Urteil des BGH vom 04.12.2014
Leitsatzentscheidung zu Feststellungsklage, Erlass, Anwaltskosten, Amtspflicht, Verwaltungsakt
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 51/13
Verkündet am:
4. Dezember 2014
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 839 I
Einer im Vorgriff auf den Erlass eines Heranziehungsbescheids (hier: Kosten
zur Beseitigung von Umweltgefahren) erhobenen "vorbeugenden" (amtshaf-
tungsrechtlichen) Feststellungsklage fehlt grundsätzlich das Feststellungsinte-
resse.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - III ZR 51/13 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Dezember 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des 12. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. Dezember 2012 wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bezüglich des
Klageantrags zu 1a einschließlich des Hilfsantrags (Feststellungs-
antrag) als unzulässig abgewiesen wird.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Revisionsrechtszugs zu
tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die S. Z. GmbH M. (im Folgenden: SZM GmbH),
über deren Vermögen im Februar 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde,
betrieb eine Tongrube in V. . Auf ihren Antrag ließ das Landesamt für Geo-
logie und Bergwesen Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 5. März 2004 den
Sonderbetriebsplan für die Verfüllung und Rekultivierung des Teilfeldes II mit
nicht aus dem Abbaubereich stammenden Fremdmassen im Rahmen der Wie-
dernutzbarmachung im Tontagebau V. zu. Darin waren unter anderem Art
und Herkunft der für die Verfüllung vorgesehenen Materialien bezeichnet. Von
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Anfang Januar 2006 bis März 2008 betrieb die seit 27. Oktober 2009 in Liquida-
tion befindliche H. R. GmbH (im Folgenden: H. GmbH) in R.
eine Aufbereitungsanlage für Bauabfälle. Gesellschafter dieses Unternehmens
waren zuletzt die Klägerin zu 3, die ebenso wie die Klägerinnen zu 1 und 2 ein
abfallwirtschaftliches Unternehmen betreibt, mit 50,2 % und die SZM GmbH mit
49,8 %. Die Klägerin zu 1 ist alleinige Gesellschafterin der V.
GmbH, die wiederum alleinige Gesellschafterin
der Klägerin zu 3 ist Die zur Aufbereitung vorgesehenen Abfälle erhielt die
H. GmbH durch vertraglich vereinbarte Lieferungen der Klägerinnen zu 2 und
3; sie lieferte sodann einen Teil der von ihr aufbereiteten Abfälle (in dem ge-
nannten Zeitraum 278.000 t) aufgrund Vertrags vom 14. Dezember 2005 an die
SZM GmbH, die diesen in den Tontagebau einbaute. Die Zusammensetzung
des Abfalls ist zwischen den Parteien streitig.
Im Dezember 2009 wandte sich der Minister für Wirtschaft und Arbeit des
Landes Sachsen-Anhalt schriftlich an die V. E. S.A. in Paris,
die Konzernmutter der Klägerinnen, und teilte mit, dass das Land in den Ton-
gruben V. und M. im Wege der Ersatzvornahme mit Kosten in zwei-
stelliger Millionenhöhe Umweltgefahren beseitige, die durch Verfüllung des Ton-
tagebaus mit ungeeigneten und unzulässigen hochorganischen Abfällen verur-
sacht worden seien. Für die eingebrachten Abfälle und die daraus drohende
Umweltgefährdung seien neben der insolventen SZM GmbH auch die Abfalllie-
feranten verantwortlich. Der Minister bat, die von der Klägerin zu 1 bislang ab-
gelehnte Übernahme einer Verantwortung zu überdenken, und erachtete ein
Gespräch über eine Kostenbeteiligung für notwendig. Sollte eine Beteiligung an
den bislang entstandenen und zukünftig einkalkulierten Kosten abgelehnt wer-
den, sehe sich das Land gezwungen, einen Teil der Forderungen im Klagewege
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geltend zu machen. Eine Inanspruchnahme der Klägerinnen ist bislang nicht
erfolgt.
