Urteil des BGH vom 07.05.2015

Äquipotenzangabe in Fachinformation Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 2 9 / 1 4
Verkündet am:
7. Mai 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Äquipotenzangabe in Fachinformation
UWG § 4 Nr. 11, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1; HWG § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1;
AMG § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 11a Abs. 1
Angaben in der Fachinformation für ein Arzneimittel können irreführend sein,
wenn sie auf Studien gestützt sind, die diese Aussagen nicht tragen. Der In-
haber der Arzneimittelzulassung kann sich darauf berufen, dass die Angaben
in der dem Zulassungsantrag des Arzneimittels beigefügten Fachinformation
zum Zeitpunkt der Zulassung des Arzneimittels dem gesicherten Stand der
Wissenschaft entsprochen haben. Der Kläger kann die indizielle Bedeutung
der Zulassung für die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der in der
Fachinformation enthaltenen Angaben erschüttern, indem er darlegt und er-
forderlichenfalls beweist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt
bekanntgewordene oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsent-
scheidung sonst nicht zugängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen,
die gegen die wissenschaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung beleg-
ten Aussagen sprechen (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. Februar 2013
- I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 = WRP 2013, 772 - Basisinsulin mit Ge-
wichtsvorteil).
BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 29/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
- 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2015 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesge-
richts Hamburg - 3. Zivilsenat - vom 30. Januar 2014 wird auf Kos-
ten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin der deutschen Zulassung für das Arzneimittel
„BOTOX“. Die Beklagte zu 1 ist Inhaberin der Zulassung für das Arzneimittel
„XEOMIN
®
50 LD
50
-Einheiten
“ (nachfolgend „XEOMIN
®
50
“), die vom Bundes-
amt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Wege des sogenannten
dezentralen Verfahrens erteilt worden ist. Beide Medikamente enthalten als
Wirkstoff Botulinumtoxin Typ A. Die Beklagte zu 2 vertreibt
„XEOMIN
®
50
“ seit
Anfang 2012 in Deutschland.
In der deutschen Fachinformation für
„XEOMIN
®
50
“, Stand August 2011,
heißt es unter 4.2:
Ergebnisse vergleichender klinischer Studien legen nahe, dass Xeomin und das
Vergleichspräparat mit herkömmlichem Botulinum Toxin Typ A-Komplex
(900 kDa) äquipotent sind, wenn sie in einem Umrechnungsverhältnis von 1:1
dosiert werden.
1
2
- 3 -
Die deutsche Fachinformation für
„XEOMIN
®
50
“, Stand Dezember 2011,
hat unter 4.2 folgenden geänderten Wortlaut:
Ergebnisse vergleichender Studien weisen auf eine Äquipotenz von
„XEOMIN“
und dem Vergleichspräparat mit herkömmlichem Botulinum-Toxin-Typ A-Kom-
plex (900 kDa) hin, wenn sie in einem Umrechnungsverhältnis von 1:1 dosiert
werden.
Die Klägerin hält die in den beiden Fachinformationen enthaltenen Anga-
ben über die Äquipotenz von
„XEOMIN“ für irreführend.
Das Landgericht hat die Beklagten entsprechend dem Antrag der Kläge-
rin unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, zu dem
Arzneimittel
„XEOMIN
®
50 LD
50
-Einheiten
“ die - oben angeführten - Angaben zu
machen, wie mit der Fachinformation Stand Dezember 2011 oder der Fachin-
formation Stand August 2011 geschehen.
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Beru-
fungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten bean-
tragen, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 5, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit
§ 3 HWG oder § 8 AMG wegen irreführender Angaben weder im Hinblick auf
die Fachinformation Stand August 2011 noch im Hinblick auf die Fachinformati-
on Stand Dezember 2011 zu. Dazu hat es ausgeführt:
Die Legitimationswirkung der durch das Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte (im Weiteren: BfArM) für das Arzneimittel
„XEOMIN
®
50
erteilten Zulassung erstrecke sich auf den Inhalt der Fachinformation nach dem
Stand August 2011, so dass er wettbewerbsrechtlicher Prüfung entzogen sei.
