Urteil des BGH vom 26.01.2017

Fao, Schöffengericht, Vergleich, Strafrecht

ECLI:DE:BGH:2017:260117BANWZ.BRFG.49.16.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 49/16
vom
26. Januar 2017
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterinnen Roggenbuck und Lohmann sowie den
Rechtsanwalt Dr. Kau und die Rechtsanwältin Merk
am 26. Januar 2017
beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
am 1. August 2016 verkündete Urteil des 1. Senats des Branden-
burgischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 12.500
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist seit Oktober 2003 als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist Mit-
glied der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2014 beantragte er bei der
Beklagten die Verleihung der Befugnis zur Führung der Bezeichnung "Fachan-
walt für Strafrecht". Mit Bescheid vom 15. Juli 2015 lehnte die Beklagte diesen
Antrag ab, weil von den vom Kläger in seiner Fallliste aufgeführten 42 Haupt-
verhandlungstagen vor dem Schöffengericht oder einem übergeordneten Ge-
richt nur 31 in den Dreijahreszeitraum vom 29. Oktober 2011 bis zum 29. Okto-
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ber 2014 fielen. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom
5. August 2015 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsge-
richtshof zurückgewiesen. Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seinem
Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger inzident geltend
gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und
4 VwGO) liegen nicht vor.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des ange-
fochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beklagte hat den Antrag des
Klägers zu Recht abgelehnt. Wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt
hat, ist schon dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 FAO zu entnehmen, dass die
40 Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht oder einem höheren Ge-
richt innerhalb des Dreijahreszeitraums stattgefunden haben müssen. Hiervon
ist der Senat dementsprechend in seinen Entscheidungen vom 20. April 2009
- AnwZ (B) 43/08, NJW 2009, 2381 Rn. 5 und vom 11. März 2013 - AnwZ (Brfg)
24/12, NJW-RR 2013, 891 Rn. 4 ohne weiteres ausgegangen (vgl. auch
Henssler/Prütting/Offermann-Burckart, BRAO, 4. Aufl., § 5 FAO Rn. 114). Auf
die Frage, ob der Kläger an dem zu Fall Nr. 13 der Liste als geplant aufgeführ-
ten Hauptverhandlungstermin vom 28. Oktober 2014 teilgenommen hat, kommt
es angesichts des Fehlens von neun Hauptverhandlungstagen nicht an.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG
liegt nicht vor. Dass für die anderen in § 5 Abs. 1 FAO geregelten Fachgebiete
keine Teilnahme an einer bestimmten Anzahl von Hauptverhandlungstagen
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bzw. Gerichtsterminen innerhalb des Dreijahreszeitraums verlangt wird, führt
nicht zu ungleicher Behandlung gleicher Sachverhalte. Die Fallbearbeitung in
den jeweiligen Fachgebieten unterscheidet sich; zum Nachweis besonderer
praktischer Erfahrungen (im Vergleich zu anderen Anwälten) können daher
zwangsläufig nicht identische Anforderungen gestellt werden.
Auch den Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte zu verpflichten, über sei-
nen Antrag nach Durchführung eines Fachgesprächs erneut zu entscheiden,
hat der Anwaltsgerichtshof ausgehend von der Rechtsprechung des Senats
zutreffend zurückgewiesen.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e
Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, ob die Teilnahme an
40 Hauptverhandlungsterminen vor dem Schöffengericht oder einem höherran-
gigen Gericht innerhalb des Dreijahreszeitraums erfolgt sein muss, ist schon
aufgrund des Wortlauts der Fachanwaltsordnung zu bejahen; im Übrigen ergibt
sich dies auch aus den oben zitierten Entscheidungen des Senats.
3. Das angefochtene Urteil weicht nicht tragend von einer Entscheidung
eines gleich- oder höherrangigen Gerichts ab (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124
Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Die in der Begründungsschrift angeführten Senatsent-
scheidungen vom 6. März 2006 - AnwZ (B) 36/05 - und vom 16. Dezember
2013 - AnwZ (Brfg) 29/12 - betreffen andere Fachanwaltschaften und andere
Rechtsfragen. Neuere abweichende Rechtsprechung zu § 5 Abs. 1 lit. f FAO
weist der Kläger nicht nach.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52
Abs. 1 GKG.
Kayser
Roggenbuck
Lohmann
Kau
Merk
Vorinstanzen:
AGH Brandenburg, Entscheidung vom 01.08.2016 - AGH I 4/15 -
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