Urteil des BGH vom 23.09.2014

Anleger, Stille Gesellschaft, Agio, Stillen, Anteil

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I I Z R 3 1 4 / 1 3
vom
23. September 2014
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe, die Richter
Dr. Drescher, Born und Sunder
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat be-
absichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
11. Zivilsenats
des
Hanseatischen
Oberlandesgerichts
Hamburg vom 23. August 2013 gemäß § 552a ZPO auf ihre
Kosten zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis zu
13.000
€ festgesetzt.
Gründe:
Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zu-
lassung nicht vorliegen und die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
I. Die Klägerin beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 17. Dezember
2005 im Modell „Classic“ mit einer Einmalzahlung von 10.000 € zzgl. 600 € Agio
als atypische stille Gesellschafterin an der Beklagten. Die Beteiligung wurde ihr
von einem Vermittler auf Basis des ihr vor Unterzeichnung nicht ausgehändig-
ten Emissionsprospekts Stand 2005 und - so der streitige Vortrag der Klägerin -
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anhand von Schulungsmaterial erläutert, das dem Vermittler von der Beklagten
zur Verfügung gestellt worden sein soll.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus Prospekthaftung im weiteren
Sinne die Rückabwicklung der Beteiligu
ng und deshalb Zahlung von 9.141,67 €.
Das entspricht den Einlagezahlungen inklusive Agio in Höhe von 10.600 € ab-
züglich der erhaltenen Ausschüttungen. Ferner macht sie entgangenen Gewinn
in Höhe von 2.928,78 € sowie die Erstattung von Rechtsanwaltskosten geltend
und begehrt die Feststellung, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befin-
det und verpflichtet ist, die Klägerin von einer etwaigen Haftung freizustellen
und ihr etwaige weitere Schäden zu ersetzen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage
abweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rückabwicklung schon wegen der auf die
vorliegende mehrgliedrige atypische stille Gesellschaft anwendbaren Grundsät-
ze der fehlerhaften Gesellschaft ausgeschlossen und außerdem eine Aufklä-
rungspflichtverletzung der Beklagten mangels Prospektfehlers nicht zu erken-
nen sei. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit der vom Berufungsgericht zuge-
lassenen Revision weiter.
II. Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Weder erfordern die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-
scheidung des Revisionsgerichts noch stellen sich Fragen von grundsätzlicher
Bedeutung.
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie ei-
ne entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfra-
ge aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und
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deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Ent-
wicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine
Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung
einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen
unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht
entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwor-
tet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten wer-
den (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, ZIP 2010, 1080
Rn. 3; Beschluss vom 3. Juni 2014 - II ZR 67/13, juris Rn. 3). Diese Vorausset-
zungen liegen nicht vor.
a) Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil der Bundes-
gerichtshof in seinem Urteil vom 29. November 2004 (II ZR 6/03, ZIP 2005, 254,
256) ausdrücklich offen gelassen habe, ob die Grundsätze der fehlerhaften Ge-
sellschaft bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, jedenfalls in der Rechts-
form der Publikumsgesellschaft, einem Anspruch auf Einlagenrückgewähr ent-
gegenstünden.
Diese Frage hat der Senat inzwischen dahin beantwortet, dass ein An-
spruch auf Rückabwicklung ausgeschlossen ist, gleichwohl der Anleger, dessen
Rückabwicklungsbegehren in der Regel in eine Kündigung des (stillen) Gesell-
schaftsverhältnisses aus wichtigem Grund umgedeutet werden kann, neben
einem etwaigen Abfindungsguthaben gegebenenfalls Schadensersatz verlan-
gen kann, wenn hierdurch die Abfindungsansprüche der anderen stillen Gesell-
schafter nicht beeinträchtigt werden (BGH, Urteil vom 19. November 2013
- II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rn. 22 ff.).
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b) Das Berufungsurteil steht mit dieser jüngsten Senatsrechtsprechung
zwar nicht im Einklang, soweit es jegliche Schadensersatzansprüche unter Be-
rufung auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft verneint. Da das Beru-
fungsgericht seine Entscheidung jedoch zusätzlich darauf gestützt hat, dass
eine Aufklärungspflichtverletzung, die sowohl für eine Kündigung aus wichtigem
Grund als auch für einen Anspruch auf Ersatz eines unter Umständen neben
einem etwaigen Abfindungsanspruch bestehenden Schadens Voraussetzung
wäre, nicht vorliegt, ist diese Abweichung von der Rechtsprechung des Senats
nicht entscheidungserheblich und hindert ein Vorgehen nach § 552a ZPO nicht.
