Urteil des BGH vom 13.10.2015

Leitsatzentscheidung zu Gesellschafter, Gesellschaftsvermögen, Zedent, Vergleich

ECLI:DE:BGH:2015:131015UIIZR214.13.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 214/13
Verkündet am:
13. Oktober 2015
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 730
a) Ist in einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein zu liquidierendes
Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, kann der Gesellschafter, der für sich ein
Guthaben beansprucht, dieses aufgrund einer vereinfachten Auseinanderset-
zungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter gel-
tend machen; Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind in die-
sem Prozess zu entscheiden; einer - von den Gesellschaftern festgestellten - Aus-
einandersetzungsbilanz bedarf es nicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom
23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271).
b) Mit der vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung ist der geltend gemachte
Ausgleichsanspruch als Ergebnis einer Gesamtabrechnung unter Einbeziehung
der für die Berechnung wesentlichen Parameter nachvollziehbar und schlüssig
darzulegen. Weitergehende Anforderungen sind an eine vereinfachte Auseinan-
dersetzungsrechnung nicht zu stellen.
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 214/13 - KG
LG Berlin
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe sowie die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des
19. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Mai 2013
aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht einen Ausgleichsanspruch
nach Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltend.
Dr. K. (im Folgenden: Zedent) und der Beklagte gründeten 1989
die Golfplatz K. GbR (im Folgenden: K. GbR) zum Zweck des Er-
werbs und der Anpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rech-
ten sowie deren Umgestaltung zu einem Golfplatz und dessen anschließender
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Verpachtung und Verwaltung. Der am 31. Juli 1996 schriftlich geschlossene
Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält u.a. folgende Regelung:
§ 8
Gesellschafterkonten, Gewinn und Verlustverteilung
1. Für jeden Gesellschafter werden Verrechnungskonten geführt.
2. Auf den Verrechnungskonten werden die Gewinne und Verluste,
Entnahmen und sonstigen Einlagen jedes Gesellschafters gebucht.
Der Differenzbetrag der Konten der Gesellschafter ist kontokorrent-
mäßig mit Stichtag zum Ende eines Quartals mit 5 Prozentpunkten
über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank p.a. zu verzinsen.
3. Der Gewinn und Verlust wird nach Maßgabe des Jahresabschlusses
im Verhältnis von je ½ auf die Gesellschafter verteilt.
Die Bewirtschaftung des Golfplatzes wurde der zu diesem Zweck ge-
gründeten H. Golfplatzverwaltungs GmbH (im Folgenden: H. GmbH)
übertragen, an der die Gesellschafter der K. GbR mittelbar als Treugeber
beteiligt waren. Da es nicht gelang, die Golfanlage kostendeckend zu betreiben,
leisteten die Gesellschafter der GbR wiederholt Zahlungen an die H .
GmbH, welche dort als Darlehen verbucht wurden. Die H. GmbH musste
schließlich im August 2008 Insolvenzantrag stellen und wurde in der Folgezeit
abgewickelt.
Nachdem es in der K. GbR wegen des Stands der Verrechnungs-
konten zu Unstimmigkeiten gekommen war, schlossen der Zedent und der Be-
klagte sowie dessen Unterbeteiligte Dr. B. einen auf den 31. Dezember
2003 datierten Vergleich. Danach belief sich das Konto des Beklagten zum
1.
Januar 2003 auf 1.959.968,88 € und das des Zedenten auf 1.835.159,01 €.
In Nr. 2 der Vereinbarung heißt es sodann:
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Die Differenz zwischen den Einlagekonten von 124.809,87 € soll durch
die Berechnung von geleisteten Werbemaßnahmen durch Herrn
Dr. W. K. (Sammelrechnung vom 31.12.2003 über netto
€ 44.185,84 und netto € 75.159,91) ausgeglichen werden. Nach Erfas-
sung dieser Gutschriften auf dem Einlagekonto von Herrn Dr. W .
K. per 31.12.2003 verbleibt dann noch ein Differenzbetrag von
€ 5.464,12. Dieser Differenzbetrag ist dann durch künftige Mehreinla-
gen im Jahre 2004 durch den Gesellschafter Dr. W. K.
auszugleichen.
Damit haben die beiden Parteien zum 01.01.2003 ein Einlagekonto in
Höhe von jeweils € 1.959.968,88.
Mit Vereinbarung vom 9. September 2010 trat der Zedent an den Kläger
einen gegen den Beklagten gerichteten Ausgleichsanspruch ab, der sich daraus
ergebe, dass der Zedent in die K.
