Urteil des BGH vom 20.11.2014

Leitsatzentscheidung zu Ausschlagung der Erbschaft, Gvo, Grundbuch, Genehmigung, Gemeinde

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 494/13
Verkündet am:
20. November 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 839 Fe; VermG § 3 Abs. 3 Satz 1, § 30 Abs. 1; GVO § 1 Abs. 2
In den Schutzbereich der nach § 1 Abs. 2 GVO bestehenden, der Sicherung
des Unterlassungsanspruchs nach § 3 Abs. 3 VermG dienenden Amtspflicht,
eine Grundstücksverkehrsgenehmigung (nur) unter den dort näher bestimmten
Voraussetzungen zu erteilen, ist nur der materiell restitutionsberechtigte An-
tragsteller einbezogen.
BGH, Urteil vom 20. November 2014 - III ZR 494/13 - OLG Dresden
LG Leipzig
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Wöstmann, Seiters, Dr. Remmert und Reiter
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Oktober 2013 aufgeho-
ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den beklagten Landkreis unter dem Vorwurf einer
rechtswidrig erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung aus Amtshaftung auf
Schadensersatz in Anspruch.
Der Vater des Klägers hatte mit an das Landratsamt des Kreises G.
gerichtetem Schreiben vom 18. September 1990 als Mitglied einer Erbenge-
meinschaft für alle Miterben die Wiederherstellung der früheren Eigentumsrech-
te des Erblassers an dem Flurstück Nr. 82a der Gemarkung K. beantragt.
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Zur Begründung des Antrags hatte er vorgebracht, das Staatliche Notariat habe
nach dem Tod des Erblassers im Jahre 1974 die gesetzlichen Erben durch un-
lautere Machenschaften (Täuschung über die angebliche Überschuldung des
Nachlasses) veranlasst, die Erbschaft auszuschlagen. Zu diesem Zeitpunkt war
im Grundbuch als Eigentümer des Flurstücks "Eigentum des Volkes, Rechtsträ-
ger: Rat der Gemeinde B. " eingetragen. Am 4. Oktober 1999 schlos-
sen die Gemeinde B. als Verkäufer und M. B. als Käu-
fer einen notariellen Kaufvertrag unter anderem über eine aus dem vorgenann-
ten Flurstück noch heraus zu vermessende Teilfläche. In Ziffer I C des Kaufver-
trags wird erwähnt, dass hinsichtlich des Flurstücks vermögensrechtliche An-
sprüche angemeldet worden sind. Am 21. Oktober 1999 wurde zugunsten des
Käufers im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Das Landrat-
samt des M. kreises, des Rechtsvorgängers des Beklagten, erteilte für
den Kaufvertrag am 4. Mai 2004 eine Genehmigung nach der Grundstücksver-
kehrsordnung. Dem dagegen eingelegten Widerspruch gab das Landratsamt
des M. kreises mit Abhilfebescheid vom 28. Februar 2007 statt und nahm
die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 4. Mai 2004 bezüglich des Flur-
stücks Nr. 82a mit der Begründung zurück, die Genehmigung sei rechtswidrig
ohne Beachtung des vermögensrechtlichen Anspruchs des Vaters des Klägers
erteilt worden.
Zwischenzeitlich war am 10. Januar 2005 zugunsten der Sparkasse
M.
eine Grundschuld über 161.056,94 € im Grundbuch eingetragen wor-
den. Der Kläger nahm die Gemeinde B. in einem über drei Instanzen
geführten Vorprozess ohne Erfolg auf die Beibringung von Löschungsbewilli-
gungen für die Grundschuld und die am 21. Oktober 1999 eingetragene Auflas-
sungsvormerkung in Anspruch.
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Das den Kläger betreffende Restitutionsverfahren wurde durch ableh-
nenden Bescheid des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt
L. vom 14. Januar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des
Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 3. Dezember 2009
abgeschlossen. Die hiergegen zum Verwaltungsgericht erhobene Klage nahm
der Kläger zurück.
