Urteil des BGH vom 10.05.2012

Leitsatzentscheidung zu Geschäftsführer, Ausschluss der Haftung, Mandat, Notwendige Streitgenossenschaft, Gesellschafter

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 125/10
Verkündet am:
10. Mai 2012
Kirchgeßner
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 675 Abs. 1; ZPO § 287; HGB § 128; BRAO § 51a Abs. 2 Satz 1, § 59a Abs. 1
Satz 1
a) Eine Rechtsanwaltssozietät ist auch dann verpflichtet, über die Erfolgsaussichten
eines von der Mandantin beabsichtigten Rechtsstreits zu belehren, wenn das
Mandat von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erteilt worden ist, deren
Geschäftsführer und Gesellschafter selbst Rechtsanwälte und Mitglieder der be-
auftragten Sozietät sind. Auch in diesem Fall kann vermutet werden, die Mandan-
tin hätte sich bei pflichtgemäßer Belehrung beratungsgerecht verhalten und wäre
dem anwaltlichen Rat gefolgt.
b) Wird ein Anwaltsvertrag mit einer Sozietät geschlossen, der neben Rechtsanwäl-
ten auch Steuerberater angehören, so haften für einen Regressanspruch wegen
Verletzung anwaltlicher Beratungspflichten auch diejenigen Sozien persönlich, die
selbst nicht Rechtsanwälte sind.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - IX ZR 125/10 - LG Düsseldorf
OLG Düsseldorf
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2010 aufgeho-
ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht als Verwalter in dem am 20. Juni 2005 eröffneten In-
solvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (nachfol-
gend: Schuldnerin) Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung eines
Anwaltsvertrages geltend.
Die Beklagte zu 1 ist eine Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei in
der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter in
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der Vergangenheit die Beklagten zu 2 bis 8 waren. Die Beklagten zu 2 bis 7
sind Rechtsanwälte, der Beklagte zu 8 ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.
Die Beklagte zu 1 beriet mehrere Aktionäre der S. AG
zu der Frage, ob wegen eines behaupteten Verstoßes gegen kapitalmarktrecht-
liche Anlegerschutzbestimmungen von zwei kreditgebenden Banken Scha-
densersatz für den Wertverlust der Aktien verlangt werden könne. Die Beklagte
zu 1 schlug den Aktionären vor, deren Schadensersatzansprüche an eine neu
zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung abzutreten mit dem Ziel,
die Ansprüche durch diese Gesellschaft gerichtlich geltend zu machen. Um die-
ses Modell umzusetzen, wurde die Schuldnerin gegründet. Gründungsgesell-
schafterin
der
Schuldnerin
war
die
R.
(nachfolgend: R. ), deren Alleingesellschafter der Beklagte zu 3 war, Ge-
schäftsführer der Schuldnerin waren die Beklagten zu 2 und 3. Nach einer zwi-
schen der R. und vier Aktionären (nachfolgend: Aktionäre) geschlossenen
Vereinbarung hielt jene die Geschäftsanteile an der Schuldnerin treuhänderisch
für die Aktionäre.
Am 2. Dezember 2002 traf die Schuldnerin, vertreten durch den Beklag-
ten zu 2, mit den Aktionären folgende, im Wesentlichen gleichlautende Verein-
barungen:
"[Aktionär] verkauft hiermit seine Schadensersatzansprüche (...) und tritt
diese unwiderruflich an die diese Abtretung annehmende [Schuldnerin]
ab mit der Maßgabe, dass diese die Schadensersatzansprüche entweder
gerichtlich oder außergerichtlich in eigenem Namen nur für [Aktionär]
oder im Verbund mit Schadensersatzforderungen anderer Aktionäre gel-
tend macht.
Es besteht Einigkeit zwischen den Vertragsparteien, dass die [Schuldne-
rin] bis auf die Gerichtskosten, die bezogen auf seine Forderung anteilig
von [Aktionär] zu tragen sind, im eigenen Namen und auf eigenes Risiko
geltend macht.
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Über den Kaufpreis in Gestalt einer Beteiligung an eventuellen Erlösen
aus den hiermit abgetretenen Schadensersatzforderungen erfolgt eine
gesonderte Vereinbarung."
Am 3. Dezember 2002 erhob die von der Beklagten zu 1 anwaltlich ver-
tretene Schuldnerin aus abgetretenem Recht eine Schadensersatzklage in Hö-
he von zunächst 6.109.040
€. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2002 teilte die
Beklagte zu 1 der Schuldnerin unter anderem mit:
"Da die Rechtsverfolgung der Forderungen durch die Bündelung in der
Gesellschaft und die letztendliche treuhänderische Beteiligung der Ze-
denten an Ihrer Gesellschaft eine Rechtsverfolgung eigener Interessen
der Zedenten darstellt, und eine weitergehende gewerbliche Tätigkeit
nicht beabsichtigt ist - soweit weitere Kläger gefunden werden, sollten
diese im gleichen Umfange des Verhältnisses der zedierten Forderungen
indirekt gesellschaftsrechtlich beteiligt werden - dürften etwaige Argu-
mente zu Vorbehalten bei der Prozessfinanzierung und/oder Rechtsbera-
tung oder der formalen Gesellschaftsbeteiligung von Anwälten in der for-
derungshaltenden Gesellschaft in vertretbarer Weise auszuräumen sein."
Durch notarielle Urkunde vom 1. Juni 2004 teilte die R. ihren Ge-
schäftsanteil an der Schuldnerin in vier Geschäftsanteile auf und übertrug diese
Anteile unter Auflösung des bisher bestandenen Treuhandverhältnisses an die
Aktionäre. Mit Schreiben vom 29. Juni 2004 legten die Beklagten zu 2 und 3 ihr
Amt als Geschäftsführer der Schuldnerin nieder.
Mit Urteil vom 13. Juli 2004 wies das Landgericht die im Vorprozess er-
hobene Klage mit der Begründung ab, die Schuldnerin sei nicht Inhaberin der
geltend gemachten Ansprüche, weil die Abtretungen durch die Aktionäre wegen
Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam seien. Mit dieser Be-
gründung wurde auch die von der Beklagten zu 1 in Vertretung der Schuldnerin
eingelegte Berufung durch Urteil vom 15. März 2005 zurückgewiesen.
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Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz für die Gerichts-
kosten des Vorprozesses und die gegen die Schuldnerin festgesetzten außer-
gerichtlichen Kosten der Beklagten des Vorprozesses in Höhe von insgesamt
142.952,97
€ sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Land-
gericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision ver-
folgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die in vollem Umfang zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Auf-
hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Be-
rufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch die Vereinbarung mit den
Aktionären habe die Schuldnerin die geschäftsmäßige Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten übernommen, ohne die gemäß Art. 1 § 1 RBerG erfor-
derliche Erlaubnis zu besitzen. Die Forderungsabtretungen an die Schuldnerin
seien daher gemäß § 134 BGB unwirksam gewesen. Auf diese klare Rechtsla-
ge hätte die Beklagte zu 1 hinweisen und von einer Erhebung der Klage sowie
der Einlegung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz
abraten müssen. Die Beklagte zu 1 könne sich nicht darauf berufen, die
Schuldnerin habe keiner Beratung bedurft, weil deren frühere Geschäftsführer
- die Beklagten zu 2 und 3 - ihrerseits Rechtsanwälte gewesen seien. Es sei zu
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vermuten, dass sich die Schuldnerin im Falle pflichtgemäßer Beratung über die
Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits beratungsgerecht verhalten und weder die
Klage erhoben noch die Berufung eingelegt hätte. Der Schadensersatzan-
spruch sei auch hinsichtlich der in erster Instanz angefallenen Kosten des Vor-
prozesses nicht verjährt, weil die Beklagten die Schuldnerin nicht auf den Ab-
lauf der Primärverjährungsfrist hingewiesen hätten und daher jedenfalls ein Se-
kundäranspruch bestehe. Nach der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Ge-
sellschaft bürgerlichen Rechts sei die Sozietät auch dann als Vertragspartnerin
des Anwaltsvertrags anzusehen, wenn dieser neben Rechtsanwälten Angehöri-
ge weiterer Berufsgruppen angehörten. Für den Schadensersatzanspruch ge-
gen die Beklagte zu 1 als Vertragspartnerin hafteten daher alle Gesellschafter
in entsprechender Anwendung des § 128 HGB, auch soweit diese nicht
Rechtsanwälte seien. Die Revision sei zuzulassen, weil die Frage der Haftung
nichtanwaltlicher Sozietätsmitglieder grundsätzliche Bedeutung habe.