Die Klägerinnen sehen das beklagte Land in der Verantwortung dafür,
dass die Tongrube V. mit ungeeignetem Material verfüllt worden sei. Die
zuständigen Amtsträger hätten es bei der Zulassung des Sonderbetriebsplans
pflichtwidrig verabsäumt, einen maximal zulässigen Organik-Anteil der zu ver-
füllenden Stoffe festzulegen. Darüber hinaus hätten die zuständigen Bedienste-
ten ihre Amtspflicht verletzt, die Verfüllung des Tagebaus ausreichend zu über-
wachen. Sie sind der Auffassung, dass auch ihre Vermögensinteressen in den
Schutzbereich der verletzten Amtspflichten fallen.
Mit ihrer Klage begehren die Klägerinnen im Wesentlichen die Feststel-
lung, dass das beklagte Land verpflichtet sei, ihnen sämtliche Schäden zu er-
setzen, die ihnen wegen der unterlassenen Festsetzung geeigneter Parameter
für die im Tontagebau V. zur Verfüllung vorgesehenen Abfälle, insbesonde-
re eines Grenzwerts für den maximal zulässigen Organikanteil, sowie wegen
der nicht ordnungsgemäßen Überwachung der Verfüllung des Tontagebaus
bereits entstanden sind sowie zukünftig entstehen werden, insbesondere auch
Schäden aus rechtmäßiger Inanspruchnahme der Klägerinnen aufgrund des
Umweltschadensgesetzes oder sonstigen Ordnungsrechts. Darüber hinaus be-
gehren sie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat
die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat
zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre bisherigen Klageanträge
weiter.
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Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerinnen ist zulässig; in der Sache ist sie mit der
Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage bezüglich des Feststellungsbegeh-
rens als unzulässig abgewiesen wird.
I.
Das Berufungsgericht hat Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststel-
lungsanträge im Hinblick auf das erforderliche Feststellungsinteresse geäußert.
Es hat jedoch dahinstehen lassen, ob die Klägerinnen ein hinreichendes Fest-
stellungsinteresse dargelegt haben; jedenfalls sei die Klage unbegründet.
Zum Feststellungsinteresse hat das Berufungsgericht ausgeführt: Ein
Schaden der Klägerinnen sei bislang weder substantiiert vorgetragen worden
noch sonst erkennbar. Auch wenn sie als Verantwortliche nach dem Umwelt-
schadensgesetz verpflichtet sein sollten, eine erforderliche Schadensbegren-
zung vorzunehmen sowie notwendige Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen,
begründe allein diese Verpflichtung ohne die Inanspruchnahme durch die zu-
ständige Behörde, die bislang noch nicht erfolgt sei, keinen Schaden. Zudem
könnten sie gegen einen etwaigen Heranziehungsbescheid mit den Mitteln des
Primärrechtsschutzes vorgehen, eine Verkürzung ihres Rechtsschutzes sei
damit nicht verbunden. Ein Feststellungsinteresse sei auch nicht im Hinblick auf
den möglichen Eintritt der Verjährung anzunehmen. Den Klägerinnen sei man-
gels einer Rechtsgutverletzung weder ein Schaden dem Grunde nach entstan-
den noch habe sich ihre Vermögenslage verschlechtert. Selbst wenn ein Teil-
schaden in Höhe der geltend gemachten Anwaltskosten eingetreten sein sollte,
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sei bei verständiger Würdigung noch völlig ungewiss, ob weitere Schäden auf-
träten. Dies sei letztlich vom Verhalten des beklagten Landes und dem Erfolg
der hiergegen möglichen Rechtsbehelfe abhängig.
Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet, ein Anspruch auf Schadens-
ersatz wegenAmtspflichtverletzung bestehe nicht. Unabhängig davon, ob über-
haupt eine dem beklagten Land zurechenbare Verletzung einer Amtspflicht we-
gen vermeintlich fehlerhafter Betriebsplanzulassung vorliege, seien die hier al-
lein berührten Vermögensinteressen der Klägerinnen als Abfalllieferanten nicht
in den Schutzbereich dieser Pflicht einbezogen. Die von ihnen genannten Vor-
schriften des Bundesberggesetzes, des Bundes-Bodenschutzgesetzes und des
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes dienten grundsätzlich nur dem Schutz
der Allgemeinheit und der Gefahrenabwehr und begründeten keine Individual-
rechte, die über den Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter hin-
ausgingen. Auch einen etwaigen Schutz ihres Vertrauens auf die Rechtmäßig-
keit des Sonderbetriebsplans könnten sie nicht geltend machen. Denn Adressat
der Sonderbetriebsplanzulassung sei lediglich die SZM GmbH als Betreiberin
des Tontagebaus V. gewesen. Demgegenüber seien die Klägerinnen ledig-
lich Vertragspartner der H. GmbH, die ihrerseits an die SZM GmbH Abfall
geliefert habe. Als bloße Lieferanten könnten sie sich nicht auf eine Verletzung
der fraglichen Amtspflichten berufen. Ein Schadensersatzanspruch wegen Ver-
letzung einer Aufsichtspflicht stehe den Klägerinnen ebenso wenig zu, weil
auch eine derartige Verpflichtung keine Schutzwirkung zu ihren Gunsten entfal-
te. Schließlich komme auch ein Anspruch auf angemessenen Ausgleich aus
§ 69 Abs. 1 Satz 2 SOG LSA nicht in Betracht. Der Schutzzweck dieser Be-
stimmung und der vermeintlich verletzten Amtspflichten erfasse den geltend
gemachten Vermögensschaden ebenfalls nicht. Auch ein Anspruch nach dem
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Gesetz zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Land Sachsen-Anhalt
sei nicht gegeben, weil bereits kein Eigentumseingriff vorliege.
Auch der auf Zahlung von außergerichtlichen Anwaltskosten gerichtete
Antrag sei unbegründet, weil eine Haftung des beklagten Landes beidieser
Sachlage nicht bestehe.
II.
Die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken bereits gegen die Zu-
lässigkeit der Feststellungsanträge sind durchgreifend, die Angriffe der Revision
hiergegen bleiben erfolglos. Auf die Frage der materiellen Begründetheit kommt
es damit nicht mehr entscheidend an. Den weiter verfolgten Zahlungsantrag hat
das Berufungsgericht zu Recht als unbegründet abgewiesen.
1.
Die von den Klägerinnen gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig;
es fehlt ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechts-
verhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Ein solches Interesse ist nur ge-
geben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerinnen eine gegenwärti-
ge Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist,
diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR
351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12). Zudem hängt die Zulässigkeit der Feststel-
lungsklage bei reinen Vermögensschäden, die Gegenstand der vorliegenden
Klage sind, von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zu-
rückzuführenden Schadenseintritts ab (vgl. BGH Urteil vom 24. Januar 2006
- XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN). Diese Voraussetzungen sind vor-
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liegend nicht erfüllt. Zudem stünde die von den Klägerinnen begehrte Feststel-
lung in Widerspruch zum Grundsatz des Vorrangs des Primärrechtsschutzes.
a) Eine Verantwortlichkeit der Klägerinnen als Abfalllieferanten für die
Verfüllung der Tongrube V. mit ungeeignetem Abfallmaterial kann sich,
was die Revision nicht anders sieht, nur aus den Bestimmungen des Umwelt-
schadensgesetzes (USchadG) vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 666) und des - zur
Zeit der Verfüllung noch geltenden - Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes
(KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705) ergeben. Nach § 5
Abs. 2, §§ 6, 11 KrW-/AbfG haben die jeweiligen Abfallbesitzer in eigener Ver-
antwortung für eine ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung der Abfälle
Sorge zu tragen; nach § 6 USchadG hat der Verantwortliche bei Eintritt eines
Umweltschadens die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Ob
und inwieweit sich aus diesen Vorschriften unmittelbare Handlungspflichten für
die Klägerinnen ergeben haben sollten, kann indes dahinstehen. Die Klägerin-
nen, die jegliche Verantwortung von sich weisen, beabsichtigten zu keinem
Zeitpunkt, irgendwelche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Diese wurden
und werden, wie sich aus dem Schreiben des Ministers für Wirtschaft und Arbeit
ergibt, vielmehr vom beklagten Land selbst ergriffen.