Außerhalb des laufenden Restitutionsverfahrens zog das Amtsgericht
G. den zugunsten der Deutschen Demokratischen Republik erteilten Erb-
schein durch Beschluss vom 27. Mai 2004 ein und erteilte am 2. Juni 2004 zu-
gunsten des Klägers einen Erbschein nach dem vormaligen Eigentümer des
streitbefangenen Grundstücks. Das Amtsgericht G. hatte sich hierbei von
der Erwägung leiten lassen, dass die im Jahre 1974 nach Eintritt des Erbfalls
für den damals minderjährigen Kläger von seiner sorgeberechtigten Mutter er-
klärte Ausschlagung der Erbschaft wegen Fehlens der erforderlichen vormund-
schaftsgerichtlichen Genehmigung keine Wirksamkeit erlangt hatte. Daraufhin
wurde der Kläger am 14. März 2006 als Eigentümer in das Grundbuch einge-
tragen.
Mit der Klage begehrt der Kläger im Wege des Schadensersatzes die
Erstattung der ihm im Zusammenhang mit dem Vorprozess gegen die Gemein-
de B. entstandenen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung
der Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung aller weiteren aus der vom Be-
klagten erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 4. Mai 2004 resultie-
renden Schäden. Er hat die Auffassung vertreten, die Genehmigung sei rechts-
widrig. Der Beklagte habe vor ihrer Erteilung nicht hinreichend geprüft, ob eine
Anmeldung nach dem Vermögensgesetz vorliege, über die noch nicht entschie-
den worden sei. Die Erteilung der Genehmigung habe dazu geführt, dass zu
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Lasten des Grundstücks eine Auflassungsvormerkung und eine Grundschuld
eingetragen worden seien, mit denen das Grundstück werthaltig ausgeschöpft
sei. Die Regelungen der Grundstücksverkehrsordnung wollten verhindern, dass
es zu Grundstücksbelastungen komme, bevor Eigentumsfragen endgültig ge-
klärt seien. In den Schutzbereich dieser Regelungen sei er einbezogen. Auf die
Frage, ob sich die von ihm geltend gemachten Restitutionsansprüche später als
zutreffend herausgestellt hätten, komme es nicht an.
Der Beklagte hat behauptet, am 22. Juli 2011 sei erneut eine Grund-
stücksverkehrsgenehmigung erteilt worden. Er hat die Auffassung vertreten, der
Kläger sei zu Unrecht als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden,
da er wegen der in seinem Namen wirksam erfolgten Erbausschlagung seiner
Mutter nicht Erbe geworden sei. Durch die Eintragung der Auflassungsvormer-
kung und der Grundschuld werde er daher nicht in seinen Rechten verletzt. Ei-
gentümerin sei weiterhin die Gemeinde. Ein Schaden sei dem Kläger zudem
deshalb nicht entstanden, weil zwischenzeitlich bestandskräftig feststehe, dass
er keinen Rückübertragungsanspruch nach dem Vermögensgesetz habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klä-
gers hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger
28.954,58 € nebst Zinsen zu zahlen. Es hat die Verpflichtung des Beklagten
festgestellt, alle weiteren Schäden des Klägers resultierend aus der vom Be-
klagten erteilten rechtswidrigen Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 4. Mai
2004 zu tragen. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtet sich die vom
erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten.
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Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beru-
fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts war die Erteilung der Genehmi-
gung nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO), die dem Beklagten als
Amtspflicht obgelegen habe, pflichtwidrig, weil im Zeitpunkt der Erteilung ein der
Genehmigung entgegen stehender Restitutionsantrag vorgelegen habe.