II.
Die Revision ist aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht im
Hinblick auf sämtliche Beklagte statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zwar kann die Zulassung der Revision im Falle einer nicht notwendigen
Streitgenossenschaft auf einen der Streitgenossen beschränkt werden (BGH,
Urteil vom 17. April 1952 - III ZR 182/51, LM § 546 ZPO Nr. 9; vom 7. Juli 1983
- III ZR 119/82, NJW 1984, 615 [insoweit nicht in BGHZ 88, 85 abgedruckt];
MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 543 Rn. 38; Hk-ZPO/Kayser, 4. Aufl.,
§ 543 Rn. 60; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 543 Rn. 21; vgl. auch BGH, Urteil
vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853), so dass die Be-
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schränkung der Revisionszulassung auf den Beklagten zu 8 rechtlich möglich
wäre, weil bei gleichzeitiger Inanspruchnahme einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts sowie von deren Gesellschaftern keine notwendige Streitgenossen-
schaft vorliegt (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146,
341, 348 ff). Dem Berufungsurteil kann jedoch nicht entnommen werden, die
Zulassung der Revision beschränke sich auf den Beklagten zu 8. Lässt das Be-
rufungsgericht die Revision im Urteilsausspruch unbeschränkt zu, so kann sich
aus der Begründung, die das Berufungsurteil für die Zulassungsentscheidung
gibt, eine beschränkte Zulassung nur dann ergeben, wenn sich die Beschrän-
kung den Entscheidungsgründen klar und eindeutig entnehmen lässt (BGH,
Urteil vom 3. Dezember 1987 - VII ZR 374/86, BGHZ 102, 293, 295; vom
29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 361; vom 3. März 2005
- IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716; Hk-ZPO/Kayser, aaO § 543 Rn. 62).
Hieran fehlt es, weil der Regressanspruch gegen den Beklagten zu 8 von sämt-
lichen Haftungsvoraussetzungen abhängt, die auch für den Anspruch gegen die
Beklagten zu 1 bis 7 maßgeblich sind, und lediglich die weitere Frage zu prüfen
ist, ob auch Steuerberater als nichtanwaltliche Sozietätsmitglieder entspre-
chend § 128 HGB haften. Da eine auf den Beklagten zu 8 beschränkte Zulas-
sung folglich nicht dazu führte, die im Revisionsverfahren zu klärenden Rechts-
fragen einzugrenzen, kann der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung
eine Beschränkung der Zulassung nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnom-
men werden. Die vorsorglich eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen die
Nichtzulassung der Revision ist damit gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom
10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, VersR 2006, 427, 428).
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III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Nachprüfung
nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Erklärungen der Parteien ohne Rechts-
fehler dahingehend ausgelegt (§§ 133, 157 BGB), dass die Beklagte zu 1 Partei
des streitgegenständlichen Anwaltsvertrags geworden ist.
a) Eine Anwaltssozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern
nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform gewählt worden ist (BGH, Urteil vom
3. Mai 2007 - IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 Rn. 11), wofür im Streitfall keine
Anhaltspunkte bestehen. Vor der Anerkennung der eigenständigen Rechtsper-
sönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat der Senat angenommen,
dass ein Sozietätsanwalt ein ihm angetragenes Mandat im Zweifel zugleich im
Namen der übrigen Sozietätsmitglieder annimmt, im Falle von Sozietäten unter-
schiedlicher Berufsangehöriger jedoch nach dem Parteiwillen regelmäßig nur
diejenigen Sozien in den Vertrag einbezogen werden sollen, die auf dem zu
bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen (BGH, Urteil vom 16. Dezem-
ber 1999 - IX ZR 117/99, WM 2000, 963, 964; vom 17. Februar 2000 - IX ZR
50/98, WM 2000, 1342, 1344 f).
b) Diese Grundsätze sind hier nicht mehr anzuwenden, weil der von der
Schuldnerin geschlossene Anwaltsvertrag nach dem Erlass der Grundsatzent-
scheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ
146, 341) geschlossen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR
145/05, WM 2008, 1563 Rn. 10; vom 5. Februar 2009 - IX ZR 18/07, WM 2009,
669 Rn. 10). Die eigenständige Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerli-
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chen Rechts hat zur Folge, dass eine Sozietät selbst Partnerin eines Bera-
tungsvertrages sein kann (BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 225/04,
WM 2006, 830 Rn. 9; vom 5. Februar 2009, aaO; vgl. auch § 51a Abs. 2 Satz 1
BRAO). Dabei kann sich auch eine sogenannte gemischte Sozietät, der neben
Rechtsanwälten auch Mitglieder anderer Berufsgruppen angehören, zur Erbrin-
gung anwaltlicher Beratungsleistungen verpflichten (BGH, Urteil vom 9. De-
zember 2010 - IX ZR 44/10, WM 2011, 1770 Rn. 7 ff).
Wie sich aus der Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB ergibt, wird
eine Erklärung in eigenem Namen abgegeben, wenn die Umstände nicht hinrei-
chend deutlich ergeben, dass sie in fremdem Namen abgegeben werden soll
(BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - IX ZR 25/94, WM 1994, 2233, 2334; vom
27. Oktober 2005 - III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 6 f). Die vom Senat
bislang offen gelassene Frage (Urteil vom 9. Dezember 2010, aaO Rn. 15), ob
der Vertragsschluss durch einen Sozietätsanwalt nach dem Parteiwillen typi-
scherweise die Sozietät verpflichten soll, bedarf auch hier keiner Entscheidung.
Die von der Revision nicht angegriffene Würdigung des Berufungsgerichts, die
Beklagte zu 1 sei Vertragspartnerin geworden, liegt schon deshalb nahe, weil
das Mandat von mehreren Sozien bearbeitet und auch ein bei der Beklagten
zu 1 angestellter Rechtsanwalt hiermit befasst worden ist. Eine Auslegung, wo-
nach an Stelle eines Sozietätsmandats ein Einzelmandat eines Sozietätsmit-
glieds begründet werden sollte, kommt unter diesem Gesichtspunkt nicht in Be-
tracht.
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte
zu 1 aus dem mit der Schuldnerin geschlossenen Anwaltsvertrag verpflichtet
war, die Schuldnerin über die Erfolgsaussichten des Vorprozesses zu belehren.
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Die hiergegen von der Revision vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht
durch.
a) Der Umstand, dass die Aktionäre bereits vor der Gründung der
Schuldnerin beschlossen hatten, das von der Beklagten zu 1 entwickelte Kon-
zept zur Durchsetzung der Ansprüche im Vorprozess umzusetzen, steht einer
eigenständigen Beratungspflicht der Beklagten zu 1 im Verhältnis zur Schuldne-
rin nicht entgegen. Die Entscheidung der Aktionäre, ihre Ansprüche durch die
Schuldnerin einziehen zu lassen, machte wegen deren eigener Rechtspersön-
lichkeit eine gesonderte Entscheidung der Schuldnerin nicht entbehrlich, die
beabsichtigte Klage tatsächlich zu erheben. Die Beratung der Schuldnerin bei
dieser Entscheidung war Gegenstand des zwischen der Schuldnerin und der
Beklagten zu 1 geschlossenen Anwaltsvertrags. Auch wenn die Schuldnerin
gegenüber der Beklagten zu 1 schon bei Abschluss des Anwaltsvertrags die
Weisung erteilt haben sollte, die im Vorprozess erhobene Klage anhängig zu
machen, hätte die Beklagte zu 1 prüfen müssen, ob der Schuldnerin durch das
Befolgen dieser Weisung Nachteile drohten (vgl. BGH, Urteil vom 13. März
1997 - IX ZR 81/96, WM 1997, 1392, 1393 f; Vill in Zugehör/G. Fischer/
Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Rechtsanwaltshaftung, 3. Aufl.,
Rn. 845).
