Urteil des BGH vom 11.06.2015

Leitsatzentscheidung zu Gütliche Erledigung, Elektronische Signatur, Gesetzliche Frist, Aufschiebende Wirkung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I Z B 6 4 / 1 4
vom
11. Juni 2015
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 130 Nr. 6, §§ 130a, 236 Abs. 2 Satz 2, § 569 Abs. 2 Satz 1, §§ 802c, 882c, 882d;
RBStV § 10; LVwVG BW § 15a Abs. 3, Abs. 4
a) Das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt kann auch dann den gesetzli-
chen Anforderungen für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbescheiden genügen,
wenn die im Ersuchen mit ihrem Namen aufgeführte Landesrundfunkanstalt (hier: Süd-
westrundfunk) nicht ausdrücklich als Gläubigerin der Forderung angeführt ist und zudem
die Angabe ihrer Anschrift, ihrer Rechtsform und ihrer Vertretungsverhältnisse fehlen.
b) Ob das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2
LVwVG BW keines Dienstsiegels und keiner Unterschrift des Behördenleiters oder seines
Beauftragten bedarf, weil es mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt worden ist, ist
nach den objektiven Umständen zu bestimmen. Auf die Sicht des Empfängers kommt es
lediglich für die Frage an, ob nachträgliche manuelle Änderungen oder Hinzufügungen an
einem zunächst mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellten Vollstreckungsersuchen
es möglich erscheinen lassen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelt.
c) In dem Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt ist nicht zusätzlich zu den im
Einzelnen zu vollstreckenden Gebühren- und Beitragsbescheiden ein die grundsätzliche
Beitragspflicht des Schuldners regelnder Bescheid anzugeben, weil die Rundfunkgebüh-
ren- und Beitragspflicht kraft Gesetzes entsteht.
BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14 - LG Tübingen
AG Nagold
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die
Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der
5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 19. Mai 2014 auf-
gehoben.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss
des Amtsgerichts Nagold vom 6. März 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Schuldner zu tragen.
Gegenstandswert: 633,28 €
Gründe:
A. Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die unter der
Bezeichnung "Südwestrundfunk" tätige Landesrundfunkanstalt in den Bundes-
ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Er betreibt gegen den
Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkgebühren
und -beiträge.
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Am 6. Dezember 2013 ging beim Amtsgericht Nagold - Gerichtsvollzieher-
verteilerstelle - ein als "Vollstreckungsersuchen" bezeichnetes Schreiben vom
1. Dezember 2013 ein, das mit dem nachfolgend eingeblendeten Briefkopf ver-
sehen war.
In dem Schreiben hieß es weiter wie folgt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
trotz Festsetzung und Mahnung hat der oben genannte Beitragsschuldner rück-
ständige Rundfunkgebühren von insgesamt 633,28 EUR nicht beglichen. Die Vo-
raussetzungen für die Zwangsvollstreckung sind erfüllt, insbesondere sind die Ge-
bühren-/Beitragsbescheide unanfechtbar geworden bzw. hat ein Rechtsbehelf kei-
ne aufschiebende Wirkung.
Wir bitten Sie, wegen rückständiger Rundfunkgebühren/-beiträge die nachfolgend
beantragten Vollstreckungsmaßnahmen gegen oben genannten Beitragsschuldner
Diese Ausfertigung ist vollstreckbar
Es wird zunächst die isolierte gütliche Erledigung gemäß § 802b ZPO beantragt.
Einer Zahlungsvereinbarung über 12 Monate wird bereits jetzt zugestimmt.
Bei erfolgloser gütlicher Einigung wird beantragt, einen Termin zur Abnahme der
Vermögensauskunft gemäß § 802f Abs. 1 ZPO zu bestimmen und nach Abgabe
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der Auskunft eine entsprechende Abschrift gemäß § 802f Abs. 6 ZPO zu übersen-
den.
1.000,00 EUR
Senden Sie uns außerdem das Vermögensverzeichnis gemäß § 900 Abs. 5 ZPO
a.F. bzw. die Vermögensauskunft gemäß 802c, 802d und 802f ZPO n.F. zu, wenn
nicht älter als ein Jahr ist
Die Aufstellung der rückständigen Forderungen finden Sie auf der/den Folgesei-
te(n).
Zu Ihrer Information:
Im beizutreibenden Betrag ist die Zahlung vom 23.11.2010 über 53,94 EUR be-
rücksichtigt. Das Beitragskonto weist einschließlich 11.2013 einen Rückstand von
741,16 EUR aus. Von 09.2009 bis 08.2010 war der Schuldner von der Rundfunk-
gebühren-/Rundfunkbeitragspflicht befreit.
Überweisen Sie die eingezogenen Beträge bitte unter Angabe der Beitragsnummer
... und des Datums 01.12.2013 auf unser VE Abwicklungskonto. ...
Mit freundlichen Grüßen
Südwestrundfunk
Die letzte Seite des Schreibens enthielt eine "Aufstellung der rückständi-
gen Forderungen" und den vorangestellten Hinweis: "Dem Beitragsschuldner
sind bereits Gebühren-/Beitragsbescheide und Mahnungen mit folgenden Daten
zugesandt worden:" Die Seite endet mit dem Hinweis: "Dieses Vollstreckungs-
ersuchen ist von einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage gefertigt und
ohne Unterschrift und Dienstsiegel wirksam."
