eine un-
entgeltliche Leistung des Erblassers im Sinne von § 134 InsO erlangt. Die vom
Versicherer an die bezugsberechtigte Beklagte ausgezahlte Versicherungs-
summe stellt eine mittelbare Zuwendung des Erblassers dar, für welche die Be-
klagte ihrerseits keine Leistung zu erbringen hatte (BGH, Urteil vom 23. Oktober
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2003 - IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350, 355). Die entsprechende Beurteilung des
Berufungsgerichts ist frei von Rechtsfehlern. Sie wird von der Revisionserwide-
rung auch nicht in Frage gestellt.
2. Die Anfechtung scheitert jedoch, weil die anfechtbare Rechtshandlung
außerhalb des Zeitraums von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens liegt, auf den § 134 Abs. 1 InsO die Anfechtbarkeit be-
schränkt. Mit Recht hat das Berufungsgericht den Zeitpunkt der Eheschließung
zwischen der Beklagten und dem Erblasser als maßgeblich für die Vornahme
der Leistung erachtet. Die beim Abschluss des Versicherungsvertrags noch
nicht bestehende Ehe wurde unstreitig mehr als vier Jahre vor dem Antrag auf
Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens geschlossen.
a) Wann eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO als
vorgenommen gilt, bestimmt sich nach § 140 InsO. Maßgeblich ist nach dessen
Absatz 1 der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung
eintreten. Dies ist der Fall, sobald die gesamten Erfordernisse vorliegen, an
welche die Rechtsordnung die Entstehung, Aufhebung oder Änderung eines
Rechtsverhältnisses knüpft. Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Le-
bensversicherung einen Dritten unwiderruflich als Bezugsberechtigten, erwirbt
der Dritte den Anspruch auf die Versicherungsleistung regelmäßig sofort (BGH,
Urteil vom 17. Februar 1966 - II ZR 286/63, BGHZ 45, 162, 165 f; vom 18. Juni
2003 - IV ZR 59/02, NJW 2003, 2679; vom 26. Januar 2012 - IX ZR 99/11, WM
2012, 517 Rn. 7; § 159 Abs. 3 VVG nF). Im Falle einer widerruflichen Bezeich-
nung erlangt der Bezugsberechtigte hingegen die Rechte aus dem Versiche-
rungsvertrag erst mit dem Ableben der versicherten Person; bis dahin hat er
auch keine gesicherte Rechtsstellung, sondern lediglich eine tatsächliche Aus-
sicht auf den Erwerb der Rechte (BGH, Urteil vom 26. Januar 2012, aaO Rn. 8
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mwN; § 159 Abs. 2 VVG nF, § 166 Abs. 2 VVG aF). Die Beurteilung, welche Art
der Bezugsberechtigung vorliegt, hat aber stets die Umstände des Einzelfalles
zu berücksichtigen, denn maßgeblich ist letztlich der Wille des Versicherungs-
nehmers, der bestimmen kann, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen
das Recht übergehen soll (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 1981 - IVa ZR
80/80, BGHZ 79, 295, 298; vom 18. Juni 2003, aaO S. 2680; vom 2. Dezember
2009 - IV ZR 65/09, NJW-RR 2010, 544 Rn. 10).
b) Im Streitfall war, wie die Auslegung ergibt, ein unwiderrufliches Be-
zugsrecht vereinbart mit der Folge, dass die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Ehe-
schließung mit dem Erblasser die Rechte aus dem Versicherungsvertrag er-
warb.