b) Auch der Umstand, dass in dem Mandatsverhältnis der Aktionäre mit
der Beklagten zu 1 bereits eine rechtliche Prüfung der Erfolgsaussichten der
Klage stattgefunden hatte, ließ die Prüfungspflicht aus dem mit der Schuldnerin
bestandenen Anwaltsvertrag nicht entfallen. Die anwaltsvertraglichen Pflichten
eines Rechtsanwalts werden nicht dadurch geschmälert, dass mit derselben
Angelegenheit noch ein weiterer Rechtsanwalt betraut worden ist (BGH, Urteil
vom 24. März 1988 - IX ZR 114/87, NJW 1988, 3013, 3014; vom 8. Juli 1993
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- IX ZR 242/92, NJW 1993, 2676, 2677). Ebenso wenig wird die Prüfungspflicht
eines Rechtsanwalts dadurch eingeschränkt, dass er die zu klärenden Rechts-
fragen bereits in einem anderen Mandatsverhältnis untersucht hat.
c) Die Beklagte zu 1 war der Pflicht zur Prüfung der Erfolgsaussichten
der Klage auch nicht deshalb enthoben, weil die Geschäftsführer der Schuldne-
rin Rechtsanwälte waren. Die rechtliche Bearbeitung des ihm anvertrauten Fal-
les obliegt dem Rechtsanwalt auch im Verhältnis zu einem rechtskundigen
Mandanten (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 41/91, WM 1992,
739, 740; vom 29. April 1993 - IX ZR 101/92, WM 1993, 1508, 1511; vom
26. Oktober 2000 - IX ZR 289/99, WM 2001, 98, 99 f). Der anwaltsvertragliche
Anspruch des Mandanten auf umfassende Beratung wird nicht dadurch einge-
schränkt, dass der Mandant die gerade einem Dritten in Auftrag gegebene
rechtliche Prüfung auch selbst hätte vornehmen können.
3. Die Beklagte zu 1 hat ihre gegenüber der Schuldnerin bestehenden
Pflichten verletzt, indem sie nicht davon abgeraten hat, den Vorprozess zu füh-
ren, ohne zuvor den satzungsmäßigen Gesellschaftszweck der Schuldnerin neu
gefasst zu haben.
a) Der Rechtsanwalt muss die Erfolgsaussichten des Begehrens seines
Mandanten umfassend prüfen und den Mandanten hierüber belehren. Dazu hat
er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen
und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachge-
rechten Entscheidung in der Lage ist (BGH, Urteil vom 1. März 2007 - IX ZR
261/03, BGHZ 171, 261 Rn. 9; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008,
946 Rn. 12). Die mit der Erhebung einer Klage verbundenen Risiken muss der
Rechtsanwalt nicht nur benennen, sondern auch deren ungefähres Ausmaß
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abschätzen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1983 - I ZR 183/81, BGHZ 89, 178,
182; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 1992 - IX ZR 95/91, WM 1992, 742,
743). Ist eine Klage praktisch aussichtslos, muss der Rechtsanwalt dies klar
herausstellen und darf sich nicht mit dem Hinweis begnügen, die Erfolgsaus-
sichten seien offen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1983, aaO; vom 17. April
1986 - IX ZR 200/85, BGHZ 97, 372, 376; vom 13. März 1997 - IX ZR 81/96,
WM 1997, 1392, 1393; vom 29. April 2003 - IX ZR 54/02, WM 2003, 1628,
1629; vgl. auch zur steuerlichen Beratung BGH, Urteil vom 23. Februar 2012
- IX ZR 92/08, WM 2012, 758 Rn. 11).
b) Die Beklagten, die hinsichtlich des Inhalts ihrer Belehrung eine sekun-
däre Darlegungslast trifft (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93,
BGHZ 126, 217, 225), haben in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, die
Schuldnerin sei "mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen worden, die rechtli-
chen Risiken, dass ein Gericht die Verfolgung der Schadensersatzansprüche
auf dem erörterten Zessionswege für nicht zulässig erachte, könne nicht ausge-
schlossen werden", allerdings "bestünden durchaus rechtliche Möglichkeiten,
die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens zu bejahen, wenngleich natürlich
auch eine andere Möglichkeit der rechtlichen Beurteilung bestehe." Diese Be-
lehrung finde auch ihren Niederschlag in dem - nach Einreichung der Klage ge-
fertigten - Schreiben der Beklagten an die Schuldnerin vom 10. Dezember
2002.
c) Auf der Grundlage ihres als zutreffend zu unterstellenden Vorbringens
hat die Beklagte zu 1 zwar richtig erkannt, das ein Verstoß gegen das Rechts-
beratungsgesetz die Unwirksamkeit der Abtretungen an die Schuldnerin gemäß
§ 134 BGB nach sich zöge (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 1967 - VI ZR 188/65,
BGHZ 47, 364, 369; Beschluss vom 8. November 1993 - II ZR 249/92, ZIP
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1993, 1708, 1709; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 413/07, WM 2009,
259 Rn. 14); über die Vereinbarkeit des von der Schuldnerin beabsichtigten
Modells der Forderungseinziehung mit dem Rechtsberatungsgesetz hat die Be-
klagte zu 1 die Schuldnerin aber fehlerhaft belehrt. Das Berufungsgericht hat
mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 ihren Pflichten nicht genügt
hat, indem sie auf Risiken des Vorprozesses hingewiesen hat.
aa) Die Beklagte zu 1 hat verkannt, dass die Schuldnerin fremde
Rechtsangelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG aF (auf-
gehoben durch Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsbera-
tungsrechts vom 12. Dezember 2007, BGBl. I S. 2840) wahrnahm.
Die von der Beklagten zu 1 im Schreiben vom 10. Dezember 2002 ver-
tretene Auffassung, im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes nehme die Schuld-
nerin eigene Rechtsangelegenheiten der Aktionäre wahr, weil diese an der
Schuldnerin treuhänderisch beteiligt seien, war verfehlt. Die Wahrnehmung von
Angelegenheiten der Aktionäre konnte für die Schuldnerin wegen deren geson-
derter Rechtspersönlichkeit gerade keine eigene Angelegenheit sein. Der Um-
stand, dass die Geschäftsanteile an der Schuldnerin von deren Alleingesell-
schafterin treuhänderisch für die Aktionäre gehalten wurden, änderte hieran
nichts.
Auch die von den Beklagten im Regressprozess vertretene Auffassung,
die Geltendmachung der Forderungen sei eine eigene Angelegenheit der
Schuldnerin gewesen, ist unzutreffend. Die Regelung des Art. 1 § 1 Abs. 1
Satz 1 RBerG aF erfasst als Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten aus-
drücklich auch die Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetrete-
ner Forderungen. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, erfolgte die
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Abtretung an die Schuldnerin trotz deren Bezeichnung als "Kauf" zu Einzie-
hungszwecken, weil ein Kaufpreis nur für den Fall des Erfolgs der Klage bezahlt
und die Zedenten an den eingezogenen Beträgen beteiligt werden sollten (vgl.
BGH, Urteil vom 28. Februar 1985 - I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1215; vom
27. November 2000 - II ZR 190/99, WM 2001, 310 f; Beschluss vom 5. Novem-
ber 2004 - BLw 11/04, WM 2005, 102; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR
413/07, WM 2009, 259 Rn. 16 f; vom 12. April 2011 - II ZR 197/09, WM 2011,
1076 Rn. 15).
bb) Die Belehrung der Schuldnerin durch die Beklagte zu 1 im Hinblick
auf einen möglichen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz war auch nicht
im Ergebnis zutreffend, weil das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit im Sinne des
Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG aF sicher zu verneinen gewesen wäre.