2. Das Berufungsgericht hat die Revision weiter hinsichtlich der gerügten
und vom Berufungsgericht verneinten Fehler des streitgegenständlichen Pros-
pekts zugelassen. Insoweit stellen sich jedoch gleichfalls keine zulassungsrele-
vanten Rechtsfragen.
Die Anforderungen, welche an eine ordnungsgemäße Aufklärung eines
Anlegers zu stellen sind, sind hinreichend geklärt. Einem Anleger muss für sei-
ne Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt
werden, das heißt er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentschei-
dung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über
die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile
und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH,
Beschluss vom 15. Januar 2013 - II ZR 43/12, juris Rn. 7; Urteil vom 23. April
2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 13 mwN). Wird dem Anlageinteressen-
ten statt einer rein mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbah-
nungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht, kann das als
Mittel der Aufklärung genügen. Dann muss der Prospekt aber nach Form und
Inhalt geeignet sein, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständ-
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lich zu vermitteln. Außerdem muss er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig
vor Vertragsschluss überlassen werden, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis ge-
nommen werden kann (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP
2005, 753, 757 f. mwN). Wird der Prospekt, wie im vorliegenden Fall, nicht vor
der Zeichnung übergeben, erfolgt die Vermittlung aber auf Grundlage des Pros-
pekts, gilt nichts anderes, da sich etwaige Prospektmängel in das Beratungsge-
spräch hinein fortsetzen und genauso wirken, wie wenn dem Anleger der Pros-
pekt rechtzeitig übergeben worden wäre und er kein Gespräch mit dem Anlage-
vermittler geführt, sondern sich alleine aus dem Prospekt informiert hätte (BGH,
Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 17 f.). Für die
Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf
eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er
dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen
und eingehenden Lektüre vermittelt (BGH, Urteil vom 5. März 2013
- II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14 mwN).
Ob die hier von der Klägerin behauptete Aufklärungspflichtverletzung
vorliegt, kann anhand dieser Rechtsgrundsätze auf der Grundlage der vom
Tatrichter insoweit zu treffenden tatsächlichen Feststellungen beantwortet wer-
den. Der vom Berufungsgericht „im Hinblick auf die von der Klägerin gerügten
Fehler des streitgegenständlichen Prospektes“ getroffenen Zulassungsent-
scheidung lässt sich auch unter Berücksichtigung der weiteren Entscheidungs-
gründe nicht entnehmen, dass - und gegebenenfalls welche - Rechtsfragen zur
Entscheidung des Revisionsgerichts gestellt werden sollen. Insbesondere bei
solchen Prospektfehlern, die darin bestehen (sollen), dass bestimmte Angaben
im Prospekt in tatsächlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig sind und des-
halb ein unzutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln, kommt eine
Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nur in Bezug auf
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eine dadurch aufgeworfene Rechtsfrage in Betracht, nicht dagegen, um eine
Entscheidung des Revisionsgerichts zu ermöglichen, die auf eine Überprüfung
ausschließlich der tatsächlichen Grundlagen der Annahme des Tatrichters, we-
gen eines solchen Prospektfehlers liege ein Aufklärungsverschulden vor bzw.
liege nicht vor, beschränkt wäre.
Im Übrigen stellen sich hier etwaige Fragen „im Hinblick auf Fehler des
streitgegenständlichen Prospektes“ nicht in einer unbestimmten Vielzahl von
Verfahren. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsge-
richts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren ange-
strebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung
(BGH, Beschluss vom 15. Januar 2013 - II ZR 43/12, juris Rn. 3 mwN). Dies gilt
auch dann, wenn es sich zwar um eine große Anzahl denselben Fonds betref-
fende Einzelverfahren handelt, es aber wie hier nicht ersichtlich ist, dass deren
tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemeininteressen in besonderem
Maße berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ
152, 182, 192). Dass im vorliegenden Fall eine Zulassung zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung geboten sein könnte, ist ebenfalls nicht zu erken-
nen.
III. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsge-
richt hat ohne Rechtsfehler und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten ver-
neint.