Der Kläger sei als Antragsteller nach dem Vermögensgesetz (VermG) in
den Schutzbereich der Grundstücksverkehrsordnung einbezogen gewesen, da
diese allein der Sicherung des Unterlassungsanspruchs aus § 3 Abs. 3 VermG
diene. Dabei könne offen bleiben, ob er Berechtigter im Sinne des Vermögens-
gesetzes gewesen sei. Jedenfalls sei er im Zeitpunkt der Amtshandlung nicht
offensichtlich nicht berechtigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO gewesen, so
dass er dem Schutzbereich unterfallen sei, der dem Antragsteller nach dem
Vermögensgesetz zukomme. Die Nichtberechtigung des Klägers stehe auch
nicht deshalb bindend fest, weil der entsprechende Widerspruchsbescheid des
Landesamts für offene Vermögensfragen bestandskräftig geworden sei. Es feh-
le hierfür an einer das Berufungsgericht bindenden verwaltungsgerichtlichen
Entscheidung. Auch die (mögliche) Erbenstellung stehe der Einbeziehung des
Klägers in den Schutzbereich der Grundstücksverkehrsverordnung nicht entge-
gen. Die verschiedenen möglichen Ansprüche des Klägers nach dem Vermö-
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gensgesetz und nach dem Erbrecht schlössen sich nicht gegenseitig aus, wes-
halb der jeweilige Schutzbereich unberührt bleibe.
Der dem Kläger durch die schuldhafte Amtspflichtverletzung kausal ent-
standene Schaden bestehe in den von ihm nutzlos aufgewendeten Rechtsver-
folgungskosten. Auf die bereits zuvor eingetragene Auflassungsvormerkung
habe die fehlerhafte, am 4. Mai 2004 erteilte Grundstücksverkehrsgenehmigung
zwar keinen Einfluss haben können. Die am 10. Januar 2005 in das Grundbuch
eingetragene Grundschuld sei jedoch die kausale Folge der Grundstücksver-
kehrsgenehmigung.
Der dem Kläger entstandene Schaden sei nicht deshalb zu verneinen,
weil der Kläger - nach Auffassung des Beklagten - zu Unrecht als Eigentümer in
das Grundbuch eingetragen worden sei. Aufgrund der gesetzlichen Vermutung
des § 891 Abs. 1 BGB sei davon auszugehen, dass der Kläger Eigentümer des
Grundstücks sei. Diese Vermutung habe der Beklagte nicht widerlegt.
Die vom Kläger aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten seien insoweit
erstattungsfähig, als sie bis einschließlich der Rechtswahrnehmung bis zur
zweiten Instanz angefallen seien, um die Grundschuld aus dem Grundbuch lö-
schen zu lassen.
Danach berechne sich ein Schadensersatz von 28.954,58 €.
Der Kläger habe auch einen Anspruch auf die begehrte Feststellung.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entschei-
denden Punkt nicht stand.
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1.
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die zuständige
Bedienstete des Rechtsvorgängers des Beklagten mit der - trotz des Restituti-
onsantrags des Vaters des Klägers vom 18. September 1990 erfolgten - Ertei-
lung der Grundstücksverkehrsgenehmigung am 4. Mai 2004 schuldhaft eine ihr
obliegende Amtspflicht verletzt hat. Hiergegen erhebt die Revision keine Ein-
wendungen.
2.
Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht jedoch davon ausgegangen,
dass der Kläger bereits in Anbetracht seiner Antragstellung nach dem Vermö-
gensgesetz in den Schutzbereich der Grundstücksverkehrsordnung einbezogen
gewesen sei und dass deshalb offen bleiben könne, ob er Berechtigter im Sinne
des Vermögensgesetzes gewesen sei.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass
die Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung
der Sicherung des Unterlassungsanspruchs aus § 3 Abs. 3 VermG und damit
der Sicherung eines öffentlich-rechtlichen Restitutionsanspruchs dient (vgl.