(1) Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erfolgt nach ständi-
ger Rechtsprechung geschäftsmäßig, wenn der Handelnde beabsichtigt, sie
- sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen
und dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Teil seiner Beschäfti-
gung zu machen (BGH, Urteil vom 28. Februar 1985, aaO; vom 17. Februar
2000 - IX ZR 50/98, WM 2000, 1343, 1345; vom 27. November 2000, aaO
S. 311; vom 14. November 2006 - XI ZR 294/05, BGHZ 170, 18 Rn. 8; vom
12. April 2011, aaO Rn. 17). Die tatrichterliche Würdigung, wonach keine Wie-
derholungsabsicht besteht, ist vom Bundesgerichtshof gebilligt worden, wenn
auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruhende Forderungen eines grö-
ßeren Personenkreises nach Abtretung durch den Zessionar geltend gemacht
werden (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93, WM 1995, 344, 347;
vom 27. November 2000, aaO S. 311; Beschluss vom 5. November 2004, aaO
S. 103). Die Abtretung von Forderungen zur Einziehung erfolgt hingegen ge-
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schäftsmäßig, wenn der Zessionar diese Tätigkeit für eine nicht zu überblicken-
de Vielzahl von Personen anbietet (BGH, Urteil vom 25. November 2008, aaO
Rn. 24; vom 12. April 2011, aaO Rn. 18 f).
Die Einziehung von Forderungen erfolgt stets geschäftsmäßig, wenn der
Inkassozessionar sich nicht auf die einmalige Bündelung der Forderungen meh-
rerer Gläubiger aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt beschränken will,
sondern beabsichtigt, dieses Inkassomodell auch bei anderen geeigneten An-
lässen einzusetzen. Die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen von
Aktionären durch eine Anlegervereinigung ist daher von einem anderen Senat
des Berufungsgerichts als geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangele-
genheiten angesehen worden, weil der klagende Verein von der inneren Ein-
stellung getragen war, in künftigen Fällen ähnlicher Art auf dieselbe Weise vor-
zugehen (OLG Düsseldorf, ZIP 1993, 347, 350). Die hiergegen eingelegte Re-
vision der Anlegervereinigung hat der Bundesgerichtshof mit der Begründung
nicht zur Entscheidung angenommen, die geschäftsmäßige Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten sei zutreffend bejaht worden (Beschluss vom
8. November 1993 - II ZR 249/92, ZIP 1993, 1708, 1709). Die Verfassungsbe-
schwerde der Aktionärsvereinigung ist nicht zur Entscheidung angenommen
worden (BVerfG, ZIP 2000, 183).
(2) Es kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 1 auf der Grundlage der bis
zur Klageerhebung im Vorprozess ergangenen höchstrichterlichen Rechtspre-
chung, welche die Beklagte ihrer Beratung zu Grunde zu legen hatte (vgl. BGH,
Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 6/99, BGHZ 145, 256, 263), allein des-
halb das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit bejahen musste, weil die Beteiligung
weiterer Aktionäre an dem von der Schuldnerin betriebenen Modell der Forde-
rungseinziehung beabsichtigt war. Die Beklagte zu 1 musste die Schuldnerin
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- 16 -
jedenfalls darauf hinweisen, dass deren weit gefasster Satzungszweck ein er-
hebliches Prozessrisiko begründete, welches sich leicht hätte ausräumen las-
sen.
Der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Schuldnerin vom 29. No-
vember 2002 bezeichnet als deren Unternehmensgegenstand "die Wahrneh-
mung von Treuhand- und Geschäftsbesorgungsaufgaben, die Unternehmens-
und Wirtschaftsberatung, die Vermittlung oder das Halten von Unternehmens-
beteiligungen, Immobilien oder sonstigen Vermögenswerten sowie deren Be-
treuung und Verwaltung". Der satzungsmäßige Zweck der Schuldnerin be-
schränkte sich damit nicht auf die Geltendmachung der Ansprüche von Aktionä-
ren der S. AG gegen die im Vorprozess beklagten Ban-
ken aufgrund des dort behaupteten Verstoß gegen kapitalmarktrechtliche Be-
stimmungen. Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Berufungsgericht im
Vorprozess - hieraus die Zielrichtung der Schuldnerin geschlossen, die Ge-
schäftsbesorgung für andere regelmäßig wiederholen zu wollen.
Es kann dahinstehen, ob diese revisionsrechtlich nur beschränkt über-
prüfbare tatrichterliche Würdigung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2001 - III ZR
172/00, BGHZ 148, 313, 317 f; Beschluss vom 5. November 2004 - BLw 11/04,
WM 2005, 102, 103) rechtlich fehlerfrei ist. Auch wenn tatsächlich keine Absicht
der Schuldnerin bestanden haben sollte, über die Geltendmachung der Ansprü-
che von Aktionären der S. AG gegen die im Vorprozess
beklagten Banken hinaus in weiteren Fällen fremde Forderungen im Wege der
Inkassozession einzuziehen, wäre die Beratung der Beklagten zu 1 gegenüber
der Schuldnerin pflichtwidrig gewesen. Die Beklagte hätte erkennen und die
Schuldnerin darüber aufklären müssen, dass deren weit gefasster Gesell-
schaftszweck einen Anhaltspunkt für die Absicht der Wiederholung und damit
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- 17 -
die Geschäftsmäßigkeit ihres Vorgehens darstellte. Wenn neben der Klageer-
hebung im Vorprozess keine weitere Inkassotätigkeit der Schuldnerin beabsich-
tigt gewesen sein sollte, hätte einem möglichen Verstoß gegen das Rechtsbera-
tungsgesetz auf leichte Weise begegnet werden können, indem der Satzungs-
zweck der Schuldnerin auf die Geltendmachung der Forderungen der vier am
Vorprozess wirtschaftlich beteiligten Aktionäre beschränkt worden wäre. Für die
Schuldnerin stand damit ein sichererer Weg zur Verfügung, auf den die Beklag-
te zu 1 hätte hinweisen müssen.
cc) Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung durfte die Be-
klagte zu 1 auch nicht deshalb von der Zulässigkeit des Einziehungsmodells der
Schuldnerin ausgehen, weil es aus Gründen der Postulationsfähigkeit (§ 78
Abs. 1 Satz 1 ZPO) erforderlich war, Rechtsanwälte einzuschalten. Ein Verstoß
gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG aF liegt auch dann vor, wenn derjenige,
welcher ohne eigene Befugnis fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, sich
dabei der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient (BGH, Urteil vom 24. Juni 1987
- I ZR 74/85, ZIP 1987, 1144, 1146; vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM
2004, 2349, 2352; vom 3. Juli 2008 - III ZR 260/07, WM 2008, 1609 Rn. 19;
vom 29. Juli 2009 - I ZR 166/06, WM 2009, 1953 Rn. 23; vgl. auch zum Steuer-
berater BGH, Urteil vom 21. März 1996 - IX ZR 240/95, BGHZ 132, 229, 232).
Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft, die fremde
Rechtsangelegenheit besorgt, als Rechtsanwalt zugelassen ist, begründet die
Zulässigkeit der Geschäftsbesorgung nicht (BGH, Urteil vom 22. Februar 2005
- XI ZR 41/04, WM 2005, 786, 787; vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ
167, 223 Rn. 12).
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- 18 -
4. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die
Belastung der Schuldnerin mit den Kosten des Vorprozesses bei pflichtgemä-
ßer Beratung nicht eingetreten wäre.
a) Die Frage, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Belehrung
durch den rechtlichen Berater verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden
Kausalität, die der Mandant nach dem Maßstab des § 287 ZPO zu beweisen
hat (BGH, Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 399; vom
13. Januar 2005 - IX ZR 455/00, WM 2005, 1615, 1616). Zu Gunsten des Man-
danten ist jedoch zu vermuten, dieser wäre bei pflichtgemäßer Beratung den
Hinweisen des Rechtsanwalts gefolgt, sofern im Falle sachgerechter Aufklärung
aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte
tatsächliche Reaktion nahegelegen hätte. Eine solche Vermutung kommt hin-
gegen nicht in Betracht, wenn nicht nur eine einzige verständige Entschluss-
möglichkeit bestanden hätte, sondern nach pflichtgemäßer Beratung verschie-
dene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die unter-
schiedliche Vorteile und Risiken in sich geborgen hätten (BGH, Urteil vom
30. September 1993 - IX ZR 73/93, BGHZ 123, 311, 314 f, 319; vom 19. Januar
2006 - IX ZR 232/01, WM 2006, 927 Rn. 26; vom 23. November 2006 - IX ZR
21/03, WM 2007, 419 Rn. 23). Greift die Vermutung beratungsgerechten Ver-
haltens ein, so liegt hierin keine Beweislastumkehr, sondern ein Anscheinsbe-
weis, der durch den Nachweis von Tatsachen entkräftet werden kann, die für
ein atypisches Verhalten des Mandanten im Falle pflichtgemäßer Beratung
sprechen (BGH, Urteil vom 30. September 1993, aaO S. 315; vom 13. März
2008 - IX ZR 136/07, WM 2008, 1560 Rn. 19).
