Urteil des BGH vom 11.07.2012

Leitsatzentscheidung zu Versicherungsnehmer, Rendite, Anleger, Lebensversicherungsvertrag, Allgemeine Versicherungsbedingungen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 164/11
Verkündet am:
11. Juli 2012
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AVB Lebensversicherung (hier: Policenbedingungen "Wealthmaster Noble" Nr. 3.1);
BGB §§ 133 C, 157 E, 278
1. Zu Erfüllungsansprüchen bei einer anteilsgebundenen Lebensversicherung
("Wealthmaster Noble"), wenn nach dem Versicherungsschein vorbehaltlos re-
gelmäßige Auszahlungen während der Laufzeit des Vertrages vorgesehen sind
und die in Bezug genommenen Policenbedingungen einschränkende Regelungen
für die Einlösung von Anteilen auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers
vorsehen.
2. Stellt sich der Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaft-
licher Betrachtung als Anlagegeschäft dar, so ist der Versicherer entsprechend
den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anla-
gegeschäften verpflichtet, den Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlun-
gen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für seinen
Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind.
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3. Wird eine Lebensversicherung unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem
ausschließlich über rechtlich selbständige Vermittler und von diesen eingesetzte
Untervermittler vertrieben (Strukturvertrieb), so sind diese Vermittler im Rahmen
der geschuldeten Aufklärung im Pflichtenkreis des Versicherers tätig; dieser muss
sich ihr Verhalten und ihre Erklärungen insoweit zurechnen lassen.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2012
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevisi-
on des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2011 aufgeho-
ben und die Sache zur neuen Verhandlung und En t-
scheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfa h-
rens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem englischen Leben s-
versicherer, Ersatz seines Vertrauensschadens wegen der Verletzung
von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines
Lebensversicherungsvertrages; hilfsweise begehrt er die Feststellung,
dass die Beklagte zur Vornahme von Auszahlungen aus dem Vertrag
verpflichtet ist.
Die Beklagte bietet eine Kapitallebensversicherung "Wealthmaster
Noble" an, bei der mit einer Einmalzahlung Anteile an einem "Pool mit
garantiertem Wertzuwachs" erworben werden. Die Beklagte "garantiert"
den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann.
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Der Vertragswert des Anlegers ist das Produkt aus der Anzahl der ihm
zugewiesenen Poolanteile und dem Anteilswert. Das den verschiedenen
Pools der Beklagten zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von der
Beklagten als Teil ihres Lebensversicherungsfonds am Aktienmarkt i n-
vestiert. Im Rahmen des sogenannten Glättungsverfahrens ( "smoothing")
überführt sie einen Teil der durch die Investitionen der Vermögenswerte
erzielten Rendite in Rückstellungen und gibt nur den verbleibenden Teil
während der Vertragslaufzeit in Form des garantierten Wertzuwachses
und gegebenenfalls durch - nicht garantierte - Fälligkeitsboni an die An-
leger weiter. An den gebildeten Reserven können die Anleger auch am
Ende der Vertragslaufzeit durch einen Fälligkeitsbonus beteiligt werden,
der dem Wert der Anteile hinzugerechnet wird.
Diese Lebensversicherung war im Streitfall Bestandteil des Anla-
gemodells "Europlan", das als weitere Bestandteile die Darlehensfina n-
zierung der Einmalzahlung und die Investition in einen Investmentfonds
beinhaltete. In Deutschland wurde der "Europlan" unter anderem über
die
inzwischen
insolvente
E.
AG als sogenannte "Masterdistributorin" und von dieser beauftragte
Untervermittler, hier der inzwischen ebenfalls insolventen R.
GmbH, deren Insolvenzverwalter dem Rechtsstreit auf
Seiten der Beklagten beigetreten ist, vertrieben.
Geworben durch einen Untervermittler der vorgenannten GmbH
schloss auch der Kläger bei der Beklagten einen Lebensversicherung s-
vertrag "Wealthmaster Noble" mit Versicherungsbeginn zum 18. Dezem-
ber 2001 und einer Vertragslaufzeit von 78 Jahren ab und zahlte einen
Einmalbetrag in Höhe von 75.000
€, mit dem er Anteile am "Euro-Pool
2000EINS", einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erwarb. Zur Fi-
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nanzierung des Einmalbetrags nahm der Kläger ein Bankdarlehen auf
und trat seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Si-
cherheit an die Kreditgeberin ab. Die Darlehenszinsen sollten durch r e-
gelmäßige Auszahlungen aus der Lebensversicherung gedeckt werden.
Daneben investierte der Kläger im Rahmen des "Europlan" in ein Wert-
papierdepot, das bei Endfälligkeit zur Tilgung des Darlehens verwendet
werden sollte.
Im Versicherungsschein waren vierteljährliche Auszahlungen für
die Dauer von insgesamt 40 Jahren festgelegt und zwar in Höhe von
1.010
€ vom 20. März 2002 bis zum 20. September 2011, in Höhe von
1.470
€ vom 20. Dezember 2011 bis zum 20. September 2016 und in
Höhe von 2.270
€ vom 20. Dezember 2016 bis zum 20. März 2041.
Der Versicherungsschein enthält den folgenden Hinweis:
"Dieser Versicherungsschein besteht aus 3 Seiten, die in
Verbindung mit C. M. Wealthmaster Noble Poli-
cenbedingungen, Betr…., zu lesen sind."
Unter Nr. 1.3 der Policenbedingungen wird unter anderem der B e-
griff "Marktpreisanpassung" definiert und zwar wie folgt:
"Ein eventuell vorgenommener Abzug, wenn Anteile an e i-
nem Pool mit garantiertem Wertzuwachs eingelöst werden
und ein Rückgabebonus zwar greift, doch sein Betrag Null
ist. (…)"
Unter der Überschrift "Auszahlung" heißt es in Nr. 3 der Policen-
bedingungen unter anderem:
"3.1
Auf schriftlichen Antrag des Versicherungsnehmers
werden einige oder alle dem Vertrag zugeteilte Ei n-
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heiten/Anteile von C. M. eingelöst und un-
ter nachstehenden Bedingungen ein Betrag in Höhe
des
Rücknahmewerts
der
eingelösten
Einhei-
ten/Anteile (vorbehaltlich der Bestimmungen von A b-
schnitt 3.2) gezahlt:
3.1.1 C. M. behält sich das Recht vor, das Aus-
zahlungsgesuch zu verweigern, wenn der Rücknah-
mewert der Einheiten/Anteile, die eingelöst werden
oder in einem Fonds/Pool verbleiben sollen, nach
dieser Einlösung geringer wäre als das von C.
M. gestattete und dem Versicherungsnehmer zu
diesem Zeitpunkt mitgeteilte Minimum.