aa) Dem steht nicht entgegen, dass dem Ehepartner nur die Versiche-
rungsleistung im Todesfall unwiderruflich zugewendet wurde und die Erlebens-
fallleistung dem Versicherungsnehmer zustehen sollte. Auch im Fall eines sol-
chen gespaltenen Bezugsrechts erwirbt der begünstigte Dritte die Rechte aus
dem Versicherungsvertrag regelmäßig sofort, allerdings unter der auflösenden
Bedingung, dass der Versicherte den Ablauf der Versicherung erlebt, während
der Rechtserwerb des Versicherungsnehmers entsprechend aufschiebend be-
dingt ist (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966, aaO S. 166; vom 20. Mai 1992
- XII ZR 255/90, BGHZ 118, 242, 247). Die geteilte Begünstigung widerspricht
nicht dem Wesen einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung des Dritten mit
sofortigem Rechtsübergang, weil sich der Versicherungsnehmer der Möglich-
keit, das Bezugsrecht des Dritten nach eigenem Gutdünken aufzuheben, voll-
ständig begeben hat. Nur durch einen sofortigen Rechtsübergang lässt sich die
auch bei einer solchen Regelung erstrebte, gegen den Zugriff von Gläubigern
des Versicherungsnehmers geschützte Fürsorge für den begünstigten Dritten
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im Fall des Todes des Versicherten vor Ablauf der Versicherung erreichen. Dies
rechtfertigt die Annahme einer auflösenden Bedingung, deren Einfügung den
sofortigen Eintritt der rechtlichen Wirkungen des Rechtsgeschäfts nicht hindert
(§ 158 Abs. 2 BGB). Sind aber die rechtlichen Wirkungen eingetreten, gilt die
Rechtshandlung im Sinne von § 140 Abs. 1 InsO als vorgenommen ungeachtet
des Umstands, dass die Wirkungen im Falle des Eintritts der auflösenden Be-
dingung enden können. Nach dem Grundgedanken des § 140 InsO soll für die
Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung derjenige Zeitpunkt maßgeblich sein, in
dem der Anfechtungsgegner eine Rechtsstellung erlangt hat, die bei Eröffnung
des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste (Be-
gründung zu § 159 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 166; BGH, Urteil vom
17. September 2009 - IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 Rn. 9; MünchKomm-
InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 140 Rn. 1). Auflösend bedingte Rechte sind, solange
die Bedingung nicht eingetreten ist, im Insolvenzverfahren wie unbedingte
Rechte zu beachten (§ 42 InsO).
bb) Die Ansicht der Revision, der Erblasser habe sich vorbehalten, im
Falle einer Kündigung des Versicherungsvertrags den dann zu erstattenden
Rückkaufswert beanspruchen zu können, trifft nicht zu. Es braucht deshalb
nicht entschieden zu werden, ob aus diesem Umstand zu folgern wäre, dass die
Rechte aus dem Versicherungsvertrag erst im Zeitpunkt des Eintritts des Versi-
cherungsfalls auf die Beklagte übergingen.
(1) Bei gespaltenem Bezugsrecht mit unwiderruflicher Begünstigung ei-
nes Dritten mit der Todesfallleistung bleibt der Versicherungsnehmer zur Kün-
digung des Versicherungsvertrags berechtigt. Der dann bestehende Anspruch
auf den Rückkaufswert steht jedoch grundsätzlich dem Dritten zu, denn das
Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts
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auf die Versicherungssumme und gehört deshalb zu den vertraglich verspro-
chenen Leistungen bei einer Lebensversicherung (BGH, Urteil vom 17. Februar
1966, aaO S. 167; vom 20. Mai 1992, aaO; vom 18. Juni 2003, aaO S. 2680;
vom 2. Dezember 2009, aaO Rn. 11, 14). Gläubiger des Schuldners können
deshalb zwar das Recht des Schuldners zur Kündigung pfänden. Die Kündi-
gung geht aber ins Leere, weil das Kündigungsrecht nur zusammen mit dem
Rückkaufswert gepfändet werden kann (BGH, Urteil vom 17. Februar 1966,
aaO S. 168; vom 18. Juni 2003, aaO).