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- 19 -
b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Vermu-
tung beratungsgerechten Verhaltens zu Gunsten des Klägers eingreift.
aa) Für eine wirtschaftlich denkende Partei hätte es im Falle pflichtge-
mäßer Aufklärung durch die Beklagte zu 1 allein nahe gelegen, den satzungs-
mäßigen Gesellschaftszweck der Schuldnerin auf die Einziehung der im Vor-
prozess geltend gemachten Forderungen zu beschränken. Wie vom Regress-
gericht selbständig zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007
- IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 9 mwN), hätte nach einer solchen Sat-
zungsänderung die Klage im Vorprozess nicht wegen der Unwirksamkeit der
Forderungsabtretungen gemäß § 134 BGB in Verbindung mit Art. 1 § 1 Abs. 1
Satz 1 RBerG aF abgewiesen werden dürfen.
bb) Der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens steht nicht der Um-
stand entgegen, dass die Geschäftsführer der Schuldnerin zum Zeitpunkt der
Klageerhebung im Vorprozess selbst Rechtsanwälte waren.
Die Revision meint, die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens sei
darauf zugeschnitten, dass der Mandant als juristischer Laie dem Rat seines
Rechtsanwalts regelmäßig folgen werde. Für eine solche Annahme sei hinge-
gen kein Raum, wenn sich der Prozessanwalt sowie zwei Rechtsanwälte als
Geschäftsführer der beratenen Gesellschaft "auf Augenhöhe" gegenüberstün-
den. Diese Auffassung trifft nicht zu. Ein Mandant, der selbst Jurist ist, wird ei-
nem rechtlich zutreffenden Hinweis seines Rechtsanwalts auf einen Gesichts-
punkt, den er selbst übersehen hat, im eigenen Interesse regelmäßig ebenso
folgen wie ein juristischer Laie, der wegen fehlender Rechtskenntnis keine ei-
genständige Prüfung der Rechtslage vorgenommen hat.
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cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist für die Anwendbarkeit die-
ser Beweisgrundsätze unerheblich, dass die Geschäftsführer der Schuldnerin
zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Vorprozess Sozien der Beklagten zu 1
waren.
Soweit das von der Schuldnerin erteilte Mandat durch einen anderen So-
zius oder einen bei der Beklagten zu 1 angestellten Rechtsanwalt bearbeitet
worden ist, kann bei den Beklagten zu 2 und 3 in deren Eigenschaft als Ge-
schäftsführer der Schuldnerin ebenso wie bei einem außenstehenden Ge-
schäftsführer angenommen werden, diese hätten sich typischerweise der Über-
zeugungskraft zutreffender rechtlicher Beratung nicht verschlossen. Soweit die
Beklagten zu 2 und 3 das Mandat selbst bearbeitet haben, hätten sie als beauf-
tragte Rechtsanwälte ihren Irrtum erkennen müssen, wodurch zugleich ihre un-
zutreffende Auffassung in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der Schuldnerin
berichtigt worden wäre.
Der von den Beklagten vorgebrachte Einwand, die Beklagten zu 2 und 3
hätten in ihrer Eigenschaft als Sozien der Beklagten zu 1 keine andere Rechts-
auffassung vertreten können als in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der
Schuldnerin, liefe demgegenüber darauf hinaus, die Haftung einer beauftragten
Rechtsanwaltssozietät allein deshalb zu verkürzen, weil das Mandat durch ei-
nen Sozius in fremdem Namen erteilt worden ist. Es gibt jedoch keinen Sach-
grund für die Einschränkung der anwaltlichen Berufshaftung, wenn das Mandat
einer Sozietät durch einen ihrer Sozien erteilt worden ist, der dabei für einen
Dritten gehandelt hat.
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c) Die von den Beklagten dargelegten Umstände entkräften den An-
scheinsbeweis nicht, die Schuldnerin hätte bei pflichtgemäßer Beratung durch
die Beklagte zu 1 den Vorprozess ohne vorherige Änderung der Satzung nicht
geführt.
Zwar hatten die wirtschaftlich an der Schuldnerin beteiligten Aktionäre
die Beklagte zu 1 schon vor der Gründung der Schuldnerin beauftragt, das
Konzept zur Einziehung mutmaßlicher Schadensersatzforderungen umzuset-
zen. Allein der Umstand, dass die Aktionäre beschlossen hatten, ihre mutmaßli-
chen Forderungen über die Schuldnerin einziehen zu lassen, erschüttert aber
nicht die Vermutung, die Schuldnerin wäre pflichtgemäßer Beratung gefolgt.
Vielmehr hätte die Schuldnerin eine pflichtgemäße Aufklärung über die Erfolgs-
aussichten der beabsichtigten Klage an die Aktionäre weiterleiten und die Rich-
tigkeit des entwickelten Konzepts überdenken müssen. Dies gilt erst recht vor
dem Hintergrund, dass durch eine satzungsmäßige Beschränkung des Ge-
schäftszwecks der Schuldnerin ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
hätte vermieden werden können.
5. Aufgrund der pflichtwidrigen Beratung der Schuldnerin haftet die Be-
klagte zu 1 dem Kläger in voller Höhe auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses,
soweit diese von der Schuldnerin zu tragen sind.
a) Der Schaden der Schuldnerin besteht in dem Gerichtskostenvor-
schuss für die erste Instanz des Vorprozesses, soweit er von der Schuldnerin
aufgebracht worden ist, sowie in den weiteren Prozesskosten, die gegen die
Schuldnerin festgesetzt worden sind. Als adäquat-kausal verursachter und zu-
rechenbarer Nachteil erfasst der Schadensersatzanspruch auch die Kosten des
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- 22 -
Berufungsverfahrens (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - IX ZR 105/10,
WM 2011, 796 Rn. 10 f). Der Kläger kann dabei Schadensersatz in Geld unab-
hängig davon verlangen, ob die Schuldnerin ihrerseits bereits eine Zahlung auf
die im Vorprozess gegen sie ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse ge-
leistet hat. Auch wenn der Schuldnerin vor der Eröffnung des Insolvenzverfah-
rens über ihr Vermögen nur ein Anspruch auf Befreiung von den Kostenforde-
rungen zugestanden haben sollte, hätte sich der Befreiungsanspruch mit der
Insolvenzeröffnung in einen Zahlungsanspruch in Höhe der zu tilgenden Schuld
umgewandelt, der in die Masse fällt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR
195/00, WM 2001, 1476, 1477; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011,
803 Rn. 15).
b) Der Anspruch auf Ersatz der gegen die Schuldnerin festgesetzten
Prozesskosten ist nicht wegen des von den Beklagten vorgebrachten Einwands
des Mitverschuldens (§ 254 BGB) zu kürzen.
aa) Der Einwand der Revision geht fehl, der in der mündlichen Verhand-
lung vor dem Berufungsgericht im Vorprozess anwesende Geschäftsführer der
Schuldnerin K. hätte den Auftrag zur Rücknahme der Berufung erteilen
müssen, nachdem dies vom Senatsvorsitzenden empfohlen worden war, um
hierdurch die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren zu verringern. Dass
der für die Beklagte zu 1 in der mündlichen Berufungsverhandlung anwesende
Beklagte zu 4 die Rücknahme der Berufung empfohlen hätte, behaupten auch
die Beklagten nicht. Ein Mitverschulden der Schuldnerin kommt daher nicht in
Betracht, weil es gerade die Aufgabe der Beklagten zu 1 war, die Schuldnerin
rechtlich zu beraten (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 276/03, WM
2005, 1902, 1903; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369
Rn. 21).
