Urteil des BGH vom 07.06.2016

Festlegung volatiler Kosten Leitsatzentscheidung

ECLI:DE:BGH:2016:070616BENVR62.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
EnVR 62/14
Verkündet am:
7. Juni 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Festlegung volatiler Kosten
ARegV § 11 Abs. 5
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 20. März 2013 (BK8-12/011) über die
Festlegung volatiler Kosten nach § 11 Abs. 5 ARegV zur Berücksichtigung von Ver-
lustenergiekosten in der zweiten Regulierungsperiode ist rechtmäßig.
BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016 - EnVR 62/14 - OLG Düsseldorf
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
7. Juni 2016 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzen-
den Richter Dr. Raum sowie die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Grüneberg und Dr. Bacher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Oktober 2014 in der Fassung
des Beschlusses vom 18. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens ein-
schließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tra-
gen.
Der Wert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 700.000
festgesetzt.
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Gründe:
I.
Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz in Baden-Württemberg.
Sie wendet sich gegen die von der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 20. März
2013 (BK8-12/011; abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de) getroffene Festle-
gung volatiler Kosten nach § 11 Abs. 5 ARegV zur Berücksichtigung von Verlust-
energiekosten in der zweiten Regulierungsperiode, mit der für alle Betreiber von
Elektrizitätsverteilernetzen im Zuständigkeitsbereich der Bundesnetzagentur Verlust-
energiekosten als volatile Kosten eingestuft wurden. Die Festlegung regelt im Tenor
unter anderem folgendes:
"1. Alle Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen im hier genannten Zustän-
digkeitsbereich der Bundesnetzagentur im Sinne des § 3 Nr. 3 EnWG werden
ab der zweiten Regulierungsperiode, beginnend am 01.01.2014, verpflichtet,
die Anpassung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen gemäß § 4 Abs. 3
Nr. 3 ARegV derart vorzunehmen, dass die Differenz der Verlustenergiekosten
zwischen dem Basisjahr für die zweite Regulierungsperiode (VK
) und den
ansatzfähigen Verlustenergiekosten, die sich aufgrund der vorgegebenen Be-
rechnungsmethodik kalenderjährlich ergeben (VK
t
), als volatile Kosten be-
rücksichtigt wird.
2. Die ansatzfähigen Verlustenergiekosten des jeweiligen Kalenderjahres er-
geben sich aus dem Produkt des Referenzpreises und der ansatzfähigen
Menge. Die Berechnung des Referenzpreises erfolgt anteilig gewichtet aus
dem Baseload-Preis zu 76% und dem Peakload-Preis zu 24%. Der Baseload-
Preis ergibt sich dabei als tagesgenauer (ungewichteter) Durchschnittspreis,
aller im Zeitraum 01.07.t-2 bis 30.06.t-1 gehandelten Phelix-Year-Futures (Ba-
seload) für das Lieferjahr t. Der Peakload-Preis ergibt sich als tagesgenauer
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(ungewichteter) Durchschnittspreis, aller im Zeitraum 01.07.t-2 bis 30.06.t-1
gehandelten Phelix-Year-Futures (Peakload) für das Lieferjahr t. Die ansatz-
fähige Menge entspricht dem im Rahmen der Bestimmung des Ausgangsni-
veaus nach § 6 Abs. 1 ARegV anerkannten Wert des Basisjahres 2011. Die
ansatzfähige Menge wird für die Dauer der zweiten Regulierungsperiode fest-
gesetzt. Eine jährliche Anpassung der ansatzfähigen Menge findet nicht statt."
Der Festlegung ging eine Konsultation voraus, in deren Rahmen die beteilig-
ten Wirtschaftskreise Gelegenheit zur Stellungnahme hatten und die unter anderem
dazu führte, dass die Gewichtung zwischen Baseload- und Peakload-Preisen geän-
dert wurde.
Mit ihrer Beschwerde hat die Betroffene geltend gemacht, die Festlegung be-
ruhe auf formellen und materiellen Rechtsfehlern. Sie begehrt, die Festlegung aufzu-
heben und die Bundesnetzagentur zum Erlass einer neuen Festlegung zu verpflich-
ten, hilfsweise die Aufhebung der Festlegung. Das Beschwerdegericht hat die Be-
schwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit der vom Be-
schwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE
2015, 90) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die von der Betroffenen in formeller Hinsicht gegen die Festlegung vorge-
brachten Rügen hätten keinen Erfolg. Die Bundesnetzagentur habe den Beschluss
ausreichend begründet. Insbesondere habe sie hinreichend deutlich erläutert, wie sie
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die Grundlagen der Referenzpreisbildung ermittelt und den Referenzpreis berechnet
habe.
Entgegen der Auffassung der Betroffenen sei die Festlegung auch in der Sa-
che rechtmäßig. Die Bundesnetzagentur habe die Festlegung zutreffend auf § 29
Abs. 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4a, § 11 Abs. 5 ARegV gestützt. Diese Ermäch-
tigung erlaube nicht nur Regelungen, die das Verfahren betreffen würden, sondern
auch die Bestimmung der Voraussetzungen, ob und unter welchen Bedingungen be-
stimmte Kosten als volatil anzusehen seien. Bei der Festlegung der Vorgaben für die
Ermittlung der ansatzfähigen Verlustenergiekosten stehe der Bundesnetzagentur ein
Gestaltungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle un-
terliege.