3
4
5
6
7
8
- 4 -
Gemäß § 22 Abs. 7 Satz 1 AMG sei dem Zulassungsantrag unter anderem der
Entwurf der Fachinformation (§ 11a Abs. 1 Satz 2 AMG) beizufügen. Die vorlie-
gend beanstandeten Angaben seien unter der Rubrik
„Dosierung, Art und Dau-
er der Anwendung
“ enthalten und für die Arzneimittelsicherheit, die Wirksamkeit
des Präparats und die Therapieentscheidung des Arztes besonders wichtig.
Das spreche dafür, dass die Zulassungsbehörde diese Angaben zur Kenntnis
genommen und gebilligt habe.
Auch die nach dem Stand Dezember 2011 erfolgte Änderung der Fachin-
formation werde von der Legitimationswirkung der Arzneimittelzulassung um-
fasst. Es habe sich dabei um die Änderung der Übersetzung einer Angabe in
englischer Sprache gehandelt, die im Einzelnen mit der Zulassungsbehörde
abgestimmt und von dieser gebilligt worden sei.
Die Zulassungsentscheidung für
„XEOMIN
®
50
“ sei nicht wegen Nichtig-
keit unwirksam. Selbst wenn bei der Zulassungsprüfung die zu einer Äquipo-
tenz der konkurrierenden Mittel bei einem Dosisverhältnis von 1:1 vorgelegten
Studien fehlerhaft beurteilt worden sein sollten, habe es sich dabei um eine
wissenschaftliche Fehleinschätzung gehandelt, die kaum als
„schwerwiegend“
im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG anzusehen sei. Jedenfalls fehle es an der für
die Annahme der Nichtigkeit erforderlichen Offenkundigkeit.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat im
Ergebnis keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin wende sich mit
ihrem Antrag gegen die Verwendung der Angaben im Gewande der Fachinfor-
mation des jeweils genannten Standes. Sie wende sich gegen den Inhalt der
Fachinformation selbst und nicht lediglich gegen werbliche Angaben unter Be-
zugnahme auf die Fachinformation. Diese Auslegung des Klageantrags durch
das Berufungsgericht, die der Senat als Auslegung einer Prozesserklärung in
9
10
11
12
- 5 -
vollem Umfang nachprüfen kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. November
2009 - I ZR 128/07, GRUR 2010 Rn. 30 = WRP 2010, 933 - Film-Einzelbilder,
mwN), lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der von
der Klägerin erhobene Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG voraussetzt, dass
die beanstandeten Angaben in den Fachinformationen irreführend sind. Nach
§ 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche
Handlung vornimmt; nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche
Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täu-
schung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält. Nach
§ 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider-
handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das
Marktverhalten zu regeln. Bei § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1 HWG sowie § 8 Abs. 1
Nr. 2 AMG handelt es sich um solche Marktverhaltensregelungen, da diese
Bestimmungen den Schutz der menschlichen Gesundheit und damit den Ver-
braucherschutz bezwecken. Nach § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1 HWG ist eine irrefüh-
rende Werbung unzulässig, mit der Arzneimitteln Wirkungen beigelegt werden,
die sie nicht haben. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist es verboten, Arzneimittel in
Verkehr zu bringen, die mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufma-
chung versehen sind.
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der gel-
tend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 5, 4 Nr. 11 UWG in Verbin-
dung mit § 3 HWG oder § 8 AMG wegen irreführender Angaben in den Fachin-
formationen nicht zu. Die Legitimationswirkung der für das Arzneimittel
„XEO-
MIN
®
50
“ erteilten Zulassung durch das BfArM erstrecke sich auf den Inhalt der
Fachinformationen, so dass er wettbewerbsrechtlicher Prüfung entzogen sei.
Mit dieser Begründung kann der von der Klägerin erhobene Unterlassungsan-
spruch nicht verneint werden.
