Urteil des BGH vom 24.02.2015

Leitsatzentscheidung zu Guter Glaube, Inhaber, Festschrift, Erbe, Geschäftsführer

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I I Z B 1 7 / 1 4
vom
24. Februar 2015
in der Handelsregistersache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GmbHG § 16 Abs. 1 und 2, § 40 Abs. 1
Das Registergericht darf die Aufnahme einer mit einem Testamentsvollstreckerver-
merk versehenen Gesellschafterliste ablehnen.
BGH, Beschluss vom 24. Februar 2015 - II ZB 17/14 - OLG Köln
AG Bonn
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe, die Richter
Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den
Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln
vom 21. Juli 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2 ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Bonn
eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihre Gesellschafterliste
weist drei Geschäftsanteile mit Stammeinlagen von 25.000 € (Geschäftsanteil
Nr. 1) und je 250 € (Geschäftsanteile Nr. 2 und 3) auf. Für die Geschäftsanteile
Nr. 2 und 3 ist Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstre-
cker ist der Beteiligte zu 1.
Der Beteiligte zu 1 reichte als Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 am
18. März 2014 eine neue Gesellschafterliste ein, die über die seitherige Gesell-
schafterliste hinaus die Angabe enthält, dass für die Geschäftsanteile zu 2 und
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3 Testamentsvollstreckung besteht und der Beteiligte zu 1 Testamentsvollstre-
cker ist.
Das Registergericht wies den Antrag auf Einstellung der am 18. März
2014 eingereichten Gesellschafterliste zurück. Die Beschwerde der Beteiligten
zu 2 wies das Oberlandesgericht (OLG Köln, ZIP 2014, 1834) zurück. Dagegen
richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der
Beteiligten zu 2.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach ihrer Zulassung durch das Beschwer-
degericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Registergericht
durfte die Aufnahme der am 18. März 2014 eingereichten, mit einem Testa-
mentsvollstreckervermerk versehenen Gesellschafterliste ablehnen.
a) Das Registergericht darf prüfen, ob die Gesellschafterliste den forma-
len Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht, und darf bei Beanstandungen
die Entgegennahme verweigern (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013
- II ZB 6/13, BGHZ 199, 270 Rn. 9; Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB
17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10). Dieses formale Prüfungsrecht umfasst die Prü-
fung, ob Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs
ihrer Beteiligung eingetreten sind (BGH, Beschluss vom 20. September 2011
- II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10) und ob die geänderten Eintragungen in der
eingereichten Gesellschafterliste von dem Geschäftsführer (§ 40 Abs. 1 Satz 2
GmbHG) oder dem Notar stammen, der an den Veränderungen mitgewirkt hat
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(§ 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013
- II ZB 6/13, BGHZ 199, 270 Rn. 10).
b) Das Registergericht durfte die am 18. März 2014 eingereichte Gesell-
schafterliste zurückweisen, weil sie unzulässige Angaben enthielt. Ein Testa-
mentsvollstreckervermerk gehört nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Anga-
ben in der Gesellschafterliste. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG sieht nach einer Ver-
änderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteili-
gung die Einreichung einer Liste der Gesellschafter vor, aus welcher Name,
Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der letzteren sowie die Nennbeträge und
die laufenden Nummern der von einem jeden derselben übernommenen Ge-
schäftsanteile zu entnehmen sind. Mit dem Erbfall ist zwar eine Veränderung in
den Personen der Gesellschafter eingetreten. Die Aufnahme eines Testa-
mentsvollstreckervermerks in die aus diesem Anlass neu einzureichende Ge-
sellschafterliste ist aber nicht vorgesehen (Bayer, GmbHR 2012, 1, 6 f.).