Vor diesem Hintergrund sei die festgelegte Berechnungsweise des Referenz-
preises nicht zu beanstanden. Mit dem Durchschnittspreis aller innerhalb eines 12-
Monats-Zeitraums gehandelten Phelix-Year-Futures werde die tatsächliche Preis-
entwicklung abgebildet. Das Verhältnis von Baseload- zu Peakload-Preisen sei eben-
falls anhand tatsächlicher Werte der von fast allen am Regelverfahren beteiligten
Netzbetreibern mitgeteilten Daten ermittelt worden. Dies stelle eine ausreichend brei-
te, sichere Datenbasis dar; die Auswertung der Daten aller Netzbetreiber sei nicht
erforderlich. Es sei nicht ersichtlich, wie die Betroffene durch die gewählte Aufteilung
von 76% zu 24% strukturell benachteiligt sein sollte. Soweit sie vortrage, der
Peakload-Anteil müsse 40% betragen, habe sie dazu keine überprüfbaren Gründe
vorgetragen. Die Bundesnetzagentur habe eine sachgerechte Ausreißerkontrolle
vorgenommen und das Ergebnis plausibilisiert. Sie habe ausreichend erläutert, wie
sie den Referenzpreis ermittelt habe. Zu einer Benennung der beteiligten Unterneh-
men sei sie zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht verpflichtet.
Eine Auswertung der Daten der am vereinfachten Verfahren teilnehmenden Netzbe-
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treiber sei entbehrlich; § 24 ARegV verdeutliche, dass für die kleineren Netzbetreiber
aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gesonderte Regeln gälten, die nur be-
dingt mit dem Regelverfahren vergleichbar seien. Davon abgesehen sei die Festset-
zung eines einheitlichen Preises für alle Netzbetreiber zutreffend, weil in einem
freien, nicht regulierten Markt Wettbewerber sich gegebenenfalls mit größeren oder
effizienter arbeitenden Unternehmen messen lassen müssten. Um den Wettbewerb
zu intensivieren, sei im Übrigen das Ausschreibungsvolumen je Los auf 50.000 MWh
beschränkt, so dass größere Netzbetreiber keine "Einzelpakete" mit größeren Volu-
mina bilden und hieraus Preisvorteile erzielen könnten. Aufgrund dessen habe auch
von einem Sicherheitszuschlag auf den ermittelten Referenzpreis abgesehen werden
können.
Bei der Bestimmung eines Referenzpreises handele es sich weder um ein un-
zulässiges Benchmarking noch stehe die Regelung im Widerspruch zum Effizienz-
vergleich. Die Vorschriften der § 32 Abs. 1 Nr. 4a, § 11 Abs. 5 ARegV erlaubten es,
neben den durch den Effizienzvergleich gemachten Vorgaben weitere Anreize zur
Kostensenkung zu setzen und so Ineffizienzen abzubauen. Da der Referenzpreis
anhand der tatsächlichen Kosten eines durchschnittlich effizienten Netzbetreibers
ermittelt werde, handele es sich dabei um den "üblichen Preis" für Verlustenergie, so
dass nicht im Rahmen eines Benchmarks "die Besten" und nur auf dieser Basis die
anzuerkennenden Kosten ermittelt würden. Ein Netzbetreiber habe verschiedene
Möglichkeiten, um auf die Verlustenergiekosten Einfluss zu nehmen, wie etwa durch
die Wahl von Ausschreibungszeitpunkten und -zeiträumen oder - was die Festlegung
der Bundesnetzagentur hinsichtlich des Ausschreibungsverfahrens für Verlustenergie
vom 21. Oktober 2008 (BK6-08-006) zulasse - durch die Bildung von Ausschrei-
bungsgemeinschaften.
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Im Rahmen ihres Regulierungsermessens habe die Bundesnetzagentur in
nicht zu beanstandender Weise auch die Berechnung der Verlustenergiemenge be-
stimmt. Sie sei nicht verpflichtet, neben der Preiskomponente auch die Mengenkom-
ponente jährlich anpassbar auszugestalten. Vielmehr lasse ihr § 11 Abs. 5 ARegV
insoweit einen Gestaltungsspielraum. Während die Energiepreise erheblichen
Schwankungen unterworfen seien, sei dies bei der Menge - was der Verlustenergie-
verbrauch der Betroffenen zeige - nicht der Fall. Deren Behauptung, die Verlustener-
giemenge erhöhe sich durch die vermehrte dezentrale Einspeisung, sei nicht über-
prüfbar. Ganz im Gegenteil habe die Bundesnetzagentur im Rahmen einer eigenen
Untersuchung einen solchen Zusammenhang nicht festgestellt. Dagegen spreche
auch die Entwicklung der Verlustenergiemenge bei der Betroffenen.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdege-
richt zu Recht angenommen, dass die Festlegung von der Ermächtigungsgrundlage
des § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV gedeckt ist.