13
14
- 6 -
a) Die Klägerin macht geltend, die von den Beklagten verwendete Aus-
sage zur Äquipotenz sei wissenschaftlich nicht ausreichend abgesichert. Sie
behauptet damit einen Sachverhalt, der grundsätzlich den Tatbestand der Irre-
führung erfüllen kann.
aa) Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für An-
gaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen
Werbung, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissen-
schaftlicher Erkenntnis entspricht. Danach ist es irreführend, wenn eine Werbe-
aussage auf Studien gestützt wird, die diese Aussage nicht tragen (vgl. BGH,
Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11, GRUR 2013, 649 Rn. 16 f. = WRP
2013, 772 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
bb) Für Angaben in einer Fachinformation gilt grundsätzlich nichts ande-
res. Auch sie können irreführend sein, wenn sie auf Studien gestützt sind, die
diese Aussagen nicht tragen. Nach § 11a Abs. 1 Satz 1 AMG handelt es sich
bei der Fachinformation um eine zwingend vorgeschriebene Gebrauchsinforma-
tion für die Fachkreise. Mit ihr wird den Ärzten für deren Therapieentscheidung
eine weitere, über die Packungsbeilage hinausgehende Informationsquelle über
das Arzneimittel zur Verfügung gestellt (vgl. Pannenbecker in Kügel/Müller/
Hofmann, AMG, 2012, § 11a Rn. 4), die sie insbesondere in der öffentlichen
Arzneimittel-Datenbank abrufen können (vgl. § 34 Abs. 1a Nr. 1 AMG). Damit
stellen die in der Fachinformation enthaltenen Angaben im Sinne von § 2 Abs. 1
Nr. 1 UWG geschäftliche Handlungen des Herstellers zur Förderung des Absat-
zes seiner Arzneimittel dar. Es handelt sich nicht um Angaben, die allein für das
Zulassungsverfahren bestimmt sind und ausschließlich behördenintern genutzt
werden. Kann die Therapieentscheidung eines Arztes durch eine wissenschaft-
lich nicht gesicherte Angabe in einer Fachinformation beeinflusst werden, ist die
Gesundheit der Bevölkerung jedenfalls nicht weniger gefährdet als bei einer
15
16
17
- 7 -
unmittelbar an Verbraucher oder Fachkreise gerichteten gesundheitsbezogenen
Werbung.
b) Die Fachinformation für
„XEOMIN
®
50
“ war zwar Gegenstand der Zu-
lassungsprüfung für dieses Arzneimittel. Anders als das Berufungsgericht
meint, ist der von der Klägerin angegriffene Inhalt der Fachinformation infolge
der Zulassung von
„XEOMIN
®
50
“ der wettbewerbsrechtlichen Prüfung jedoch
nicht entzogen.
aa) Zwar liegt kein unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidriges Marktverhalten vor, wenn es durch
einen Verwaltungsakt ausdrücklich erlaubt worden und dieser Verwaltungsakt
nicht nichtig ist (BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265,
269 - Atemtest I; Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 95/05, GRUR 2008, 1014
Rn. 32 = WRP 2008, 1335 - Amlodipin; Urteil vom 24. September 2014
- I ZR 73/12, GRUR 2014, 405 Rn. 10 f. = WRP 2014, 429 - Atemtest II).
bb) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht von der Wirksamkeit der Zu-
lassungsentscheidung für
„XEOMIN
®
50
“ ausgegangen.
(1) Die Zulassungsentscheidung für
„XEOMIN
®
50
“ ist vom BfArM im de-
zentralen Zulassungsverfahren gemäß § 25b AMG erteilt worden. Die Wirk-
samkeit dieses nationalen Zulassungsbescheids beurteilt sich nach deutschem
Verwaltungsverfahrensrecht, weil insoweit keine unionsrechtlichen Regelungen
bestehen (vgl. Rehmann, AMG, 4. Aufl., vor §§ 21-37 Rn. 20 und § 25b Rn. 2).