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bb) Der Ersatzanspruch des Klägers ist auch nicht deshalb zu kürzen,
weil er seine Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Land-
gerichts im Vorprozess zurückgenommen hat.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dieser von den Beklagten erst
im Berufungsverfahren erhobene Einwand sei nicht hinreichend substantiiert.
Die Beklagten hätten nicht dargelegt, weshalb die Prozessgebühr für die Pro-
zessbevollmächtigten der Beklagten des Vorprozesses richtigerweise nur aus
dem verminderten Streitwert nach teilweiser Klagerücknahme festzusetzen war,
so dass die vom Kläger eingelegte Beschwerde hätte Erfolg haben müssen.
Diese Ausführungen enthalten keinen Rechtsfehler.
Die Revision zeigt keinen weiteren Sachvortrag der Beklagten in den
Tatsacheninstanzen auf zur Frage, dass die Beschwerde gegen den Kosten-
festsetzungsbeschluss hätte Erfolg haben müssen. Die Darlegung der Revision,
wonach die Klageforderung im Vorprozess zwar nach deren Einreichung beim
Landgericht, jedoch noch vor der Zustellung vermindert worden sei, kann ge-
mäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt
werden. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung oblag es dem
Berufungsgericht auch nicht, aus der Akte des Vorprozesses von Amts wegen
die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestset-
zungsbeschluss zu ermitteln. Die Frage, ob die Verringerung der Klageforde-
rung vor der Zustellung der Klageschrift einer Festsetzung der Prozessgebühr
aus dem ursprünglichen Streitwert nach der im Vorprozess noch anzuwenden
Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entgegenstand, bedarf daher keiner
Entscheidung.
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- 24 -
6. Das Berufungsurteil kann jedoch insoweit keinen Bestand haben, als
das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten als
nicht verjährt angesehen hat.
a) Die von den Beklagten erst in der Berufungsinstanz erhobene Einrede
der Verjährung ist zu beachten. Die Einrede der Verjährung kann im Berufungs-
rechtszug unabhängig davon erhoben werden, ob die Voraussetzungen zur Zu-
lassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO vor-
liegen. Dies gilt auch dann, wenn hierdurch eine Beweisaufnahme erforderlich
wird (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138,
144 f; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 135/07, WM 2008, 2307 Rn. 22; Hk-ZPO/
Wöstmann, 4. Aufl., § 531 Rn. 5; offen gelassen bei BGH, Beschluss vom
23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10).
b) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen dessen
Auffassung nicht, der Regressanspruch des Klägers sei nicht verjährt.
aa) Die Verjährung des primären Schadensersatzanspruchs des Klägers
bestimmt sich gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 EGBGB nach der
mit Wirkung zum 15. Dezember 2004 aufgehobenen Vorschrift des § 51b
BRAO. Die dreijährige Verjährungsfrist ab Anspruchsentstehung gemäß § 51b
Fall 1 BRAO beginnt bei einem Regressanspruch auf Ersatz des Kostenscha-
dens, der dem Mandanten aus einer Klage erwachsen ist, die er bei pflichtge-
mäßer Beratung nicht erhoben hätte, bereits mit der Erhebung der Klage, weil
hiermit ein erster Teil des Schadens in Form der Gerichtskosten entsteht (vgl.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - IX ZR 73/00, WM 2001, 1677, 1680 [insoweit
nicht in BGHZ 148, 156 abgedruckt]; vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07,
WM 2009, 283 Rn. 9; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 105/10, WM 2011, 796
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Rn. 10). Hat die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts zu einem ersten Teilscha-
den geführt, so beginnt damit die Verjährung des Regressanspruchs auch im
Hinblick auf voraussehbare künftige Nachteile des Mandanten (BGH, Urteil vom
21. Februar 2002 - IX ZR 127/00, WM 2002, 1078, 1080; vom 3. Februar 2011,
aaO; vom 24. März 2011 - IX ZR 197/09, NJW-RR 2011, 858 Rn. 19). Der Pri-
märanspruch auf Ersatz der Kosten eines verlorenen Rechtsstreits, den der
Mandant bei pflichtgemäßer Beratung nicht geführt hätte, unterliegt daher auch
im Hinblick auf die Kosten der Rechtsmittelinstanz einer einheitlichen Verjäh-
rungsfrist. Die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das in erster Instanz er-
gangene Urteil begründet keinen gesonderten, einer eigenständigen Verjährung
unterliegenden Primäranspruch (BGH, Urteil vom 13. November 2008, aaO;
vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 11).
bb) Da die Klage im Vorprozess am 3. Dezember 2002 erhoben worden
ist, war die dreijährige Primärverjährungsfrist gemäß § 51b Fall 1 BRAO bei
Eingang des gegen die Beklagten zu 1 bis 8 gerichteten Prozesskostenhilfege-
suchs des Klägers am 8. Dezember 2005 (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) bereits
verstrichen, sofern nicht in der Zwischenzeit die Verjährung gehemmt gewesen
ist. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die zwischen den Parteien im
August/Oktober 2005 geführte Korrespondenz als Verhandlungen im Sinne des
§ 203 BGB zu werten ist, weil jedenfalls ein Sekundäranspruch bestehe. Diese
Auffassung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
(1) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausge-
gangen, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sekun-
därverjährung weiterhin anwendbar sind, wenn sich die Verjährung des pri-
mären Regressanspruchs nach dem vor dem 15. Dezember 2004 geltenden
Recht bestimmt (BGH, Urteil vom 13. November 2008, aaO Rn. 8; vom
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3. Februar 2011, aaO Rn. 9; vom 24. März 2011, aaO Rn. 11). Hat der Rechts-
anwalt vor der Verjährung des Primäranspruchs Anlass zu prüfen, ob er durch
einen Fehler dem Mandanten Schaden zugefügt hat, kommt ein Sekundäran-
spruch in Betracht, wenn der Rechtsanwalt die gebotene Überprüfung seiner
Tätigkeit unterlässt, trotz der Überprüfung seinen Fehler nicht erkennt oder trotz
Erkenntnis des Fehlers die gebotene Aufklärung des Mandanten unterlässt
(BGH, Urteil vom 23. Mai 1985 - IX ZR 102/84, BGHZ 94, 380, 386; vom
13. November 2008, aaO Rn. 11; vom 24. März 2011, aaO Rn. 14).
(2) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die Pflicht des
Rechtsanwalts oder Steuerberaters, den Mandanten bei begründetem Anlass
über den gegen sich bestehenden Schadensersatzanspruch sowie dessen kur-
ze Verjährung zu belehren, entfällt, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der
Primärverjährung einen Rechtsanwalt damit beauftragt hat, einen möglichen
Regressanspruch zu prüfen (BGH, Urteil vom 14. November 1991 - IX ZR
31/91, WM 1992, 579, 581 f; vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386,
392; vom 14. Dezember 2000 - IX ZR 332/99, WM 2001, 736, 739; vom
21. Juni 2001 - IX ZR 73/00, WM 2001, 1677, 1678 [insoweit nicht in BGHZ
148, 156 abgedruckt]; vom 13. April 2006 - IX ZR 208/02, WM 2006, 1450
Rn. 9). Ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Korres-
pondenz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom
13. Oktober 2005 dessen Vertretung angezeigt und die Beklagten zur Zahlung
aufgefordert. Jedenfalls nach dem Zugang dieses Schreibens bestand keine
Verpflichtung der Beklagten mehr, den Kläger auf die Möglichkeit eines Re-
gressanspruchs sowie dessen Verjährung hinzuweisen.
Soweit der Kläger hiergegen im Revisionsverfahren vorgebracht hat, die
Belehrungspflicht eines vom Mandanten beauftragten weiteren Rechtsanwalts
59
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- 27 -
trete erst dann an die Stelle der Hinweispflicht des früheren Rechtsanwalts,
wenn der neue Rechtsanwalt den Fristablauf erkenne oder dieser für ihn offen-
kundig sei, geht dies fehl. Die von der Revisionserwiderung herangezogenen
Grundsätze zur Belehrungspflicht eines in anderer Sache beauftragten Rechts-
anwalts (BGH, Urteil vom 13. April 2006, aaO Rn. 11) sind hier nicht anwend-
bar, weil die vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers von diesem
gerade mit dem Ziel der Geltendmachung des Regressanspruchs beauftragt
worden sind. Im Übrigen waren der Zeitpunkt der Erhebung der Klage im Vor-
prozess und damit der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist offenkundig.