Nachdem der Gerichtsvollzieher den Schuldner erfolglos zur Zahlung auf-
gefordert und Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumt hatte, den
der Schuldner nicht wahrnahm, erließ der Gerichtsvollzieher am 31. Januar
2014 eine Anordnung zur Eintragung ins Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c
Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit Beschluss vom 6. März 2014 hat das Vollstreckungsgericht den gegen
die Eintragungsanordnung gerichteten Widerspruch des Schuldners vom
14. Februar 2014 zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete sofortige Be-
schwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Voll-
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streckungsgerichts sowie die Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers
aufgehoben (Landgericht Tübingen, Beschluss vom 19. Mai 2014 - 5 T 81/14,
juris). Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-
folgt der Gläubiger seinen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde des
Schuldners gegen den Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 6. März 2014
weiter.
B. Das Beschwerdegericht ist von der Zulässigkeit der Beschwerde des
Schuldners ausgegangen. Es hat in der Sache angenommen, der Beschluss
des Vollstreckungsgerichts sei bereits deshalb aufzuheben, weil dort keine zu-
treffende Gläubigerbezeichnung enthalten sei. Im Übrigen habe das Vollstre-
ckungsersuchen des Gläubigers nicht den gesetzlichen Vorschriften entspro-
chen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der angefochtene Beschluss sei schon deshalb aufzuheben, weil dort
nicht der richtige Gläubiger angegeben sei. Im Rubrum des amtsgerichtlichen
Beschlusses sei als Gläubiger nicht der "Südwestrundfunk", sondern: "ARD
ZDF Deutschlandradio, vertreten durch d. Vorstand, Beitragsservice" angege-
ben. Das Vollstreckungsersuchen des Gläubigers sei auch als Titel unzu-
reichend gewesen. Es bezeichne ihn nicht ausdrücklich als Gläubiger und Voll-
streckungsbehörde. Zudem fehlten ein Dienstsiegel und die Unterschrift des
Behördenleiters oder seines Beauftragten. Diese Angaben seien erforderlich,
weil nicht ersichtlich sei, dass das Ersuchen mit Hilfe automatischer Einrichtun-
gen erstellt worden sei. Im Vollstreckungsersuchen sei außerdem die Bezeich-
nung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes unzureichend. Angegeben sei-
en nur Bescheide, mit denen Beitragsrückstände und Säumniszuschläge fest-
gesetzt worden seien. Ein als Grundlage der Beitragspflicht erforderlicher origi-
närer Beitragsbescheid sei jedoch nicht angegeben. Dieses offensichtliche Feh-
len eines Ausgangsbescheids (primärer Beitragsbescheid) sei ein im Bereich
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der formalen Titelvoraussetzungen anzusiedelnder Umstand, der vom Vollstre-
ckungsgericht zu prüfen sei.
C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statt-
haft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig
(§ 575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.
I. Es kann dahinstehen, ob die Entscheidung des Beschwerdegerichts
schon deshalb aufzuheben wäre, weil das Beschwerdegericht zu Unrecht von
der Zulässigkeit der Beschwerde des Schuldners ausgegangen ist. Zwar rügt
die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass der Schuldner die Beschwerde nicht
form- und fristgerecht eingelegt hat. Im Streitfall sind jedoch ausreichende An-
haltspunkte gegeben, aus denen sich ergibt, dass das Beschwerdegericht dem
Schuldner von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß
§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO hätte gewähren müssen. Diese Frage
kann jedoch offenbleiben, weil die Beschwerde des Schuldners jedenfalls un-
begründet war.
1. Die Beschwerde des Schuldners ist nicht form- und fristgerecht einge-
legt worden.
a) Der Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 6. März 2014, mit dem
der gemäß § 882d Abs. 1 ZPO statthafte Widerspruch des Schuldners gegen
die Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers zurückgewiesen worden ist,
war gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 764 Abs. 3, § 793 ZPO mit der sofortigen Be-
schwerde anfechtbar. Gemäß § 569 Abs. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde
binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung
angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Beschwer-
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de wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt (§ 569 Abs. 2
Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
b) Der Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 6. März 2014 wurde
dem Schuldner ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsur-
kunde am 7. März 2014 im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO zu-
gestellt. Die vom Schuldner mit E-Mail vom 16. März 2014 gegen den Be-
schluss eingelegte Beschwerde ging zwar innerhalb der Beschwerdefrist beim
Vollstreckungsgericht ein, genügte jedoch nicht den förmlichen Anforderungen
an eine Beschwerdeeinlegung. Die gemäß § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderli-
che Beschwerdeschrift ist ein bestimmender Schriftsatz, für den die allgemei-
nen Vorschriften der §§ 130, 130a ZPO gelten (vgl. Lipp in MünchKomm.ZPO,
4. Aufl., § 569 Rn. 12; Wulf in BeckOK.ZPO, Stand 1.3.2015, § 569 Rn. 7). Eine
E-Mail ist als elektronisches Dokument nicht an § 130 ZPO zu messen, sondern
fällt in den Anwendungsbereich des § 130a ZPO (BGH, Beschluss vom
4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, NJW-RR 2009, 357 Rn. 6; Beschluss vom
14. Januar 2010 - VII ZB 112/08, BGHZ 184, 75 Rn. 12; Wagner in Münch-
Komm.ZPO aaO § 129 Rn. 17). Wegen der Flüchtigkeit und der Gefahr einer
möglichen, später nicht mehr nachvollziehbaren Manipulation eines elektroni-
schen Dokuments hat der Gesetzgeber die qualifizierte elektronische Signatur
des Absenders vorgeschrieben (§ 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO), um so dem Doku-
ment eine dem Papierdokument vergleichbare dauerhafte Fassung zu verlei-
hen. Eine E-Mail, die - wie im Streitfall - keine qualifizierte elektronische Signa-
tur aufweist, ist nicht geeignet, die gesetzliche Frist für einen bestimmenden
Schriftsatz zu wahren (BGH, NJW-RR 2009, 357 Rn. 9; BGHZ 184, 75 Rn. 12,
15; Musielak/Stadler, ZPO, 12. Aufl., § 129 Rn. 11).
c) Der Schuldner hat die Beschwerde auch nicht mit seinem weiteren
handschriftlich verfassten Schreiben vom 31. März 2014 wirksam eingelegt.