1. Das Berufungsgericht hat sich zu Recht lediglich mit dem Emissions-
prospekt Stand 2005 beschäftigt. Dem Vortrag der Klägerin, dass die Risiken
der Beteiligung in den Schulungsunterlagen, mit denen der Vermittler über das
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Beteiligungskonzept informiert und für seine Gespräche mit den Anlegern ge-
schult worden sei, verkürzt und damit unvollständig bzw. irreführend dargestellt
seien und Unterschiede zwischen dem Inhalt des Prospekts und den Schu-
lungsunterlagen bestünden, musste das Berufungsgericht schon deshalb nicht
nachgehen, weil nach ihrem weiteren Vorbringen das Vermittlungsgespräch
anhand des Prospekts und der Schulungsunterlagen erfolgt ist. Die Klägerin hat
ausdrücklich vorgetragen, dass sich der Vermittler des Prospekts als Grundlage
des Beratungsgesprächs bedient habe, der Inhalt des Prospekts damit wesent-
licher Inhalt des Beratungsgesprächs und damit der Prospekt und die Prospekt-
fehler ursächlich für ihre Zeichnung der Anlage gewesen seien. Auch die Revi-
sion will den Vortrag der Klägerin dahin verstanden wissen, dass über die ent-
sprechenden Risiken eine Aufklärung nach dem Inhalt des Prospektes und der
Schulungsunterlagen erfolgt sei. Dann durfte das Berufungsgericht aber man-
gels anderweitigen konkreten Vortrags davon ausgehen, dass der Klägerin alle
in dem Prospekt enthaltenen Informationen zur Verfügung gestellt wurden.
Wenn durch den Inhalt des Prospekts eine hinreichende Aufklärung über die
Risiken der Beteiligung erfolgt ist, wie das Berufungsgericht angenommen hat,
kommt es auf eine etwaige abweichende Darstellung in den Schulungsunterla-
gen demnach nicht an.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der
Prospekt ausreichend über das Totalverlustrisiko aufklärt.
a) Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungs-
gerichts, dass das Risiko eines Totalverlustes im Prospekt an mehreren Stellen
(u.a. S. 12 und 13) erwähnt wird. Sie macht jedoch geltend, der Prospekt hätte
erläutern müssen, unter welchen für die Anlageform typischen Voraussetzun-
gen solche Verluste entstehen könnten. Bei einem Blind Pool-Fonds, bei dem
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im Zeitpunkt der Beteiligung die konkreten einzelnen Investitionsvorhaben der
Gesellschaft und deren Finanzierung noch nicht festgelegt seien, sei das Un-
ternehmenskonzept zu erläutern und darzustellen, welche naheliegenden,
grundlegenden Fehlentscheidungen des Managements und naheliegenden ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklungen ein Totalverlustrisiko bewirken könnten. Für
den
Bereich „Vermietung, Wertentwicklung“ bedeute dies die Darstellung der
Dauer der geschlossenen Mietverträge sowie die Erläuterung, ob ortsübliche,
ungewöhnlich niedrige oder ungewöhnlich hohe Mietzinsen vereinbart seien.
Nur dann könne der Anleger erkennen, welche Art von Entscheidung als Fehl-
entscheidung auf die Unternehmensentwicklung derart Einfluss habe, dass die
Entscheidung einen Totalverlust auslösen könne.