Es steht nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen ein-
gereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um
weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile freiwillig zu ergänzen. Dem
steht der Grundsatz der Registerklarheit entgegen, der entsprechend auch für
die Gesellschafterliste gilt (BGH, Beschluss vom 20. September 2011
- II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 10 mwN; Bayer, GmbHR 2012, 1, 7). Im Ge-
gensatz zum Aktienregister nach § 67 AktG ist die Gesellschafterliste von je-
dermann einzusehen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 HGB) und jederzeit elektronisch abruf-
bar (§ 9 Abs. 1 Satz 2 ff. HGB). Es liegt daher im Interesse des Rechtsverkehrs,
dass die abrufbaren Informationen übersichtlich und geordnet sind, um Miss-
verständnisse zu vermeiden. Werden Eintragungen in der Gesellschafterliste in
das Belieben der Beteiligten gestellt, ist die Gefahr der Unverständlichkeit und
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Unübersichtlichkeit höher als bei Eintragungen in das Handelsregister, weil die
Liste nicht - wie das Handelsregister - von einer staatlichen Stelle nach den in
der Handelsregisterverordnung vorgegebenen Regeln verändert wird, sondern
durch Notare und Geschäftsführer eine Liste eingereicht wird, deren Gestaltung
weder im Einzelnen vorgegeben ist noch geprüft werden muss. Gegen die Auf-
nahme freiwilliger Angaben in die Gesellschafterliste spricht darüber hinaus,
dass wegen der fehlenden negativen Publizität der Gesellschafterliste die Auf-
nahme von Tatsachen in die Gesellschafterliste oder ihr Fehlen nur einge-
schränkte Information liefert (zutreffend Herrler, NZG 2011, 1321, 1326; Herrler,
GmbHR 2013, 617, 619). Schon aus diesen Gründen genügt es für die Auf-
nahme von weiteren Angaben in die Gesellschafterliste nicht, dass es sich um
für die Dritte im Hinblick auf weitere Nachforschungen „sinnvolle“ Informationen
handeln kann (aA Jeep, NJW 2012, 658, 660; Zöllner/Noack in
Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 15b; Heidinger, Festschrift Stilz,
2014, S. 253, 260).
Die unbeschränkte Publizität durch die jederzeitige Abrufbarkeit der Ge-
sellschafterliste kann außerdem das Recht des Inhabers des Geschäftsanteils
oder einer anderen von der aufgenommenen Information betroffenen Person
auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigen, wenn jede für sinnvoll
erachtete Information nach dem Belieben des Geschäftsführers in die Liste auf-
genommen werden kann.
c) Ein erhebliches praktisches Bedürfnis an der Information in der Ge-
sellschafterliste über die Testamentsvollstreckung über einen Geschäftsanteil,
das über ein allgemeines Informationsinteresse hinausgeht, besteht nicht.
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Die erforderliche Abwägung, hinsichtlich welcher Angaben das Informa-
tionsinteresse des Rechtsverkehrs eine Aufnahme in die Gesellschafterliste
rechtfertigt, hat der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung der Listenangaben in
§ 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG und § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG getroffen. Wenn
überhaupt entgegen dem Wortlaut von § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG über die
gesetzlich vorgesehenen Angaben in die Gesellschafterliste hinaus Informatio-
nen aufgenommen werden können, setzt das mindestens voraus, dass ein er-
hebliches praktisches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der entsprechenden
Information besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011
- II ZB 17/10,
BGHZ
191,
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Rn. 14;
zum
Handelsregister
BGH,
Beschluss vom 14. Februar 2012 - II ZB 15/11, ZIP 2012, 623 Rn. 16 mwN). Bei
der Aufnahme von zusätzlichen Informationen in die Gesellschafterliste ist zu-
dem zu beachten, dass der Gesetzgeber sie nicht als allgemeines Register zur
Information des Rechtsverkehrs über die Verhältnisse in der Gesellschaft aus-
gestaltet hat, sondern die Wirkungen der Aufnahme eines Inhabers von Ge-
schäftsanteilen in die Liste gegenständlich auf das Verhältnis zur Gesellschaft
(§ 16 Abs. 1 GmbHG) und zu einem Erwerber (§ 16 Abs. 3 GmbHG) beschränkt
hat.
aa) Dass im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung, wie
sie mit der Erbfolge unzweifelhaft vorliegt, der in der im Handelsregister aufge-
nommenen Gesellschafterliste eingetragene Erbe als Inhaber des Geschäftsan-
teils gilt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG), begründet kein Bedürfnis für die Eintra-
gung eines Testamentsvollstreckervermerks (Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2. Aufl.,
§ 40 Rn. 48). Ein solcher Bedarf wird teilweise für die Legitimationswirkung ge-
genüber der Gesellschaft gesehen, um die Ladung, Teilnahme und die Stimm-
abgabe des Testamentsvollstreckers an der Stelle des Erben sicherzustellen
(Beutel, NZG 2014, 646, 648; Heidinger, Festschrift Stilz, 2014, S. 253, 262).