(2) Dies gilt auch im Streitfall. Zwar kann der Versicherungsnehmer auf-
grund seiner Gestaltungsfreiheit den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Be-
zugsrecht ausnehmen und bestimmen, dass der Rückkaufswert nach Kündi-
gung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder einem Dritten zustehen
soll (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003, aaO). Eine solche Bestimmung wurde hier
jedoch nicht getroffen. Nach der von der Revision angeführten Klausel Nr. 2 im
ursprünglichen Versicherungsschein vom 19. November 1985 galt in Abände-
rung der Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung
als vereinbart, dass der Versicherungsnehmer unter Aufhebung der dort vorge-
sehenen Fristen jederzeit auf den Schluss des laufenden Versicherungsmonats
den Rückkaufswert oder die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung mit
herabgesetzter Versicherungssumme verlangen kann. Die Allgemeinen Versi-
cherungsbedingungen (ALB) sahen demgegenüber in § 4 bei vereinbarter Ra-
tenzahlung eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Schluss des Ratenzah-
lungsabschnitts vor. Die individualvertragliche Abänderung betraf somit nur die
Fristen für die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts und für die Umwandlung
in eine beitragsfreie Versicherung, nicht aber die Frage, wem die Rückvergü-
tung zustand. § 4 ALB bezeichnet ebenso wie die im Versicherungsschein ent-
haltene Klausel den Versicherungsnehmer als Empfänger der Rückvergütung.
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Im Sonderfall der unwiderruflichen Einräumung des Bezugsrechts an einen Drit-
ten steht der Anspruch auf den Rückkaufswert jedoch, wie ausgeführt, grund-
sätzlich dem Dritten zu. Dies wird weder durch die Allgemeinen Versicherungs-
bedingungen in Frage gestellt noch durch die angesprochene Klausel im Versi-
cherungsschein, die insoweit die Allgemeinen Bedingungen nicht abändert.
cc) Die Einschränkung, dass der Ehegatte bezugsberechtigt sein sollte,
mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist, machte die
Zuwendung des Bezugsrechts nicht unwirksam. Sie hindert auch nicht die Beur-
teilung, dass es sich um ein unwiderrufliches Bezugsrecht handelte mit der Fol-
ge, dass der Ehegatte des Versicherten die Rechte aus dem Versicherungsver-
trag sofort oder - wenn die Ehe noch nicht bestand - im Zeitpunkt der Ehe-
schließung erwarb unter der auflösenden Bedingung, dass die Ehe vor dem
Eintritt des Versicherungsfalls geschieden wird.
(1) Bezeichnet der Versicherungsnehmer eines Lebensversicherungsver-
trags gegenüber dem Versicherer einen Dritten als Bezugsberechtigten, kommt
zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein Vertrag zuguns-
ten Dritter nach §§ 328, 331 BGB zustande, der ein unmittelbares Recht des
Dritten gegenüber dem Versicherer begründet. Der Dritte muss dabei noch
nicht konkret bezeichnet sein; es genügt, dass er bestimmbar ist (BGH, Urteil
vom 28. Juni 1979 - VII ZR 248/78, BGHZ 75, 78 f; vom 3. Mai 1995 - XII ZR
29/94, BGHZ 129, 297, 305; vom 16. November 2007 - V ZR 208/06, WM 2008,
491 Rn. 10; RGZ 102, 127, 129; 106, 120, 126). Diese Voraussetzung war mit
der gewählten Bezeichnung des beim Tod des Versicherungsnehmers mit die-
sem verheirateten Ehegatten gegeben. Der Rechtserwerb des Dritten kann
auch unter Bedingungen gestellt werden mit der Folge, dass er sich erst mit
Eintritt der aufschiebenden Bedingung vollzieht oder bei Eintritt der auflösenden
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Bedingung endet (BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 - V ZR 162/85, WM 1986,
1258; MünchKomm-BGB/Gottwald, 6. Aufl., § 328 Rn. 34). Je nach Vorliegen
der Bedingung kann dies dazu führen, dass die Person des begünstigten Drit-
ten wechselt. Dies ist im Hinblick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit unbe-
denklich, sofern die Bestimmung des Begünstigten der ablaufenden Zeit über-
lassen, aber - wie hier - durch ein sachliches Merkmal gesichert ist (RGZ 128,
246, 249 f).
