Urteil des BGH vom 30.03.2011

Zugang, Verfassungsbeschwerde

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZB 31/09
vom
30. März 2011
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsit-
zende Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann
und die Richterin Dr. Brockmöller
am 30. März 2011
beschlossen:
Das Rechtsmittel der Beklagten gegen den Beschluss des
25.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom
26. August 2009 wird auf ihre Kosten verworfen.
Beschwerdewert: 20.656,02
€ (25.820,02
€ abzüglich
20%)
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Deckungsschutz aus ei-
ner Berufshaftpflichtversicherung. Das Landgericht hat der Klage an-
tragsgemäß stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen ge-
richtete Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Be-
schluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
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Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Beklagten, das sie als
"Rechtsbeschwerde, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde" bezeichnet
hat, und mit dem sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen will.
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Sie ist der Auffassung, dass die Regelung des § 522 Abs. 3 ZPO zu ei-
ner verfassungsrechtlich (Artt. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG) nicht hinnehmba-
ren Ungleichbehandlung geführt habe, sowie dass das Berufungsgericht
§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO jedenfalls in verfassungsrechtlich nicht zu
rechtfertigender Weise angewendet habe, indem es nach § 522 Abs. 2
ZPO verfahren sei, obwohl die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
habe.
II. Das Rechtsmittel der Beklagten ist sowohl als Rechtsbeschwer-
de als auch als Nichtzulassungsbeschwerde unstatthaft; gemäß § 522
Abs. 3 ZPO ist ein die Berufung zurückweisender Beschluss nach § 522
Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht anfechtbar.
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1. Die Vorschrift wird in ständiger Rechtsprechung vom Bundesge-
richtshof angewandt (z.B. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB
54/04, FamRZ 2005, 1555; BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2006 - IX ZB
261/04, NJW-RR 2006, 1574 Rn. 6; vom 7. November 2006 - VIII ZB
38/06, NJW-RR 2007, 284 Rn. 3; vom 23. November 2006 - IX ZR
141/04, WM 2007, 570 Rn. 9; vom 8. März 2007 - VII ZB 2/06, BauR
2007, 1090; vom 28. Oktober 2008 - V ZB 109/08, NJW-RR 2009, 209
Rn. 5; vom 8. Oktober 2009 - IX ZB 227/08, juris Rn. 4). Sie ist nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungs-
gemäß (vgl. BVerfG NJW 2005, 659; NJW 2005, 1931; NJW 2008, 3419;
NJW 2009, 137; NJW 2009, 572). Der Senat sieht daher auch im vorlie-
genden Verfahren keinen Anlass zu einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1
Satz 1 GG.
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2. Das Rechtsmittel ist auch nicht dann ausnahmsweise zulässig,
wenn das Berufungsgericht das Gebot effektiven Rechtsschutzes da-
durch verletzt hat, dass es die Bestimmung des § 522 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 ZPO in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise angewendet
und damit den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar eingeschränkt
hat (vgl. hierzu BVerfG NJW 2009, 572 Rn. 17 ff.), wie es die Beschwer-
de hier geltend macht.
Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilpro-
zessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) ist der
Zugang zum Bundesgerichtshof ausschließlich in den Fällen des § 574
Abs. 1 ZPO eröffnet. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist auch
dann zu beachten, wenn ein Verfassungsverstoß der Vorinstanz durch
Verletzung von Verfahrensgrundrechten im Raum steht. Ein solcher Ver-
fassungsverstoß ist durch das Gericht, das ihn begangen hat, auf eine
Anhörungsrüge oder Gegenvorstellung hin zu korrigieren. Geschieht dies
nicht, kommt allein die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts im We-
ge der Verfassungsbeschwerde in Betracht (BGH, Beschlüsse vom
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7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133, 136 f.; vom 21. April 2004
- XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14, 18).
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 29.04.2009 - 41 O 2216/08 -
OLG München, Entscheidung vom 26.08.2009 - 25 U 3207/09 -