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Die Ladung zur Gesellschafterversammlung ist, wenn die Testamentsvollstre-
ckung auch das Stimmrecht erfasst, zwar an den Testamentsvollstrecker zu
richten, weil er auch zur Ausübung des Stimmrechts befugt ist, solange ihn kein
Stimmverbot trifft (BGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - II ZR 250/12, BGHZ 201, 216
Rn. 22 f.). Die Legitimationswirkung von § 16 Abs. 1 GmbHG steht dem aber
nicht entgegen und der Testamentsvollstrecker ist auch nicht auf eine Legitima-
tion durch die Gesellschafterliste angewiesen. § 16 Abs. 1 GmbHG bestimmt,
wer im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, und
Inhaber des Geschäftsanteils ist auch bei Dauertestamentsvollstreckung der
Erbe. Er ist auch Träger des Stimmrechts; lediglich die Ausübung des Stimm-
rechts kann Sache des Amtswalters sein (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2014
- II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 Rn. 22; zum Insolvenzverwalter Urteil vom 31.
Mai 2011 - II ZR 109/10, BGHZ 190, 45 Rn. 7; K. Schmidt/Scholz, GmbHG, 11.
Aufl., § 47 Rn. 16). An die Ausübungsbefugnis und nicht an die Gesellschafter-
stellung knüpft die Ladung von Amtswaltern, organschaftlichen oder gesetzli-
chen Vertretern an (vgl. Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl., § 51 Rn. 7;
MünchKommGmbHG/Liebscher, § 51 Rn. 16 f.). Als Legitimationsausweis ge-
genüber der Gesellschaft für die Ausübung der Stimmrechte genügt das Tes-
tamentsvollstreckerzeugnis, das auch über Beschränkungen der Nachlassver-
waltung Auskunft gibt (§ 2368 Abs. 1 BGB).
bb) Ein Bedürfnis zur Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks
besteht auch nicht zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs des Ge-
schäftsanteils von dem Erben (OLG München, ZIP 2012, 1669, 1670 f.; Herrler,
NZG 2011, 1321, 1323; Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 44 f.; Oetker
in Henssler/Strohn, GesR, 2. Aufl., § 40 GmbHG Rn. 6; aA Beutel, NZG 2014,
646, 648 f.; Scholz/Seibt, GmbHG, 11. Aufl., § 40 Rn. 27; Zinger/Ulrich-Erber,
NZG 2011, 286, 287 f.). Nach § 2211 Abs. 2 BGB finden zwar hinsichtlich von
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Verfügungen des Erben über einen der Verwaltung des Testamentsvollstre-
ckers unterliegenden Gegenstand die Vorschriften derjenigen, welche Rechte
von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. Wie der
Senat bereits entschieden hat, schützt § 16 Abs. 3 GmbHG aber nicht den gu-
ten Glauben in die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des in die Gesellschaf-
terliste aufgenommenen Gesellschafters gegenüber einem Erwerber (BGH, Be-
schluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 16 ff.). Auch
nach der Gesetzesbegründung soll durch § 16 Abs. 3 GmbHG der gutgläubige
Erwerb von Geschäftsanteilen nur insoweit ermöglicht werden, als der Erwerber
darauf soll vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete
Person auch wirklich Gesellschafter ist (vgl. Regierungsentwurf zum MoMiG,
BT-Drucks. 16/6140, S. 38). Damit vermittelt § 16 Abs. 3 GmbHG gerade kei-
nen Gutglaubensschutz gegenüber einer Verfügung des durch die Testaments-
vollstreckung beschränkten Erben (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 2211
Rn. 4; Ulmer/Paefgen, GmbHG, 2. Aufl., § 40 Rn. 45). Ein besonderer Schutz
des Erwerbers gegen eine unberechtigte Verfügung über den Geschäftsanteil
durch den Erben in der Gesellschafterliste ist in der Regel auch aus anderen
Gründen nicht geboten. Kennt der Dritte die Zugehörigkeit des Verfügungsge-
genstandes zum Nachlass, die sich insbesondere bei Erbengemeinschaften
sogar aus der Gesellschafterliste ergibt, so scheidet guter Glaube in die Verfü-
gungsmacht des Erben im Allgemeinen schon deshalb aus, weil die Testa-
mentsvollstreckung im Erbschein angegeben ist (§§ 2364, 2366 BGB). Wenn
der Erbe als solcher über einen Nachlassgegenstand verfügt, ist für den Dritten
die Prüfung der Verfügungsmacht anhand des Erbscheins geboten
(MünchKommBGB/Zimmermann, 6. Aufl., § 2211 Rn. 18).