3.1.2 Der Rücknahmepreis, auf den in diesem Abschnitt
Bezug genommen wird, ist der Rücknahmepreis am
Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den
Eingang des vorstehend genannten Gesuchs des
Versicherungsnehmers, es sei denn, es wurden re-
gelmäßige Auszahlungen erbeten. In diesem Fall ist
es der Rücknahmepreis am Bewertungstermin unmit-
telbar vor dem/den vom Versicherungsnehmer ge-
wählten Auszahlungsdatum/daten; …
3.1.5 Werden alle einem Vertrag zugeteilten Einheiten/
Anteile eingelöst, wird der Vertrag ebenfalls aufgeh o-
ben.
3.2
Bezieht sich die Auszahlung auf Anteile an einem
Pool mit garantiertem Wertzuwachs:
a)
kann dem Wert der am Ende der Laufzeit zum Rück-
nahmepreis eingelösten Anteile ein Fälligkeitsbonus
hinzugefügt werden;
b)
kann im Fall der Rückgabe eines Vertrags oder einer
Auszahlung dem Wert der zum Rücknahmepreis ein-
gelösten Anteile ein Rückgabebonus hinzugefügt
werden. Greift der Rückgabebonus zwar, doch sein
Wert ist Null, reduziert sich der Wert der zum Rüc k-
nahmepreis eingelösten Anteile eventuell um die
Marktpreisanpassung."
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Die Beklagte nahm zunächst die Auszahlungen gemäß Versich e-
rungsschein vor, reduzierte jedoch zur Deckung dieser Auszahlungen die
Anzahl der dem Kläger zugewiesenen Poolanteile, so dass der Ver-
tragswert der Versicherung sank. Sie übersandte dem Kläger jährlich
Kontoauszüge, aus denen sich unter anderem der deklarierte Wertzu-
wachs und der jeweils aktuelle Vertragswert ergab en.
Der Kläger wurde später von der Kreditgeberin zur Geltendma-
chung von Schadensersatzansprüchen im eigenen Namen ermächt igt.
Er behauptet, ihm sei vom Untervermittler versprochen worden,
dass eine Rendite von durchschnittlich 8,5% erzielt werde. Außerdem sei
er unter anderem über die Marktpreisanpassungen, das "Glättungsver-
fahren" und die Quersubventionierung aller Versicherungsnehmer aus
den gebildeten Reserven nicht aufgeklärt worden. Das Verhalten des Un-
tervermittlers sei der Beklagten zuzurechnen, da sie den Vertrieb ihrer
Lebensversicherungen in Deutschland vollständig auf Masterdistribut o-
ren und Untervermittler ausgelagert habe. Er sei daher so zu stellen, als
sei es zu der Beteiligung am "Europlan" nicht gekommen. Der Kläger
verlangt die Erstattung der von ihm für den "Europlan" erbrachten Auf-
wendungen (Einzahlungen in den Investmentfonds und Kreditvermitt-
lungsgebühr) und die Freistellung von seinen Darlehensverbindlichke i-
ten, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus dem Lebensvers i-
cherungsvertrag und dem Investmentfonds, sowie Ersatz seiner vorpro-
zessualen Rechtsanwaltskosten. Nach rechtlichen Hinweisen des Beru-
fungsgerichts hat er seine Klage um den Hilfsantrag auf Feststellung e r-
weitert, dass die Beklagte zu regelmäßigen Auszahlungen gemäß dem
Versicherungsschein verpflichtet ist.
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Die Beklagte behauptet, sie habe den "Europlan", der durch unab-
hängige Makler vertrieben worden sei, weder entwickelt noch beworben
oder angeboten. Auch von der Fremdfinanzierung habe sie keine Kenn t-
nis gehabt. Sie vertritt daher die Auffassung, dass ihr ein etwaiges Ver-
schulden des Vermittlers nicht zuzurechnen sei. Die Schad ensersatzan-
sprüche des Klägers seien jedenfalls verjährt, da de m Kläger spätestens
im Jahr 2004 aufgrund der jährlichen Zusendung der Kontoauszüge b e-
kannt gewesen sei, dass die für sein Anlagekonzept erforderliche Rend i-
te nicht erzielt werde. Auch der Feststellungsantrag sei unbegründet,
weil die regelmäßigen Auszahlungen nach den Policenbedingungen und
der Verbraucherinformation unter dem Vorbehalt einer ausreichenden
Kapitaldeckung durch die Poolanteile stünden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht
hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass die Beklagte zur Er-
füllung des Auszahlungsplans verpflichtet ist, und die Klage im Übrigen
unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgewiesen. Hierge-
gen wenden sich, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, die Revi-
sion der Beklagten, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-
teils erstrebt, und die Anschlussrevision des Klägers, der seinen Haupt-
antrag auf Schadensersatz weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hauptantrag u n-
begründet. Dem Kläger sei kein Schaden entstanden, weil ihm der mit
dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung zustehe.
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Der Zulässigkeit des hilfsweise gestellten Antrags auf Feststellung
der Erfüllungspflicht stehe die Abtretung der Ansprüche aus dem Vers i-
cherungsvertrag an die kreditgebende Bank nicht entgegen. Streitgegen-
stand sei trotz der Abtretung ein Rechtsverhältnis zwischen den Parte i-
en.
Der Kläger habe einen Anspruch auf die im Versicherungsschein
vorgesehenen vierteljährlichen Auszahlungen. Die im Versicherung s-
schein enthaltenen Erklärungen zu den "regelmäßigen Auszahlungen"
stellten Individualvereinbarungen dar und hätten als solche Vorrang g e-
genüber etwaigen abweichenden Regelungen in den Policenbedingu n-
gen. Die Einschränkung der Leistungspflicht in den Policenbedingungen
sei im Übrigen überraschend, § 305c Abs. 1 BGB; jedenfalls verstoße die
Regelung gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die
"Verbraucherinformationen" seien bereits nicht wirksam in den Vertrag
einbezogen. Die Leistungspflicht der Beklagten stehe daher nicht unter
dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung; vielmehr sei die B e-
klagte zu den Auszahlungen ohne Rücknahme von Poolanteilen ver-
pflichtet.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in al-
len Punkten stand.
1. Die Revision der Beklagten ist begründet, da das Berufungsge-
richt zu der Frage, ob eine Verpflichtung zur Erfüllung der in den V ersi-
cherungsscheinen festgelegten Auszahlungspläne besteht, weitere Fes t-
stellungen treffen muss.
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a) Der Antrag auf Feststellung der Erfüllungspflicht ist zulässig.
aa) Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit deutscher
Gerichte - die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsve r-
fahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteile vom 1. März 2011
- XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9; vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09,
BGHZ 184, 365 Rn. 17; vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ
153, 82, 85) - gegeben. Sie folgt sowohl aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. b als
auch aus Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO.
bb) Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten
Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO.