GbR von 2003 bis 2007 228.535,88 €
mehr eingelegt habe als der Beklagte. Durch notariellen Vertrag vom 3. Februar
2011 veräußerten die Gesellschafter der K. GbR deren gesamtes Anla-
gevermögen an die Golfanlage K. /P. GmbH & Co. KG. Gemäß
Nr. III. 10. des Vertrags wurden der Gesamtkaufpre
is von 2,4 Mio. € unter den
Gesellschaftern hälftig geteilt und vom Kaufpreisanteil des Beklagten 114.000 €
zugunsten des (an dem Vertrag ebenfalls beteiligten) Klägers beim Notar hinter-
legt. Nr. III. 12. Abs. 2 des Vertrages lautet:
Der zu hinterlegende
Betrag in Höhe von € 114.000,00 kann vom
Notar erst dann ausgezahlt werden, wenn Herr O. L. [Kläger]
der Auszahlung schriftlich zugestimmt hat oder aber die streitigen
Rechtsfragen zwischen Herrn R. [Beklagter] und Herrn L.
über Ansprüche, die ihm von Herrn Dr. K. [Zedent] wegen In-
nenausgleich in der Golfplatz K. GbR zustehen sollen, rechtsver-
bindlich durch Vereinbarung oder durch rechtskräftige gerichtliche oder
schiedsgerichtliche Entscheidung festgestellt sind. Herr L. ver-
pflichtet sich, bis spätestens zum 1. Oktober 2011 Klage zu erheben.
Mit Vereinbarung vom 5. Mai 2011 trat der Zedent unter Bezugnahme
auf die Abtretungsvereinbarung vom 9. September 2010 „auch weitergehende
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Ausgleichsansprüche im Rahmen einer Liquidationsschlussbilanz der Golfplatz
K.
GbR“ an den Kläger ab.
Der Kläger hält die K. GbR für aufgelöst, da die Erreichung ihres
Zwecks unmöglich geworden sei, und für beendet, nachdem alle Passiva berei-
nigt und alle Aktiva veräußert worden seien. Den an ihn abgetretenen Aus-
gleichsanspruch hat er nach teilweiser Klagerü
cknahme in Höhe von 5.464,12 €
mit 168.115,63 € beziffert und sich zur Berechnung auf mehrere Aufstellungen
bezogen. Die erste Aufstellung (Anlage K 5) erfasst für den Zeitraum von 2003
bis 2007 von den Gesellschaftern jeweils erbrachte Einlagen in die K.
GbR und Leistungen an die H. GmbH abzüglich erhaltener Rückzahlungen,
wobei sich die Hälfte des im Ergebnis zugunsten des Zedenten verbleibenden
Differenzbetrages auf 114.267,94 € beläuft. Die zweite Aufstellung (Anlage K 6)
erfasst in entsprechender Weise für 2008 Leistungen des Zedenten, die in der
Summe - halbiert -
27.172,25 € ergeben. Die im Zeitraum von 2009 bis 2011
noch erbrachten Leistungen des Zedenten beziffert der Kläger mit 726,37
(Anlage K 7 und Bezugnahme auf eine Anlage 8). Schließlich ergibt eine weite-
re Aufstellung für den Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Mai 2011 einen vom Be-
klagten auszugleichenden Zinsbetrag in Höhe von 31.413,19 €, der der hälfti-
gen Differenz der in der Aufstellung für die beiden Gesellschafter jeweils aus-
gewiesenen Zinsen entspricht (Anlage K 8).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die
Berufung des Klägers durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der vom Senat zu-
gelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Be-
schlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-
sentlichen ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob die Erreichung des Gesell-
schaftszwecks unmöglich geworden und damit die K. GbR gemäß § 726
BGB beendet sei, denn es fehle jedenfalls an der erforderlichen Schlussab-
rechnung. Wenn kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorhan-
den sei, könne zwar der Gesellschafter, der sich im Ergebnis ein Guthaben aus-
rechne, dieses aufgrund einer einfachen Auseinandersetzungsrechnung gel-
tend machen. Eine solche Abrechnung liege hier aber nicht vor. Das folge allein
schon daraus, dass der Kläger die Klageforderung nicht auf einen Saldo aus
einer Schlussrechnung stütze, sondern Teilforderungen geltend mache, die sich
angeblich für verschiedene Zeitabschnitte nebst einem eigenständig berechne-
ten angeblichen Zinsanspruch zu seinen Gunsten ergäben. Die als Anlage K 5
vorgelegte Aufstellung genüge den Anforderungen ebenfalls nicht, weil sie nur
den Zeitraum bis einschließlich 2007 erfasse. In den beiden weiteren Aufstel-
lungen für die Jahre 2008 und 2009 bis 2011 fänden die vorläufige Über-
schussermittlung für das Jahr 2009 und die darin für das Vorjahr 2008 ausge-