aa) Nach § 29 Abs. 1 EnWG kann die Regulierungsbehörde unter anderem
Entscheidungen über die Bedingungen und Methoden für den Netzzugang nach den
in § 24 EnWG genannten Rechtsverordnungen durch Festlegung gegenüber den
Netzbetreibern treffen. Dazu gehört nach § 24 Satz 1 Nr. 1 EnWG die Festlegung der
Bedingungen für den Netzzugang einschließlich der Beschaffung und Erbringung von
Ausgleichsleistungen oder Methoden zur Bestimmung dieser Bedingungen sowie
Methoden zur Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang gemäß den §§ 20 bis 23
EnWG. Dies schließt insbesondere die Vorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG ein,
wonach die Entgelte auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung gebildet
werden, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers
entsprechen müssen. Gemäß § 21a Abs. 1 EnWG können die Netzzugangsentgelte
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abweichend von der Entgeltbildung nach § 21 Abs. 2 bis 4 EnWG auch durch eine
Methode bestimmt werden, die Anreize für eine effiziente Leistungserbringung setzt.
bb) Diese Vorgaben hält § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV ein. Danach kann die Re-
gulierungsbehörde zur Verwirklichung eines effizienten Netzzugangs Entscheidun-
gen zu volatilen Kostenanteilen gemäß § 11 Abs. 5 ARegV, insbesondere zum Ver-
fahren, mit dem den Netzbetreibern Anreize gesetzt werden, die gewährleisten, dass
volatile Kostenanteile nur in effizientem Umfang in der Erlösobergrenze berücksich-
tigt werden, sowie zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Kostenanteilen
als volatil treffen. Dies betrifft die Bedingungen und Methoden für den Netzzugang
unter Berücksichtigung von Effizienzvorgaben und füllt damit § 29 Abs. 1 EnWG aus.
cc) Die streitgegenständliche Festlegung hält sich im von § 32 Abs. 1 Nr. 4a
ARegV vorgegebenen Rahmen. Die Vorschrift erlaubt allgemein die Bestimmung der
Voraussetzungen, ob und unter welchen Bedingungen bestimmte Kosten als volatil
anzusehen sind. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, erlaubt die Ermächti-
gungsnorm nicht nur Regelungen, die das Verfahren betreffen. Dagegen spricht be-
reits der Wortlaut der Vorschrift ("insbesondere"). Eine weite Auslegung entspricht
zudem dem Willen des Verordnungsgebers, Netzbetriebskosten, die jährlich starken
Schwankungen unterliegen können (wie z. B. Treibenergie- und Verlustenergiekos-
ten) und regelmäßig beschafft werden, einerseits jährlich anpassen zu können, ande-
rerseits aber dem Effizienzgedanken der Anreizregulierung auch für deren Beschaf-
fung Geltung zu verschaffen (vgl. BR-Drucks. 312/10
(Beschluss)
, S. 17). Aufgrund
dessen stellt § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV - entgegen der Auffassung der Rechtsbe-
schwerde - eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dafür dar, dass mit der Fest-
legung Anreize zu einem effizienten Verhalten der Netzbetreiber bei der Beschaffung
von Verlustenergie gesetzt werden. Dies beinhaltet sowohl Regelungen zur Ermitt-
lung eines Referenzpreises als auch zur anzuerkennenden Verlustenergiemenge.
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dd) Von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist auch die weitere Annahme
des Beschwerdegerichts, dass der Bundesnetzagentur bei der Festlegung der Ver-
lustenergiekosten als volatile Kosten und der näheren Ausgestaltung der Berech-
nungsmethode ein Entscheidungsspielraum zuzubilligen ist.
(1) Die Voraussetzungen für die Festlegung von Verlustenergiekosten als
volatile Kostenanteile und das Verfahren zur Ermittlung der Höhe dieser Kosten sind
durch Gesetz und Verordnung nur rudimentär vorgegeben. Der mit der Beantwortung
dieser Fragen betrauten Regulierungsbehörde steht bei der Frage des Ob und des
Wie ein Spielraum zu, der in einzelnen Aspekten einem Beurteilungsspielraum, in
anderen Aspekten einem Regulierungsermessen gleichkommt (vgl. dazu Senatsbe-
schlüsse vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 10 ff. - Stadtwerke
Konstanz GmbH [für den nach § 12 ARegV durchzuführenden Effizienzvergleich],
vom 22. Juli 2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 12 ff. - Stromnetz Berlin GmbH
[für die Bestimmung des Qualitätselements nach §§ 19, 20 ARegV] und vom 27. Ja-
nuar 2015 - EnVR 39/13, EnWZ 2015, 273 Rn. 16 ff. - Thyssengas GmbH [für die
Bemessung des Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmeri-
scher Wagnisse gemäß § 7 Abs. 5 GasNEV]).
Nach § 21a Abs. 2 Satz 1 EnWG erfolgt die Anreizregulierung durch Vorgabe
von Obergrenzen für die Höhe der Netzzugangsentgelte oder für die Gesamterlöse
aus Netzzugangsentgelten, die innerhalb einer Regulierungsperiode erzielt werden
dürfen. Hierbei sind Effizienzvorgaben zu berücksichtigen. Weitere materiell-
rechtliche Vorgaben überlässt § 21a Abs. 6 EnWG einer Rechtsverordnung, die die
nähere Ausgestaltung der Methode einer Anreizregulierung und ihre Durchführung
regeln (§ 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EnWG). Diese Verordnungsermächtigung wird
durch die Anreizregulierungsverordnung ausgefüllt. Sie enthält in § 11 Abs. 5 Satz 2
ARegV in der seit dem 9. September 2010 geltenden Fassung (BGBl. I S. 1261,
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1282) die Befugnis der Regulierungsbehörde zur Festlegung einzelner beeinflussba-
rer oder vorübergehend nicht beeinflussbarer Kostenanteile als volatile Kostenantei-
le, wenn deren Höhe sich in einem Kalenderjahr erheblich von der Höhe des jeweili-
gen Kostenanteils im vorhergehenden Kalenderjahr unterscheiden kann.
Sachlicher Grund für diese Regelung ist der Umstand, dass eine hohe Volatili-
tät eines einzelnen Kostenanteils zu einer erheblichen wirtschaftlichen Mehrbelas-
tung des betreffenden Netzbetreibers führen kann, die von ihm - wenn er nicht die
Möglichkeit zu einer Anpassung der Erlösobergrenze hätte - zu tragen wäre, obwohl
die tatsächliche Höhe der Kosten überwiegend nicht seinem Einflussbereich unter-
liegt; dies kann die Wirtschaftlichkeit des Netzbetriebs verringern (vgl. BR-
Drucks. 312/10
(Beschluss)
, S. 17). Außerdem bestimmt § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV,
dass volatile Kostenanteile nur in effizientem Umfang in der Erlösobergrenze berück-
sichtigt werden dürfen. Damit soll gewährleisten werden, dass der Effizienzgedanke
der Anreizregulierung auch für volatile Kostenanteile unverändert gilt (vgl. BR-
Drucks. 312/10
(Beschluss)
, S. 17).
(2) Die Anreizregulierungsverordnung beschränkt in § 11 Abs. 5 Satz 2
ARegV lediglich die Befugnis zur Anerkennung beeinflussbarer oder vorübergehend
nicht beeinflussbarer Kostenanteile als volatile Kostenanteile auf solche Kostenantei-
le, die eine - nicht näher bestimmte - Erheblichkeitsschwelle überschreiten, und
nennt als Beispiel für solche Kostenanteile die Kosten für die Beschaffung von Ver-
lustenergie, ohne diese - anders als die Kosten für die Beschaffung von Treibenergie
in Satz 1 - im Verordnungswege als volatile Kostenanteile einzuordnen. Hinsichtlich
einer Konkretisierung der Erheblichkeitsschwelle und des Erfordernisses weiterer
Voraussetzungen für die Anerkennung von Kostenanteilen als volatil wie auch in Be-
zug auf die nähere Ausgestaltung und das Verfahren zur Ermittlung der Höhe solcher
Kostenanteile einschließlich eines Mechanismus zur Schaffung von Anreizen effi-
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zienten Handelns verbleiben erhebliche Spielräume, deren Ausfüllung der Gesetz-
und Verordnungsgeber der Regulierungsbehörde überlassen hat (vgl. BR-Drucks.
312/10
(Beschluss)
, S. 17).
ee) Der in § 21a Abs. 2 EnWG vorgegebene und in § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV
näher ausgestaltete Spielraum der Regulierungsbehörde ist von Verfassungs wegen
nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber darf zwar eine wesentliche Entscheidung nicht dem Verord-
nungsgeber oder einer Verwaltungsbehörde überlassen. Dies ist aber bei der Festle-
gung von einzelnen Kostenanteilen als volatil und des Verfahrens zur Ermittlung ihrer
Höhe nicht der Fall. Diese Fragen können nicht im Vorhinein in allen Details festge-
legt werden. Die Volatilität von Kostenanteilen und deren Ermittlung hängt von einer
Vielzahl von Faktoren ab, die sowohl für sich gesehen als auch in ihrem Verhältnis
zueinander ständiger Änderung unterliegen. Bei dieser Ausgangslage kann und
muss der Gesetzgeber lediglich die Ziele definieren, an denen sich die Bewertung
und gegebenenfalls Quantifizierung einzelner Faktoren, die - wie hier - in die Ermitt-
lung der Verlustenergiekosten einfließen oder einfließen können, zu orientieren hat.