Dementsprechend ist Hintergrund des Begehrens der Klägerinnen auf
die positive Feststellung, wonach ihnen ein Schadensersatzanspruch wegen
Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Betriebsplanzulassung gegen
das beklagte Land zustehe, die Befürchtung, man werde sie mit öffentlich-
rechtlichen Mitteln zur Deckung von Aufwendungen für (bereits durchgeführte)
Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen in der Tongrube V. heranziehen.
Eine derartige Inanspruchnahme, die nur durch Erlass eines entsprechenden
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Heranziehungsbescheids geschehen könnte, ist bislang jedoch nicht erfolgt und
deshalb ein damit einhergehender Vermögensschaden noch nicht entstanden.
Würde man in diesem Verfahrensstadium den erst durch Erlass eines
Verwaltungsakts (endgültig) eintretenden Schaden ausreichen lassen, um das
für eine "amtshaftungsrechtliche Feststellungsklage" notwendige Feststellungs-
interesse zu bejahen, würde dies dem in § 839 Abs. 3 BGB zum Ausdruck ge-
kommenen Prinzip des Vorrangs des Primärrechtsschutzes widersprechen.
Danach steht im Amtshaftungsrecht dem Verletzten kein Wahlrecht in dem Sin-
ne zu, dass er von einer Anfechtung ihn rechtswidrig belastender Maßnahmen
folgenlos absehen und sich auf einen Schadensersatzanspruch wegen Amts-
pflichtverletzung beschränken darf (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1990
- III ZR 302/89, BGHZ 113, 17, 22 und vom 15. Mai 1986 - III ZR 241/84, BGHZ
98, 85, 91 f; siehe auch Senatsurteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12, BGHZ
197, 375 Rn. 22). Mit diesem Grundsatz wäre es schwerlich zu vereinbaren,
wenn im Wege der Feststellungsklage die Schadensersatzpflicht der Behörde
zu einem Zeitpunkt "festgeschrieben" werden könnte, zu dem der - den Scha-
den erst herbeiführende - Verwaltungsakt noch gar nicht erlassen ist und zu
dem auch noch gar nicht feststeht, ob der Betroffene gegen einen etwa erge-
henden Verwaltungsakt die ihm zu Gebote stehenden Rechtsbehelfe ergreifen
wird. Soweit die Revision geltend macht, verwaltungsrechtlicher Primärrechts-
schutz verspräche keinen Erfolg, wenn die Inanspruchnahme der Klägerinnen
rechtmäßig sei, ist dem entgegenzuhalten, dass gerade diese Frage im Wege
des Primärrechtsschutzes zu klären ist. Dabei wird gegebenenfalls auch zu prü-
fen sein, ob dem beklagten Land seine eigene (Mit-)Verantwortung bei der Ent-
stehung eines Umweltschadens entgegengehalten werden kann (vgl. § 9 Abs. 1
Satz 1 USchadG).
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Der Umstand, dass den Klägerinnen der Weg einer "vorweggenomme-
nen" Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO grundsätzlich verwehrt wird,
bedeutet keine unzumutbare Einschränkung des Rechtsschutzes. Demjenigen,
der geltend macht, dass der beabsichtigte Erlass eines ihn belastenden Verwal-
tungsakts rechtswidrig sei, ist es regelmäßig zuzumuten, den Erlass des Ver-
waltungsakts abzuwarten und sodann mit einer Anfechtungsklage gegen die
Behörde vorzugehen. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen dro-
hende Verwaltungsakte in Form einer - vorbeugenden - Feststellungsklage ist
im Verwaltungsprozess nur ausnahmsweise zulässig (vgl. nur BVerwGE 26, 23,
24 f; BVerwG, NVwZ 2008, 1011 Rn. 10 f). Es wäre jedoch ein Wertungswider-
spruch, wenn das für eine "vorbeugende Feststellungsklage" gegen einen noch
nicht erlassenen Verwaltungsakt notwendige Feststellungsinteresse vor den für
die Überprüfung des Verwaltungsakts "primär zuständigen" Verwaltungsgerich-
ten zu verneinen und vor den nur für "Sekundäransprüche" zuständigen Zivilge-
richten zu bejahen wäre. Dies hätte die sinnwidrige Folge, dass bei entspre-
chender Fallkonstellation die sachliche Überprüfung eines beabsichtigten Ver-
waltungsakts nur vor den Zivilgerichten zu erreichen wäre.