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Zwar ist dieses von ihm eigenhändig unterschrieben worden und genügt daher
dem Schriftformerfordernis gemäß § 130 Nr. 6 ZPO. Das Schreiben ist jedoch
erst am 2. April 2014 und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Frist im Sinne
von § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beim Vollstreckungsgericht eingegangen.
2. Zugunsten des Schuldners kann allerdings aus prozessökonomischen
Gründen unterstellt werden, dass ihm das Beschwerdegericht von Amts wegen
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren hatte (§ 236 Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 2 ZPO), weil das Vollstreckungsgericht die mittels E-Mail erfolgte Ein-
legung der Beschwerde nicht rechtzeitig und hinreichend deutlich beanstandet
und den Schuldner deshalb an der Versäumung der Beschwerdefrist kein Ver-
schulden getroffen hat. Eine Zurückverweisung an das zur Entscheidung über
die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 237 ZPO zuständige Be-
schwerdegericht bedarf es nicht. Dessen positive Entscheidung über die Wie-
dereinsetzung kann unterstellt werden und der Senat kann in der Sache selbst
entscheiden, ohne dass sich daraus nachteilige Folgen für die Parteien erge-
ben. Die Gewährung der Wiedereinsetzung kann der sofortigen Beschwerde
des Schuldners nicht zum Erfolg verhelfen, weil diese jedenfalls unbegründet
ist. In einem solchen Fall kann das Rechtsmittelgericht aus prozessökonomi-
schen Gründen in der Sache selbst entscheiden (vgl. BAG, Urteil vom 4. Juni
2003 - 10 AZR 586/02, NZA 2003, 1087, 1089; BGH, Urteil vom 20. Mai 2014
- VI ZR 384/13, NJW-RR 2014, 1532 Rn. 13).
II. Die Beschwerde des Schuldners ist unbegründet. Entgegen der Ansicht
des Beschwerdegerichts genügte der Beschluss des Vollstreckungsgerichts
den Anforderungen an eine wirksame Parteibezeichnung (dazu unter II. 1). Es
lagen außerdem die besonderen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Voraus-
setzungen der Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis vor (da-
zu unter II. 2).
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1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der vom Schuldner ange-
fochtene Beschluss des Vollstreckungsgerichts sei schon deshalb aufzuheben,
weil in der Entscheidung nicht der richtige Gläubiger angegeben sei. Gläubiger
der Forderungen, zu deren Beitreibung das streitgegenständliche Vollstre-
ckungsersuchen gestellt worden sei, sei der Südwestrundfunk. Im Rubrum des
amtsgerichtlichen Beschlusses sei jedoch als Gläubiger angegeben: "ARD ZDF
Deutschlandradio, vertreten durch d. Vorstand, Beitragsservice" (nachfolgend:
Beitragsservice). Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen,
dass allein der Gläubiger und nicht der Beitragsservice Inhaber der Beitragsfor-
derungen ist, die Gegenstand der Vollstreckung sind.
Gemäß § 10 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. De-
zember 2010 (RBStV), der den Rundfunkgebührenstaatsvertrag vom 31. Au-
gust 1991 (RGebStV) mit Wirkung vom 1. Januar 2013 aufgehoben hat (vgl.
Art. 2 und Art. 7 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom
15. Dezember 2010) steht das Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag der Lan-
desrundfunkanstalt, dem Zweiten Deutschen Fernsehen, dem Deutschlandradio
sowie der Landesmedienanstalt zu, in deren Bereich sich die Wohnung oder die
Betriebsstätte des Beitragsschuldners befindet oder das Kraftfahrzeug zugelas-
sen ist. Daraus ergibt sich, dass im Streitfall allein der Gläubiger als Landes-
rundfunkanstalt im Hinblick auf die Geltendmachung und Vollstreckung der Bei-
tragsforderungen partei- und prozessfähig ist. Dem steht nicht entgegen, dass
gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach dem
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbun-
denen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer
nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft - dem Bei-
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tragsservice (früher GEZ) - wahrnimmt. Der Beitragsservice ist nicht rechtsfähig
und damit auch nicht partei- und prozessfähig, sondern dient den Landesrund-
funkanstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio aus Praktikabilitätsgründen
lediglich als eine örtlich ausgelagerte gemeinsame Inkassostelle (vgl. Lent in
BeckOK.Informations- und MedienR, § 10 RBStV Rn. 9; Tucholke in Hahn/
Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 10 RBStV Rn. 59, mwN). Sie ist daher nur
zur Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Namen der Landesrundfunkanstalten
befugt (vgl. Tucholke in Hahn/Vesting aaO § 10 RBStV Rn. 57).
b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts war der Beschluss des
Vollstreckungsgerichts nicht deswegen aufzuheben, weil im dortigen Rubrum
nicht der Gläubiger, sondern der Beitragsservice als "Gläubigerin" aufgeführt
wurde.
aa) Für die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits oder eines Vollstre-
ckungsverfahrens ist, ist nicht allein die Parteibezeichnung ausschlaggebend.
Bei unrichtiger äußerer Bezeichnung ist die Person als Partei anzusehen, die
erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, Urteil vom
24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; Urteil vom 21. November
1975 - I ZR 93/74, VersR 1976, 286; Beschluss vom 28. März 1995
- X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764, 765; Beschluss vom 22. September 2011
- I ZB 61/10, NJW-RR 2012, 460 Rn. 8).