Dieser Anforderung wird die Regelung in § 21a Abs. 2 EnWG, die durch die allge-
meinen Zielvorgaben in § 1 EnWG ergänzt wird, gerecht.
ff) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 21 Abs. 2
Satz 1, § 21a Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 EnWG nicht das zwingende Erfordernis,
für unterschiedliche Gruppen jeweils strukturell vergleichbarer Netzbetreiber inhalt-
lich unterschiedliche Vorgaben zu machen. Eine solche Gruppenbildung ist in diesen
Vorschriften nur als Möglichkeit vorgesehen und kann allenfalls im Einzelfall von
Rechts wegen notwendig sein, wenn sie zur Erreichung der mit der Anreizregulierung
verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei sind allerdings auch die berech-
tigten Interessen der Netznutzer und die in § 1 EnWG normierten Ziele einer mög-
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lichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltver-
träglichen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität in den Blick zu nehmen.
b) Die Maßstäbe, die das Beschwerdegericht zur Überprüfung der angefoch-
tenen Festlegung herangezogen hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die der Regulierungsbehörde eröffneten Spielräume kommen hinsichtlich
einiger Aspekte einem Beurteilungsspielraum (wie z.B. die Erheblichkeitsschwelle
des § 11 Abs. 5 Satz 2 ARegV), hinsichtlich anderer Aspekte einem Regulierungs-
ermessen gleich (wie z.B. die Ermittlung des Referenzpreises und die Wechselwir-
kung mit der Festlegung der Verlustenergiemenge). Dies hat Auswirkungen auf die
gerichtliche Kontrolldichte. Sie beschränkt sich auf die Überprüfung, ob die Behörde
die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Ver-
ständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen
Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Be-
urteilung an allgemeingültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Will-
kürverbot nicht verletzt hat. Die eine Abwägung zwischen unterschiedlichen gesetzli-
chen Zielvorgaben erfordernde Ausübung des Regulierungsermessens ist vom Ge-
richt zu beanstanden, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Ab-
wägungsausfall), wenn in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist,
was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste (Abwägungsdefizit), wenn
die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist (Abwägungsfehlein-
schätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität; vgl. Senats-
beschlüsse vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 27 - Stadtwerke
Konstanz GmbH und vom 22. Juli 2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 25
- Stromnetz Berlin GmbH, jeweils mwN).
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bb) Soweit die Entscheidung der Regulierungsbehörde der gerichtlichen
Nachprüfung unterliegt, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht derselbe Prüfungs-
maßstab anzulegen wie in der Beschwerdeinstanz. Vielmehr obliegt die Überprüfung,
ob das methodische Vorgehen der Regulierungsbehörde nach den dargelegten Krite-
rien zu beanstanden ist, in erster Linie dem Tatrichter (vgl. Senatsbeschluss vom
27. Januar 2015 - EnVR 39/13, EnWZ 2015, 273 Rn. 27 f. - Thyssengas GmbH).
Denn ihr Ergebnis hängt im Wesentlichen von den Tatsachen ab, aus denen sich
Schlussfolgerungen im Hinblick auf Vor-und Nachteile unterschiedlicher in Betracht
kommender methodischer Vorgehensweisen ziehen lassen. Diese Schlussfolgerun-
gen sind zwar zum Teil rechtlicher Natur. Die hierfür anzustellenden Erwägungen
sind mit der Feststellung der dafür maßgeblichen Tatsachen jedoch so eng verwo-
ben, dass auch sie im Wesentlichen dem Bereich der tatrichterlichen Würdigung zu-
zuordnen sind. Die Entscheidung des Tatrichters kann deshalb in der Rechtsbe-
schwerdeinstanz nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden, ob er erhebli-
ches Vorbringen der Beteiligten unberücksichtigt gelassen, wesentliche Beurteilungs-
faktoren außer Betracht gelassen oder offenkundig fehlgewichtet oder der Nachprü-
fung der Regulierungsentscheidung sonst unrichtige rechtliche Maßstäbe zu Grunde
gelegt hat (vgl. Senatsbeschluss aaO Rn. 28 - Thyssengas GmbH).
c) Nach diesen Maßgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwer-
degericht die Festlegung in materiell-rechtlicher Hinsicht für rechtmäßig gehalten hat.
aa) Die Rechtsbeschwerde zieht zu Recht nicht in Zweifel, dass die Festle-
gung der Verlustenergiekosten als volatile Kostenanteile rechtmäßig ist. Hierdurch
lassen sich die Verlustenergiekosten an die tatsächlichen Beschaffungskosten an-
passen und zugleich Anreize für eine effiziente Beschaffung setzen. Letzteres ist von
§ 21a Abs. 4 Satz 6 EnWG gedeckt, wonach Effizienzvorgaben nur auf den beein-
flussbaren Kostenanteil zu beziehen sind. Bei den Verlustenergiekosten handelt es
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sich um solche Kostenanteile. Die Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie
können vom Netzbetreiber in verschiedener Weise beeinflusst werden. Dies gilt vor
allem für das Verfahren zu ihrer Beschaffung, aber auch für technische Maßnahmen
zur Verringerung der Verlustmenge. Dass die Kosten durch solche Maßnahmen nur
geringfügig beeinflusst werden können, im Wesentlichen aber der für den einzelnen
Netzbetreiber nicht beeinflussbare Marktpreis vorgegeben ist, steht dieser Beurtei-
lung nicht entgegen (Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011 - EnVR 48/10, RdE 2011,
308 Rn. 77 - EnBW Regional AG). Die Volatilität der Beschaffungskosten steht außer
Frage (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011, aaO Rn. 75).