Entwurf des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes, BT-Drucks. 12/5553
S. 156; BVerwGE 143, 1 Rn. 18; OVG Berlin, VIZ 1997, 655, 656 mwN; OVG
Frankfurt an der Oder, VIZ 2002, 40, 42). Zu diesem Zweck gelten das Gebot
des § 3 Abs. 3 VermG, den Restitutionsanspruch nachhaltig beeinträchtigende
Rechtshandlungen (insbesondere Veräußerung des Vermögenswerts und Ein-
räumung dinglicher Rechte) zu unterlassen, und das Verbot der Erteilung einer
Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 1 GVO bereits dann, wenn - nicht
offensichtlich unbegründete (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 GVO) - Restitutionsansprü-
che angemeldet worden sind, die noch zu prüfen sind und deren Berechtigung
daher noch nicht feststeht. Auf die sachliche Begründetheit des angemeldeten
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Anspruchs kommt es insofern nicht an (BGH, Urteil vom 15. April 1994 - V ZR
79/93, BGHZ 126, 1, 9). Würde das Unterlassungsgebot erst gelten, wenn der
Restitutionsanspruch des Antragstellers feststeht, könnte dies in zahlreichen
Fällen zu spät und das Recht des Restitutionsberechtigten nachhaltig beein-
trächtigt sein.
b) Aus dem unabhängig von der materiellen Berechtigung des Antrag-
stellers zeitlich schon mit dem Restitutionsantrag einsetzenden Unterlassungs-
gebot nach § 3 Abs. 3 VermG - und dem seiner Sicherung dienenden Erforder-
nis einer Grundstücksverkehrsgenehmigung - folgt indes nicht, dass jeder An-
tragsteller, dessen angemeldeter Restitutionsanspruch nicht offensichtlich un-
begründet ist, unabhängig von seiner materiellen Restitutionsberechtigung in
den Schutzbereich von § 3 Abs. 3 VermG und der Grundstücksverkehrsord-
nung einbezogen ist.
Sinn und Zweck des Unterlassungsgebots nach § 3 Abs. 3 VermG ist es,
die Position des restitutionsberechtigten Antragstellers möglichst wirkungsvoll
zu schützen (Senat, Urteile vom 17. Juni 2004 - III ZR 335/03, VersR 2005,
1732 und vom 24. Februar 2011 - III ZR 95/10, VersR 2011, 672 Rn. 7, 11). Ziel
ist mithin der Schutz des Restitutionsberechtigten und seines Anspruchs (vgl.
Senat, Urteile vom 17. Juni 2004 und vom 24. Februar 2011, jeweils aaO; vgl.
ferner Unterrichtung der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung offener
Vermögensfragen als Anlage zum Einigungsvertrag, BT-Drucks. 11/7831 S. 4),
nicht hingegen, einen nicht restitutionsberechtigten Antragsteller zu schützen.
Zwar löst auch der Antrag des letzteren, soweit er nicht offensichtlich unbe-
gründet ist, das Unterlassungsgebot aus und verhindert auch sein Antrag die
Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Daraus folgt jedoch nicht die
Einbeziehung seiner - außerhalb des Vermögensgesetzes und von Restituti-
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onsansprüchen liegenden - Vermögensinteressen in den Schutzbereich des § 3
Abs. 3 VermG und der Grundstücksverkehrsordnung.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung des Berufungsge-
richts - auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 12. Juli 2012 (III ZR
104/11, VersR 2012, 1436 Rn. 17 ff). Diese betrifft lediglich die Mitteilungspflicht
nach § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG der nach §§ 24, 25 VermG zuständigen Behör-
den, die (bereits) durch einen Restitutionsantrag nach § 30 VermG ausgelöst
wird und nicht die Berechtigung des Antrags zur Voraussetzung hat. Die vom
Berufungsgericht herangezogene Textstelle der Senatsentscheidung betraf
dementsprechend nur die - in der unterbliebenen Mitteilung nach § 31 Abs. 2
Satz 1 VermG liegende - Amtspflichtverletzung und nicht den Schutzbereich der
verletzten Amtspflicht. Letzterer war zweifelsfrei betroffen, da dem dortigen Klä-