Eine solche unrichtige Parteibezeichnung lag hier nach den Umständen im
Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 6. März 2014 vor. Insoweit ist maß-
geblich, dass gemäß § 10 RBStV allein der Gläubiger als Landesrundfunkan-
stalt im Hinblick auf die Geltendmachung und Vollstreckung der Beitragsforde-
rungen partei- und prozessfähig ist und der nicht rechtsfähige Beitragsservice
nicht als Partei, sondern allein als seine Inkassostelle auftreten konnte. Im
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Streitfall kam daher bereits von Rechts wegen nur der Gläubiger und nicht auch
der Beitragsservice als tatsächlich existierende Partei in Betracht.
Hinzu kommt, dass für die Frage, wer Partei eines gerichtlichen Verfah-
rens ist, auch der verfahrenseinleitende Antrag, hier das Vollstreckungsersu-
chen vom 1. Dezember 2013, zur Auslegung heranzuziehen ist (vgl. für das
Klageverfahren BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - VII ZR 128/12, NJW-RR
2013, 394 Rn. 13 mwN). Darin war der Gläubiger als Absender hinreichend
deutlich erkennbar. Seine Bezeichnung "Südwestrundfunk" befand sich nicht
nur - räumlich eindeutig abgesetzt von den Angaben zum Beitragsservice - auf
der linken Seite des Briefkopfs des Vollstreckungsersuchens. Sie war zudem in
Alleinstellung unter der abschließenden Grußformel und damit an der Stelle
angegeben, an der herkömmlich die für den vorstehenden Inhalt verantwortlich
zeichnende Person aufgeführt ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdege-
richts ergeben sich keine Zweifel an der Identität des Gläubigers daraus, dass
im Vollstreckungsersuchen der Gläubiger nur mit seiner Bezeichnung "Süd-
westrundfunk" angegeben ist, während Angaben zu seiner Rechtsform, An-
schrift und Vertretung fehlten. Die Frage, wer Partei eines Rechtsstreits ist, be-
stimmt sich nach den Umständen. Umstände, die im Streitfall trotz der Angabe
"Südwestrundfunk" als Absender des Vollstreckungsersuchens Zweifel an der
damit gekennzeichneten Partei begründen könnten, so dass nur die Angabe der
Rechtsform, Anschrift und Vertretungsverhältnisse die eindeutige Identifizierung
des Gläubigers ermöglichen, hat das Beschwerdegericht weder festgestellt
noch sind sie sonst ersichtlich. Es gibt erkennbar keine weitere Landesrund-
funkanstalt mit einem identischen oder zumindest verwechslungsfähigen Na-
men, die ebenfalls berechtigt sein könnte, Rundfunkbeiträge von einem in Ba-
den-Württemberg ansässigen Schuldner zu erheben. Dass im Briefkopf neben
der Bezeichnung des Gläubigers der Beitragsservice angeführt war und nähere
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Angaben zu dessen Erreichbarkeit mitgeteilt werden, entspricht der dem Bei-
tragsservice vom Rundfunkbeitragsgebührenstaatsvertrag zugewiesenen Auf-
gabe, als Inkassostelle für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die
Rundfunkbeiträge einzuziehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts
musste auf diese Rechtslage im Vollstreckungsersuchen nicht ausdrücklich
hingewiesen werden. Der Umstand, dass der Gläubiger des Vollstreckungser-
suchens erst durch eine aufwendige Auslegung durch den Senat ermittelt wer-
den muss und das Beschwerdegericht zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt
ist, deutet allerdings eine gewisse Verbesserungsfähigkeit der Gestaltung an.
bb) Zutreffend wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme
des Beschwerdegerichts, eine - unterstellt - unrichtige Parteibezeichnung in der
angegriffenen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts führe in der Beschwer-
deinstanz zu deren Aufhebung. Eine - wie im Streitfall - offensichtlich unrichtige
Parteibezeichnung in gerichtlichen Beschlüssen ist jederzeit, auch im Rahmen
des Vollstreckungsverfahrens und vom mit der Sache befassten Rechtsmittel-
gericht, entsprechend § 319 ZPO von Amts wegen zu berichtigen (vgl. Zöller/
Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 319 Rn. 3, 21 und 22).
2. Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde ferner die Annahme des Be-
schwerdegerichts, das Vollstreckungsersuchen vom 1. Dezember 2013 ent-
spreche nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckung von Rund-
funkgebührenbescheiden.
a) Gemäß § 10 Abs. 5 RBStV werden rückständige Rundfunkbeiträge
durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt. Die Festsetzungsbe-
scheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6
RBStV). Die Vollstreckung erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 des Verwaltungsvollstre-
ckungsgesetzes für Baden-Württemberg (LVwVG BW) durch Beitreibung.
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Macht die Vollstreckungsbehörde - wie im Streitfall - von der ihr gemäß § 16
Abs. 1 Satz 1 LVwVG BW zustehenden Befugnis zur Abnahme der Vermö-
gensauskunft keinen Gebrauch, hat der Pflichtige auf Antrag der Verwaltungs-
behörde beim Gerichtsvollzieher Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe
des § 802c ZPO zu erteilen (§ 16 Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW). Für das Verfahren
vor den Amtsgerichten gilt § 882c ZPO entsprechend (§ 16 Abs. 3 Satz 2
LVwVG BW). Gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO ordnet der zuständige Gerichts-
vollzieher von Amts wegen die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerver-
zeichnis an, wenn der Schuldner - wie im Streitfall - seiner Pflicht zur Abgabe
der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist.
b) Für die Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher auf Ersuchen der Voll-
streckungsbehörde gelten die in § 15a Abs. 3 LVwVG BW geregelten Vollstre-
ckungsvoraussetzungen. Danach finden die Vorschriften des Achten Buches
der Zivilprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle der
vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstreckungser-
suchen der Vollstreckungsbehörde tritt und es keiner Zustellung des Vollstre-
ckungsersuchens bedarf (§ 15a Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW). Diese Vorausset-
zungen sind im Streitfall erfüllt. Der Gerichtsvollzieher ist aufgrund des schriftli-
chen Vollstreckungsersuchens vom 1. Dezember 2013 tätig geworden.
c) Das der angegriffenen Anordnung des Gerichtsvollziehers zur Eintra-
gung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis zugrunde liegende Vollstre-
ckungsersuchen muss außerdem - wovon das Beschwerdegericht im Aus-
gangspunkt zutreffend ausgegangen ist - den besonderen Anforderungen des
§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 6 LVwVG BW entsprechen. Das Beschwerdege-
richt hat das Vorliegen der Anforderungen gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
und 2 LVwVG BW verneint. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit
Recht.
