Urteil des BGH vom 07.02.2012

Entlastungsbeschluss, Aufsichtsrat, Anfechtungsklage, Erwerb, Ermessen

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 253/10
vom
7. Februar 2012
in dem Rechtsstreit
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin
Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen,
weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen
Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen
darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Be-
deutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsge-
richts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer ein-
heitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat die Verfahrensrügen
geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.
Die Anfechtungsklage gegen den Entlastungsbeschluss ist un-
begründet, weil in der unterlassenen Beteiligung der Hauptver-
sammlung jedenfalls kein eindeutiger Gesetzesverstoß durch
Vorstand und Aufsichtsrat liegt, wie das Berufungsgericht zur
weiteren Begründung seiner Entscheidung mit Recht angenom-
men hat. Die Entlastung steht grundsätzlich im Ermessen der
Hauptversammlung. Erst bei einem eindeutigen und schwerwie-
genden Gesetzes- oder Satzungsverstoß von Vorstand und Auf-
sichtsrat sind die Grenzen des Ermessens überschritten und ist
ein Entlastungsbeschluss wegen eines Inhaltsmangels anfecht-
bar (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01,
BGHZ 153, 47, 51; Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 250/02,
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BGHZ 160, 385, 388; Urteil vom 21. September 2009
- II ZR 174/08, BGHZ 182, 272 Rn. 18 - Umschreibungsstopp;
Beschluss vom 9. November 2009 - II ZR 154/08, ZIP 2009,
2436). Da umstritten und nicht geklärt ist, ob und unter welchen
Voraussetzungen der Beteiligungserwerb zu einer ungeschrie-
benen, auf einer richterlichen Rechtsfortbildung beruhenden
Hauptversammlungszuständigkeit führt, haben sich Vorstand und
Aufsichtsrat nicht über eine zweifelsfreie Gesetzeslage hinweg-
gesetzt, als sie für den Erwerb der Dresdner Bank keine Zustim-
mung der Hauptversammlung der Beklagten eingeholt haben.
Will ein Aktionär geltend machen, der Vorstand habe zu einer
Maßnahme die notwendige Zustimmung der Hauptversammlung
nicht eingeholt, ist er auch nicht auf eine mittelbare Prüfung
durch eine Anfechtungsklage gegen den Entlastungsbeschluss
der Aktionärsmehrheit angewiesen, sondern kann gegebenen-
falls eine auf eine entsprechende Feststellung gerichtete Klage
(§ 256 ZPO) erheben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982
- II ZR 174/80,
BGHZ 83,
122,
136 ff.
- Holzmüller).
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2,
2. Halbsatz ZPO abgesehen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
(§ 97 ZPO).
Streitwert: 100.000
Bergmann
Strohn
Reichart
Drescher
Born
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 15.12.2009 - 3-5 O 208/09 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 07.12.2010 - 5 U 29/10 -