IV.
Wegen des Rechtsfehlers ist das Berufungsurteil aufzuheben und die
Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO). Die Sache ist insgesamt nicht zur Endentscheidung (§§ 561, 563
Abs. 3 ZPO) reif.
1. Die gegen die erstbeklagte Sozietät erhobene Klage ist nicht wegen
Verjährung abzuweisen, weil die Verjährung möglicherweise durch außerge-
richtliche Verhandlungen der Parteien gehemmt worden ist (§ 203 BGB).
a) Für ein Verhandeln im Sinne des § 203 BGB genügt jeder Meinungs-
austausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Ver-
pflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Ver-
handlungen schweben schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklä-
rungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete
lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprü-
61
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- 28 -
chen ein. Dafür kann genügen, dass der Anspruchsgegner mitteilt, er habe die
Angelegenheit seinem Haftpflichtversicherer zur Prüfung übersandt (BGH, Urteil
vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, WM 2007, 801 Rn. 32; vom 3. Februar
2011 - IX ZR 105/10, WM 2011, 796 Rn. 14). Der Begriff der Verhandlungen
setzt hingegen nicht voraus, dass die Bereitschaft zum Abschluss eines Ver-
gleichs oder zum Entgegenkommen signalisiert wird (BGH, Urteil vom 14. Juli
2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 16).
Der Erklärung, den Vorgang an den eigenen Haftpflichtversicherer weiter
geleitet zu haben, ist nicht notwendig zu entnehmen, der in Anspruch Genom-
mene lasse sich auf die Erörterung des geltend gemachten Anspruchs ein. Die
Einschaltung des Haftpflichtversicherers kann allein durch die versicherungs-
vertraglichen Obliegenheiten des Haftungsschuldners bedingt sein, weshalb
eine solche Mitteilung nicht als Beginn von Verhandlungen zu werten sein kann,
wenn die erhobenen Ansprüche zugleich zurückgewiesen werden (BGH, Urteil
vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 16 f).
b) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung
offen lassen können, ob zwischen den Parteien Verhandlungen im Sinne des
§ 203 BGB stattgefunden haben. Der Senat kann diese Beurteilung wegen feh-
lender tatrichterlicher Feststellungen nicht nachholen. Die vom Berufungsge-
richt in Bezug genommenen Schreiben vom 12. August 2005 und vom
13. Oktober 2005 sind beide von der Klägerseite verfasst und lassen nicht er-
kennen, wie sich die Beklagten zu den Zahlungsaufforderungen verhalten ha-
ben. Das von der Revisionserwiderung vorgelegte Schreiben vom 7. Oktober
2005, in welchem die Beklagten eine Stellungnahme nach einem abschließen-
den Gespräch mit dem Haftpflichtversicherer ankündigen, ist als neuer Sach-
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- 29 -
vortrag im Revisionsverfahren gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht berück-
sichtigungsfähig.
c) Aufgrund der vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsauffassung, die
von den Beklagten erhobenen Einwendungen hätten keine Aussicht auf Erfolg,
musste der Kläger nicht mit der Abweisung der Klage wegen Verjährung rech-
nen. Dem Kläger ist daher gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit zu ergänzen-
dem Sachvortrag zu geben, weshalb eine Abweisung der Klage durch das Re-
visionsgericht nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997
- I ZR 13/95, BGHZ 135, 1, 8; Hk-ZPO/Kayser, aaO § 563 Rn. 3). Das Beru-
fungsgericht wird im zweiten Berufungsdurchgang zu prüfen haben, ob der Klä-
ger den Erklärungen der Beklagten zu 1 die Bereitschaft entnehmen durfte, die
Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs zu erörtern (§§ 133, 157
BGB).
2. Da ein unverjährter Regressanspruch gegen die Beklagte zu 1 in Be-
tracht kommt, ist auch die gegen die Beklagten zu 2 bis 8 erhobene Klage nicht
entscheidungsreif.
a) Die Beklagten zu 2 bis 8 haften für den Regressanspruch gegen die
Beklagte zu 1 entsprechend § 128 Satz 1 HGB.
Im Falle eines mit einer Sozietät geschlossenen Beratungsvertrags haf-
ten die Sozien für den gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch wegen
Schlechterfüllung in entsprechender Anwendung des § 128 Satz 1, § 129 HGB
persönlich (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146,
341, 358; vom 7. April 2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 372 ff, 376 f; vom
22. Januar 2004 - IX ZR 65/01, BGHZ 157, 361, 364). Die persönliche Haftung
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erstreckt sich dabei auch auf die berufshaftungsrechtlichen Verbindlichkeiten
(BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 - IX ZR 218/05, BGHZ 172, 169 Rn. 29). Ob die-
se Haftung im Falle einer Sozietät, der Mitglieder unterschiedlicher Berufsgrup-
pen angehören (gemischte Sozietät, vgl. § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO) auch die-
jenigen Sozien trifft, die in eigener Person die vertraglich geschuldete Beratung
nicht vornehmen dürfen, hat der Senat bislang offen gelassen (BGH, Urteil vom
9. Dezember 2010 - IX ZR 44/10, WM 2011, 1770 Rn. 10). Die Frage ist zu be-
jahen, so dass auch der Beklagte zu 8 persönlich haftet.
aa) Auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung, wonach ein An-
waltsvertrag regelmäßig nur mit denjenigen Sozien zustande kommt, die selbst
auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen (BGH, Urteil vom
16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, WM 2000, 963, 964; vom 17. Februar 2000
- IX ZR 50/98, WM 2000, 1342, 1344 f), erfasste die Haftung wegen Schlechter-
füllung eines Anwaltsvertrags nicht die berufsfremden Sozien, weil diese nicht
Vertragspartner wurden. Diese Auffassung beruhte auf der früher zur Gesell-
schaft bürgerlichen Rechts in ständiger Rechtsprechung angenommenen Dop-
pelverpflichtungslehre, wonach durch den Abschluss eines Rechtsgeschäfts im
Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugleich eine Haftung der Ge-
samthand und eine persönliche Haftung der Gesellschafter begründet werden
(BGH, Urteil vom 15. Juli 1997 - XI ZR 154/96, BGHZ 136, 254, 258 f).
Nachdem durch das Grundsatzurteil vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00,
BGHZ 146, 341) die eigene Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts anerkannt und die Doppelverpflichtungslehre aufgegeben worden ist,
kann - wie ausgeführt - die Sozietät selbst Partei eines Anwaltsvertrags sein
(BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 225/04, WM 2006, 830 Rn. 9; vom
5. Februar 2009 - IX ZR 18/07, WM 2009, 669 Rn. 10), und zwar auch dann,
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wenn dieser neben Rechtsanwälten auch Sozien anderer Berufsgruppen ange-
hören (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 44/10, WM 2011, 1770
Rn. 7 ff). Damit ist auch die auf der früheren Doppelverpflichtungslehre beru-
hende Beschränkung der Haftung auf diejenigen Sozien, die in eigener Person
berufsrechtlich zur Bearbeitung des Mandats befugt sind, überholt (Vollkommer/
Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., § 4 Rn. 20; Mennemeyer in
Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 8. Aufl.,
Rn. 123; Jungk in Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 36
Rn. 23; Brandi in Kilian/Offermann-Burckart/vom Stein, Praxishandbuch An-
waltsrecht, 2. Aufl., § 9 Rn. 40; Lux, DStR 2008, 1981, 1982 f; Schodder, EWiR
2008, 523, 524). Das Vertrauen der nicht-anwaltlichen Sozien, für die Schlecht-
erfüllung eines Anwaltsvertrags nicht zu haften, wird dadurch geschützt, dass
die auf der Doppelverpflichtungslehre beruhenden Grundsätze auf solche An-
waltsverträge weiterhin anwendbar sind, die vor dem Erlass der Grundsatzent-
scheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (aaO) geschlossen
worden sind (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 145/05, WM 2008, 1563
Rn. 10; vom 5. Februar 2009, aaO).
bb) Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Rinkler in
Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung,
3. Aufl., Rn. 397) kann der nach früherer Rechtsprechung bestandene Aus-
schluss der Haftung berufsfremder Sozien nicht dadurch aufrecht erhalten wer-
den, dass dem Anwaltsvertrag die konkludente Vereinbarung entnommen wird,
die Haftung berufsfremder Sozien werde ausgeschlossen.