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aa) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts entsprach das Voll-
streckungsersuchen den in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 LVwVG BW
geregelten Voraussetzungen. Nach § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LVwVG BW muss
das Vollstreckungsersuchen die Bezeichnung und das Dienstsiegel der Voll-
streckungsbehörde sowie die Unterschrift des Behördenleiters oder seines Be-
auftragten enthalten. Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 LVwVG BW können aller-
dings bei einem Vollstreckungsersuchen, das mit Hilfe automatischer Einrich-
tungen erstellt wird, Dienstsiegel und Unterschrift fehlen.
bb) Das Beschwerdegericht hat angenommen, es fehle an einer unzwei-
deutigen Bezeichnung des Gläubigers als Vollstreckungsbehörde. Zum einen
sei der Gläubiger nicht ausdrücklich als Vollstreckungsbehörde sowie als Gläu-
biger benannt worden. Zum anderen sei er unvollständig bezeichnet worden,
weil Angaben zu der Rechtsform, der Vertretung und der Anschrift fehlten. Die-
se Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(1) Dem Wortlaut des § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LVwVG BW lässt sich
nicht entnehmen, dass die vom Beschwerdegericht für eine eindeutige Be-
zeichnung der Vollstreckungsbehörde geforderte ausdrückliche Angabe der
Eigenschaft als Gläubiger und Vollstreckungsbehörde sowie weitere Angaben
zur Rechtsform, zu den Vertretungsverhältnissen und die Mitteilung der An-
schrift erforderlich sind. Auch der Sinn und Zweck der Bestimmung erfordert
diese Angaben im Streitfall nicht. Die in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LVwVG BW
für notwendig erachtete Bezeichnung der Vollstreckungsbehörde dient ersicht-
lich dazu, den Gerichtsvollzieher in die Lage zu versetzen, das konkrete Voll-
streckungsersuchen einer bestimmten Vollstreckungsbehörde - gemäß § 4
Abs. 1 LVwVG BW ist das die Behörde, die den zu vollstreckenden Verwal-
tungsakt erlassen hat - eindeutig zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass Anga-
ben zur Gläubigerstellung oder gar die Angabe als "Vollstreckungsbehörde"
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nicht erforderlich sind. Diese Eigenschaften ergeben sich ohne weiteres bereits
aus dem Umstand, dass die im Vollstreckungsersuchen bezeichnete Behörde
die Zwangsvollstreckung betreibt. Aus dem Zweck der Vorschrift folgt ferner,
dass die Vollstreckungsbehörde bereits dann hinreichend eindeutig bezeichnet
ist, wenn sich ihre Identität bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus
der Sicht des Empfängers ergibt.
(2) Nach diesen Maßstäben ist die Angabe "Südwestrundfunk" auf dem
Vollstreckungsersuchen, in dem es ausdrücklich um die Beitreibung von rück-
ständigen Rundfunkbeiträgen des in Baden-Württemberg wohnhaften Schuld-
ners ging, hinreichend genau, um den Gläubiger als Vollstreckungsbehörde
eindeutig zu bezeichnen. Umstände, die im Streitfall trotz der Angabe "Süd-
westrundfunk" als Absender des Vollstreckungsersuchens noch Zweifel an der
damit gekennzeichneten Behörde zuließen und eine eindeutige Identifizierung
deshalb erst durch die vom Beschwerdegericht für maßgeblich erachteten wei-
tere Angaben möglich war, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich (dazu
C II 1 b aa).
cc) Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde außerdem gegen die
Annahme des Beschwerdegerichts, im Streitfall sei gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 LVwVG BW ein Dienstsiegel und die Unterschrift des Behördenleiters
oder seines Beauftragten erforderlich gewesen, da nicht ersichtlich sei, dass
das Vollstreckungsersuchen mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt wor-
den sei.
(1) Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 LVwVG BW können bei einem Vollstre-
ckungsersuchen, das mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt wird,
Dienstsiegel und Unterschrift fehlen.
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(2) Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzungen verneint. Es hat an-
genommen, die Frage, ob das Vollstreckungsersuchen mit Hilfe automatischer
Einrichtungen erstellt worden sei, sei aus der Sicht des Empfängers zu bestim-
men. Dessen Horizont als Betrachter und Leser des Schriftstücks müsse eine
maßgebliche Abgrenzungsrolle spielen, weil weder die Arbeitsweise noch die
EDV-Ausstattung außerhalb der Behörde bekannt sei. Diese Beurteilung hält
der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 4 Satz 2 LVwVG BW kommt es allein
auf den objektiven Umstand an, ob das Vollstreckungsersuchen mit Hilfe auto-
matischer Einrichtungen erstellt wird. Auch nach dem Sinn und Zweck der Vor-
schrift ist maßgeblich, ob das Ersuchen tatsächlich automatisiert erstellt wurde.
Die Regelung soll es der Verwaltung ermöglichen, ihre Arbeitsmethode den An-
forderungen des Massenbetriebs und dem technischen Fortschritt anzupassen.