wiesenen Buchungen wie beispielsweise Ausgaben für Miete und Pacht keine
Berücksichtigung. Entscheidend sei, dass die einzelnen Abrechnungen der je-
weiligen Zeitabschnitte in sich unstimmig seien, weil sie zu einem ganz erhebli-
chen Teil Zahlungen des Zedenten an die rechtlich selbständige H. GmbH
enthielten, die in den Gesellschafterkonten der K. GbR nicht zu berück-
sichtigen seien. Schließlich komme noch hinzu, dass der Kläger im Ergebnis
einen Anspruch gemäß § 735 BGB auf Zahlung eines Nachschusses gegen
den Beklagten geltend mache, der der Gesellschaft als solcher zustehe und
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vom Zedenten nicht an den Kläger habe abgetreten werden können. Überdies
sei die Abtretung dieses Anspruchs aus § 735 BGB von den Abtretungserklä-
rungen nicht erfasst.
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der
Klage ausgegangen. Anders als die Revisionserwiderung meint, fehlt für die auf
Zahlung gerichtete Klage nicht teilweise das Rechtsschutzbedürfnis, weil der
Kläger auf Zustimmung zur Auskehrung der beim Notar hinterlegten 114.000 €
klagen könnte. Eine solche Klage wäre weder einfacher noch wäre sie, wenn
sie dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers in gleicher Weise diente wie eine
Zahlungsklage und daher mit dem hinterlegten Betrag zu bewerten wäre (§ 3
ZPO), kostengünstiger. Auch aus dem notariellen Vertrag vom 3. Februar 2011
ergibt sich keine Beschränkung auf eine auf Zustimmung gerichtete Klage.
Vielmehr soll die gemäß Nr. III. 12. Abs. 2 des Vertrags vom Kläger zu erhe-
bende Klage zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den der Hinterlegung
zugrunde liegenden Ausgleichsanspruch führen. Diesem Zweck wird die erho-
bene Zahlungsklage gerecht. Für die Zulässigkeit der vorliegenden Klage uner-
heblich ist hingegen die Frage, ob der Hinterlegungsregelung eine vollstre-
ckungsbeschränkende Vereinbarung des Inhalts entnommen werden kann,
dass der Kläger nach einem obsiegenden Urteil gehalten ist, vor weitergehen-
den Vollstreckungsmaßnahmen zunächst auf die Auszahlung des hinterlegten
Betrages hinzuwirken.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Aufstellungen und Berech-
nungen des Klägers genügten nicht den an eine einfache bzw. vereinfachte
Auseinandersetzungsrechnung zu stellenden Anforderungen, ist von Rechtsfeh-
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lern beeinflusst. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
eine ausreichende Darlegung des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs
nicht verneint werden.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen,
dass im Streitfall eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung ausreicht,
wenn die K. GbR aufgelöst und kein zu liquidierendes Gesellschaftsver-
mögen mehr vorhanden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedarf es zur Geltend-
machung des Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung einer Gesell-
schaft bürgerlichen Rechts keiner - von den Gesellschaftern festgestellten -
Auseinandersetzungsbilanz, wenn kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermö-
gen mehr vorhanden ist. In diesem Fall kann der Gesellschafter, der für sich ein
Guthaben beansprucht, dieses aufgrund einer vereinfachten Auseinanderset-
zungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter gel-
tend machen; Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind in die-
sem Prozess zu entscheiden (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 234/92,
ZIP 1993, 1307, 1309; Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006,
232 Rn. 10 f.; Urteil vom 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271
Rn. 9 f.; Beschluss vom 25. Januar 2011 - II ZR 280/09, juris; vgl. auch Münch
KommBGB/C. Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 2 f.). Entsprechendes gilt für den
Ausgleich der Kapitalkonten nach Beendigung der Liquidation einer OHG oder
Partnerschaftsgesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1957
- II ZR 55/57, BGHZ 26, 126, 128 f.; Urteil vom 14. April 1966 - II ZR 34/64, WM
1966, 706 f.; Beschluss vom 11. Mai 2009 - II ZR 210/08, ZIP 2009, 1376 Rn. 3
f.).