(2) Als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG ist der Zulassungsbe-
scheid nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schwer-
wiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht
kommenden Umstände offensichtlich ist. Dabei stellt die Nichtigkeit des Verwal-
tungsakts eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Ge-
18
19
20
21
22
- 8 -
walt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Schwerwiegend ist ein Fehler
daher nur, wenn er den Verwaltungsakt schlechterdings unerträglich, das heißt
mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten we-
sentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Der schwerwiegen-
de Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich
sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ist daher nur dann anzunehmen, wenn
die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so
erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden
kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, Be-
schluss vom 11. Mai 2000 - 11 B 26/00, NVwZ 2000, 1039, 1040).
(3) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, diese Voraussetzungen der
Nichtigkeit seien im Streitfall erfüllt.
Die Klägerin hat vorgetragen, die angegriffenen Angaben über die Äqui-
potenz der Mittel bei einem Dosisverhältnis von 1:1 seien durch wissenschaftli-
che Studien nicht belegt, und zwar insbesondere nicht durch die Zulassungs-
studien von R. und B. , bei denen es sich nicht um Dosisfin-
dungs-, sondern um Nichtunterlegenheitsstudien gehandelt habe, die zudem
unter methodischen Mängeln litten.
Das Berufungsgericht hat angenommen, auch bei unterstellter Richtigkeit
dieses Vortrags spreche gegen eine Einstufung als schwerwiegender Fehler,
dass die beanstandete Angabe ihre sachliche Grundlage in dem auf das Präpa-
rat
„XEOMIN
®
50
“ bezogenen Beurteilungsbericht der Europäischen Arzneimit-
tel-Agentur (EMA) finde, in dem die für die Zulassungsprüfung herangezogenen
Studien betrachtet und bewertet worden seien. Damit handele es sich - bei un-
terstellter Fehlerhaftigkeit dieser Beurteilung - um eine wissenschaftliche Fehl-
einschätzung, die kaum als
„schwerwiegend“ im Sinne des § 44 VwVfG ange-
sehen werden könne. Jedenfalls fehle es aber an der Offenkundigkeit des Feh-
lers, da die Aussage zur Äquipotenz eine fachliche Bewertung der Zulassungs-
23
24
25
- 9 -
behörde sei, die keinesfalls offensichtlich außerhalb der wissenschaftlichen Ver-
tretbarkeit liege.
Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. An der vom Berufungsgericht
herangezogenen Stelle des Beurteilungsberichts kommt die EMA für die Dosie-
rung von
„XEOMIN
®
50
“ zu folgendem Ergebnis:
Insgesamt wurde durch die Daten aus dem nicht klinischen und klinischen Ent-
wicklungsprogramm [
…] hinlänglich nachgewiesen, dass auf ein Dosisverhältnis
von 1:1 zwischen
„XEOMIN
®
50
“ und „BOTOX“ in Bezug auf Wirksamkeit und
Sicherheit geschlossen werden kann und die Übernahme der für
„BOTOX“ fest-
gelegten Dosierung hinreichend gerechtfertigt ist. Vor diesem Hintergrund wäre
ein weiteres umfangreiches Dosisfindungsprogramm aus ethischer Sicht nicht
zu rechtfertigen.
Ohne Erfolg macht die Revision dagegen geltend, die von der Äquipo-
tenz-Behauptung umfasste Indikation
„Spastik“ sei in keiner der Studien ver-
gleichend untersucht worden. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, es sei
durchaus vorstellbar, dass dem Verfasser des Prüfberichts eine diese Indikation
einbeziehende erweiternde Schlussfolgerung durch die Zulassungsstudien wis-
senschaftlich nahegelegt erschienen sei, ohne dass das als von vornherein
haltlos und daher offenkundig fehlerhaft angesehen werden könne.
Gegen diese Beurteilung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Für sie
spricht insbesondere, dass die EMA unmittelbar vor ihrer zusammenfassenden,
oben wiedergegebenen Bewertung zur Dosierung von
„XEOMIN
®
50
“ auf Wirk-
samkeitsdaten einer von der Beklagten zu 1 vorgelegten Phase-III-Studie zu
Torticollis spasmodicus verwiesen hat. Laut EMA hat diese Studie die Nichtun-
terlegenheit von
„XEOMIN
®
50
“ im Vergleich zu „BOTOX“ gezeigt. Außerdem
heißt es, in einer Phase-III-Studie zu Torticollis spasmodicus sei für
„XEO-
MIN
®
50
“ und „BOTOX“ eine ähnliche Beziehung zwischen Dosis und Wirksam-
keit nach einer Injektion nachgewiesen worden.