(1) Zwar besteht das festzustellende Rechtsverhältnis entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zwischen den Parteien die-
ses Rechtsstreits, sondern zwischen der Beklagten und der kreditgewäh-
renden Bank, an die der Kläger seine Rechte aus dem Lebensversiche-
rungsvertrag abgetreten hat. Dass die Ermächtigung der Kreditgeberin
nur die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erfasst, steht
der Zulässigkeit des auf Feststellung der Erfüllungsansprüche gericht e-
ten Antrags aber nicht entgegen. Nach ständiger Recht sprechung des
Bundesgerichtshofs kann der Feststellungsantrag auch auf Feststellung
eines Rechtsverhältnisses zwischen der beklagten Partei und einem Dri t-
ten gerichtet sein, wenn dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der
Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger an der alsbal-
digen Klärung ein rechtliches Interesse hat (BGH, Urteile vom 25. Febru-
ar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 125 f.; vom 16. Juni 1993 - VIII
ZR 222/92, NJW 1993, 2539, 2540 unter II 1; vom 2. Juli 2007 - II ZR
111/05, NJW 2008, 69, 71 Rn. 22, jeweils m.w.N.). Ausreichend ist, dass
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der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses in
seinem Rechtsbereich wenigstens mittelbar betroffen wird (BGH, Urteil
vom 16. Juni 1993 aaO). Der Kläger ist von dem streitgegenständlichen
Rechtsverhältnis aufgrund seiner Stellung als Versicherungsnehmer und
seiner Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht nur mittelbar,
sondern sogar unmittelbar betroffen. Da sich die Beklagte auf den
Standpunkt stellt, die regelmäßigen Auszahlungen nur unter Rücknahme
einer die Auszahlungen deckenden Anzahl von Poolanteilen vornehmen
zu müssen, steht der Kläger vor der Wahl, entweder die Darlehenszinsen
aus eigenen Mitteln zu decken oder eine Reduzierung der Anzahl der
ihm zugewiesenen Poolanteile in Kauf zu nehmen.
(2) Unerheblich ist, dass das Berufungsgericht im Tenor nur die
Zahlungspflicht festgestellt und offen gelassen hat, an wen die Zahlu n-
gen zu leisten sind. Gegen die Zulässigkeit des entsprechenden Antrags
des Klägers bestehen - entgegen der Auffassung der Beklagten - keine
Bedenken. Durch die Bezugnahme auf den Versicherungsschein und
durch Konkretisierung nach Betrag und Zahlungsdatum ist der Recht s-
grund der Zahlungspflicht klargestellt. Als Gläubigerin kommt gegenw är-
tig aufgrund der Sicherungsabtretung nur die Kreditgeberin in Betracht.
Der Antrag ist daher auf die Feststellung eines konkreten Rechts verhält-
nisses und nicht auf die - unzulässige (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000
- VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445 unter II 2 m.w.N.) - Klärung einer ab-
strakten Rechtsfrage gerichtet.
(3) Einem Feststellungsinteresse des Klägers steht weiter nicht
entgegen, dass die Beklagte bisher alle beantragten Auszahlungen g e-
leistet hat und bereit ist, diese auch weiterhin zu leis ten, solange einlös-
bare Anteile vorhanden sind. Das rechtliche Interesse an der alsbaldigen
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Feststellung setzt voraus, dass dem Recht oder der Rechtslage eine g e-
genwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil
geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 16. September
2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751, 752 unter III 1 b m.w.N.). Eine Ge-
fährdung besteht, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers ernstlich b e-
streitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986,
2507 unter II 1).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte bestreitet,
zur Vornahme der regelmäßigen Auszahlungen ohne Reduzierung von
Anteilen verpflichtet zu sein, und stellt sich stattdessen auf den Stan d-
punkt, nur so lange Auszahlungen vornehmen zu müssen, wie auch aus-
reichende Anteile des Klägers im Pool vorhanden sind. Dementspr e-
chend hat sie eine die regelmäßigen Auszahlungen deckende Anzahl von
Poolanteilen zurückgenommen und dem Kläger mit den jährlichen Info r-
mationen die reduzierten Vertragswerte mitgeteilt. Da die Beklagte be-
reits aktuell ihre Verpflichtung zu regelmäßigen Auszahlungen ohne R e-
duzierung von Anteilen bestreitet, hat der Kläger an der alsbaldigen
Feststellung einer vorbehaltlosen Zahlungspflicht ein rechtliches Intere s-
se.
b) Die Begründetheit des Feststellungsantrags kann der Senat
nicht abschließend prüfen. Zur Klärung der Frage, ob d ie Beklagte aus
dem Lebensversicherungsvertrag zur Leistung der im Versicherungs-
schein vorgesehenen "regelmäßigen Auszahlungen" verpflichtet ist, be-
darf es weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts .
aa) Nach dem objektiven Erklärungsgehalt von Angebot und A n-
nahme ist die Beklagte allerdings zur Vornahme der regelmäßigen Au s-
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zahlungen als Teil ihres Hauptleistungsversprechens ver pflichtet. Der
Kläger hat die vierteljährlichen Auszahlungen in der Anlage zu seinem
Versicherungsantrag vom 23. August 2001 beantragt. Dieses Angebot
hat die Beklagte durch Zusendung des dem Antrag inhaltlich entspre-
chenden Versicherungsscheins angenommen. Sowohl im Versicherungs-
antrag als auch im Versicherungsschein sind die Auszahlungen hinsich t-
lich Betrag und Auszahlungsdatum aufgeführt, ohne dass sie dort an we i-
tere Voraussetzungen, insbesondere das Bestehen eines genügenden
Versicherungswerts im Zeitpunkt der vorgesehenen Auszahlung, ge-
knüpft sind. Ein über die Auszahlungen hinaus gehender eventueller
Mehrertrag aus der Lebensversicherung sollte den zusätzlichen Gewinn
des Klägers darstellen. Nur dieser war betragsmäßig noch nicht festg e-
legt.
Die dem Versicherungsantrag entsprechende Wiedergabe der
Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versicherungsscheins kann daher
aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) nicht anders verstan-
den werden, als dass diese Beträge zu den angegebenen Zahlungste r-
minen geleistet werden sollen und es sich damit um einen Bestandteil
der vom Versicherer zugesagten Versicherungsleistung handelt.
Das ergibt sich auch daraus, dass die Aufteilung in der Höhe nach
garantierte Zahlungen sowie der Höhe nach ungewisse Zusat zzahlungen
aus einer Überschussbeteiligung der üblichen Praxis bei traditionell auf
dem deutschen Versicherungsmarkt angebotenen Rentenversicherungen
gegen Einmalzahlung entspricht. Die Angabe von festen Zahlbeträgen zu
bestimmten Terminen ohne eine an dieser Stelle vorgenommene Ein-
schränkung lässt die genannten Zahlungen als eine garantierte Versich e-
rungsleistung erscheinen. Zusätzlich gestützt wird dieses Verständnis
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dadurch, dass in der "Erklärung des Antragstellers" in den Antragsformu-
laren unter Buchstabe I. auf die "beantragten Versicherungsleistungen"
Bezug genommen wird; unter Buchstabe "H. Wichtige Hinweise" wird da-
rauf verwiesen, dass "ein Teil oder alle der Versicherungsleistungen "
hinfällig werden können, wenn die Angaben des Antragstellers nicht zu-
treffend sind. Beide Formulierungen lassen sich auf die unter F. bea n-
tragten regelmäßigen Auszahlungen beziehen.
bb) Diese Verpflichtung der Beklagten ist weder durch die "Poli-
cenbedingungen", auf die im Versicherungsschein verwiesen wird, noch
durch die "Verbraucherinformation" wirksam beschränkt oder an zusätzli-
che Voraussetzungen geknüpft worden.
