Urteil des BGH vom 19.03.2015

Rechtsanwaltschaft, Rechtsmittelbelehrung, Teilzeitbeschäftigung, Anfechtung, Zustellung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
Anw Z (Brfg) 58/14
vom
19. März 2015
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des
Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterin Roggenbuck, den Richter Seiters,
den Rechtsanwalt Prof. Dr. Quaas und die Rechtsanwältin Schäfer
am 19. März 2015
beschlossen:
Auf Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das dem Pro-
zessbevollmächtigten der Klägerin am 10. November 2014 an
Verkündungsstatt zugestellte Urteil des 5. Senats des Bayerischen
Anwaltsgerichtshofs zugelassen.
Gründe:
I.
1. Die am 1. Juni 1980 geborene Klägerin ist seit Ende 2007 zur Rechts-
anwaltschaft zugelassen. Sie übt seit Ende 2009 die Tätigkeit einer selbständi-
gen Rechtsanwältin in Bürogemeinschaft mit zunächst einem, später dann mit
zwei Rechtsanwälten in der S. gasse in C. aus. Am 24. August 2012
schloss sie einen Anstellungsvertrag (AV) über eine Teilzeitbeschäftigung bei
der H. als Mitarbeiterin der dortigen Krankenversicherung (PKV Be-
trieb). Zu den Aufgaben der Klägerin gehört es nicht, Kunden zu akquirieren
und Versicherungsverträge abzuschließen. Nach § 3 Abs. 1 AV beträgt die re-
gelmäßige Dauer der Arbeitszeit 20 Stunden in der Woche an fünf Tagen. Ge-
mäß einer zwischen der H. und dem Betriebsrat C. am 23. Juli
2012 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung muss die regelmäßige Arbeitszeit
nicht gleichmäßig auf die Kalenderwochen oder Arbeitstage verteilt werden. Der
Arbeitszeitrahmen erstreckt sich von montags bis freitags, jeweils von 7.00 Uhr
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bis 20.15 Uhr. Eine Kernarbeits- bzw. Mindestarbeitszeit besteht nicht. Unter
Beachtung der in der Betriebsvereinbarung niedergelegten Rahmenbedingun-
gen kann der einzelne Mitarbeiter seine tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich
bestimmen. Für jeden Mitarbeiter wird dabei ein Gleitzeitkonto geführt, in dem
die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit der individuellen Sollarbeitszeit gegenüber-
gestellt wird. Das Gleitzeitkonto eines Mitarbeiters darf dabei zum Monatsende
einen Saldo von +50 Stunden nicht überschreiten bzw. von -25 Stunden nicht
unterschreiten. Für Teilzeitkräfte gelten - je nach deren Umfang - reduzierte
Vorgaben. Mit Bescheid vom 27. Mai 2013 widerrief die Beklagte die Zulassung
der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO, da die Klä-
gerin keine unwiderrufliche Nebentätigkeitserlaubnis beziehungsweise Freistel-
lungserklärung ihres Arbeitgebers vorgelegt habe, die es ihr gestatte, auch
während der Arbeitszeit anwaltlich tätig zu sein. Die hiergegen gerichtete Klage
hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs wendet sich die
Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
2. Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag
auf Zulassung der Berufung hat Erfolg. Die von der Klägerin aufgeworfenen
Fragen zur Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Teilzeitbeschäftigung mit
dem Anwaltsberuf bedürfen einer Klärung im Berufungsverfahren (§ 112e
Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
II.
Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung
einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5
VwGO).
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Rechtsmittelbelehrung
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die
Begründung ist beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133
Karlsruhe einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor
ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert wer-
den. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten
sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung
(Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungs-
verfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung
in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt
es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig
(§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 6 VwGO).
Limperg
Roggenbuck
Seiters
Quaas
Schäfer
Vorinstanz:
AGH München, Entscheidung vom 10.11.2014 - BayAGH I - 5-5/13 -