26
27
28
- 10 -
Gegen eine Nichtigkeit der Arzneimittelzulassung infolge - unterstellt -
fehlerhafter Angaben spricht zudem die der Zulassungsbehörde durch die Re-
gelung des § 30 Abs. 2a Satz 2 AMG eröffnete Möglichkeit, die Zulassung
durch Auflagen zu ändern, wenn dies ausreicht, um den Belangen der Arznei-
mittelsicherheit zu entsprechen. Diese Änderungsbefugnis besteht auch in den
Fällen des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG in Verbindung mit § 22 Abs. 7 AMG,
also auch im Fall unrichtiger Angaben in der Fachinformation (vgl. § 28 Abs. 2
Nr. 2a, § 11a AMG). Daraus folgt, dass eine Arzneimittelzulassung nicht schon
aufgrund fehlerhafter Angaben in der Fachinformation unwirksam ist, die im Zu-
lassungsverfahren unentdeckt geblieben sind. Vielmehr bedarf es in einem sol-
chen Fall einer Auflage zur Änderung der Fachinformation (§ 30 Abs. 2a Satz 2
AMG) oder, wenn der Fehler anders nicht beseitigt werden kann, einer Rück-
nahme der Zulassung (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG).
cc) Die Angaben in der Fachinformation zur Äquipotenz von
„XEOMIN
®
50
“ und „BOTOX“ bei gleicher Dosierung sind der Beklagten zu 1
aber durch die Zulassung
ihres Mittels „XEOMIN
®
50“ nicht ausdrücklich erlaubt
worden.
(1) Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist in entsprechender
Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach den Grundsätzen zu bestimmen, die
auch für die Auslegung von Willenserklärungen gelten. Danach ist der erklärte
Wille der erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objekti-
ver Würdigung verstehen konnte (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 125/04,
WRP 2007, 1359 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 9 C 4/04,
BVerwGE 123, 292, 297; Urteil vom 19. März 2013 - 5 C 16/12, NJW 2013,
1832 Rn. 10). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts ist in erster
Linie auf den Entscheidungssatz und die Begründung des Verwaltungsakts ab-
zustellen; darüber hinaus ist das materielle Recht, auf dem der Verwaltungsakt
beruht, heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2006 - 6 C 20/05,
29
30
31
- 11 -
BVerwGE 126, 254 Rn. 78; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 43 Rn. 15).
Ein Verwaltungsakt ist vom Revisionsgericht selbständig auszulegen (BGH,
WRP 2007, 1359 Rn. 16).
(2) Die Regelungswirkung einer Arzneimittelzulassung beschränkt sich
nach § 21 Abs. 1 AMG darauf, dem Antragsteller verbindlich das Recht zu ge-
währen, das im Bescheid bezeichnete Arzneimittel unter den dort genannten
Voraussetzungen in Deutschland in Verkehr zu bringen (vgl. Fleischfresser/
Fuhrmann in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl., § 7
Rn. 9; Kortland in Kügel/Müller/Hofmann aaO Vor § 21 Rn. 10; vgl. auch BGH,
Beschluss vom 1. März 1990 - IX ZR 147/89, NJW 1990, 2931 f.). Auch wenn
die Zulassung voraussetzt, dass der Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und
Sicherheit des Arzneimittels vom Antragsteller geführt worden ist (vgl. §§ 1, 25
Abs. 1 AMG), handelt es sich dabei nur um einen Umstand, dessen Vorliegen
durch die Arzneimittelzulassung nicht mit regelnder Wirkung verbindlich festge-
stellt wird.