(1) Die "Verbraucherinformation" ist - wovon auch das Berufungs-
gericht ausgeht - bereits nicht Vertragsbestandteil geworden, da sic h
weder im Antrag noch im Versicherungsschein noch in den Policenbe-
dingungen ein Hinweis darauf findet, dass diese Informationen als Al l-
gemeine Geschäftsbedingungen den Vertragsinhalt mitbestimmen sollen;
ein Einbeziehungshinweis i.S. von § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB fehlt. Grund-
lage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10a VAG in der
vom 28. Dezember 2000 bis 30. April 2002 gültigen Fassung. Danach
dient die Verbraucherinformation allein der Unterrichtung des Versich e-
rungsnehmers über die - anderweitig geregelten - für das Versicherungs-
verhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, dagegen nicht einer a b-
ändernden Ausgestaltung jener Regelungen. Es handelt sich folglich nur
um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretat i-
on der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere
soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Die Qualität Allgemeiner
Geschäftsbedingungen ist ihr nicht beizumessen.
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(2) Dagegen sind die Policenbedingungen wirksam in den Vertrag
einbezogen. Hierfür kann es dahinstehen, ob die vom Kläger unter Buch-
stabe I. des Antragsformulars abgegebene Erklärung über den Erhalt der
Policenbedingungen, die sich ihrem Wortlaut nach eher als reine Em p-
fangsbestätigung darstellt, für eine Einbeziehung gemäß § 305 BGB ge-
nügt. Denn eine Einbeziehung ist zumindest aufgrund des Hinweises im
Versicherungsschein erfolgt.
(3) Jedoch lässt sich diesen Policenbedingungen, insbesondere
deren Nr. 3, nicht entnehmen, dass die beantragten und im Versich e-
rungsschein wiedergegebenen Auszahlungen davon abhängig sein so l-
len, dass genügend Anteile mit einem ausreichenden Rücknahmewert
zum vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt vorhanden sind.
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter
Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher
Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer
Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs
verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines
Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse
und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23. Juni 1993
- IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 und ständig).
Danach ist nicht anzunehmen, dass die Regelungen unter Nr. 3.1
der Policenbedingungen auch auf solche Auszahlungen Anwendung fin-
den sollen, die dem Versicherungsnehmer auf seinen Versicherungsa n-
trag hin bereits im Versicherungsschein vorbehaltlos als zu erbringende
Versicherungsleistung zugesagt sind. Ein durchschnittlicher Versiche-
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rungsnehmer muss nicht damit rechnen, dass diese Leistung an weitere,
im Versicherungsschein nicht genannte Voraussetzungen geknüpft sein
soll. Er wird die Formulierung "Auf schriftlichen Antrag des Versiche-
rungsnehmers" am Satzanfang der Klausel deshalb so verstehen, dass
sie nur solche Anträge erfasst, die erst nach Vertragsschluss von ihm
gestellt werden und über die der Versicherer nach Maßgabe der Vers i-
cherungsbedingungen neu zu entscheiden hat. Dagegen wird er die im
Versicherungsantrag gestellten Auszahlungsanträge als durch die Auf-
nahme der entsprechenden Auszahlungen in den Versicherungsschein
positiv beschieden ansehen.
Diesem Verständnis stehen auch die weiteren Bestimmungen unter
Nr. 3.1.2 und Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nicht entgegen. Zwa r
wird in Abschnitt Nr. 3.1.2 hinsichtlich des Bewertungstermins zwischen
einmaligen und regelmäßigen Auszahlungen differenziert; jedoch lässt
sich auch daraus nicht der Schluss ziehen, dass bereits bei Vertrags an-
bahnung erbetene und mit dem Vertragsschluss vereinbarte Auszahlun-
gen der Klausel unterliegen sollen. Zum einen müssen regelmäßige Au s-
zahlungen nicht zwingend bei Vertragsschluss beantragt werden. Zum
anderen wäre es wenig einleuchtend, dass auch für eine unter Buchst a-
be F. des Antragsformulars beantragte, im Versicherungsschein enthal-
tene, aber erst erheblich später fällig werdende unregelmäßige Ausza h-
lung der "Bewertungstermin unmittelbar im Anschluss an den Eingang
des vorstehend genannten Gesuchs des Versicherungsnehmers " maß-
geblich sein soll. Diese Regelungspricht daher ebenfalls dafür, dass sie
nur für nach Vertragsschluss beantragte, sofort fällige Auszahlungen
Geltung beanspruchen will. Unter diesen Umständen kann auch der
Nr. 3.1.5 der Policenbedingungen nur entnommen werden, dass sie die
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Rechtsfolgen einer Einlösung aller zugeteilten Anteile aufgrund nachträ g-
licher Auszahlungsgesuche des Versicherungsnehmers regeln will.
(4) Bei einem anderen Verständnis verstößt die das Leistungsver-
sprechen einschränkende Regelung gegen das Transparenzgebot nach
§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Dieses verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingu n-
gen, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar
und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die
wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie
dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsur teile vom
26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom
23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f.; vom 8. Oktober
1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401). Eine Regelung hält deshalb
einer Inhaltskontrolle nach dem Transparenzgebot auch dann nicht
stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niederg e-
legt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenha ng zu bringen sind,
oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung
auf mehrere Stellen verdunkelt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2005
aaO S. 214).
Diesen Anforderungen genügt die Regelung in den Policenbedi n-
gungen, sofern sie auch im Versicherungsantrag beantragte und in den
Versicherungsschein aufgenommene Auszahlungen erfassen sollte,
nicht. Die Klauseln verdeutlichen dem Versicherungsnehmer nicht hinre i-
chend, dass auch gemäß Versicherungsschein versprochene Zahlungen
dann nicht bis zum Schluss in voller Höhe erbracht werden können,
wenn die verbleibenden Anteile nicht einen ausreichenden Wertzuwachs
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erreichen. Selbst wenn es als noch hinnehmbar angesehen wird, dass
bei der Nennung der Auszahlungsbeträge auf Seite 2 des Versiche-
rungsscheins jeglicher Vorbehalt im Hinblick auf die Wertentwicklung der
Anteile fehlt, weil auf Seite 1 des Versicherungsscheins pauschal auf die
Policenbedingungen verwiesen ist, so hätte dann jedenfalls in diesen
Bedingungen ein klarer Hinweis auf die zusätzlichen Voraussetzungen
für die Auszahlung enthalten sein müssen.
Eine klare und durchschaubare Darstellung in diesem Sinne hätte
es erfordert, den Versicherungsnehmer unmissverständlich darauf hi n-
zuweisen, dass es sich auch insoweit um den ein schränkenden Bedin-
gungen unterliegende Auszahlungsgesuche "auf schriftlichen Antrag des
Versicherungsnehmers" sowie um eine Einlösung von Anteilen i.S. von
Nr. 3.1 der Bedingungen handelt. Dies erschließt sich dem durchschnitt-
lichen Versicherungsnehmer nicht, sondern kann allenfalls einer ihn
überfordernden Gesamtschau der Regelungen entnommen werden. Da-
bei wäre ein eindeutiger Hinweis problemlos und somit "den Umständen
nach" möglich gewesen.
