Urteil des BGH vom 12.11.2015

Grundstück, Anfechtungsklage, Beteiligter, Prozess

ECLI:DE:BGH:2015:121115BIXZB82.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 82/14
vom
12. November 2015
in der Familiensache
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Pape
und Dr. Schoppmeyer
am 12. November 2015
beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrens-
kostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abge-
lehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter in dem im April 2011 eröffneten
Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ehemannes (nachfolgend: Schuld-
ner) der Antragsgegnerin. Die Eheleute hatten im Jahr 2006 einen notariell be-
urkundeten Vertrag geschlossen, mit dem der Schuldner seinen hälftigen Mitei-
gentumsanteil an einem gemeinschaftlichen Grundstück unentgeltlich auf die
Antragsgegnerin übertrug. Nach dem Vertrag hatte der Schuldner das Recht, im
Fall der Scheidung die Rückübertragung des Grundstückanteils Zug-um-Zug
gegen die Erstattung von Verwendungen der Übernehmerin auf das Grundstück
zu verlangen. Am 15. April 2011 wurde der Scheidungsantrag der Antragsgeg-
nerin rechtshängig. Anschließend nahm der Antragsteller die Antragsgegnerin
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auf Rückübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an die Insolvenzmasse
in Anspruch.
Das Familiengericht hat die Antragsgegnerin zur Abgabe der Rücküber-
tragungserklärung Zug-um-Zug gegen Zahlung von 37.291,71
€ verurteilt. Auf
die dagegen gerichtete Beschwerde beider Beteiligten hat das Beschwerdege-
richt den Antrag insgesamt abgewiesen. In dem Beschluss hat es zur höchst-
richterlichen Entscheidung über das Vorliegen und die Auswirkungen einer ein-
geschränkten Pfändbarkeit des nicht akzessorischen Gestaltungsrechts bei ei-
ner ehebedingten Zuwendung analog § 852 Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde
zugelassen. Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhil-
fe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
II.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe lie-
gen nicht vor. Die Rechtsverfolgung des Antragstellers ist mutwillig (§ 76 Abs. 1
FamFG, § 114 Satz 2 ZPO).
1. Der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes erhält auf Antrag Pro-
zesskostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Ver-
mögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des
Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzu-
bringen (§ 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Dies gilt über die Verweisungsvor-
schrift des § 76 Abs. 1 FamFG auch für die Bewilligung von Verfahrenskosten-
hilfe in einer sonstigen Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 FamFG, in
welcher der Insolvenzverwalter Beteiligter ist. Wie jede andere Partei auch kann
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der Insolvenzverwalter allerdings nur dann Prozesskostenhilfe oder Verfahrens-
kostenhilfe in Anspruch nehmen, wenn seine Rechtsverfolgung oder Rechtsver-
teidigung nicht mutwillig ist. Würde eine vermögende Partei, die für die Kosten
selbst aufkommen müsste, auf die entsprechende Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung vernünftigerweise auch dann verzichten, wenn diese
Rechtsverfolgung oder -verteidigung für sich gesehen Erfolg versprechend wä-
re, ist auch dem Insolvenzverwalter Prozess-/Verfahrenskostenhilfe zu versa-
gen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522
Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Motzer, 4. Aufl., § 144 Rn. 86; Musielak/Voit/Fischer,
ZPO, 12. Aufl. § 114 Rn. 30; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 30). In-
soweit hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass eine Anfechtungskla-
ge nicht schon dann mutwillig im Sinne von § 114 Abs. 2 ZPO ist, wenn der
Verwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (BGH, Beschluss vom 28. Feb-
ruar 2008 - IX ZB 147/07, ZInsO 2008, 378). Ist die Durchsetzung des mit der
beabsichtigten Anfechtungsklage verfolgten Anspruchs jedoch nicht dazu ge-
eignet, die eingetretene Massekostenarmut zu beheben, muss dem Insolvenz-
verwalter in Fällen der Massekostenarmut Prozesskostenhilfe versagt werden
(BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - IX ZB 62/12, ZInsO 2013, 249
Rn. 10; vom 17. April 2013 - IX ZB 63/12, Rn. 6).
2. An der vom Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 23. Mai 2014 dar-
gelegten Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse, die derzeit einen Fehlbestand
von 2.553,56
€ aufweist, würde sich auch dann nichts ändern, wenn der Senat
zu dem Ergebnis käme, dass entgegen der Entscheidung des Beschwerdege-
richts die Pfändungsbeschränkung des § 852 Abs. 2 ZPO nicht auf die Gel-
tendmachung des Anspruchs auf Rückübertragung des Grundstücks entspre-
chend anzuwenden ist. Denn die Insolvenzmasse wäre nicht in der Lage, den
Rückforderungsanspruch durchzusetzen. Dieser wäre nach den Feststellungen
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des Familiengerichts nur Zug-um-Zug gegen Zahlung von 37.291,71
€ zu erfül-
len, die von der Insolvenzmasse, die nach der Darstellung des Antragstellers
über keine Barmittel verfügt, nicht aufgebracht werden können.
Zwar wird seitens der Rechtsbeschwerde geltend gemacht, das Be-
schwerdegericht hätte der Beschwerde des Antragstellers stattgeben müssen,
weil die Beschwerdegegnerin entgegen der Würdigung der Beweisaufnahme
durch das Familiengericht hinsichtlich der Verwendungen auf das Grundstück
beweisfällig gewesen sei. Die Rechtsbeschwerdebegründung enthält aber in-
soweit nur abweichende Würdigungen, welche die überzeugende Beweiswürdi-
gung des Familiengerichts nicht in Frage zu stellen vermögen (vgl. zur Zuläs-
sigkeit einer eingeschränkten Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeprü-
fungsverfahren BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 235/92, NJW
1994, 1160; BVerfG, NJW 2010, 288; MünchKomm-ZPO/Motzer, 4. Aufl., § 144
Rn. 86; Musielak/Voit/Fischer, ZOI, 12. Aufl. § 114 Rn. 30; Zöller/Geimer, ZPO,
31. Aufl., § 114 Rn. 26). Ein Erfolg der Rechtsbeschwerde des Antragstellers,
der allenfalls zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht führen würde,
könnte an der Situation nichts ändern, dass der Antragsteller nicht die erforder-
lichen Mittel hat, um die Entscheidung des Familiengerichts durchzusetzen. Ein
verständiger Beteiligter, welcher die Kosten des Verfahrens selbst aufbringen
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kann, würde unter diesen Voraussetzungen von der weiteren Durchführung des
Verfahrens absehen.
Kayser
Vill
Lohmann
Pape
Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Dippoldiswalde, Entscheidung vom 28.02.2014 - 5 F 145/13 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 31.07.2014 - 21 UF 456/14 -