(2) Die im Versicherungsvertrag getroffene Bestimmung über das Be-
zugsrecht bewirkte den Übergang der Rechte aus dem Versicherungsvertrag
auf die Beklagte ab dem Zeitpunkt ihrer Eheschließung mit dem Erblasser, auf-
lösend bedingt durch die Scheidung der Ehe (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar
1981 - IVa ZR 80/80, BGHZ 79, 295, 298 ff; vom 14. Februar 2007 - IV ZR
150/05, VersR 2007, 784 Rn. 14 mwN). Für einen Willen des Erblassers, die
Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf
die Ehefrau zu übertragen, spricht der offensichtliche Versorgungscharakter der
Begünstigung. Dieser war am besten zu realisieren, wenn das Bezugsrecht so
früh wie möglich aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers ausschied und
damit dem Zugriff seiner Gläubiger entzogen wurde. Der dahingehende Wille
des Erblassers manifestierte sich in der Bezeichnung des Bezugsrechts als un-
widerruflich. Er verzichtete damit auf die Möglichkeit, die Bestimmung über das
Bezugsrecht ohne Zustimmung des Begünstigten zu ändern. Bezugsberechtigt
sollte allerdings nur der Ehegatte sein, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt
seines Todes verheiratet war. Ob diese Voraussetzung vorlag, konnte erst fest-
gestellt werden, wenn der Versicherte verstarb. Gleichwohl kann daraus nicht
der Schluss gezogen werden, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag
erst zu diesem Zeitpunkt übergehen sollten, denn die gewünschte Absicherung
der Ehefrau wäre dann nur in weit geringerem Maße erreicht worden. Im Übri-
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gen diente die Klausel nicht dazu, dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit
zu verschaffen, die Person der Bezugsberechtigten zu einem späteren Zeit-
punkt noch einmal zu ändern. Sie sollte vielmehr sicherstellen, dass diejenige
Frau die Versicherungsleistung erhielt, welche durch den Tod des Versiche-
rungsnehmers ihren Ehemann verlor. Dies bringt den Versorgungscharakter der
Regelung zum Ausdruck, der entscheidend dafür spricht, dass die Rechte aus
dem Versicherungsvertrag nach dem Willen des Versicherungsnehmers sofort
oder jedenfalls zum Zeitpunkt der Eheschließung - falls diese erst später erfol-
gen sollte - auf die Begünstigte übergehen und nur im Falle einer Scheidung
der Ehe an den Versicherungsnehmer zurückfallen sollten. Die Übertragung der
Rechte an den Ehegatten war daher durch die Scheidung der Ehe auflösend
bedingt. Die Bestimmung einer auflösenden Bedingung durch den Versiche-
rungsnehmer änderte aber nichts daran, dass die Beklagte die Rechte aus dem
Versicherungsvertrag bereits mit der Eheschließung in vollem Umfang erlangte.
Damit war die Rechtshandlung auch anfechtungsrechtlich im Sinne des § 140
Abs. 1 InsO bereits zu dem Zeitpunkt vorgenommen, als die Beklagte die Ehe
mit dem Versicherten schloss. Die Rechtsstellung der Beklagten hätte im Falle
eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers trotz
des Vorbehalts der fortbestehenden Ehe beachtet werden müssen, und der In-
solvenzverwalter hätte auch keine Möglichkeit gehabt, die auflösende Bedin-
gung herbeizuführen.
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es sei auch nicht selbständig
nach § 134 InsO anfechtbar, dass der Erblasser von seinem Recht, den Versi-
cherungsvertrag zu kündigen, keinen Gebrauch gemacht habe, weil der Beklag-
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ten dadurch kein über die Einräumung der Bezugsberechtigung hinausgehen-
der Vermögenswert zugeführt worden sei, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Kayser
Gehrlein
Vill
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 14.04.2011 - 27 O 7/11 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 11.01.2012 - 13 U 90/11 -