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Die durch diese Rechtsprechung ermöglichte Erleichterung des nachge-
lagerten Innenausgleichs ist von der Frage zu trennen, unter welchen Voraus-
setzungen bei noch vorhandenem Gesellschaftsvermögen interne Ausgleichs-
ansprüche der Gesellschafter in eine zum Zweck der Liquidation zu erstellende
Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen sind. Insoweit hat der Senat ent-
schieden, dass jedenfalls bei einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts
und zumindest auf der Grundlage eines entsprechenden Gesellschafterbe-
schlusses auch die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Ansprüche der
Gesellschafter untereinander in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen
sind (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293
Rn. 34; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 148/10, juris Rn. 34; vgl. auch
MünchKommBGB/C. Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 4). Hierdurch wird eine sach-
widrige Trennung zwischen der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermö-
gens einerseits und dem internen Gesellschafterausgleich andererseits vermie-
den und dem Umstand Rechnung getragen, dass andernfalls der erforderliche
Ausgleich unter den Gesellschaftern bei der für Publikumsgesellschaften typi-
schen Vielzahl von Gesellschaftern, die untereinander nicht persönlich verbun-
den sind, nicht gewährleistet oder jedenfalls in unzumutbarer Weise erschwert
wäre (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293
Rn. 34). Davon unberührt bleibt die in der zuvor zitierten Senatsrechtsprechung
anerkannte Möglichkeit, bei Überschaubarkeit der Verhältnisse, namentlich bei
einer Zweipersonengesellschaft, den internen Ausgleich auf der Grundlage ei-
ner vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar unter den Gesell-
schaftern vorzunehmen, sofern das Gesellschaftsvermögen - mit Ausnahme
zum internen Ausgleich benötigter Verlustausgleichsansprüche - bereits abge-
wickelt ist (vgl. auch MünchKommBGB/C. Schäfer, 6. Aufl., § 735 Rn. 6).
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b) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt,
die erforderliche vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung liege hier nicht
vor.
aa) Eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung muss den geltend
gemachten Ausgleichsanspruch nachvollziehbar und schlüssig darlegen. Zu
diesem Zweck sind die für die Berechnung wesentlichen Parameter einzube-
ziehen. Außerdem gilt auch für die an die Liquidation anschließenden Aus-
gleichsansprüche der Gesellschafter untereinander zur Vermeidung eines Hin-
und Herzahlens der Grundsatz der Gesamtabrechnung und es besteht grund-
sätzlich eine Durchsetzungssperre hinsichtlich einzelner Rechnungsposten
(BGH, Urteil vom 2. Juli 1962 - II ZR 204/60, BGHZ 37, 299, 304 f.; Haas in
Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 155 Rn. 18). Weiterge-
hende Anforderungen sind an eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung
nicht zu stellen.
bb) Nach diesem Maßstab genügt die Abrechnung des Klägers auf der
Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zur Darle-
gung des Ausgleichsanspruchs.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die in § 8 GV vorgese-
henen Verrechnungskonten auf der Grundlage des auf den 1. Januar 2003 be-
zogenen Vergleichs einvernehmlich weitergeführt wurden. Der Kläger war da-
her nicht gehindert, eine eigene, mit dem 1. Januar 2003 beginnende und auf
dem Vergleich aufbauende Abrechnung des Ausgleichsanspruchs vorzuneh-
men.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es unschädlich, dass der
Kläger die Abrechnung nicht in einem Schriftstück zusammengefasst hat, das
einen abschließenden Saldo ausweist. Die in den Aufstellungen des Klägers
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erfassten Zeitabschnitte schließen nahtlos aneinander an, so dass der Grund-
satz der Gesamtabrechnung in zeitlicher Hinsicht beachtet wird. Der Umstand,
dass die Ermittlung des Gesamtergebnisses auf der Grundlage der vorgelegten
Aufstellungen noch eine einfache Addition erfordert, beeinträchtigt die Nach-
vollziehbarkeit und Schlüssigkeit der Abrechnung nicht. Ebenfalls unschädlich
ist die gesonderte Darstellung der Zinsberechnung, durch die der in § 8 Nr. 2
Satz 2 GV zum Zinsausgleich getroffenen Regelung Rechnung getragen wer-
den soll.