(3) Die Zulassungsbehörde hat auch später keine regelnde Entscheidung
über die inhaltliche Richtigkeit der Dosierungsangaben in der Fachinformation
getroffen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 1
mit Änderungsanzeige vom 5. Oktober 2011 eine Änderung der Übersetzung zu
Ziffer 4.2 der Fachinformation dahingehend beantragt, dass es anstelle von
„Studien legen Äquipotenz nahe“ heißen sollte „Studien lassen auf Äquipotenz
schließen
“. In der daraufhin ergangenen Medizinischen Stellungnahme hat das
BfArM die Auffassung vertreten, der englische Originalwortlaut
„study results
suggest
“ solle nicht mit dem Vorschlag der Beklagten zu 1, sondern mit „Stu-
dien weisen auf Äquipotenz hin
“ übersetzt werden. Diesen Vorschlag hat die
Beklagte zu 1 in der Fachinformation mit Stand Dezember 2011 umgesetzt. Mit
Bescheid vom 6. Dezember 2011 hat das BfArM dieser nach § 29 Abs. 2a AMG
zustimmungspflichtigen Änderung bei den Dosierungsangaben der Fach-
32
33
- 12 -
information zugestimmt. Eine regelnde Feststellung zur inhaltlichen Richtigkeit
dieser Angaben hat es damit entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
nicht getroffen. Der Zustimmungsbescheid nimmt in seinem Betreff auf die An-
zeige der Beklagten zu 1 vom 5. Oktober 2011 und auf die Beanstandungen in
der Medizinischen Stellungnahme Bezug. Daraus folgt, dass sich der Rege-
lungsgehalt des Bescheids vom 6. Dezember 2011 auf die Zustimmung zu ei-
ner Änderung der Übersetzung beschränkte.
4. Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Beurteilung der Bin-
dungswirkung des Zulassungsbescheids verhilft der Revision indes nicht zum
Erfolg. Das Berufungsurteil stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 561 ZPO).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist regelmäßig da-
von auszugehen, dass die Angaben in einer Fachinformation, die dem Zulas-
sungsantrag eines Arzneimittels beigefügt war, zum Zeitpunkt der Zulassung
des Arzneimittels dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprochen haben
(vgl. BGH, GRUR 2013, 649 Rn. 34 bis 36 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Die indizielle Bedeutung der Zulassung für die hinreichende wissenschaftliche
Absicherung dieser Angaben beruht darauf, dass sie im Zulassungsverfahren
nach § 22 Abs. 7 Satz 1, § 25 Abs. 5 Satz 1 AMG Gegenstand der behördlichen
Prüfung waren. Ein Werbender kann sich zum wissenschaftlichen Nachweis der
Richtigkeit seiner werblichen Behauptungen in Bezug auf Eigenschaften eines
Arzneimittels daher grundsätzlich auf die Angaben in der Fachinformation beru-
fen (BGH, GRUR 2013, 649 Rn. 34 bis 36 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Ebenso kann sich der Inhaber einer Arzneimittelzulassung darauf berufen, dass
die Angaben in der Fachinformation zum Zeitpunkt der Zulassung des Arznei-
mittels dem gesicherten Stand der Wissenschaft entsprochen haben.
Der Kläger kann die indizielle Bedeutung der Zulassung für die hinrei-
chende wissenschaftliche Absicherung der in einer Fachinformation enthaltenen
34
35
36
- 13 -
Angaben allerdings erschüttern, indem er darlegt und erforderlichenfalls be-
weist, dass neuere, erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekanntgewordene
oder der Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung sonst nicht zu-
gängliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die wissen-
schaftliche Tragfähigkeit der durch die Zulassung belegten Aussagen sprechen
(vgl. BGH, GRUR 2013, 649 Rn. 42 f. - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
b) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin die indizielle Bedeutung der
Zulassung für die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der in der
Fachinformation für
„XEOMIN
®
50
“ enthaltenen Angaben zur Äquipotenz nicht
erschüttert.
Die Klägerin stützt ihre Beanstandung der Fachinformation weder auf
erst nach dem Zulassungszeitpunkt bekanntgewordene noch auf sonstige der
Zulassungsbehörde bei der Zulassungsentscheidung nicht zugänglich gewese-
ne wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie macht allein geltend, die von der Be-
klagten zu 1 für die Zulassung vorgelegten Studien von R. und
B. sowie K. belegten nicht die Aussage in der Fachinformation,
„BOTOX“ und „XEOMIN
®
50
“ hätten bei gleicher Dosierung gleiche Wirkung.