Damit überspannt die Revision jedoch die Anforderungen an die Pflicht
zur Aufklärung über ein mögliches Totalverlustrisiko. Unternehmensgegenstand
der Beklagten sind Logistik-Immobilien und Logistik-Immobiliendienstleistungen
(Prospekt S. 10, 12, 18 ff.). Bei Immobilienfonds steht, anderes als etwa bei
einem Filmfonds, bei dem ein Misserfolg der Produktion unmittelbar einen ent-
sprechenden Verlust des eingebrachten Kapitals nach sich zieht, mit dem Im-
mobilienvermögen der Investition ein Sachwert gegenüber, der in aller Regel
erhalten bleibt, so dass das Risiko eines vollständigen Kapitalverlusts gering ist
(vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 18; Urteil
vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, NZG 2014, 904 Rn. 28). Zu einem Totalver-
lust des Anlagebetrags kann es erst dann kommen, wenn die Verbindlichkeiten
der Gesellschaft den Wert der Immobilien vollständig aufzehren. Aufklärungs-
pflichtig sind deshalb lediglich risikoerhöhende Umstände, die dem Anleger un-
bekannt sind, wie etwa ein überteuerter Erwerb der Immobilien, der Einsatz von
Eigenkapital für investitionsfremde Zwecke oder der Verfall der betreffenden
Immobilienpreise (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, ZIP
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2009, 2377 Rn. 25). Die Klägerin hat solche Umstände bezüglich der Investitio-
nen, die zum Zeitpunkt der Zeichnung schon getätigt waren - vor allem Beteili-
gungen an fünf Immobilienobjektgesellschaften (vgl. Prospekt S. 12, 18 ff.) -
nicht vorgetragen. Bezüglich der weiteren, noch nicht feststehenden Investitio-
nen werden im Prospekt auf S. 31 abstrakte Anlagegrundsätze aufgelistet, wel-
che die Revision nicht in Zweifel zieht. Damit werden im Prospekt, der keine
verharmlosenden oder beschönigenden Hinweise enthält, die Risiken der Anla-
ge und insbesondere das Risiko eines möglichen Totalverlusts, das bei einer
unternehmerischen Beteiligung in der Natur der Sache liegt und sich nicht si-
cher abschätzen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, NZG
2014, 904 Rn. 29), hinreichend deutlich aufgezeigt.
b) Die Revision beanstandet ferner ohne Erfolg im Zusammenhang mit
der Darstellung des Totalverlustrisikos eine Passage auf S. 12 des Prospekts,
wonach „ein unerwartet negativer Verlauf der Investitionen, der eine Fortfüh-
rung der Gesellschaft nicht gestattet“, zu einem Verlust der Kapitalanlage füh-
ren könne. Der Prospekt verdeutliche nicht ausreichend, dass zwischen der
Beklagten und der mehrgliedrigen atypischen Gesellschaft zu unterscheiden sei
und ein Totalverlustrisiko nicht nur dann drohe, wenn - wie es besagte Passage
suggeriere - die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit beenden müsse.
Dieser Angriff der Revision geht schon deshalb fehl, weil die stille Ge-
sellschaft gemeint ist, wenn im Prospekt von der Gesellschaft die Rede ist. Die
Beklagte wird dagegen im Prospekt regelmäßig namentlich bezeichnet. In der
Präambel des am Ende des Prospekts abgedruckten atypischen stillen Gesell-
schaftsvertrags (Prospekt S. 112) ist dies (für den Vertragstext) ausdrücklich
klargestellt. Bei sorgfältiger und eingehender Lektüre des Prospekts liegt es
deshalb fern, in der von der Revision angeführten Passage zum Totalverlustri-
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siko unter der Gesellschaft die Beklagte zu verstehen und deshalb das Total-
verlustrisiko (zwingend) mit dem Ende der Beklagten zu verknüpfen.
3. Entgegen der Ansicht der Revision weist der Prospekt auf eine etwai-
ge Verpflichtung zur Rückzahlung der den Anlegern ausbezahlten gewinnunab-
hängigen Ausschüttungen für alle Möglichkeiten der Beendigung der Beteili-
gung und nicht nur für den Fall eines Insolvenzverfahrens oder einer Unterbi-
lanz hin. In der Zusammenfassung der wesentlichen tatsächlichen und rechtli-
chen Risiken werden zwar im Wesentlichen nur die Fälle der Insolvenz und der
Unterbilanz angesprochen. Auf S. 67 wird aber ausführlich die vorzeitige Been-
digung der Beteiligung behandelt und in diesem Zusammenhang, in dem ein
Anleger eine solche Information auch erwartet, ausgeführt, dass im Falle eines
negativen Abfindungsbetrags der ausscheidende Gesellschafter bis zur Höhe
etwaiger an ihn erfolgter Auszahlungen zur Leistung an die Beklagte verpflichtet
ist. Einzelheiten finden sich außerdem auf S. 80 in den Erläuterungen zur Be-
rechnung des Abfindungsguthabens.
4. Im Hinblick auf die Darstellung von kapitalmäßigen und personellen
Verflechtungen sind Prospektfehler gleichfalls nicht erkennbar.
a) Erforderlich ist eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und
personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren
Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den
Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaf-
tern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durch-
zuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und der diesem Perso-
nenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (BGH, Beschluss
vom 15. Januar 2013 - II ZR 43/12, juris Rn. 7 mwN).