Da in großer Zahl anfallende Verwaltungsverfahren rationell nur noch durch den
Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen bewältigt werden können,
soll der Verzicht auf Unterschrift und Dienstsiegel den Erlass von Verwaltungs-
akten vereinfachen, wenn die Behörde sich der modernen elektronischen Hilfen
bedient (zu der inhaltlich vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 37 Abs. 5
VwVfG vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1993 - 8 C 57/91, NJW 1993, 1667,
1668).
Auf die Sicht des Adressaten kommt es allein im Hinblick auf die Frage an,
ob ein zunächst mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstelltes Vollstre-
ckungsersuchen durch nachträgliche manuelle Änderungen oder Hinzufügun-
gen die Eigenschaft verliert, mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung er-
stellt worden zu sein (vgl. BVerwG, NJW 1993, 1667, 1668). Zwar sind auch
solche Bescheide noch mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen. Es kann
jedoch für den Adressaten zweifelhaft sein, ob es sich lediglich um einen blo-
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ßen Entwurf handelt (vgl. BVerwG, NJW 1993, 1667, 1668; Tiedemann in
BeckOK.VwVfG, Stand 1. April 2015, § 37 Rn. 50). Auf diese Problematik und
daher auf die Sicht des Adressaten kommt es vorliegend nicht an. Das Be-
schwerdegericht hat nicht festgestellt, dass das Vollstreckungsersuchen zu-
nächst mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt und nachträglich geändert
oder ergänzt wurde, und es deshalb aus der Sicht des Adressaten seine Prä-
gung als unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitung erstelltes Schriftstück
verloren haben könnte. Insbesondere ist weder festgestellt noch sonst nicht
ersichtlich, dass der Adressat - hier der Gerichtsvollzieher - das Vollstreckungs-
ersuchen vom 1. Dezember 2013 als einen bloßen Entwurf ansehen konnte.
(3) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts fehlt es im Streitfall au-
ßerdem an Anhaltspunkten, die Zweifel an einer Erstellung des Vollstreckungs-
ersuchens mit Hilfe automatischer Einrichtungen begründen könnten.
Das Beschwerdegericht ist selbst im Ausgangspunkt davon ausgegangen,
dass das Vollstreckungsersuchen offensichtlich mit datenverarbeitender Rech-
nerunterstützung erstellt worden ist. Es hat weiter angenommen, der Umstand,
dass das Ersuchen zahlreiche individuelle Inhalte enthalte, sei allein kein Indiz
für eine nicht automatische Bearbeitung. Dies ist zutreffend. Die Erstellung mit
Hilfe automatischer Einrichtungen dient gerade dazu, massenhaft anfallende
Verwaltungsverfahren durch diese Art der Verarbeitung der individuellen Daten
der Betroffenen zu vereinfachen.
Nicht frei von Rechtsfehlern ist dagegen die Annahme des Beschwerdege-
richts, es sei nach dem Gesamteindruck von einem zwar mittels Datenverarbei-
tung, aber im Wege individueller Bedienung und Datenzugabe erstellten Ersu-
chen auszugehen, weil das Vollstreckungsersuchen weitere persönliche Merk-
male, wie zum Beispiel die Angabe einer früheren Beitragsbefreiung enthalte,
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die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Forderung und zum Ersuchen
stünden.
Ob ein Verwaltungsakt unter Verwendung einer automatischen Einrich-
tung erstellt wird, hängt davon ab, ob aus vorgegebenen mathematischen For-
meln, die in allen Fällen in derselben Weise zum Einsatz kommen, sowie den
individuellen Datensätzen der Adressaten automatisch die eigentliche Regelung
erstellt wird (vgl. zu § 37 VwVfG Tiedemann in BeckOK.VwVfG aaO § 37
Rn. 50). Die Verwendung von individuellen Daten ist damit ein wesensnotwen-
diges Element für die Annahme der Erstellung eines Vollstreckungsersuchens
mit Hilfe einer automatischen Einrichtung. Welche Bedeutung die verarbeiteten
individuellen Daten für das konkrete Vollstreckungsersuchen haben, ist für die
Frage unerheblich, ob es mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt wurde.
Es besteht kein Erfahrungssatz dahingehend, dass die Aufnahme von nicht
unmittelbar mit dem Ziel des Ersuchens in Zusammenhang stehenden Informa-
tionen in das Vollstreckungsersuchen eher auf eine individuelle Bearbeitung
durch einen Behördenmitarbeiter als auf die Bearbeitung durch eine Datenver-
arbeitungsanlage hindeuten.
Das Beschwerdegericht hat angenommen, gegen eine automatische Be-
arbeitung spreche die Aufnahme persönlicher Merkmale, wie etwa eine frühere
Beitragsbefreiung, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Forde-
rung und dem Ersuchen stünden und den Eindruck erweckten, als Hintergrund-
information individuell und manuell hinzugefügt worden zu sein. Diese Annah-
me hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Beschwerdegericht hat nicht beachtet, dass das Vollstreckungsersu-
chen im Streitfall mehrere Vollstreckungsmaßnahmen abdeckt und der Gläubi-
ger ausdrücklich zunächst die isolierte gütliche Erledigung beantragt hat. Ge-
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mäß § 802b Abs. 1 ZPO soll der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfah-
rens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Nach § 802b Abs. 2 ZPO kann
der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen, wenn der
Gläubiger, wie im Streitfall, eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen
hat. Im Rahmen der vom Gerichtsvollzieher anzustellenden Überlegungen kön-
nen Informationen von Bedeutung sein, die nicht unmittelbar Grund, Höhe und
Fälligkeit der beizutreibenden Forderung betreffen, sondern - wie die Angabe
einer zeitweiligen Beitragsbefreiung - für die Einschätzung der Leistungsfähig-
keit oder -bereitschaft des Schuldners relevant sein können.