Die indizielle Bedeutung der Zulassung für die hinreichende wissenschaftliche
Absicherung der Angaben in einer Fachinformation kann jedoch nicht durch
Angriffe auf Studien erschüttert werden, die dem Zulassungsantrag beigefügt
waren (vgl. BGH, GRUR 2013, 649 Rn. 45 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Stellt sich nach der Zulassung des Arzneimittels heraus, dass die der Zulas-
sungsentscheidung zugrunde liegenden Gutachten unzutreffend sind oder von
der Zulassungsbehörde unzutreffend bewertet wurden, handelt es sich daher
nicht um neuere wissenschaftliche Erkenntnisse, die die indizielle Bedeutung
der Zulassung für die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der in der
Fachinformation enthaltenen Angaben erschüttern könnten. Es kommt daher
nicht darauf an, ob - wie die Revision geltend macht - sich erst nach Zulassung
37
38
- 14 -
des Arzneimittels herausgestellt hat, dass es sich bei den im Zulassungsverfah-
ren vorgelegten Gutachten nicht um Dosierungsstudien, sondern um Nichtun-
terlegenheitsstudien handelte, die die Angaben zur Äquipotenz nicht tragen.
c) Ohne Erfolg beruft sich die Revision für ihre Auffassung, die Indizwir-
kung der Zulassung müsse ohne Beschränkung auf neue oder der Zulassungs-
behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung unbekannte wissenschaftliche Er-
kenntnisse widerlegbar sein, auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Euro-
päischen Union
„Novo Nordisk“ (Urteil vom 5. Mai 2011 - C-249/09, Slg. 2011,
I-3155 = PharmR 2011, 287).
Der Gerichtshof hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst,
ob Art. 87 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemein-
schaftskodexes für Humanarzneimittel nur die Veröffentlichung von Aussagen
in einer Arzneimittelwerbung untersagt, die im Widerspruch zu der Fachinforma-
tion für das Arzneimittel stehen, oder auch gebietet, dass alle Aussagen in einer
Arzneimittelwerbung in der Fachinformation enthalten oder aus den Angaben in
der Fachinformation abzuleiten sein müssen. Der Gerichtshof hat dazu ent-
schieden, dass eine Arzneimittelwerbung gegenüber Fachkreisen ergänzende
Angaben enthalten darf, die die Fachinformation bestätigen oder präzisieren,
sofern diese nicht irreführend sind und einen zweckmäßigen Einsatz des Arz-
neimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertrei-
bung darstellen sowie genau, aktuell, überprüfbar und vollständig genug sind,
um dem Empfänger zu ermöglichen, sich selbst ein Bild von dem therapeuti-
schen Wert des Arzneimittels zu machen (EuGH, PharmR 2011, 287 Rn. 49 f.
- Novo Nordisk). Diese Entscheidung des Gerichtshofs betrifft lediglich die
Fachinformation ergänzende Angaben und nicht die in der Fachinformation ent-
haltenen Angaben, um die es im Streitfall allein geht.
Der Gerichtshof hat ferner ausgeführt, eine Arzneimittelwerbung dürfe
keine Anwendungsgebiete, pharmakologischen Eigenschaften oder sonstigen
39
40
41
- 15 -
Merkmale suggerieren, die im Widerspruch zu der Fachinformation stehen, die
von der zuständigen Behörde bei Erteilung der Zulassung des Arzneimittels
genehmigt wurde (EuGH, PharmR 2011, 287 Rn. 42 - Novo Nordisk). Daraus
folgt, dass mit der Fachinformation im Einklang stehende Angaben grundsätz-
lich zulässig sind und der Zulassung eine indizielle Bedeutung für die hinrei-
chende wissenschaftliche Sicherung dieser Angaben beigemessen werden
darf.