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Die von der Klägerin behaupteten Kommanditbeteiligungen des Vor-
standsmitglieds T. K. und des Aufsichtsrats B. G. an der
G. AG & Co. KG werden im Prospekt zwar nicht ausdrücklich auf-
geführt. Selbst wenn es aber die G. AG & Co. KG und die behaup-
teten Kommanditbeteiligungen von T. K. und B. G. zum
Zeitpunkt der Zeichnung bereits gegeben haben sollte, ist gleichwohl ein Fehler
des Prospekts nicht ersichtlich. Die Klägerin hat schon nicht vorgetragen, dass
die G. AG & Co. KG in die nach dem Prospekt durchzuführenden
Vorhaben eingebunden gewesen wäre und Verflechtungen insoweit aufklä-
rungspflichtig gewesen wären. Der Umstand, dass T. K. und B.
G. - dieser als Hauptgesellschafter - an der G. Gruppe beteiligt
waren, wird auf S. 38 bis 40 des Prospekts offengelegt. Zudem wird schon auf
S. 14 des Prospekts unter der
Überschrift „Schlüsselpersonen/Vertragspartner“
allgemein erläutert, dass die Vorstände der Beklagten gleichzeitig wesentliche
Positionen und Ämter in Unternehmen der übrigen G. Gruppe bekleiden
und es, da die Beklagte auch Objektgesellschaften aus dem Bestand der G.
Gruppe erwerbe und auch im Übrigen auf deren Know-how zurückgreife, zu
Interessenkonflikten zwischen der G. Gruppe einerseits und der Beklagten
und der für sie handelnden Personen andererseits kommen könne.
b) Entgegen der Auffassung der Revision besteht ein Aufklärungsmangel
nicht darin, dass die Mitglieder des Anlageausschusses im Prospekt als unab-
hängig dargestellt würden, obwohl der im Anlageausschuss tätige Steuerbera-
ter G. B. Gesellschafter der S. Treuhand GmbH tätig sei,
welche als Vollmachtnehmerin der Anleger fungiere (Prospekt S. 32, 96), und
G. B. außerdem Steuerberater einer Gesellschaft der G.
Gruppe sei (Prospekt S. 98).
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Diese Verflechtungen machen die Angabe, dass der Anlageausschuss
seine Entscheidungen unabhängig - das heißt keinen Weisungen unterliegend -
trifft, indes nicht falsch. Durch die im Prospekt erfolgte Offenlegung der Ver-
flechtungen werden dem Anleger vielmehr hinreichende Informationen geboten,
um selbst beurteilen zu können, ob faktisch eine Beeinflussung der Entschei-
dungen des Anlageausschusses durch die G. Gruppe droht.
5. Die von der Revision unter dem Gesichtspunkt der Fremdfinanzierung
zusammengefassten Prospektfehler liegen nicht vor.
a) Der Umstand, dass ein Teil der Anleger die Einlagen in Raten erbringt
und deshalb ungeplante größere Ausfälle bei den Ratenanlegern sich negativ
auf die Liquiditäts- und Ertragslage der Beklagten auswirken können, wird im
Prospekt auf
S. 14 und 15 unter der Überschrift „Zufluss atypisch stillen Beteili-
gungskapitals/Emissionsvolumen/ Durchführungsrisiko“ erläutert.
b) Eine detaillierte Erläuterung, welche Folgen der Ausfall von Fremdka-
pitalgebern auf die einzelnen Objektgesellschaften und die wirtschaftliche Ent-
wicklung der Beklagten konkret haben könnte, war schon deshalb nicht mög-
lich, weil es sich um einen Blind Pool-Fonds handelt und die einzelnen Investiti-
onen zum Zeitpunkt der Zeichnung noch gar nicht abschließend feststanden.
Die Beklagte konnte deshalb nur allgemein darauf hinweisen, dass eine Ände-
rung der Zinskonditionen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung
des Fonds haben könne.
6. Schließlich genügen die Prospektangaben auch im Hinblick auf die
weichen Kosten den Anforderungen an eine hinreichende Aufklärung der Anle-
ger.