Das Beschwerdegericht hat es schließlich rechtsfehlerhaft als unerheblich
angesehen, dass das Ersuchen des Gläubigers mit dem ausdrücklichen Hin-
weis endet:
Dieses Vollstreckungsersuchen ist von einer elektronischen Datenverarbeitungsan-
lage gefertigt und ohne Unterschrift und Dienstsiegel wirksam.
Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, es handele sich um ei-
nen "materiell wertlosen Zusatz", der selbst auf Privatpost und einfacher Ge-
schäftspost zunehmend zu finden sei. Im Übrigen weise der Zusatz nur auf eine
elektronische Datenverarbeitungsanlage hin, die sicherlich genutzt worden sei;
auf eine für den Fortfall der Pflicht zur Siegelung und Unterzeichnung notwen-
dige automatische Einrichtung weise er dagegen nicht hin. Dieser Begründung
kann nicht beigetreten werden.
Der pauschale Hinweis auf "zunehmende" Gepflogenheiten bei Privat- und
Geschäftspost ist bereits deshalb nicht von Bedeutung, weil bei der hier zu be-
urteilenden Angabe ausdrücklich von einer "Wirksamkeit" des Vollstreckungser-
suchens "ohne Dienstsiegel" die Rede ist und damit eindeutig zum Ausdruck
gebracht wird, dass auf eine für ein Verwaltungshandeln ansonsten bestehende
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gesetzliche Form verzichtet worden ist. Ein solcher Hinweis trägt dem Bedürfnis
des Empfängers nach Rechtssicherheit Rechnung, weil er verdeutlicht, dass es
sich nicht um einen nicht unterzeichneten Entwurf, sondern um ein rechtsgülti-
ges Ersuchen der Behörde handelt (vgl. BVerwG, NJW 1993, 1667, 1668).
Soweit das Beschwerdegericht von einem sachlichen Unterschied zwi-
schen einer Verwendung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage und
einer automatischen Einrichtung bei der Erstellung des Vollstreckungsersu-
chens ausgeht, hat es nicht hinreichend beachtet, dass durch den Hinweis ein
Zusammenhang zwischen der Art der Fertigung des Ersuchens und dessen
Wirksamkeitserfordernissen im Hinblick auf § 15 Abs. 4 LVwVG BW hergestellt
wird. Entsprechend ist der Hinweis zu verstehen. Deshalb kommt es nicht mehr
darauf an, dass aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Hinweis auf
die Verwendung einer "elektronischen Datenverarbeitungsanlage" leichter zu
verstehen ist als der Verweis auf "automatische Einrichtungen".
dd) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts liegt im Streitfall auch
eine hinreichende Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes ge-
mäß § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW vor.
(1) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Fälligkeit eines öffent-
lich-rechtlichen Beitrags setze einen originären Beitragsbescheid voraus. Ein
solcher sei im Vollstreckungsersuchen jedoch nicht aufgeführt, so dass der
Pflicht zur Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes gemäß § 15a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW nicht genügt sei. Die im Vollstreckungsersu-
chen angegebenen Gebühren-/Beitragsbescheide vom 3. Mai 2013 (für den
Zeitraum 9/12 bis 11/12) und vom 5. Juli 2013 (für den Zeitraum 12/12 bis 5/13)
seien zwar Bescheide im Sinne von § 10 Abs. 5 RBStV. Diese seien jedoch als
Vollstreckungsgrundlage ungeeignet. In den genannten Bescheiden seien nicht
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nur rückständige Rundfunkgebühren bzw. -beiträge, sondern auch Säumniszu-
schläge festgesetzt worden. Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes ver-
lange jedoch vor Festsetzung von Kosten oder Säumniszuschlägen einen
rechtsbehelfsfähigen Beitragsbescheid, da andernfalls der Rechtsweg erst nach
Festsetzung von Rückständen und Zuschlägen eröffnet sei. Die Rückstands-
festsetzungsbescheide vom 3. Mai 2013 und 5. Juli 2013 litten darüber hinaus
an formellen Mängeln. Ihnen lasse sich nicht entnehmen, wer Beitragsgläubiger
und Vollstreckungsbehörde sei. Zwar sei der Südwestrundfunk mit einem ein-
zeiligen Adressenzusatz erwähnt, jedoch ohne die Angabe der Rechtsform und
der Vertretungsverhältnisse. Daneben sei der Beitragsservice angegeben, und
zwar mit umfassendem, vielzeiligem Kontaktdatenzusatz. Wer Beitragsgläubi-
ger sei, sei ebenso wenig angegeben wie eine Auftrags- oder Vertretungsbe-
ziehung zwischen den beiden im Briefkopf bezeichneten Einrichtungen. Auch
eine Begründung fehle. Insoweit reiche der bloße Hinweis auf eine Fundstelle
im Gesetzblatt nicht aus. Im Festsetzungsbescheid vom 3. Mai 2013 über den
bestehenden Rückstand fehle eine Unterscheidung zwischen Rundfunkgebüh-
ren nach dem bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Recht und Rundfunkbei-
trägen nach dem ab dem 1. Januar 2013 geltenden Recht. Das Vollstreckungs-
gericht habe die fehlende Eignung der im Vollstreckungsersuchen genannten
Rückstandsbescheide für das Entstehen der Fälligkeit und das offensichtliche
Fehlen eines primären Beitragsbescheids prüfen müssen, weil diese Umstände
im Bereich der formellen Titelvoraussetzungen anzusiedeln seien. Diese Beur-
teilung hält den Rügen der Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht stand.