Ferner fehlt in den Bedingungen ein ausreichend deutlicher Hin-
weis auf die wirtschaftlichen Nachteile vorzeitiger Auszahlungen, die
insbesondere darin liegen, dass das Kapital aufgezehrt werden kann und
dass weitere scheinbar vorbehaltlos festgelegte Auszahlungen nicht g e-
sichert sind.
Die mangelnde Transparenz der Regelung wird auch durch die zu-
sätzlichen Erläuterungen in der Verbraucherinformation nicht beseitigt. In
deren Nr. 5.2.1 fehlt jeglicher Bezug der Aussage zu vorzeitigen Ausza h-
lungen und Nr. 5.2.2 enthält lediglich den allgemeinen Hinweis auf eine
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verringerte Rendite aufgrund vorzeitiger Auszahlungen, macht aber nicht
deutlich, dass dies die zugesagten Auszahlungen selbst in Frage stellen
kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann dieser Aussage
ebenfalls nur entnehmen, dass die von ihm erhoffte Gesamtrendite ge-
ringer ausfallen wird als wenn er auf vorzeitige Auszahlungen verzichtet.
Er wird dies jedoch vornehmlich auf den zusätzlich zu bereits festgele g-
ten Auszahlungsbeträgen erhofften Überschuss beziehen, dagegen nicht
annehmen, dass von diesem Hinweis auch betragsmäßig festgelegte
Auszahlungen betroffen sein sollen. Hierdurch wird die Gefahr, dass die
als Versicherungsleistung aufgeführten Zahlungen summenmäßig am
Ende nicht erbracht werden, eher verschleiert als au fgezeigt. Auch in
Nr. 10 der Verbraucherinformation findet sich unter der Überschrift "Aus-
zahlungen" kein deutlicher Hinweis darauf, dass in den Versicherung s-
schein betragsmäßig aufgenommene Auszahlungen vom Eintritt einer
bestimmten Wertentwicklung abhängig sein sollen.
Der Hinweis auf das Risiko des Totalverlusts des eingesetzten K a-
pitals im Prospekt zum Europlan ist für die Frage der Transparenz der
Regelungen in den Policenbedingungen unerheblich. Im "Beratungspro-
tokoll" wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bek lagte für den
Prospekt nicht verantwortlich ist, sowie darauf, dass für die Wealthmas-
ter-Police das Antragsformular und die Versicherungsbedingungen allein
verbindlich sind. Der Kläger hatte daher keinen Anlass, den Inhalt des
Prospekts zur Beurteilung seiner Rechte und Pflichten aus dem Lebens-
versicherungsvertrag heranzuziehen.
cc) Allerdings hätte das Berufungsgericht der unter Beweis gestel l-
ten Behauptung nachgehen müssen, der Vermittler habe dem Kläger mit
der erforderlichen Klarheit erläutert, dass die im Versicherungsschein
45
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- 20 -
vorgesehenen regelmäßigen Auszahlungen nur gegen Rücknahme von
Anteilen geleistet werden, und der Kläger habe diese Erläuterung ve r-
standen und als Vertragsinhalt akzeptiert.
Zwar hat die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen und
damit auch der hier in Rede stehenden Allgemeinen Versicherungsb e-
dingungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen,
der am Willen und Interesse der beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet
sein muss, so dass es grundsätzlich auf das Verständnis der Versicher-
ten in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf das Verständnis der am vorli e-
genden Verfahren beteiligten Parteien ankommt. Jedoch erfährt dieser
Grundsatz eine Einschränkung dann, wenn sich Verwender und Kunde
oder Versicherter im Einzelfall über ein von dem Ergebnis objektiver
Auslegung abweichendes Verständnis des Sinngehalts der Regelung
- auch durch schlüssiges Handeln - einigen; dann geht diese überein-
stimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung dem Ergebnis
der objektiven Auslegung vor (Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - IV ZR
54/05, VersR 2006, 1246 unter II 3).
dd) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift
gegenüber den Erfüllungsansprüchen nicht. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 VVG a.F. verjährt der Erfüllungsanspruch in fünf Jahren, wo-
bei der Lauf der Verjährung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. erst mit
Schluss des Jahres beginnt, in dem die Leistung verlangt werden kann.
Das setzt die Fälligkeit des Anspruchs voraus (Senatsurteil vom 13. März
2002 - IV ZR 40/01, VersR 2002, 698 unter 2; st. Rspr.). Auch der Lauf
der nunmehr geltenden Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195
BGB i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB beginnt frühestens mit Ende des Jahres, in
dem der Anspruch entstanden, d.h. fällig geworden ist (BGH, Urteil vom
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- 21 -
8. Juli 2008 - XI ZR 230/07, NJW -RR 2009, 378 m.w.N.; st. Rspr.).Der
Feststellungsantrag bezieht sich auf Zahlungen, die ab dem 20. Septem-
ber 2011 fällig werden. Da die den Feststellungsantrag beinhaltende
Klageerweiterung der Beklagten bereits im Juli 2011 zugestellt wurde,
kommt eine Verjährung nicht in Betracht.
2. Die Anschlussrevision des Klägers ist begründet. Das Beru-
fungsgericht hat den Eintritt eines Schadens mit einer rechtlich nicht
tragfähigen Begründung verneint.
a) Auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Sac h-
verhalts hat die Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen ihre
Aufklärungspflichten verletzt.
aa) Das Verhalten des Untervermittlers ist ihr nach § 278 BGB zu-
zurechnen. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Ve r-
tragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermit t-
ler - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit
auch für den Vertragspartner - in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichten-
kreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (BGH, Urteile vom
14. November 2000 - XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 unter II 2; vom
9. Juli 1998 - III ZR 158/97, VersR 1998, 1093 unter II 2; vom
24. September 1996 - XI ZR 318/95, VersR 1997, 877 unter II 1). Eine
solche umfassende Aufgabenübertragung ist hier erfolgt. Die Beklagte
hat ihre Lebensversicherung "Wealthmaster Noble" unter Verzicht auf ein
eigenes Vertriebssystem im Rahmen eines so genannten Strukturver-
triebs über rechtlich selbständige Vermittler, die ihrerseits Untervermitt-
ler eingesetzt haben, veräußert, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt
zu treten. Sie hat es also diesen Vermittlern überlassen, den Versich e-
49
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- 22 -
rungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen
dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebot e-
nen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu b e-
antworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen.
bb) Zur Frage der Aufklärungspflichtverletzung, insbesondere zum
Inhalt des Vertragsgesprächs, hat das Berufungsgericht, das einen
Schaden verneint hat, keine Feststellungen getroffen. Bereits auf Grun d-
lage des unstreitigen Vortrags ist jedoch von einer Pflichtverletzung im
Rahmen der Vertragsverhandlungen auszugehen.
(1) Der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden L e-
bensversicherung stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlag e-
geschäft dar. Gegenüber der Renditeerwartung war die Versicherung des
Todesfallrisikos von untergeordneter Bedeutung. Dies zeigt sich schon
daran, dass die garantierte Todesfallleistung nur "101,00% des Rück-
nahmewertes von Einheiten/Anteilen" beträgt. Die Beklagte war daher
nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufkl ä-
rung bei Anlagegeschäften verpflichtet, den Kläger bereits im Rahmen
der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vol l-
ständig zu informieren, die für seinen Anlageentschluss von besonderer
Bedeutung waren. Das gilt insbesondere für die mit der angebotenen B e-
teiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken (vgl. BGH, Urteile
vom 9. Juli 1998 aaO unter I 1; vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, WM
2005, 833 unter II 2 b; vom 17. Februar 2011 - III ZR 144/10, NJW -RR
2011, 910 Rn. 9).
(2) Eine Verletzung dieser Aufklärungspflichten ist zunächst darin
zu sehen, dass die Beklagte ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes,
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- 23 -
zu positives Bild der Renditeerwartung gegeben hat. Bei Vertragsab-
schluss wurde gegenüber dem Kläger der Eindruck erweckt, dass die
Prognose einer Durchschnittsrendite von 8,5% realistisch ist. In den "un-
verbindlichen Musterberechnungen", mit denen der Kläger über die zu
erwartende Wertentwicklung aufgeklärt worden ist, wird jeweils auf den
Seiten 5 und 6 eine Rendite von 8,5% zugrunde gelegt, die auf Seite 1
bei der Ablaufleistung und auf Seite 2-4 bei der Todesfallleistung als al-
leiniger Wert angenommen wird. Die Musterberechnungen erwecken da-
her den Eindruck, dass mit dieser Rendite aufgrund einer sachlich g e-
rechtfertigten Prognose gerechnet werden kann. Tatsächlich hat die Be-
klagte - wie sich auch aus Ziff. 5 der Hinweise zu den "unverbindlichen
Musterberechnungen" ergibt - aber nur die Prognose einer Wertentwick-
lung von 6% als gerechtfertigt angesehen. Zwar war dem Kläger nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts bewusst, dass die Rendite
aus der Lebensversicherung nicht garantiert ist. Dies steht einer Aufklä-
rungspflichtverletzung aber nicht entgegen, da die Beklagte eine konkre-
te Renditeprognose abgegeben hat. Werden konkrete Aussagen über ei-
ne zu erwartende Wertentwicklung gemacht, müssen diese ein realist i-
sches Bild vermitteln; zeichnet sich bereits bei Vertragsschluss ab, dass
diese Werte tatsächlich nicht erreicht werden können, ist der Interessent
hierüber aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2012 - IV ZR
194/09, VersR 2012, 601 Rn. 38; BGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - V ZR
71/07, NJW 2008, 3059 unter 1 b; OLG Düsseldorf VersR 2001, 705 un-
ter 1). An einer solchen Aufklärung fehlt es. Sie ergibt sich insbesondere
nicht aus Ziff. 5 der Hinweise in den "unverbindlichen Musterberechnun-
gen". Auch wenn dort die von der Beklagten tatsächlich angenommene
Wertentwicklung von 6% erwähnt wird, ist dieser Hinweis angesichts des
Umstands, dass auf sämtlichen Seiten zuvor die Musterberechnun g
durchgehend auf der Grundlage einer Rendite von 8,5% durchgeführt
- 24 -
wurde und sich der Hinweis auf die tatsächlich angenommene - nie-
drigere - Wertentwicklung nur kleingedruckt und erst auf Seite 7 der
Musterberechnung findet, nicht ausreichend; Anordnung und Kontext des
Hinweises gewährleisten nicht, dass der Anleger hiervon in der gebot e-
nen Weise Kenntnis nimmt. Zur Aufklärung ungeeignet ist auch der Hin-
weis im "Beratungsprotokoll", dass das Endkapital bzw. die Europlan-
Rente niedriger als kalkuliert ausfallen könne, "falls die kalkulierte Rendi-
te von 8,5% bezogen auf das Nettoanlagevermögen nicht erreicht wird ".
Vielmehr wird hiermit nochmals bekräftigt, dass eine Rendite von 8,5%
als realistische Kalkulationsgrundlage anzusehen ist. Nach de m "Bera-
tungsprotokoll" wurde der Kläger zwar auch darüber informiert, dass "die
garantierte Jahresdividende in der Regel niedriger ist als der Effekti v-
zinssatz für das aufzunehmende Darlehen". Die Rendite setzt sich aber
aus dem garantierten Wertzuwachs und dem nicht ga rantierten Fällig-
keitsbonus zusammen, so dass auch dieser Hinweis nichts über die G e-
samthöhe der zu erwartenden Wertentwicklung aussagt.
(3) Der Kläger beanstandet darüber hinaus zu Recht die Informat i-
onen zur Verwaltung der Versicherungsbeiträge. Er trägt vor, er sei nicht
über die Funktionsweise und die Bedeutung des Glättungsverfahrens
("smoothing") informiert worden, das dazu führe, dass hohe Renditen
nicht zu erzielen seien.
Unstreitig gibt die Beklagte im Rahmen des Glättungsverfahrens
nur einen Teil der mit den Einmalzahlungen erzielten Rendite über den
deklarierten Wertzuwachs an die Anleger weiter und überführt den and e-
ren Teil in Rücklagen, die einer Stützung von Auszahlungen und dekl a-
rierten Wertzuwächsen bei negativer Entwicklung an d en Aktienmärkten
dienen sollen. Der Umfang der Reservenbildung unterliegt der Erme s-
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- 25 -
sensentscheidung der Beklagten. An den gebildeten Reserven können
die Anleger durch die - nicht garantierten - Fälligkeitsboni beteiligt wer-
den, die auf die am Ende der Vertragslaufzeit verbliebenen Anteile, ge-
gebenenfalls auch auf beantragte regelmäßige Auszahlungen geleistet
werden.
Im Vorfeld des Vertragsschlusses hätte es einer Aufklärung über
die Besonderheiten des so beschriebenen Glättungsverfahrens bedurft.
Dass die Beklagte unter Berücksichtigung der Vergangenheitsrenditen
und einer Prognose der zukünftigen Wertentwicklung entscheidet, in we l-
cher Höhe die Gesamtrendite in Reserven fließt, dass also die Anleger
gegebenenfalls nur zu einem geringen Anteil hieran beteiligt werden, ist
für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung. In den Police n-
bedingungen findet sich entgegen der Auffassung der Beklagten keine
Erläuterung des Glättungsverfahrens. Unter Nr. 2.9.2 b) wird im letzten
Satz lediglich darauf hingewiesen, dass es "unter besonders schlechten
Investmentbedingungen … zu einem sehr niedrigen deklarierten Wertzu-
wachs kommen (kann), um dadurch die Interessen der Anleger zu schüt-
zen". Ähnlich nichtssagend ist Nr. 5.2.3 Abs. 3 der Verbraucherinformati-
on. Hiernach kann "unter besonders schlechten Investmentbedingungen
(…) der deklarierte Wertzuwachs besonders niedrig sein, um den Pool zu
schützen. C. M. hat jedoch seit 1824 noch nie eine Bonuszah-
lung ausgelassen - selbst durch Weltkriege und Börsenkrisen hindurch".