Umstände, wonach es den Klägerinnen nicht zuzumuten ist, den Erlass
eines Heranziehungsbescheids abzuwarten, um anschließend mit einer Anfech-
tungsklage dagegen vorzugehen, sind nicht ersichtlich. Durch das Minister-
schreiben aus dem Dezember 2009 ist noch keine konkrete Forderung bezüg-
lich einer Beteiligung an den aufgewandten Kosten für Sicherungs- und Sanie-
rungsmaßnahmen in der Tongrube erhoben, sondern vorrangig um ein Ge-
spräch zwecks Erzielung einer einvernehmlichen Lösung gebeten worden. In
der Folgezeit sind seitens des Ministers oder seitens nachgeordneter Behörden
keine weiteren Schritte unternommen worden. Daher besteht kein begründeter
Anlass für eine gerichtliche Klärung, ob die Klägerinnen überhaupt in Anspruch
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genommen werden können. Ihnen ist vielmehr zuzumuten, den Erlass eines
befürchteten Heranziehungsbescheids abzuwarten und gegen diesen dann mit
den vorrangigen Mitteln des Primärrechtsschutzes im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren vorgehen.
b) Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Fest-
stellungsinteresse bestehe jedenfalls wegen drohender Verjährung des geltend
gemachten Anspruchs. Unabhängig von dem Eintritt eines Vermögensscha-
dens der Klägerinnen wären jedenfalls die subjektiven Voraussetzungen für den
Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht gegeben. Die danach
erforderliche Kenntnis ist erst dann anzunehmen, wenn ein Kläger nicht nur die
anspruchsbegründenden Tatsachen soweit kennt, dass er eine Feststellungs-
klage erheben kann, sondern ihm die Erhebung einer solchen Klage auch zu-
mutbar ist. Bei dieser Beurteilung sindim Amtshaftungsrecht ähnliche Ge-
sichtspunkte zugrunde zu legen wie sie der Senat für den Gebrauch eines
Rechtsmittels im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB angenommen hat. Auch insoweit
(vgl. nur Senat, Beschluss vom 31. Januar 2014 - III ZR 84/13, BeckRS 2014,
3762 Rn. 6 mwN) kommt der Vorrang eines weit verstandenen Primärrecht-
schutzes, wonach der Schadensabwendung durch Rechtsmittel grundsätzlich
der Vorzug vor der Schadensliquidation zu geben ist, zum Ausdruck. Danach
beginnt auch im Streitfall die Verjährungsfrist nicht zu laufen, solange die Kläge-
rinnen eine Entscheidung der Behörde über ihre Inanspruchnahme durch einen
entsprechenden Heranziehungsbescheid abwarten und erst gegen einen sol-
chen Bescheid die vorgesehenen Rechtsbehelfe ergreifen.
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen stellen die von ihnen geltend
gemachten Anwaltskosten keinen bereits eingetretenen Teilschaden dar, der
die Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch insgesamt in Lauf gesetzt
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hat. Dieser Schaden wird nämlich auch dann, wenn man - wie die Revision für
richtig hält - in der Betriebsplanzulassung eine Verlässlichkeitsgrundlage auch
für die Klägerinnen sehen wollte (siehe dazu nachfolgend unter 2 a, c), vom
Schutzzweck der verletzten Amtspflicht nicht erfasst. Die Anwaltskosten sind
nicht im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Betriebsplanzulassung entstan-
den, sondern dienten vielmehr der Prüfung, wie eine mögliche Heranziehung
der Klägerinnen für die dem Land bereits entstandenen und noch entstehenden
Sanierungskosten abgewehrt werden könnte (siehe dazu näher unter 3).
c)Für den von den Klägerinnen ebenfalls geltend gemachten Anspruch
aus § 69 SOG LSA, der gemäß § 72 Abs. 2 SOG LSA nach den allgemeinen
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verjährt, gilt Entsprechendes.
