Urteil des BGH vom 03.08.2012

Rechtsanwaltschaft, Fao, Hauptsache, Verkündung, Erlass

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 39/11
vom
3. August 2012
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung
- 2 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richterinnen Lohmann und
Dr. Fetzer sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Quaas und Dr. Braeuer
am 3. August 2012 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das
Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nord-
rhein-Westfalen vom 8. April 2011 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500
festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger war seit 1995 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit
Schreiben vom 31. März 2006 beantragte er bei der Beklagten die Gestattung
zur Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht". Die Beklagte lehnte
den Antrag mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 mit der Begründung ab, der Klä-
ger habe nicht belegt, dass er im maßgeblichen Dreijahreszeitraum die erfor-
derliche Anzahl von rechtsförmlichen Verfahren bearbeitet habe. Die hiergegen
gerichtete Anfechtungsklage des Klägers ist vor dem Anwaltsgerichtshof ohne
Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich sein Antrag auf Zulassung der Beru-
1
- 3 -
fung. Nach Einlegung und Begründung seines Zulassungsantrags hat der Klä-
ger auf seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet, worauf die Beklagte
diese mit Bescheid vom 29. Februar 2012 widerrufen hat.
II.
1. Die durch den Verlust der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft eingetre-
tene Unterbrechung des Verfahrens (§ 112c Abs. 1 BRAO, § 67 Abs. 4 VwGO,
§ 173 Satz 1 VwGO, § 244 Abs. 1 ZPO), ist beendet, da der Kläger die ihm vom
Senat auf Antrag der Beklagten gesetzte Frist zur Bestellung eines neuen Pro-
zessbevollmächtigten fruchtlos hat verstreichen lassen (§ 112c Abs. 1 Satz 1
BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 244 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen.
Insofern kann dahingestellt bleiben, ob die in der Antragsbegründung
geltend gemachten Zulassungsgründe gegeben sind, was indes im Übrigen
jedenfalls nicht der Fall ist, soweit der Kläger auch ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht.
Die Berufung kann nämlich schon deshalb nicht zugelassen werden, weil
der Kläger zwischenzeitlich seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 13
BRAO) verloren hat und damit die in § 43c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 3 FAO ver-
langte Grundvoraussetzung für die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung
nicht mehr erfüllt (vgl. Quaas in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht,
§ 3 FAO Rn. 11; Stobbe in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 3 FAO Rn. 11;
Offermann-Burckart in Henssler/Prütting, aaO, § 43c Rn. 20; