Urteil des BGH vom 16.09.2015

Ablauf der Frist, Versicherer, Bereicherung, Rückzahlung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I V Z R 1 0 5 / 1 4
Verkündet am:
16. September 2015
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin
Mayen,
die
Richterin
Harsdorf -Gebhardt,
die
Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftl i-
chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 5. August 2015 eingereicht
werden konnten,
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des
Landgerichts Passau - 1. Zivilkammer - vom 27. Februar
2014 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revision s-
verfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf
2.304,85
€ festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) b e-
gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rüc k-
zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebunde nen Le-
bensversicherung.
1
- 3 -
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsb e-
ginn zum 1. April 2002 abgeschlossen. Mit Schreiben vom 25. Februar
2009 erklärte d. VN den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.,
hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und
zahlte den Rückkaufswert aus.
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag g e-
leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rüc k-
kaufswerts, insgesamt 2.304,85
€.
D. VN trägt vor, der Versicherungsvertrag sei nach dem so g e-
nannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung
(im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen worden und nicht wirksam
zustande gekommen. Der Versicherungsschein enthalte keine Wider-
spruchsbelehrung. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemein-
schaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der W i-
derspruch noch erklärt werden können.
Nach Auffassung des Versicherers ist der Vertrag im Antragsmo-
dell geschlossen worden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die
hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt
d. VN das Klagebegehren weiter.
2
3
4
5
6
- 4 -
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zu-
rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil o f-
fengelassen, ob der Vertrag im Antragsmodell oder nach dem Police n-
modell geschlossen wurde, und einen Prämienrückerstattungsanspruch
aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Die vorgelegten Schriftst ü-
cke enthielten keine ausreichende Widerrufsbelehrung. Der Widerspruch
sei verfristet, weil die Ausschlussfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F.
abgelaufen gewesen sei. Diese Vorschrift sei mit den maßgeblichen eu-
ropäischen Richtlinien vereinbar.
II. Die Revision ist begründet.
1. Ein - mit der Revision allein weiter verfolgter - Anspruch auf
Prämienrückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung kann mit der
vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat,
ob der Vertrag im Policenmodell oder im Antragsmodell geschlossen
wurde, ist auch offen, ob d. VN eine Rücktrittsbelehrung nach § 8 Abs. 5
Satz 3 VVG a.F. oder eine Widerspruchsbelehrung gemäß § 5a Abs. 2
Satz 1 VVG a.F. zu erteilen war und ob im Falle einer fehlerhaften Beleh-
rung als Anspruchsgrundlage für einen etwaigen Rückzahlungsanspruch
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB oder § 346 Abs. 1 BGB in Betracht
kommt.
7
8
9
10
11
- 5 -
2. Die fehlenden Feststellungen wird das Berufungsgericht nac h-
zuholen haben und dabei - je nachdem zu welchem Ergebnis es ge-
langt - die Vorgaben der Senatsurteile vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11,
BGHZ 201, 101), vom 16. Juli 2014 (IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102) und
vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) zu beachten
haben.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Passau, Entscheidung vom 12.07.2013 - 17 C 2013/12 -
LG Passau, Entscheidung vom 27.02.2014 - 1 S 58/13 -
12