2.
Da das Feststellungsbegehren der Klägerinnen bereits unzulässig ist,
kann offenbleiben, ob die Abweisung der Feststellungsanträge als unbegründet
den Angriffen der Revision Stand gehalten hätte.
a) Nach Meinung der Revision ist das beklagte Land schadensersatz-
pflichtig, weil das zuständige Landesamt für Geologie und Bergwesen den Son-
derbetriebsplan "Verfüllung/Rekultivierung Teilfeld II" der SZM GmbH amts-
pflichtwidrig ohne Festsetzung geeigneter Parameter für die im Tontagebau
V. vorgesehenen Abfälle, insbesondere ohne Festlegung eines Grenzwer-
tes für den maximal zulässigen Organikanteil, und damit unter Verstoß gegen
§ 48 Abs. 2, § 55 BBergG, § 7 BBodSchG und § 5 Abs. 3 Satz 3 KrW-/AbfG
(jetzt § 7 Abs. 3 KrWG) zugelassen habe. Die Revision meint - unter Berufung
auf die Senatsrechtsprechung zur Amtshaftung wegen der Erteilung eines
rechtswidrigen Bau-(Vor-)Bescheids -, durch die Zulassung des Betriebsplans
sei (auch) für die Klägerinnen als Abfalllieferanten, die mit der Weitergabe ihrer
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Abfälle zur Tagebauverfüllung angesichts ihrer fortbestehenden Verantwortung
als (frühere) Abfallbesitzer erhebliche wirtschaftliche Risiken eingegangen sei-
en, ein schutzwürdiges Vertrauen begründet worden, dass ihre Abfälle in der
Tongrube V. ordnungsgemäß verwertet beziehungsweise entsorgt werden.
b) Demgegenüber hat das Berufungsgericht seine Auffassung, die den
Behörden des beklagten Landes bei der Zulassung des Betriebsplans oblie-
genden Amtspflichten hätten nicht den Schutz der Vermögensinteressen künfti-
ger Abfalllieferanten bezweckt, vor allem auf das Senatsurteil vom 8. November
2011 (III ZR 151/12, BGHZ 195, 276) gestützt. Dort hat der Senat entschieden,
dass die den Veterinärbehörden im Zusammenhang mit der Durchführung von
BSE-Tests an Rindern obliegenden Amtspflichten grundsätzlich keine dritt-
gerichtete Schutzwirkung zugunsten der Unternehmen entfalten, die vom
Schlachthof oder einem (weiteren) "Zwischenlieferanten" Schlachtprodukte zur
Verarbeitung oder Weiterveräußerung erwerben. Dabei war für den Senat die
Erwägung maßgebend, dass es der geschützte Dritte (Schlachthofbetreiber)
nicht in der Hand habe, durch den Abschluss von Verträgen den Schutzbereich
der ihm gegenüber obliegenden Amtspflichten auf den Vertragspartner zu er-
strecken und dadurch die Haftungsrisiken für die öffentliche Hand uferlos aus-
zuweiten (aaO Rn. 22).
