Urteil des BGH vom 26.03.2015

Aussetzung, Immobilienfonds, Gefahr, Anleger, Reiter

BGHR: ja
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZR 2/14
vom
26. März 2015
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und
Reiter
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Oldenburg vom 28. November 2013 - 8 U 96/13 - wird zurückge-
wiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97
Abs. 1 ZPO).
Streitwert: bis 500.000 €
Gründe:
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fort-
bildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung er-
forderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Anlageberater sei grundsätz-
lich nicht verpflichtet, den Anleger vor dem Erwerb von Anteilen an einem offe-
nen Immobilienfonds ungefragt über die Möglichkeit einer Aussetzung der An-
teilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft nach der - mittlerweile aufgehobe-
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nen - Vorschrift des § 81 des Investmentgesetzes (InvG) in der Fassung vom
15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676; nunmehr § 257 KAGB) aufzuklären, wi-
derspricht zwar der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile
vom 29. April 2014 - XI ZR 130/13, BGHZ 201, 55 und XI ZR 477/12, BeckRS
2014, 12297); dieser Umstand ist im vorliegenden Fall jedoch nicht entschei-
dungserheblich. Denn das Berufungsgericht, dessen Urteil vor der Klärung der
Streitfrage durch den Bundesgerichtshof ergangen ist, hat tragend darauf abge-
stellt, dass der vorliegende Fall keinen (Erst-)Erwerb eines Anlageprodukts,
sondern die Auswechselung des Anlagefonds im Rahmen einer bereits abge-
schlossenen fondsgestützten Rentenversicherung betrifft, wobei das Wahl- und
Austauschrecht des Anlegers von vornherein auf offene Immobilien- und Geld-
marktfonds nach Maßgabe einer verbindlichen Fondsliste beschränkt war.
In diesem Zusammenhang übersieht die Beschwerde, dass auch bei
Geldmarktfonds die Gefahr einer Aussetzung der Anteilsrücknahme bestand
(§ 37 Abs. 2 InvG aF). Dementsprechend wird in dem Verkaufsprospekt zu dem
Fonds M. , den der Kläger seiner Schadensberechnung zugrunde
legt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft die Rücknahme
der Anteile des Sondervermögens zeitweilig aussetzen kann, sofern außerge-
wöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der
Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen. Damit unterschied sich
diese Anlage hinsichtlich des Liquiditätsrisikos nicht von einem offenen Immobi-
lienfonds, so dass die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme kein
Umstand war, der für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung hatte
oder haben konnte.
Da der streitgegenständliche Immobilienfonds innerhalb der Fondsliste
die niedrigste Risikostufe aufwies, bestand für die Beklagte kein Anlass, den
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Geldmarktfonds (mit der zusätzlichen Gefahr von Kursschwankungen) als vor-
zugswürdig zu empfehlen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halb-
satz 2 ZPO abgesehen.
Schlick
Herrmann
Wöstmann
Seiters
Reiter
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 12.06.2013 - 6 O 1451/12 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 28.11.2013 - 8 U 96/13 -
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