(2) Gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW muss das Vollstre-
ckungsersuchen die Bezeichnung des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes
unter Angabe der erlassenden Behörde, des Datums und des Aktenzeichens
enthalten. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
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Im Vollstreckungsersuchen des Gläubigers war eine Aufstellung der rück-
ständigen Forderungen enthalten, die in den Tabellenspalten "Zeitraum", "Da-
tum des Bescheids", "Datum der Mahnung", "Rundfunk-Gebühren/Beiträge",
"Säumniszuschlag", "Mahngebühr", "Sonstige Kosten", "Davon ausgeglichen"
und "Gesamt" im Einzelnen aufgeschlüsselt waren. Über dieser Aufstellung
fand sich der Hinweis: "Dem Beitragsschuldner sind bereits Gebühren-/Bei-
tragsbescheide und Mahnungen mit folgenden Daten zugesandt worden:
…" Im
Vollstreckungsersuchen war zudem mehrfach die Beitragsnummer des Schuld-
ners angegeben.
Diese Angaben genügten den in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW
angeführten Voraussetzungen an ein wirksames Vollstreckungsersuchen. In der
Aufstellung sind sämtliche zu vollstreckenden Verwaltungsakte aufgeführt. Dass
der Gläubiger die erlassende Behörde ist, ergibt sich hinreichend deutlich aus
dem Vollstreckungsersuchen. Andere Rechtsträger, die als erlassende Behörde
in Betracht kommen, werden im Vollstreckungsersuchen nicht genannt und sind
auch sonst nicht ersichtlich. Im Vollstreckungsersuchen ist die Beitragsnummer
des Schuldners und damit ein Aktenzeichen benannt, das die eindeutige Zu-
ordnung des Vollstreckungsersuchens zu einem bestimmten Schuldner ermög-
licht. Schließlich ist das jeweilige Erlassdatum der aufgeführten Bescheide an-
gegeben. Weitergehende Voraussetzungen an die Bezeichnung des zu voll-
streckenden Verwaltungsaktes stellt § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW nicht
auf.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts fehlt im Vollstreckungser-
suchen nicht die Angabe eines für die Fälligkeit der Beitragsforderung notwen-
digen "primären Beitragsbescheids". Ein solcher Beitragsbescheid ist weder
gesetzlich vorgesehen noch für die Gewährung eines effektiven Rechtsschut-
zes erforderlich. Die den Schuldner für den Zeitraum bis zum 31. Dezember
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2012 treffende Rundfunkgebührenpflicht entstand kraft Gesetzes, ohne dass
der Erlass eines Gebührenfestsetzungsbescheides erforderlich ist (BVerfG,
Nichtannahmebeschluss vom 30. Januar 2008 - 1 BvR 829/06, juris Rn. 20).
Gleiches gilt gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 RBStV für den Zeitraum ab dem 1. Januar
2013. Bescheide der Rundfunkanstalten sind erst für die zwangsweise Beitrei-
bung rückständiger Gebühren (vgl. § 7 Abs. 5 RGebStV sowie BVerfG, Nicht-
annahmebeschluss vom 30. Januar 2008 - 1 BvR 829/06, juris Rn. 20; Ohliger/
Wagenfeld in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 7 RGebStV Rn. 43) und
Beiträge (§ 10 Abs. 5 RBStV, vgl. dazu Tucholke in Hahn/Vesting aaO § 10
RBStV Rn. 34) erforderlich. Da der Gebühren- und Beitragsschuldner gegen
diese Bescheide sowohl vor Einleitung der Vollstreckung als auch nach einer
Entrichtung der Gebühr nebst eventueller Säumniszuschläge den Verwaltungs-
rechtsweg beschreiten kann, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdege-
richts auch kein Rechtsschutzdefizit ersichtlich (vgl. BVerfG, Nichtannahmebe-
schluss vom 30. Januar 2008 - 1 BvR 829/06, juris Rn. 21 ff.).
Auf Inhalt und Aufmachung der vom Beschwerdegericht im Rahmen des
Beschwerdeverfahrens beigezogenen Bescheide vom 3. Mai 2013 und 5. Juli
2013 kommt es im Streitfall nicht an. § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LVwVG BW ver-
langt lediglich, dass im Vollstreckungsersuchen der zu vollstreckende Verwal-
tungsakt bezeichnet wird. Die rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit oder
Wirksamkeit des Verwaltungsaktes durch den Gerichtsvollzieher und das Voll-
streckungsgericht findet nicht statt, weil Grundlage der beantragten Zwangs-
vollstreckungsmaßnahme nicht der Gebühren- und Beitragsbescheid, sondern
das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde ist (§ 15a
Abs. 3 Satz 2, § 16 Abs. 3 Satz 3 LVwVG BW). Die vom Beschwerdegericht
erkannten Beanstandungen greifen im Übrigen auch der Sache nach nicht
durch.
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d) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich nicht aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Das Vollstreckungsersuchen des
Gläubigers erfüllt die weiteren Voraussetzungen gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1
Nr. 3 bis 6 LVwVG BW. Im Vollstreckungsersuchen sind die Angabe des Grun-
des und der Höhe der Geldforderungen (Nr. 3), die Angabe, dass das Ersuchen
vollstreckbar ist (Nr. 4), die Angabe des Schuldners (Nr. 5) und Angaben zu den
Mahnungen (Nr. 6) enthalten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Büscher
Koch
Löffler
Richterin am BGH Dr. Schwonke
Feddersen
ist in Urlaub und daher gehindert
zu unterschreiben.
Büscher
Vorinstanzen:
AG Nagold, Entscheidung vom 06.03.2014 - 4 M 193/14 -
LG Tübingen, Entscheidung vom 19.05.2014 - 5 T 81/14 -
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