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a) Ein Prospekt ist fehlerhaft, wenn der Anleger dem Prospekt den für
seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstand, in welchem Umfang seine
Beteiligung nicht in das Anlageobjekt fließt, sondern für Aufwendungen außer-
halb der Anschaffungs- und Herstellungskosten verwendet wird, nicht ohne wei-
teres entnehmen kann. Mit den Anforderungen an einen wahrheitsgemäßen,
vollständigen und verständlichen Prospekt ist es nicht zu vereinbaren, wenn der
Anleger zur Ermittlung des Anteils der Weichkosten erst verschiedene Pros-
pektangaben abgleichen und anschließend eine Reihe von Rechengängen
durchführen muss (BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04, ZIP 2006,
893 Rn. 9). Nicht erforderlich ist andererseits, dass der Anteil der Weichkosten
im Prospekt mit einer Prozentzahl vom Anlagebetrag angegeben wird. Vielmehr
genügt es, wenn der Anleger diesen Anteil mittels eines einfachen Rechen-
schritts feststellen kann (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12,
ZIP 2014, 381 Rn. 14 ff.).
Eine solche Berechnung ist hier ohne Schwierigkeiten schon allein an-
hand der Angaben in der grafisch deutlich hervorgehobenen Tabellenübersicht
mit der Überschrift „Mittelherkunft, Mittelverwendung 2001 bis 2005 für die erste
Eigenkapital-
Tranche von 50 Millionen Euro“ auf S. 58 des Prospekts möglich.
Unter „Mittelherkunft“ werden u.a. die im angegebenen Zeitraum einzuzahlen-
den atypisch stillen Einlagen mit 37,5 Mio. € und das Agio mit 3 Mio. € angege-
ben. Als eine Position der Mittelverwendung werden die Platzierungskosten
brutto mit 11,9 Mio. € genannt. Dass das Agio von 3 Mio. € zur Deckung der
Platzierungskosten nicht ausreicht, liegt ohne jede Berechnung auf der Hand.
Mittels einfacher Rechnung kann der Anleger feststellen, dass die verbleiben-
den 8,9 Mio. € 17,8 % des insgesamt in der ersten Tranche angestrebten Ei-
genkapitals von 50 Mio. € bzw. 23,7 % des aufgrund der teilweisen Ratenzah-
lung der Anleger in den ersten beiden Jahren geringeren zu erwartenden Ei-
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genkapitals von 37,5 Mio. € ausmachen und damit dieser Anteil der Einlagen für
Investitionen nicht zur Verfügung steht.
b) Die Rüge der Revision, dass der Prospekt trotz dieser zutreffenden In-
formationen irreführend sei, weil im Fließtext auf S. 59 die Platzierungskosten
mit „11,9 Millionen Euro bzw. 7,5 Prozent“ angegeben würden, ist unbegründet.
Bei den angegebenen 7,5 % handelt es sich um den Anteil der Platzierungskos-
ten an den geplanten Gesamtausgaben, welche nicht nur aus den Einlagen,
sondern auch aus dem geplanten erheblichen Fremdkapital bestritten werden.
Dies lässt sich unschwer der Tabelle auf S. 58 entnehmen, auf die der Fließtext
auf S. 59 schon im Einga
ngssatz verweist („Die auf S. 58 aufgeführte Gegen-
überstellung
...“).Der Einwand, die Bezugsgröße der Prozentangabe werde
nicht genannt, geht deshalb fehl.
Die Darstellung der Weichkosten ist, anders als die Revision meint, auch
nicht unübersichtlich und unstrukturiert, weil das Agio an ganz anderer Stelle
erläutert werde. Zum einen kann von einem Anleger eine sorgfältige und einge-
hende Lektüre des Prospekts verlangt werden (BGH, Urteil vom 5. März 2013
- II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14 mwN). Zum anderen ist das Agio in der
Tabelle auf S. 58 als eine Position der Mittelherkunft aufgeführt.
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Schließlich ist es fernliegend, dass ein Anleger aus dem Umstand, dass
das Agio 6 % des Beteiligungskapitals ausmache, den unzutreffenden Eindruck
gewinnen könnte, dass lediglich 1,5 % (7,5 % abzüglich 6 %) der Einlagen zur
Deckung der verbleibenden Emissionskosten benötigt würden.
Bergmann
Caliebe
Drescher
Born
Sunder
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
worden.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.10.2012 - 318 O 53/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.08.2013 - 11 U 217/12 -
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