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdege-
richt rechts- und verfahrensfehlerfrei angenommen, dass die Bundesnetzagentur die
Gewichtungsanteile der Preiskomponente sachgerecht ermittelt hat, indem sie hierfür
lediglich die vorhandenen Daten der "großen" Netzbetreiber herangezogen hat. Die
in der Festlegung bestimmte Bildung des Referenzpreises für die Verlustenergie-
beschaffung ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die streitgegenständliche Festlegung richtet sich an die Betreiber von Elektri-
zitätsverteilernetzen, die - wie die Betroffene - nach § 54 Abs. 1 EnWG in den origi-
nären Zuständigkeitsbereich der Bundesnetzagentur fallen, weil an ihr Netz mindes-
tens 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Dass die erho-
bene Datenbasis (98 von insgesamt 109 Netzbetreibern) nicht ausreichend groß sein
soll, ist bereits im Ansatz nicht nachvollziehbar. Dagegen bringt die Rechtsbe-
schwerde nichts Substantielles vor. Dies gilt insbesondere für ihren Einwand, die der
Festlegung unterfallenden Netzbetreiber seien strukturell nicht vergleichbar.
(1) Der Referenzpreis der Festlegung richtet sich an den Preisen des Börsen-
handels aus, so dass die Marktdaten von einer potenziell großen Anzahl von Markt-
teilnehmern berücksichtigt werden. Der Preisbildung sind alle Marktteilnehmer unab-
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hängig von ihrer Größe unterworfen. Durch den Ansatz von durchschnittlichen Prei-
sen über den Zeitraum eines Jahres lassen sich die Preisschwankungen an der
Energiebörse sachgerecht abbilden und ausmitteln. Mit der Maßgeblichkeit von Bör-
senergebnissen orientiert sich der Referenzpreis am Konzept eines wirksamen und
unverfälschten Wettbewerbs im Sinne des § 1 Abs. 2 EnWG, sofern die Marktpreise
- wozu es zu den Börsendaten der EEX keinen Anhalt gibt - nicht Ausdruck systema-
tischer Verzerrungen oder von Marktmissbrauch sind. Da der Handel an der EEX
anonym abgewickelt wird, sind durch Ungleichbehandlung der Marktteilnehmer ent-
stehende Verzerrungen praktisch ausgeschlossen (vgl. Lismann, Effizienzanforde-
rungen in den Festlegungen einer wirksamen Verfahrensregulierung nach § 11
Abs. 2 S. 2-4 ARegV, 2015, S. 98 f.).
Durch den Ansatz eines jährlichen Durchschnittspreises fordert die Festlegung
von den Netzbetreibern auch nicht das ökonomisch Bestmögliche im Sinne einer ab-
soluten Effizienz. Die Netzbetreiber sollen den Beschaffungsvorgang so effizient ge-
stalten und ihre Netze so strukturieren, dass sich ihre durchschnittlichen Einkaufs-
preise im Rahmen der durchschnittlichen Börsenpreise bewegen (vgl. Lismann, aaO,
S. 105). Allerdings trifft den einzelnen Netzbetreiber das Risiko der punktuellen Be-
schaffung, das "große" Netzbetreiber im Gegensatz zu kleineren Netzbetreibern
durch die Wahl möglichst vieler Beschaffungszeitpunkte in einem gewissen Maß ni-
vellieren können, während dies "kleineren" Netzbetreibern nur eingeschränkt, immer-
hin aber über die gesamte Regulierungsperiode hinweg durchaus möglich ist. Dar-
über hinaus können "kleinere" Netzbetreiber das Prognoserisiko - was die Festle-
gung der Bundesnetzagentur hinsichtlich des Ausschreibungsverfahrens für Verlust-
energie vom 21. Oktober 2008 (BK6-08-006) zulässt und die Rechtsbeschwerde in
Bezug auf die Westnetz GmbH selbst vorträgt - durch die Bildung von Ausschrei-
bungsgemeinschaften verkleinern.
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Aufgrund dessen ist auch - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde -
ein Sicherheitsaufschlag auf den Referenzpreis nicht zu rechtfertigen. Die Rechtsbe-
schwerde beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Senatsentschei-
dung vom 28. Juni 2005 (KVR 17/04, BGHZ 163, 282, 292 ff. - Stadtwerke Mainz),
wonach zur Ermittlung des wettbewerbsanalogen Preises der Preis eines wesentlich
größeren Vergleichsunternehmens nur dann herangezogen werden kann, wenn er
durch Mengengewichtung, unter Berücksichtigung der effektiven Kosten des Ver-
gleichsunternehmens sowie zusätzlicher Zu- und Abschläge für weitere strukturelle
Unterschiede des Vergleichsunternehmens ermittelt wird. Diese Entscheidung hatte
eine Preismissbrauchskontrolle zum Gegenstand, bei der es unter anderem darum
ging, wie bei der Ermittlung des wettbewerbsanalogen Preises die Unsicherheiten
einer schmalen Vergleichsbasis in Form des von der Kartellbehörde herangezoge-
nen Vergleichspreises eines einzigen anderen Netzbetreibers auszugleichen sind.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier ersichtlich nicht vor. Der in der Festlegung be-
stimmte Referenzpreis beruht auf den Marktdaten von einer potenziell großen Anzahl
von Marktteilnehmern.