c) Bei der Betriebsplanzulassung nach § 55 BBergG werden grundsätz-
lich nur die in dieser Vorschrift genannten öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkte
geprüft. Ergänzt wird dies durch die Prüfung, ob der Zulassung sonstige erheb-
liche öffentliche Interessen im Sinne von § 48 Abs. 2 BBergG entgegenstehen,
wobei - beim Einbau bergbaufremder Abfälle - die Ziele des Bodenschutzrechts
und des Abfallrechts zu berücksichtigen sind (vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzthum,
BBergG, 2. Aufl., § 51 Rn. 1, 4, 6; BVerwGE 123, 247, 253 ff). Vorliegend geht
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es auch nicht um die Vermögensinteressen der Eigentümer des Betriebsgrund-
stücks (siehe dazu BVerwGE 126, 205 Rn. 22) oder des Anlagenbetreibers
selbst, der SZM GmbH, sondern um die Vermögensinteressender (früheren)
Besitzer beziehungsweise Lieferanten von Abfällen - zu denen insbesondere
die Klägerinnen zu 2 und 3 gehörten -, die erst und nur nach Abschluss ent-
sprechender Lieferverträge mit der SZM GmbH in der Tongrube V. einge-
baut wurden. Ob sich bei dieser Sachlage im Falle einer nicht ordnungsgemä-
ßen Verwertung oder Entsorgung der Abfälle aus Sicht der Abfallbesitzer und
-lieferanten - entsprechend den vom Senat im Urteil vom 8. November 2011
formulierten Grundsätzen - lediglich ein allgemeines Vertragsrisiko verwirklich-
te, oder aber aufgrund der von der Revision herausgestellten Besonderheiten
der Fallgestaltung die Lieferanten sich nicht nur auf die Vertragstreue ihres Ver-
tragspartner verlassen durften beziehungsweise mussten, sondern in schutz-
würdiger Weise auch auf die Geeignetheit der von diesem betriebenen - von
den zuständigen Behörden nach vorangegangener Prüfung genehmigten be-
ziehungsweise zugelassenen - Anlage vertrauen durften, lässt der erkennende
Senat offen.
d) Ob den Klägerinnen Schadensersatzansprüche aus etwaigen Pflicht-
verletzungen von Bediensteten des beklagten Landes im Rahmen der Aufsicht
bei der Vollziehung des Sonderbetriebsplans der SZM GmbH "Verfüllung/
Rekultivierung Teilfeld II" entstehen, kann ebenso unentschieden bleiben wie
die Frage, obdie Klägerinnen etwaige Ersatzansprüche auf § 69 Abs. 1 Satz 2
SOG LSA stützen könnten.
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Zu § 69 Abs. 1 Satz 2 SOG LSA ist zu bemerken, dass das die Zulas-
sung des Betriebsplans erteilende Landesamt als besondere Sicherheitsbehör-
de im Sinne des § 85 SOG LSA handelte, denn die Zulassung dient auch der
Gefahrenabwehr (§ 1 Nr. 2, 3 BBergG). Dass Genehmigungen behördliche
Maßnahmen im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 2 SOG LSA sein können, ergibt
sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Senatsurteil vom
11. Oktober 1984 - III ZR 27/83, BGHZ 92, 302, 307). Darüber hinaus folgt aus
der Rechtsprechung des Senats, dass bei Entschädigungsansprüchen, die
- wie § 69 SOG LSA - an die objektive Rechtswidrigkeit ordnungsbehördlicher
Maßnahmen anknüpfen, dieselben Schutzzweckerwägungen herangezogen
werden können wie bei der Frage der Drittbezogenheit der verletzten Amts-
pflicht im Rahmen des § 839 BGB (vgl. nur Urteile vom 27. Januar 1983
- III ZR 131/81, BGHZ 86, 356, 360 ff und vom 19. Januar 2006 - III ZR 82/05,
BGHZ 166, 22 Rn. 11).
3.
Hinsichtlich des gestellten Leistungsantrags, mit dem die Klägerinnen
den Ersatz von ihnen entstandenen Anwaltskosten begehren, erweist sich die
Entscheidung des Berufungsgerichts jedenfalls im Ergebnis als richtig.
Die Beratungskosten, die den Klägerinnen durch die Einschaltung von
Rechtsanwälten entstanden sind, stellen - wie bereits unter 1 b ausgeführt -
keinen Schaden dar, der von dem Schutzzweck der im Rahmen der Zulassung
des Betriebsplans zu wahrenden - unterstellt verletzten - Amtspflichten erfasst
wird. Eine Pflicht des beklagten Landes, den Klägerinnen die entstandenen
Anwaltskosten zu erstatten, käme deshalb allenfalls dann in Betracht, wenn das
zur rechtlichen Beratung führende Schreiben des Ministers seinerseits als
amtspflichtwidriges Verhalten angesehen werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom
12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 16 ff). Dies ist von
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den Klägerinnen nicht geltend gemacht worden; hierfür ist auch nichts ersicht-
lich.
Schlick
Herrmann
Hucke
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 09.05.2012 - 10 O 1997/11 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 12.12.2012 - 12 U 78/12 -