Auch wenn die Beschränkung der Haftung auf diejenigen Mitglieder einer
Sozietät, die das Mandat selbst bearbeiten, unter gesetzlich näher bezeichne-
ten Voraussetzungen selbst durch vorformulierte Vertragsbedingungen zulässig
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ist (§ 51a Abs. 2 Satz 2 und 3 BRAO, § 67a Abs. 2 StBerG, § 54b Abs. 2 WPO),
kann ohne konkrete Anhaltspunkte den Erklärungen der Parteien ein solcher
Wille zur Haftungsbeschränkung nicht entnommen werden. Die Haftung derje-
nigen Sozien, die mit dem Mandat nicht selbst befasst gewesen sind, stellt sich
nur dann, wenn die Auslegung der Parteierklärungen (§§ 133, 157 BGB) ergibt,
dass der Anwaltsvertrag mit der Sozietät selbst geschlossen worden ist und
kein Einzelmandat des sachbearbeitenden Sozietätsmitglieds vorliegt. Ist nach
dem Parteiwillen gerade ein Sozietätsmandat einer aus Rechtsanwälten und
Steuerberatern bestehenden Sozietät gewollt, so gibt es regelmäßig keinen
Grund für die Annahme, die persönliche Haftung solle sich auf einzelne Sozie-
tätsmitglieder beschränken.
cc) Soweit angenommen wird, die Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG kön-
ne auf Sozietäten in der Rechtsform von Gesellschaften bürgerlichen Rechts
übertragen werden (Zugehör/Rinkler, aaO Rn. 398; Hirtz in Henssler/Strohn,
Gesellschaftsrecht, § 8 PartGG Rn. 1; offen gelassen bei BGH, Urteil vom
7. April 2003 - II ZR 56/02, BGHZ 154, 370, 377), kommt dies nicht in Betracht.
Eine solche Analogie setzte nicht nur die auf der Grundlage der Doppelver-
pflichtungslehre vorgenommene Beschränkung der Haftung auf die anwaltli-
chen Sozien fort, sondern führte weiter gehend - entgegen der Regelung des
§ 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO - eine Haftungskonzentration auf die mit dem Man-
dat befassten Sozien auch insoweit ein, als diese Rechtsanwälte sind. Ein sol-
cher Analogieschluss ist zudem wegen des Fehlens einer Regelungslücke un-
zulässig, weil die Haftungskonzentration im Falle der Partnerschaftsgesellschaft
gesetzlich gerade nur für diese Rechtsform geschaffen worden ist (vgl. Lux,
NJW 2003, 2806, 2807; Römermann, BB 2003, 1084, 1086; ders., NJW 2009,
1560, 1561; K. Schmidt, NJW 2005, 2801, 2805) und zudem im Gegenzug für
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dieses Haftungsprivileg die Publizität der Gesellschaftsverhältnisse gemäß § 4
Abs. 1, § 7 Abs. 1 PartGG verlangt wird (Hasenkamp, DB 2003, 1166, 1167).
b) Da eine Hemmung der Verjährung des gegen die Beklagte zu 1 ge-
richteten Regressanspruchs in Betracht kommt, ist auch die gegen die Beklag-
ten zu 2 bis 8 gerichtete Klage nicht unter dem Gesichtspunkt der Verjährung
abweisungsreif.
aa) Die Hemmung der Verjährung gegenüber der Gesellschaft erfasst
nach § 129 HGB grundsätzlich auch die akzessorische Haftung der Gesell-
schafter (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1978 - II ZR 235/77, BGHZ 73, 217,
223 f; vom 22. September 1980 - II ZR 204/79, BGHZ 78, 114, 119 f; vom
22. März 1988 - X ZR 64/87, BGHZ 104, 76, 81 f; vom 9. Juli 1998 - IX ZR
272/96, BGHZ 139, 214, 217 f [jeweils zur Verjährungsunterbrechung]; vgl.
auch BGH, Urteil vom 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 Rn. 15; vom
12. Januar 2010 - XI ZR 37/09, WM 2010, 308 Rn. 41 f; vom 29. November
2011 - X ZR 23/11, ZIP 2012, 698 Rn. 12). Wenn die Verjährung des Regress-
anspruchs gegen die Beklagte zu 1 wegen Verhandlungen gehemmt worden
ist, müssen sich die Beklagten zu 2 bis 8 die Verjährungshemmung daher im
Ausgangspunkt ebenfalls entgegenhalten lassen, ohne dass es darauf ankäme,
ob die Verhandlungen zugleich über die Haftung der Beklagten zu 2 bis 8 ge-
führt worden sind.
bb) Die im Verhältnis zur Gesellschaft eingetretene Hemmung der Ver-
jährung erstreckt sich jedoch nur auf diejenigen Gesellschafter, die der Gesell-
schaft zum Zeitpunkt der Hemmung angehören (BGH, Urteil vom 11. Dezember
1978, aaO S. 224 f; MünchKomm-HGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 129 Rn. 8;
Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 129 Rn. 4;
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Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 129 Rn. 10; Oetker/Bosche, HGB, 2. Aufl., § 129
Rn. 4) und erfasst damit nicht die - gemäß § 736 Abs. 2 BGB in Verbindung mit
§ 160 HGB begrenzte - Nachhaftung ausgeschiedener Sozien (vgl. dazu
Zugehör/Rinkler, aaO Rn. 408 ff). Aus dem Berufungsurteil kann zwar entnom-
men werden, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr alle
Beklagten zu 2 bis 8 vor dem Berufungsgericht Gesellschafter der Beklagten
zu 1 waren. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, welche der in
Anspruch genommenen Sozien zu welchem Zeitpunkt ausgeschieden sind.
Sollten Verhandlungen über den Regressanspruch stattgefunden haben, ist
daher aufzuklären, welche Sozien der Beklagten zu 1 zum Zeitpunkt der Ver-
handlungen noch angehört haben und - soweit die Sozien zu diesem Zeitpunkt
bereits ausgeschieden waren - ob die Verhandlungen sich auch auf deren per-
sönliche Inanspruchnahme erstreckt haben.
V.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Beru-
fungsgericht die Klageforderung der Höhe nach zu überprüfen haben wird, so-
fern die Klage nicht wegen Verjährung abzuweisen ist.
1. Nach der Fassung der Urteilsformel des Landgerichts sind die Beklag-
ten verurteilt worden, in der Hauptsache einen Betrag von 142.952,97
€ zu zah-
len sowie zusätzlich Ersatz für außergerichtliche Kosten zu leisten. Damit ist
dem Antrag des Klägers in vollem Umfang stattgegeben worden, der die von
der Schuldnerin zu tragenden Kosten des Vorprozesses mit 142.952,97
€ bezif-
fert hat. Die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang erfordert daher die
Feststellung, dass die Schuldnerin in dieser Höhe mit Kosten belastet worden
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ist. Im Berufungsurteil wird der Kostenschaden der Schuldnerin aus dem Vor-
prozess demgegenüber mit einem Betrag von 141.618,56
€ beziffert.
2. Im Hinblick auf den geltend gemachten Ersatz für außergerichtliche
Rechtsverfolgungskosten wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben,
dass der Kläger diese Kosten aus einer Hauptforderung in Höhe von
175.445,71
€ bemessen hat, die er im Rechtsstreit nicht in voller Höhe geltend
gemacht hat.
Kayser
Raebel
Lohmann
Pape
Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.01.2009 - 2b O 246/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.06.2010 - 16 U 31/09 -
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