Die Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben auch nicht den
Schluss, dass die Aufstellungen inhaltlich unvollständig seien, weil für das Er-
gebnis wesentliche Faktoren außer Betracht geblieben seien. Zwar werden
Gewinne und Verluste, die nach § 8 Nr. 2 GV neben Entnahmen und (sonsti-
gen) Einlagen gleichfalls auf den Verrechnungskonten gebucht werden sollten,
in den Aufstellungen nicht berücksichtigt. Es ist auf der Grundlage der getroffe-
nen Feststellungen aber nicht erkennbar, dass Gewinne und Verluste der Ge-
sellschaft, an denen die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag jeweils
hälftig beteiligt werden sollten, Einfluss auf die Berechnung des Ausgleichsan-
spruchs haben könnten. Gleiches gilt erst Recht für einzelne Ausgaben, die die
Gesellschaft, etwa für Miete und Pacht, vorgenommen hat. Unschädlich ist wei-
ter, dass die Aufstellungen ab 2008 keine Einlagen des Beklagten mehr aus-
weisen, sofern damit nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass der Be-
klagte in diesem Zeitraum keine Beiträge mehr geleistet habe. Im Übrigen führt
das Gebot der Gesamtabrechnung nicht dazu, dass eine vom Kläger als um-
fassend verstandene Abrechnung ihre Eignung als taugliche Grundlage des
Ausgleichsanspruchs verliert, wenn sie sich auf begründeten Einwand des Be-
klagten in einzelnen Punkten als ergänzungsbedürftig erweist.
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Rechtsfehlerhaft ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, ein ent-
scheidender Abrechnungsmangel liege darin, dass die Aufstellungen bis 2008
zu einem erheblichen Teil Zahlungen der Gesellschafter an die H. GmbH
beinhalten, bei denen es sich nicht um Einlagen in die K. GbR handele. In
diesem Zusammenhang kann die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob
die Zahlungen an die H. GmbH als Einlagen in die GbR zu werten sind, of-
fen bleiben. Denn auch wenn diese Frage zu verneinen wäre, führte die dann
unberechtigte Einbeziehung der an die H. GmbH erbrachten Zahlungen
nicht zur Unschlüssigkeit der Abrechnung. Vielmehr ist über die Richtigkeit ein-
zelner Positionen der Auseinandersetzungsrechnung im Prozess zu entschei-
den (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; Urteil
vom 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271 Rn. 10; Beschluss vom
25. Januar 2011 - II ZR 280/09, juris). Das Gericht hat die Positionen, die es für
unberechtigt hält, abzuziehen. Erkennbare Schwierigkeiten bereitet dies im
Streitfall nicht, da die an die H. GmbH geleisteten Zahlungen in den Aufstel-
lungen gesondert als solche ausgewiesen sind.
3. Gleichfalls als rechtsfehlerhaft erweist sich die Annahme des Beru-
fungsgerichts, der Kläger mache im Ergebnis einen der Gesellschaft zustehen-
den Anspruch aus § 735 BGB geltend, den der Zedent nicht habe abtreten kön-
nen und der von den Abtretungsvereinbarungen auch nicht erfasst werde.
Nach der schon erwähnten Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil
vom 5. Juli 1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; Urteil vom
21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 Rn. 10 f.; Urteil vom
23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271 Rn. 9 f.; Beschluss vom
25. Januar 2011 - II ZR 280/09, juris) kann der Gesellschafter, der nach der
Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, für sich ein Guthaben bean-
sprucht, dieses unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter gel-
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tend machen, wenn kein (sonstiges) zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen
mehr vorhanden ist (vgl. auch MünchKommBGB/C. Schäfer, 6. Aufl., § 730
Rn. 35 und § 735 Rn. 6). Bei dieser vereinfachten Abwicklung macht der Ge-
sellschafter einen eigenen Anspruch geltend, keinen Anspruch der Gesell-
schaft, der auf Leistung an diese zu richten wäre. Da der Ausgleichsanspruch
unter den genannten Voraussetzungen dem Ausgleichsberechtigten unmittelbar
gegen den ausgleichspflichtigen Mitgesellschafter zusteht, kann er ihn auch
abtreten (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1966 - II ZR 34/64, WM 1966, 706). Auf
dieser Grundlage bestehen auch keine Zweifel daran, dass die Abtretungsver-
einbarungen den Klageanspruch umfassen.