cc) Auch zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvoll-
streckers über den Geschäftsanteil ist der Testamentsvollstreckervermerk we-
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der erforderlich noch hilfreich (aA Beutel, NZG 2014, 646, 649). § 16 Abs. 3
GmbHG schützt nur den Erwerb vom nichtberechtigten, als Inhaber des Ge-
schäftsanteils in der Gesellschafterliste aufgenommenen Veräußerer. Seine
Verfügungsbefugnis kann und muss der Testamentsvollstrecker durch das Tes-
tamentsvollstreckerzeugnis nachweisen.
dd) Ein Bedarf für einen Testamentsvollstreckervermerk in der Gesell-
schafterliste wird auch nicht dadurch begründet, dass der Geschäftsanteil wäh-
rend der Dauer der Testamentsvollstreckung nur den Nachlassgläubigern, nicht
auch den Eigengläubigern des Gesellschafter-Erben als Haftungsmasse zur
Verfügung steht (so aber Herrler, GmbHR 2013, 617, 620; Heidinger, Fest-
schrift Stilz, 2014, S. 253, 261; Beutel, NZG 2014, 646, 649). Wegen einer sol-
chen unmittelbaren haftungsrechtlichen Außenwirkung der Testamentsvollstre-
ckung hat der Bundesgerichtshof für den Kommanditanteil ein praktisches Be-
dürfnis für die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks anerkannt
(BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - II ZB 15/11, ZIP 2012, 623 Rn. 19).
Bei der GmbH kommt der Gesellschafterliste aber nicht die Aufgabe zu, Dritten
verlässlich darüber Auskunft zu geben, inwieweit ein Geschäftsanteil als Haf-
tungsmasse zur Verfügung steht. Gegenüber Gläubigern von Gesellschaftern
beweist die Aufnahme in die Gesellschafterliste nicht die Gesellschafterstellung.
Die Gläubiger des in die Gesellschafterliste Aufgenommenen können nicht da-
rauf vertrauen, dass er auch Inhaber des Geschäftsanteils ist und sie den Ge-
schäftsanteil wirksam pfänden können (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger,
2. Aufl., § 16 Rn. 172).
Dem Testamentsvollstreckervermerk könnte daher allenfalls eine Warn-
funktion für den Eigengläubiger des Gesellschafter-Erben zukommen, wegen
der Testamentsvollstreckung eine Pfändung in den Geschäftsanteil zu unterlas-
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sen. Darin liegt aber kein praktisch erhebliches Bedürfnis, das die Aufnahme
des Testamentsvollstreckervermerks angesichts der gesetzlichen Regelung der
Listenausgestaltung rechtfertigen könnte.
ee) Im Gegensatz zur Kommanditgesellschaft (BGH, Beschluss vom
14. Februar 2012 - II ZB 15/11, ZIP 2012, 623 Rn. 20) besteht bei der GmbH
auch kein Bedürfnis, die Gesellschaftsgläubiger durch die Verlautbarung der
Testamentsvollstreckung vor einem unberechtigten Vertrauen in die Wirksam-
keit einer Haftsummenerhöhung zu schützen. Die Gesellschafter haften grund-
sätzlich nicht persönlich, § 13 Abs. 2 GmbHG.
