Urteil des BGH vom 06.10.2005

Gemeinschaftliches Testament, Hof, Umzug, Bad, Blw

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 15/05
vom
6. Oktober 2005
in der Landwirtschaftssache
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 6. Oktober
2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter
Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung
ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats
- Landwirtschaftssenat - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom
17. März 2005 wird auf Kosten des Antragstellers, der dem An-
tragsgegner auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbe-
schwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren be-
trägt 9.000 €.
Gründe:
I.
Die Eltern des Antragstellers errichteten im Jahr 1956 ein gemeinschaft-
liches Testament, in welchem sie sich gegenseitig zu Erben und ihren Sohn
L. zum Schlusserben einsetzten. Den bereits seinerzeit auf dem Hof le-
benden und mitarbeitenden Kindern, u.a. dem Antragsteller, setzten sie als
Vermächtnis ein lebenslanges "Hausrecht" auf dem Hof aus (freie Unterkunft,
Kost, Krankenversorgung und Taschengeld). Hofeigentümer ist jetzt der An-
tragsgegner, der Sohn von L. H. .
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Seit Jahrzehnten bewohnte der Antragsteller ein ca. 15 qm großes Zim-
mer in dem nur teilweise ausgebauten Dachgeschoß des Wohnhauses auf dem
Hof; ein Bad und ein WC waren dort nicht vorhanden.
Im Jahr 2002 plante der Antragsgegner einen Umbau des Gebäudes. Er
bat den Antragsteller um die Räumung des Zimmers in dem Dachgeschoß und
um einen Umzug in einen neuen Raum mit angegliedertem Bad im Erdge-
schoß. Da der Antragsteller dies ablehnte, räumte der Antragsgegner im Au-
gust 2002 in Abwesenheit des Antragstellers dessen Zimmer im Dachgeschoß
aus und verbrachte das Mobiliar und sonstige Sachen des Antragstellers in den
neuen Wohnraum im Erdgeschoss. Seitdem wohnt der Antragsteller dort.
Er ist mit seiner jetzigen Wohnsituation nicht einverstanden und erwägt
den Wegzug von dem Hof. Er hat die Feststellung beantragt, dass ihm der An-
tragsgegner den Aufwand für einen Umzug und eine angemessene Wohnung
sowie den Schaden ersetzen muss, der ihm durch die Nichtannahme von
Dienstleistungen entsteht, und dass ihm der Antragsgegner sämtliche Krank-
heitskosten erstatten muss. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat dem
ersten Antrag im Wesentlichen stattgegeben und den zweiten Antrag zurück-
gewiesen. Auf das Rechtsmittel des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht
- Landwirtschaftssenat - auch den ersten Antrag zurückgewiesen.
Mit seiner - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt der An-
tragsteller seinen ersten Feststellungsantrag weiter. Der Antragsgegner bean-
tragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
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II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie
nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2
LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenz-
rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig (dazu näher Senat,
BGHZ 89, 149 ff.). Daran fehlt es indes.
Der Antragsteller meint, das Beschwerdegericht sei von mehreren
- näher bezeichneten - Entscheidungen des Bundesgerichtshofs abgewichen,
indem es den Rechtssatz aufgestellt habe, dass bei der Prüfung der Zumutbar-
keit gem. Art. 15 § 8 Preuß. AGBGB bzw. § 14 Nds. AGBGB Gründe, die län-
gere Zeit zurückliegen und als eigenständiger Grund für die Anwendbarkeit
dieser Vorschriften nicht mehr in Frage kämen, in keiner Weise mehr zu be-
rücksichtigen seien, auch nicht im Rahmen einer Gesamtabwägung zur Stüt-
zung später entstandener weiterer Gründe, die möglicherweise für sich gese-
hen nicht geeignet seien, die Voraussetzungen der genannten Vorschriften zu
erfüllen. Dieses Vorbringen kann die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht
begründen. In der angefochtenen Entscheidung findet sich der von dem An-
tragsteller dargelegte Rechtssatz nicht; das Beschwerdegericht hat ihn auch
nicht stillschweigend aufgestellt. Es hat lediglich nicht ausdrücklich erwogen,
ob die - von ihm nur als eventuell vorliegend und geringfügig angesehenen -
Beeinträchtigungen des Antragstellers aufgrund seiner jetzigen Wohnsituation
zusammen mit dem widerrechtlichen Ausräumen des Zimmers im Dachgeschoß
durch den Antragsgegner dazu führen, dass dem Antragsteller der weitere
Verbleib auf dem Hof unzumutbar ist. Ob das im Hinblick auf die von dem An-
tragsteller genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs fehlerhaft ist,
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kann offen bleiben. Für die Frage der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nach
§ 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG ist es ohne Belang, ob dem Beschwerdegericht ein
Rechtsfehler unterlaufen ist, denn ein solcher Fehler macht - für sich genom-
men - sie nicht statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, siehe schon BGHZ
15, 5, 9 f. und Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Krüger Lemke Czub