(2) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde auch gegen die Annahme
des Beschwerdegerichts, dass die Bundesnetzagentur das Verhältnis von Baseload-
zu Peakload-Preisen lediglich anhand der tatsächlichen Werte der von fast allen am
Regelverfahren beteiligten Netzbetreibern mitgeteilten Daten ermitteln durfte, ohne
die Daten weiterer Netzbetreiber untersuchen zu müssen. Dies begegnet keinen
rechtlichen Bedenken.
Das Beschwerdegericht ist rechts- und verfahrensfehlerfrei davon ausgegan-
gen, dass das Verfahren der Bundesnetzagentur zur Bestimmung der Gewichtungs-
anteile der Preiskomponente nicht zu beanstanden ist. In dem Konsultationsverfah-
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ren hat die Bundesnetzagentur zunächst ein Base-Peak-Verhältnis von 80% zu 20%
vorgeschlagen. Nachdem unter anderem der Bundesverband der Energie- und Was-
serwirtschaft zur Erreichbarkeit einer Kostendeckung ein Verhältnis von 70% zu 30%
und der Verband kommunaler Unternehmen e.V. eine Anhebung des Peak-Anteils
auf 30-40% gefordert haben, hat die Bundesnetzagentur die bei ihr vorhandenen Da-
ten von 98 Netzbetreibern ausgewertet und nach Eliminierung von Ausreißern das
Base-Peak-Verhältnis auf 76% zu 24% ermittelt und entsprechend festgelegt. Dage-
gen ist nichts zu erinnern. Wie bereits ausgeführt ist die Datengrundlage für die
streitgegenständliche Festlegung ausreichend breit.
Die Rechtsbeschwerde zeigt keinen Vortrag auf, dem das Beschwerdegericht
hätte entnehmen müssen, dass das von der Bundesnetzagentur festgelegte Verhält-
nis zwischen Baseload- und Peakload-Preisen aus methodischer Sicht unvertretbar
wäre. Soweit sie behauptet, der Peak-Anteil hätte mindestens 40%, jedenfalls mehr
als 24% betragen müssen, hat sie dafür nichts Substantielles vorgebracht. Zu ihren
eigenen tatsächlichen Verhältnissen hat die Betroffene nichts vorgetragen. Auch da-
für, dass für "kleinere" Netzbetreiber ein anderes als das von der Bundesnetzagentur
festgelegte Verhältnis der Wirklichkeit besser gerecht würde, ist nichts ersichtlich.
Die im Rahmen der Konsultation erhobene Forderung eines Verhältnisses von (min-
destens) 70% zu 30% ist nicht näher begründet worden, sondern diente - wie etwa
die Stellungnahme des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. im Rahmen des
Konsultationsverfahrens zeigt ("Alternativ wäre auch ein Dienstleistungsaufschlag
i.H.v. etwa 2€/MWh denkbar.") und was auch die Rechtsbeschwerde geltend macht -
vor allem dazu, einen Sicherheitszuschlag zu erreichen (vgl. OLG Schleswig, Be-
schluss vom 2. Oktober 2014 - 16 Kart 3/13, juris Rn. 74). Ein solcher ist jedoch - wie
bereits ausgeführt - nicht geboten.
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Aufgrund dessen ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetz-
agentur in der streitgegenständlichen Festlegung nicht die in § 21 Abs. 2 Satz 1,
§ 21a Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 EnWG als Möglichkeit vorgesehene Gruppenbil-
dung vorgenommen hat.
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdege-
richt rechtsfehlerfrei die Festlegung der anzuerkennenden Verlustenergiemenge auf
den im Ausgangsniveau für die zweite Regulierungsperiode anerkannten Wert nicht
beanstandet.
Wie bereits oben ausgeführt worden ist, ist die Bundesnetzagentur nach § 29
Abs. 1 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4a ARegV befugt, auch hinsichtlich der Verlust-
energiemenge regulatorische Vorgaben zu machen. Die Maßgeblichkeit des Basis-
jahrs begegnet - wie sich bereits aus § 6 Abs. 1 Satz 3 und 4 ARegV ergibt - keinen
rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bewegt
sich der Verlustenergieverbrauch der Betroffenen seit 2010 in einer geringen
Schwankungsbreite, so dass auch in tatsächlicher Hinsicht die Festlegung nicht zu
beanstanden ist. Durch das Zusammenspiel mit dem Referenzpreis ist die Fixierung
der Verlustmenge auf das Basisjahr sachlich begründet. Dadurch wird ein zusätzli-
cher Anreiz geschaffen, die Menge der Verlustenergie zu senken. Zugleich wird der
einzelne Netzbetreiber in die Lage versetzt, etwaige Überschreitungen des Refe-
renzpreises auszugleichen.
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, die Fixierung der Verlustenergiemenge
auf das Basisjahr führe bei der Betroffenen zu einer Unterdeckung der Verlustener-
giekosten, verkennt sie, dass dies maßgeblich auf der in ihrem Fall anerkannten
konkreten Verlustenergiemenge von 46.116 MWh beruht. Deren Bestimmung ist je-
doch nicht Gegenstand der angefochtenen Festlegung.