ger ein Restitutionsanspruch zustand (Senat aaO Rn. 23). Das Berufungsge-
richt hat die Ausführungen des Senats zu einer Amtspflichtverletzung mithin im
Sinne einer Aussage zum Schutzbereich von § 31 Abs. 2 Satz 1 VermG miss-
verstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus dem Urteil
des V. Zivilsenats vom 15. April 1994 (BGH aaO) nicht, dass § 1 Abs. 2 GVO
jeden schützt, der einen - nicht offensichtlich unbegründeten - Restitutionsan-
trag gestellt hat. Die Entscheidung des V. Zivilsenats betrifft allein die Voraus-
setzungen von § 3 Abs. 3 VermG und § 1 Abs. 2 GVO, nicht hingegen den
Schutzbereich dieser Normen. Aus ihr folgt nicht, dass derjenige, der durch die
Stellung eines nicht offensichtlich unbegründeten Antrags die Wirkungen der
vorgenannten Normen auslöst, bereits in Folge seiner formalen Rechtsposition
in deren Schutzbereich einbezogen ist. Der faktische Schutz, den auch der
nicht restitutionsberechtigte Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen An-
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trag genießt, ist vielmehr nur ein "Reflex" und eine notwendige Folge der Ge-
setzessystematik, die - vorübergehend - auch den Nichtberechtigten faktisch
schützen muss, um einen wirkungsvollen Schutz des Berechtigten zu erreichen.
c) Eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich der vorgenann-
ten Normen käme zwar in Betracht, wenn der Schutzbereich auch auf das be-
treffende Grundstück bezogene Ansprüche - etwa solche eines Erben - außer-
halb des Vermögens- und Restitutionsrechts umfassen würde. Hiervon kann
indes, wie schon das Landgericht zutreffend angenommen hat, nicht ausge-
gangen werden. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GVO setzt zur Erteilung einer Grund-
stücksverkehrsgenehmigung das Fehlen eines Antrags nach § 30 Abs. 1
VermG beziehungsweise die bestandskräftige Ablehnung eines solchen An-
trags oder seine Rücknahme voraus. Das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3
Satz 1 VermG ist an das Vorliegen eines Antrags nach § 30 VermG geknüpft.
Daraus wird der besondere, auf Restitutionsberechtigte begrenzte Schutzzweck
dieser beiden Normen deutlich. Er umfasst die - materielle - Rechtsposition des
Klägers nur, wenn und soweit sie durch das Vermögensgesetz geschützt wird.
3.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht
zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO). Insbesondere ist nunmehr
zu klären, ob der Kläger als Antragsteller nach § 30 Abs. 1 VermG materiell re-
stitutionsberechtigt und damit in den Schutzbereich von § 3 Abs. 3 VermG und
der Grundstücksverkehrsordnung einbezogen war. Das Berufungsgericht hat
zutreffend angenommen, dass ein fehlendes Restitutionsrecht des Klägers nicht
bereits aufgrund des bestandskräftigen Widerspruchsbescheids des Landes-
amts für offene Vermögensfragen vom 3. Dezember 2009 bindend feststeht
(zur mangelnden Bindung an bestandskräftige Verwaltungsakte im Amtshaf-
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tungsprozess vgl. Senat, Urteil vom 15. November 1990 - III ZR 302/89, BGHZ
113, 17, 18 ff; Staudinger/Wöstmann, BGB [Neubearbeitung 2013], § 839 Rn.
417). Es fehlt insofern an einer bindenden verwaltungsgerichtlichen Entschei-
dung (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 7. Februar 2008 - III ZR 76/07, BGHZ 175,
221 Rn. 10; Staudinger/Wöstmann aaO Rn. 419), nachdem der Kläger durch
Rücknahme seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht den Bescheid bestands-
kräftig werden ließ.
Schlick
Wöstmann
Seiters
Remmert
Reiter
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 15.02.2012 - 7 O 2741/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.10.2013 - 1 U 485/12 -