Urteil des BGH vom 11.10.2012

Blw, Hof, Vorerbe, Erbrecht, Erbschaft

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 14/11
vom
11. Oktober 2012
in der Landwirtschaftssache
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Der
Bundesgerichtshof,
Senat
für
Landwirtschaftssachen,
hat
am
11. Oktober 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die
Richter Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuzie-
hung ehrenamtlicher Richter -
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats
- Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Hamm
vom 27. September 2011 wird auf Kosten des Antragstellers, der
dem Antragsgegner auch die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig ver-
worfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
490.840 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller macht geltend, auf Grund eines Testaments seines im
Oktober 1940 verstorbenen Urgroßvaters, der darin unter Übergehung seines
Sohnes seinen Enkel (den Vater des Antragstellers) zu seinem Erben einge-
setzt und weiter verfügt hatte, dass sein Nachlass einem männlichen Nach-
kommen seines Namens zugewendet werden solle, nach dem Tod seines Va-
ters im Januar 2009 der Hoferbe geworden zu sein. Dieser hatte den 1953 von
Amts wegen in das Grundbuch eingetragenen Hofvermerk im Jahr 2007 lö-
schen lassen und in einem Testament vom Dezember 2007 den Antragsgeg-
ner, den Sohn seiner ältesten Tochter, zu seinem Alleinerben bestimmt.
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Den Antrag, nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO festzustellen, dass
es sich bei der landwirtschaftlichen Besitzung vom Jahre 1953 an bis zum heu-
tigen Tag um einen Hof nach der Höfeordnung gehandelt habe, hat das Amts-
gericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht
- Landwirtschaftssenat - hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dage-
gen wendet sich der Antragsteller mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbe-
schwerde.
II.
1. Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGGRG sind auf das Rechtsmittel die bis
zum 1. September 2009 geltenden Vorschriften über die Rechtsbeschwerde in
§§ 24 ff. LwVG aF anzuwenden. Danach ist die Rechtsbeschwerde an den
Bundesgerichtshof unzulässig, weil das Beschwerdegericht sie nicht zugelas-
sen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG), ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht gegeben
ist und auch die Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24
Abs. 2 Nr. 1 LwVG nicht vorliegen.
Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdege-
richt in einem seiner Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechts-
satz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung be-
nannten Rechtssatz abweicht (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1983
- V BLw 18/83, BGHZ 89, 149, 151). Der Rechtsbeschwerdeführer muss in der
Begründung der Rechtsbeschwerde die von der angezogenen und von der an-
gefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete Rechtsfrage bezeichnen
sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidungen die gleiche Rechtsfrage
verschieden beantworten und dass die angefochtene Entscheidung auf dieser
Abweichung beruht (Senat, Beschlüsse vom 5. Oktober 1954 - V BLw 45/54,
BGHZ 15, 5, 9 f. und vom 1. Dezember 1983 - V BLw 18/83, BGHZ 89, 149,
151).
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2. Daran fehlt es.
a) Die Rechtsbeschwerde zitiert allerdings zwei Entscheidungen des Se-
nats, die sich dazu verhalten, unter welchen Voraussetzungen ein Vorerbe be-
fugt ist, nach § 1 Abs. 4 HöfeO eine Hofaufhebungserklärung abzugeben und
den Hofvermerk mit der Folge löschen zu lassen, dass die landwirtschaftliche
Besitzung ihre Eigenschaft als Hof verliert und nach dem allgemeinen Recht
vererbt wird. In der Entscheidung vom 19. Juli 1991 (BLw 8/90, NJW-RR 1991,
1282) hat der Senat ausgeführt, dass dies möglich ist, wenn dadurch die frühe-
re, bei dem Erbfall geltende Rechtslage wiederhergestellt wird. In dem von der
Rechtsbeschwerde ebenfalls zitierten Beschluss vom 16. April 2004 (BLw
27/03, RdL 2004, 193) hat der Senat klargestellt, dass sich aus den Besonder-
heiten des vorgenannten Falles nicht die generelle Aussage ableiten lässt, der
Hoferbe könne stets und ohne Zustimmung der Nacherben die Hofeigenschaft
durch eine negative Hoferklärung aufheben. Grundsätzlich sei das nur mit Zu-
stimmung der Nacherben möglich.
b) Das Beschwerdegericht ist nicht von der letztgenannten Entscheidung
abgewichen, indem es die Wirksamkeit der Löschung des Hofvermerks ange-
nommen hat. Die Rechtsbeschwerde versucht lediglich eine Divergenz dadurch
zu begründen, dass sie einen Rechtssatz formuliert, den der Senat in seiner
Entscheidung vom 16. April 2004 (BLw 27/03, RdL 2004, 193) nicht aufgestellt
hat. Der Senat hat ausgeführt, dass ein Vorerbe die Hofeigenschaft nur mit Zu-
stimmung der Nacherben aufheben kann, wenn die landwirtschaftliche Besit-
zung im Zeitpunkt des Vorerbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. So
verhält es sich hier nicht.
Nach den Ausführungen des Beschwerdegerichts war die landwirtschaft-
liche Besitzung bei Eintritt des Erbfalls im Jahre 1940 kein Erbhof und wurde
nach dem allgemeinen Erbrecht vererbt. Unter diesen Voraussetzungen be-
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stimmen sich auch die Rechte eines Nacherben nach dem Bürgerlichen Ge-
setzbuch, selbst wenn der Nacherbfall nach dem Inkrafttreten der Höfeordnung
eingetreten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 1971 - V BLw 20/70,
BGHZ 57, 186, 188). Dann aber ist durch die Löschung des Hofvermerks ledig-
lich die bei Anfall der Erbschaft auf den Vater des Antragstellers erbrechtlich
gegebene Situation wiederhergestellt worden (vgl. Senat, Beschluss vom
19. Juli 1991 - BLw 8/90, NJW-RR 1991, 2182, 1283). Für eine Abweichung
von der Rechtsprechung des Senats ist danach nichts dargetan.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestim-
mung des Gegenstandswerts auf § 33 LwVG, § 19 Buchstabe a HöfeVfO i.V.m.
§ 30 Abs. 1 KostO.
Stresemann
Lemke
Czub
Vorinstanzen:
AG Rheda-Wiedenbrück, Entscheidung vom 14.02.2011 - 13 Lw 111/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 27.09.2011 - I-10 W 46/11 -
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