Auch aus dieser Formulierung kann der Versicherungsnehmer die Fun k-
tionsweise und die Bedeutung des Glättungsverfahrens für die Entwic k-
lung des Vertragswertes nicht ersehen.
(4) Auch über die poolübergreifende Reservenbildung wurde der
Kläger nicht hinreichend aufgeklärt. Er beanstandet, dass die Beklagte
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- 26 -
alle Vermögenswerte einheitlich in ihrem Lebensversicherungsfond s
verwalte und für alle Versicherungsnehmer gemeinsame Rücklagen bil-
de, so dass es zu einer Quersubventionierung zwischen den Pools kom-
me. Diese Behauptung wird von der Beklagten nicht bestritten; sie ve r-
weist lediglich darauf, dass die als Einmalzahlungen erbrachten Verm ö-
genswerte im Lebensversicherungsfonds der Beklagten zusammeng e-
fasst werden. Zur Erfüllung der Garantieansprüche der Anleger werde
primär auf die für die einzelnen Pools gebildeten Reserven, sekundär auf
die Gesamtreserven im Lebensversicherungsfonds zurückgegriffen.
Bei dieser poolübergreifenden Reservenbildung handelt es sich um
einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand, über den die
Beklagte hätte aufklären müssen. Die Policenbedingungen enthalten
hierzu keine Erläuterung. Unter Nr. 2 heißt es lediglich:
"2.1 C. M. unterhält oder veranlasst die Unterhal-
tung einer Reihe deutlich abgegrenzter Investmentfonds
und Pools mit garantiertem Wertzuwachs, die jeweils
durch ein getrenntes Konto oder eine getrennte Aufste l-
lung innerhalb des Lebensversicherungsfonds von
C. M. vertreten sind. Jeder interne Invest-
mentfonds/Pool ist in Einheiten/Anteile unterteilt.
(…)
2.6 Die Unterteilung der Fonds/Pools in Einheiten/Anteile
und die Zuteilung geschehen lediglich zum Zweck der
Berechnung von Leistungen, die unter bestimmten von
C. M. ausgestellten Verträgen zahlbar sind.
Die Vermögenswerte der Fonds/Pools gehören immer
C. M. , während der Versicherungsnehmer
- unter dem Vorbehalt der Policenbedingungen - einen
Anspruch auf den Wert der zugeteilten Einheiten/Anteile
besitzt."
59
- 27 -
Dass für alle Pools der Beklagten (auch) gemeinsame Reserven
gebildet werden mit der Folge, dass die mit der Einmalzahlung des Kl ä-
gers erwirtschaftete Rendite auch zur Gewährleistung von Garantiea n-
sprüchen aller anderen Versicherungsnehmer verwendet werden kann,
ergibt sich hieraus nicht mit der erforderlichen Klarheit. Vielmehr wird
durch die Formulierung unter Nr. 2.1 der Eindruck erweckt, dass eine
Quersubventionierung ausgeschlossen ist. Auch hierin liegt eine Aufkl ä-
rungspflichtverletzung der Beklagten.
(5) Der Kläger beanstandet weiter, dass er nicht darüber aufgeklärt
worden sei, in welchen Größenordnungen bei vorzeitigen Auszahlungen
aus der Police Marktpreisanpassungen vorgenommen werden können.
Die Regelungen zur Marktpreisanpassung in den Policenbedingungen
sind jedoch, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, we-
gen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB)
unwirksam, so dass die Beklagte nicht zur Aufklärung hierüber verpflic h-
tet sein konnte. Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allge-
meiner Geschäftsbedingungen, dass die Klauseln wirtschaftliche Nac h-
teile und Belastungen seines Vertragspartners so weit erkennen lassen
wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (s.o. unter II 1 b bb
(4)). Diesen Anforderungen genügen Klauseln nicht, mit denen der Ver-
sicherer sich ein uneingeschränktes Recht vorbehält, versicherungsve r-
tragliche Rechte und Pflichten abzuändern (Senatsurteil vom 8. Oktober
1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401 f.). Einseitige Bestimmungs-
vorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer
Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig
sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die
Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben
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(BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 unter II
3). An solchen Richtlinien und Grenzen für den Umfang der Mark tpreis-
anpassung fehlt es. Der Kläger wurde durch die Definition des Begriffs
"Marktpreisanpassung" unter Nr. 1.3 und durch Nr. 3.2 der Policenbedin-
gungen sowie laut Ziff. 1 des Beratungsprotokolls lediglich darüber in-
formiert, dass bei einer Rückgabe des Vertrages oder einer Auszahlung
der Wert der eingelösten Anteile reduziert werden kann . Unter Nr. 1.3
der Policenbedingungen und in Nr. 5.2.5 b) der Verbraucherinformation
werden weiter allgemeine Bedingungen beschrieben, unter denen es zu
einem Abzug kommen kann.
Weder die Policenbedingungen noch die Verbraucherinformation
lassen jedoch erkennen, in welchen Größenordnungen eine Reduzierung
des Vertragswerts erfolgen kann. Die Obergrenze wird von der Beklagten
ebenso wie der Umfang des Abzugs im konkreten Fall nach eigenem Er-
messen festgelegt, ohne dass der Versicherungsnehmer ersehen kann,
in welchem Umfang ihn zusätzliche Belastungen treffen.
b) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist dem Kläger
durch den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages ein Schaden
entstanden.
Dieser liegt in der Belastung mit einem für den Kläger nachteiligen
Vertrag. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der
Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Information eine für ihn nachte i-
lige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb
geschädigt (Urteile vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306,
309 f.; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW -RR 2006, 685 Rn. 17;
vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, NJW -RR 2004, 1407 unter II). Zwar
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setzt der auf Rückabwicklung des Vertrages aufgrund einer Verletzung
von Aufklärungspflichten gerichtete Schadensersatzanspruch nach stän-
diger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Vermögensschaden
voraus (Urteile vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302
unter II 2 a bb; vom 19. Dezember 1997 - V ZR 112/96, NJW 1998, 898
unter III 1 a; vom 8. März 2005 aaO; vom 30. März 2007 - V ZR 89/06,
MDR 2007, 823; ebenso OLG Celle NJW -RR 2006, 1283, 1284). Hierfür
genügt aber jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem
aufgrund der Aufklärungspflichtverletzung eingegangenen Vertrag ve r-
bunden ist, so z.B. die nachhaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen
Dispositionsfreiheit (Urteil vom 30. März 2007 aaO). Wer durch ein haf-
tungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrag es verleitet
wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch
bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Ve r-
mögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke
nicht voll brauchbar ist (Urteile vom 8. März 2005 aaO; vom 26. Septem-
ber 1997 aaO unter II 2 b cc).