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d) Schließlich hat das Beschwerdegericht entgegen den Angriffen der Rechts-
beschwerde rechtsfehlerfrei angenommen, dass die angefochtene Festlegung nicht
an einem Begründungsmangel leidet.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegt die Regulierungsbehörde
bei der Ausfüllung eines Entscheidungsspielraums der vorliegenden Art besonderen
Begründungsanforderungen. Ähnlich wie es das Bundesverwaltungsgericht bei tele-
kommunikationsrechtlichen Entscheidungen angenommen hat (BVerwG, NVwZ
2014, 589 Rn. 34 ff.), ist bei einem derartigen Entscheidungsspielraum die eigentli-
che Bewertung der Behörde auch darauf nachzuprüfen, ob sie im Hinblick auf die
Kriterien, die in der Rechtsnorm ausdrücklich hervorgehoben oder in ihr angelegt
sind, ihre Festlegung plausibel und erschöpfend begründet hat. Dies folgt aus der
Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Die gerichtli-
che Kontrolle eines der Behörde eingeräumten Gestaltungsspielraums ist grundsätz-
lich auf diejenigen Erwägungen zu erstrecken und zu beschränken, die die Behörde
zur Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat; denn die notwendige Abwägung
und ihre Darstellung im Bescheid sollen zumindest auch die nachgehende gerichtli-
che Kontrolle ermöglichen, die angesichts des ohnehin eingeräumten Beurteilungs-
spielraums sonst nicht hinreichend wirksam wäre (Senatsbeschluss vom 22. Juli
2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 29 - Stromnetz Berlin GmbH).
Aufgrund dessen muss der Begründung der Entscheidung zu entnehmen sein,
dass die Regulierungsbehörde die in Betracht kommenden Maßgaben für die Festle-
gung von Verlustenergiekosten als volatile Kostenanteile und von Anreizen zur Ge-
währleistung dessen, dass solche Kostenanteile nur in effizientem Umfang in der Er-
lösobergrenze berücksichtigt werden, abgewogen und geprüft hat, welche dem Ziel
der Sicherung eines langfristig angelegten, leistungsfähigen und zuverlässigen Be-
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triebs von Energieversorgungsnetzen am ehesten gerecht werden. Sodann muss die
Behörde unter Bewertung der unterschiedlichen Belange im Einzelnen darlegen,
dass und warum ihrer Ansicht nach im Ergebnis Überwiegendes für die gewählte
Verfahrensweise spricht.
bb) Nach diesen Maßgaben liegt kein Begründungsmangel vor.
Ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde, der angefochtenen Festle-
gung lasse sich nicht entnehmen, weshalb die Bundesnetzagentur die Daten von nur
"großen" Netzbetreibern als geeignete repräsentative Grundlage für die Ermittlung
der Gewichtungsanteile angesehen und sie insbesondere die Teilnehmer des verein-
fachten Verfahrens außer Acht gelassen hat. Diese Rüge geht bereits deshalb fehl,
weil sich die streitgegenständliche Festlegung nur an diejenigen Betreiber von Elekt-
rizitätsverteilernetzen richtet, die nach § 54 Abs. 1 EnWG in den originären Zustän-
digkeitsbereich der Bundesnetzagentur fallen. Dazu gehören die Teilnehmer des
vereinfachten Verfahrens nicht. Im Übrigen hat die Bundesnetzagentur die Herleitung
des Gewichtungsanteils nachvollziehbar begründet. Es lässt sich daraus hinreichend
deutlich entnehmen, dass die Bundesnetzagentur die maßgeblichen Gesichtspunkte
in der gebotenen Weise gewürdigt hat und das von ihr rechnerisch ermittelte Ergeb-
nis insgesamt für angemessen hält. Dass die Datensätze nicht veröffentlicht worden
sind und deshalb der Gewichtungsanteil nicht nachgerechnet werden kann, stellt kei-
nen Begründungsmangel dar, sondern betrifft lediglich die - von der Rechtsbe-
schwerde nicht aufgeworfene - Frage nach der Offenlegung der Daten (vgl. dazu Se-
natsbeschlüsse vom 21. Januar 2014 - EnVR 12/12, RdE 2014, 276 Rn. 91 ff.
- Stadtwerke Konstanz GmbH und vom 22. Juli 2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495
Rn. 34 ff. - Stromnetz Berlin GmbH).
Dagegen begegnet die Auffassung des Beschwerdegerichts, eine fehlende
Begründung könne in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 VwVfG im ge-
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richtlichen Beschwerdeverfahren nachgeholt werden, rechtlichen Bedenken, weil die
gerichtliche Kontrolle eines der Behörde eingeräumten Gestaltungsspielraums
grundsätzlich auf diejenigen Erwägungen zu beschränken ist, die die Behörde zur
Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juli
2014 - EnVR 59/12, RdE 2014, 495 Rn. 29 - Stromnetz Berlin GmbH). Darauf kann
sich die Rechtsbeschwerde indes nicht mit Erfolg berufen, weil das Beschwerdege-
richt seine Entscheidung nicht auf eine solche nachgeholte Begründung gestützt hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG.
Limperg
Raum
Kirchhoff
Grüneberg
Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.10.2014 - VI-3 Kart 62/13 (V) -
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