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus
anderen Gründen als (teilweise) richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Aus der ergänzenden Abtretungsvereinbarung vom 5. Mai 2011 kann
entgegen der Meinung der Revisionserwiderung nicht entnommen werden,
dass der (weitergehende) Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten nur auf der
Grundlage einer Liquidationsschlussbilanz geltend gemacht werden könne. Ge-
genstand der Abtretung ist der aus einer Gesamtabrechnung folgende Aus-
gleichsanspruch des Zedenten; die Identität dieses Anspruchs hängt nicht da-
von ab, wie er zu berechnen und im Rechtsstreit darzulegen ist. Nach dem revi-
sionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt gibt es auch keinen Anhalts-
punkt für eine gegenüber dem Beklagten wirksame rechtsgeschäftliche Be-
schränkung der Fälligkeit oder Klagbarkeit des Ausgleichsanspruchs.
2. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die auf Barleistungen
beschränkte Darstellung des Klägers sei schon methodisch nicht auf die gebo-
tene Gesamtbetrachtung angelegt, zeigt sie nicht auf, welche für die Berech-
nung des Ausgleichsanspruchs relevanten Positionen (generell) unberücksich-
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tigt geblieben sein sollen. Zwar hätten in unterschiedlichem Umfang erbrachte
Sacheinlagen und Sachentnahmen Einfluss auf den Ausgleichsanspruch. Dass
es derartige (bewertbare) Mehrleistungen oder Entnahmen im fraglichen Zeit-
raum gab, ist aber weder festgestellt noch revisionsrechtlich zu unterstellen. Bei
ihrem Hinweis auf den im Vergleich vom 31. Dezember 2003 genannten Diffe-
renzbetrag von 5.464,12 €, der durch künftige Mehreinlagen des Zedenten in
2004 ausgeglichen werden sollte, übersieht die Revisionserwiderung im Übri-
gen, dass der Kläger die Klage in Höhe dieses Teilbetrags zurückgenommen
hat.
Revisionsrechtlich unbeachtlich ist der Versuch der Revisionserwiderung,
aus dem Gesellschaftsvertrag strengere Anforderungen an die Berechnung der
Klageforderung abzuleiten. Die Vertragsauslegung ist grundsätzlich Sache des
Tatrichters. Die bisher getroffenen Feststellungen geben dem Senat auch keine
Grundlage für eine eigene Vertragsauslegung in dem von Revisionserwiderung
gewünschten Sinne.
3. Schließlich ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsge-
richts auch keine Anhaltspunkte für die von der Revisionserwiderung in Betracht
gezogene Möglichkeit, dass der K. GbR noch werthaltige Ansprüche ge-
gen die „abgewickelte“ H. GmbH und somit ein restliches, noch zu liquidie-
rendes Gesellschaftsvermögen verblieben sein könnte.
IV. Die Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1
ZPO). Die Sache ist, da sie nicht entscheidungsreif ist, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO). Das Berufungsgericht
wird, sofern es die Auflösung der K. GbR bejaht und nunmehr von einer
zur Darlegung der Klageforderung ausreichenden (einfachen) Auseinanderset-
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zungsrechnung ausgeht, vor allem die in mehreren Positionen im Streit stehen-
de Richtigkeit der Schlussrechnung zu überprüfen haben.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Die unmittelbar an die H. GmbH als Darlehen geleisteten Zahlungen
der Gesellschafter können in der Auseinandersetzungsrechnung Berücksichti-
gung finden, wenn durch die Zahlungen anfänglich werthaltige Darlehensrück-
zahlungsansprüche der GbR gegen die H. GmbH begründet und damit in
die GbR eingelegt wurden. Standen die Darlehensrückzahlungsansprüche hin-
gegen dem jeweils leistenden Gesellschafter zu, so schließt dies vorbehaltlich
einer anderweitigen, inhaltlich wirksamen Vereinbarung der Gesellschafter ent-
sprechende Einlagen in die GbR aus.
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Soweit die Parteien darüber streiten, ob der Zedent die im Vergleich vom
31. Dezember 2003 angesprochenen Werbemaßnahmen vollständig erbracht
hat, wird zu erwägen sein, ob der Vergleich nicht bereits eine Einigung darüber
enthält, dass für bereits geleistete Werbemaßnahmen 119.345,75
(44.185,84
€ + 75.159,91 €) angesetzt und zum Ausgleich der festgestellten
Kontendifferenz verwendet werden.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.03.2012 - 19 O 371/11 -
KG, Entscheidung vom 16.05.2013 - 19 U 23/12 -
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