Urteil des BGH vom 02.06.2016

Rechtliches Gehör, Pauschal, Einfluss, Erlass

ECLI:DE:BGH:2016:020616BIZR281.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 281/14
vom
2. Juni 2016
in dem Rechtsstreit
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juni 2016 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 4. Februar
2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Gründe:
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-
rungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines
gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer ge-
richtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Ent-
scheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt
und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG,
NJW-RR 2004, 1710, 1712). Die Partei hat jedoch keinen Anspruch darauf,
dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vor-
bringen befasst (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - I ZR 137/12, MarkenR
2014, 343 Rn. 2 - BAVARIA; Beschluss vom 18. Dezember 2014 - I ZR 228/12,
juris Rn. 2; Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZR 159/14, juris Rn. 2).
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II. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 4. Februar 2016 die Angrif-
fe der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin in vollem Umfang geprüft, je-
doch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet.
1. Soweit die Beklagte mit der Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Nicht-
zulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht be-
gründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue
und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmit-
telgericht gerügt werden (BVerfG, NJW 2008, 2635 f.; BGH, MarkenR 2014,
343 Rn. 4 - BAVARIA). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine
Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht mit dem Ziel eingelegt werden,
eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom
9. April 2013 - I ZR 100/11, juris Rn. 3; BGH, MarkenR 2014, 343 Rn. 4
- BAVARIA).
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Übrigen ge-
klärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztin-
stanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner
Begründung bedarf (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Das gilt auch für Ent-
scheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen - wie hier - eine Beschwerde
gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen
worden ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Eine Begründung ist nur dann
ausnahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewi-
chen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist, oder wenn
ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender
Zulassungsgrund vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswegen eine
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Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vor-
instanz als tragend angesehenen Gründe erforderlich ist (BVerfG, NJW 2011,
1497 Rn. 13). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder von der Klägerin darge-
tan noch sonst ersichtlich.
An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen
ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt
worden ist. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Nichtzulassungsbe-
schwerde nach § 544 Abs. 4 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO
angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern
eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird, hat keinen Einfluss
auf Begründungserleichterungen bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbe-
schwerde (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 14; BGH, MarkenR 2014, 343 Rn. 6
- BAVARIA).
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2. In der Anhörungsrüge wird eine primäre Gehörsverletzung durch den
Senat nur pauschal behauptet, jedoch nicht dargelegt. Für die erforderliche Dar-
legung reicht es nicht aus, dass der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zu-
rückgewiesen hat, auch soweit die Beklagte als Zulassungsgründe Gehörsver-
letzungen geltend gemacht hat.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff
Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 30.11.2012 - 2-8 O 62/10 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.07.2014 - 19 U 82/13 -
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