Das ist hier der Fall. Der Vertrag ist für den Kläger trotz bestehen-
der Erfüllungsansprüche nachteilig, da er ihn in seiner wirtschaftlichen
Dispositionsfreiheit beeinträchtigt. Der Kläger muss die Darlehensve r-
bindlichkeiten, zu deren Eingehung er aufgrund der Renditeversprechen
der Beklagten veranlasst worden ist, nach einer Laufzeit von rund 15
Jahren zurückführen. Hierfür muss er entweder den Verkaufserlös aus
dem neben dem Lebensversicherungsvertrag aus Eigenmitteln angespar-
ten Investmentfondsdepot verwenden oder außerplanmäßige Auszahlun-
gen aus dem Lebensversicherungsvertrag beantragen. Ein weiterer wirt-
schaftlicher Nachteil ergibt sich aus der enttäuschten langfristigen G e-
winnerwartung. Der Kläger muss damit rechnen, dass der deklarierte
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- 30 -
Wertzuwachs deutlich niedriger ausfällt als mit de r "unverbindlichen Mus-
terberechnung" auf Basis einer Rendite von 8,5% prognostiziert. Möglich
ist auch, dass ein Fälligkeitsbonus, mit dem die Anleger am Ende der
Laufzeit an den gebildeten Reserven teilnehmen können, nicht ausge-
zahlt werden wird. Bei zutreffender Information hätte der Kläger erke n-
nen können, dass der versprochene langfristige Gewinn, der niedrige
Kreditzinsen und hohe Renditen voraussetzt, nicht erzielt werden kann.
c) Die Aufklärungspflichtverletzungen sind für den Abschluss des
Lebensversicherungsvertrages und des Darlehensvertrages ursächlich.
Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Aufklärung
und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung b e-
gründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR
249/09, VersR 2011, 395 Rn. 20 m.w.N.; siehe dazu im Einzelnen BGH,
Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10 Rn. 28 ff., zur Veröffentlichung in
BGHZ vorgesehen). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die
diese Vermutung entkräften könnten.
d) Dem Schadensersatzanspruch des Klägers steht nach dem re-
visionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt die Verjährungseinrede der
Beklagten nicht entgegen.
aa) Eine Anwendung des § 12 Abs. 1 VVG a.F. unter dem Ge-
sichtspunkt, dass der Ersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden
wirtschaftlich an die Stelle des vertraglichen Erfüllungsanspruchs getr e-
ten ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Dezember 2009 - IV ZR 195/08,
VersR 2010, 373 Rn. 12; vom 21. Januar 2004 - IV ZR 44/03, VersR
2004, 361 unter II 1 b), kommt hier nicht in Betracht. Der Kläger verlangt,
so gestellt zu werden, als hätte er den Lebensversicherungsvertrag nicht
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geschlossen. Der auf eine Rückabwicklung des Vertrages gerichtete
Schadensersatzanspruch verjährt nach den allgemeinen verjährung s-
rechtlichen Regelungen der §§ 195 ff. BGB (Senatsurteil vom 15. Febru-
ar 2012 - IV ZR 194/09, VersR 2012, 601 Rn. 29), also innerhalb einer
Frist von drei Jahren (§ 195 BGB n.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
EGBGB).
bb) Die Verjährung beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem
Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der
Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt
hat.
(1) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist objektiv mit dem
Abschluss des für ihn wirtschaftlich nachteiligen Lebensversicherungs-
vertrages entstanden. Zwar ist der für den Verjährungsbeginn maßgebl i-
che Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es
zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers
gekommen ist, während der Eintritt einer risikobehafteten Situation dafür
nicht ausreicht. Jedoch kann der auf einer Aufklärungspflichtverletzung
beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, weil
seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entspr e-
chenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden da r-
stellen und ihn daher - unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit
der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die
Rückabwicklung zu verlangen (s.o. unter II 2 b); der Anspruch entsteht
hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der
Anlage (Senatsurteil vom 15. Februar 2012 aaO Rn. 31; BGH, Urteile
vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 10; vom
8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24; vom 10. November
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2009 - XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 46 und vom 8. März 2005 aaO
S. 309 f.), hier also im Jahr 2001.
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte der Kläger je-
doch weder bei Abschluss des Vertrages noch im Jahr 2004 Kenntnis
oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden U m-
ständen. Hierzu gehört bei unzureichender Aufklärung auch die Kenntnis
der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt
(BGH, Urteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, VersR 2003, 511 unter II
3; vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 27; jeweils
m.w.N.). Wird ein Schadensersatzanspruch auf verschiedene Auf klä-
rungsfehler gestützt, ist die Verjährung getrennt für jede einzelne Pflich t-
verletzung zu prüfen. Das gilt auch, wenn die Aufklärungsfehler in de n-
selben Schaden, z.B. den Erwerb einer Kapitalanlage, münden (BGH,
Urteil vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842 Rn. 14).
Ob der Kläger aus den ihm in den Jahren 2002, 2003 und 2004
übersandten jährlichen Kontoauszügen, mit denen er über den jeweils
deklarierten Wertzuwachs, die Anzahl der Anteile und den Vertragswert
informiert wurde, ersehen konnte, dass ihm ein falsches Bild der zu er-
wartenden Rendite vermittelt worden war, kann offenbleiben.
Aus den Kontoauszügen ergibt sich jedenfalls keine Kenntnis
oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Pflichtverletzun-
gen, die aus einer unterlassenen Aufklärung über die Verwaltung der
Beiträge resultieren. Auch bei nochmaliger Überprüfung der ihm überge-
benen Unterlagen (Policenbedingungen, Pool- und Verbraucherinforma-
tion, Europlan-Prospekt) hätte der Kläger weder die Funktion und die
Bedeutung des Glättungsverfahrens noch die einheitliche Reservenbi l-
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dung im Lebensversicherungsfonds für die verschiedenen "Pools mit ga-
rantiertem Wertzuwachs" der Beklagten ersehen können. Dass hierin ei-
ner der Gründe für den niedrigen Wertzuwachs der Poolan teile liegen
könnte, konnte sich ihm auch aufgrund der Komplexität der Lebensversi-
cherung "Wealthmaster Noble" nicht erschließen.
Für das Revisionsverfahren unerheblich ist die Behauptung der
Beklagten, dem Kläger seien bereits im Jahr 2006 ihre im Internet veröf-
fentlichten "Grundsätze und Usancen bei der Finanzverwaltung für den
With-Profits Fund" bekannt gewesen. Mangels gegenteiliger Feststellun-
gen des Berufungsgerichts ist zugunsten des Klägers dessen Behaup-
tung, ihm sei dieser Leitfaden erst im Jahr 2008 bekannt geworden, als
richtig zu unterstellen.
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- 34 -
III. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht
die erforderlichen Feststellungen zum geltend gemachten Schadenser-
satzanspruch und gegebenenfalls zum Erfüllungsanspruch treffen muss.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Heilbronn, Entscheidung vom 08.07.2010 - 4 O 222/09 Ko -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25.07.2011 - 7 U 152/10 -
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