Eine Haftungsausweitung kann der Testamentsvollstrecker allenfalls
über die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG durch die Beteiligung an einer Kapi-
talerhöhung begründen, soweit man sie für zulässig hält (vgl. MünchKomm
GmbHG/Lieder, § 55 Rn. 117 mwN). Insoweit würde der Gesellschafter-Erbe
aber nicht nach außen haften, sondern allenfalls gegenüber der GmbH, bei der
die Testamentsvollstreckung bekannt sein muss. Die Verpflichtung ist auf den
Nachlass beschränkt (vgl. § 2206 Abs. 2 BGB) und die Erfüllung der Vorausset-
zungen einer Kapitalerhöhung werden vom Registergericht vor einer Eintragung
geprüft. Anders als bei der Kommanditgesellschaft kann eine Haftung gegen-
über Dritten nicht schon aufgrund einer Mitteilung entstehen (§ 172 Abs. 2
HGB). Ein besonderes Bedürfnis, die Beschränkung der Kapitalerhöhung ge-
genüber dem Rechtsverkehr kenntlich zu machen, besteht schon angesichts
der vorangehenden Prüfung nicht (so auch Beutel, NZG 2014, 646, 648).
ff) Ein erhebliches praktisches Bedürfnis folgt auch nicht aus einem Inte-
resse des Rechtsverkehrs, die Personen zu kennen, die entscheidenden Ein-
fluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben (so aber Beutel, NZG 2014,
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646, 649; Heidinger, Festschrift Stilz, 2014, S. 253, 261), wie dies der Senat für
die Kommanditgesellschaft im Hinblick auf das Widerspruchsrecht der Kom-
manditisten nach § 164 Satz 1 HGB angenommen hat (BGH, Beschluss vom
14. Februar 2012 - II ZB 15/11, ZIP 2012, 623 Rn. 21). Die Gesellschafterliste
dient nicht in erster Linie dazu, die Personen, die entscheidenden Einfluss auf
die Geschicke der Gesellschaft haben, kenntlich zu machen. Die Änderungen
von § 16 GmbHG durch das MoMiG hatten unter anderem den Zweck, Trans-
parenz über die Anteilseignerstrukturen der GmbH zu schaffen und Geldwä-
sche zu verhindern (Regierungsentwurf zum MoMiG, BT-Drucks. 16/6140,
S. 37). Die Transparenz über die Anteilseigner wird durch die Liste der Inhaber
von Geschäftsanteilen hergestellt. Auf eine über die Anteilsverhältnisse hinaus-
gehende Information über diejenigen Personen, die entscheidenden Einfluss
auf die Geschicke der Gesellschaft haben, wie sie im Kapitalmarktrecht vorge-
sehen ist (vgl. §§ 21 ff. WpHG, für den Testamentsvollstrecker § 22 Abs. 1 Nr. 6
WpHG), hat der Gesetzgeber verzichtet, so dass etwa die praktisch bedeuten-
deren Fälle der mittelbaren Einflussnahme insbesondere durch Treuhandver-
hältnisse nicht offengelegt werden müssen. Das allgemeine Informationsbe-
dürfnis über die Verhältnisse der Gesellschafter allein begründet noch kein er-
hebliches praktisches Bedürfnis für eine Ergänzung der Liste über die gesetz-
lich geforderten Angaben hinaus.
gg) Gegen die Aufnahme freiwilliger zusätzlicher Informationen wie der
Testamentsvollstreckung über einen Geschäftsanteil spricht auch, dass das
Gesetz keine Regelungen über eine Löschung entsprechender Eintragungen in
einer Gesellschafterliste enthält. Eine Verpflichtung zur Einreichung einer neuen
Gesellschafterliste begründet § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nur bei Veränderun-
gen in den Personen der Gesellschafter, nicht aber bei Veränderungen bei Ver-
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fügungsbeschränkungen. § 40 Abs. 3 GmbHG sieht nur für die Verletzung die-
ser Verpflichtungen eine Schadenersatzpflicht der Geschäftsführer vor.
Bergmann
Caliebe
Drescher
Born
Sunder
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 07.05.2014 - HRB 14505 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.07.2014 - 2 Wx 191/14 -