Da in dieser Hinsicht keine vernünftigen Zweifel bestehen, ist hier auch
keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267
AEUV erforderlich (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 287/81, Slg. 1982,
3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 11. September 2008
- C-428/06, Slg. 2008, I-6747 = EuZW 2008, 757 Rn. 42 - UGT Rioja u.a.).
d) Der Schutz berechtigter Interessen der Wettbewerber gebietet es
nicht, ihnen zu ermöglichen, Aussagen der Fachinformation mit der Begründung
anzugreifen, die Zulassungsbehörde habe auf der Grundlage der ihr vorgeleg-
ten Unterlagen fehlerhaft angenommen, diese Angaben entsprächen dem gesi-
cherten Stand der Wissenschaft.
Allerdings hat ein Wettbewerber keine Möglichkeit, sich an dem Zulas-
sungsverfahren für ein Arzneimittel zu beteiligen oder eine fehlerhafte Beurtei-
lung der Zulassungsbehörde hinsichtlich Sicherheit, Wirksamkeit oder Qualität
des Arzneimittels im Zulassungsbescheid anzufechten (vgl. OVG Münster,
PharmR 2012, 490, 491 ff.; Kostuch/Tillmanns, PharmR 2013, 408, 416 f.). Ein
Wettbewerber kann die Zulassungsbehörde lediglich auf unrichtige oder unvoll-
ständige Angaben in der Fachinformation aufmerksam machen. Es steht dann
grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, ob sie diesen Mangel
durch Auflagen beseitigt oder, wenn dies nicht ausreichend ist, die Zulassung
deswegen zurücknimmt (vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a Satz 2 AMG; Lietz in
Fuhrmann/Klein/Fleischfresser aaO § 9 Rn. 24).
42
43
44
- 16 -
Weitergehende Möglichkeiten gegen Unrichtigkeiten der Fachinformation
vorzugehen, die sich bereits aus den Zulassungsunterlagen ergeben, von der
Zulassungsbehörde im Zulassungsverfahren jedoch nicht bemerkt wurden, sind
einem Wettbewerber auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven
Rechtsschutzes nicht einzuräumen. Insbesondere ist es nicht geboten, ihm zu
ermöglichen, die Beurteilung der mit besonderer Fachkompetenz ausgestatte-
ten Arzneimittelzulassungsbehörde ohne neue oder dieser bei ihrer Entschei-
dung unbekannte wissenschaftliche Erkenntnisse in einem wettbewerbsrechtli-
chen Verfahren anzugreifen und damit das Zivilgericht zu zwingen, seine Beur-
teilung - mit oder ohne sachverständige Unterstützung - an die Stelle derjenigen
der Fachbehörde zu setzen, die der Gesetzgeber dafür eingesetzt hat (vgl. LG
Berlin, Urteil vom 9. Juni 2009 - 15 O 704/07, BeckRS 2013, 7193; Gröning in
Gröning, Heilmittelwerberecht, Stand Juni 2011, § 3 HWG Rn. 15). Die Arznei-
mittelhersteller haben ein berechtigtes Interesse daran, durch die Zulassung
eines Arzneimittels Rechtssicherheit hinsichtlich von Werbeaussagen zu ge-
winnen, die der von der Zulassungsbehörde geprüften Fachinformation ent-
nommen sind (vgl. Kostuch/Tillmanns, PharmR 2013, 408, 416). Die Wettbe-
werber haben es daher hinzunehmen, dass sie Einwände gegen die Fachinfor-
mation in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren nur aufgrund neuer oder der
Zulassungsbehörde unbekannt gebliebener wissenschaftlicher Erkenntnisse
erheben können. Etwaige Fehler bei der Beurteilung der Fachinformation im
Zulassungsverfahren gefährden in erster Linie die Interessen der Allgemeinheit
und der Arzneimittelnutzer an der Arzneimittelsicherheit, die die zuständige Be-
hörde bei der Entscheidung über Auflagen oder die Rücknahme der Zulassung
zu schützen hat.
45
- 17 -
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch
Schaffert
Kirchhoff
Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.03.2012 - 416 HKO 3/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.01.2014 - 3 U 63/12 -
46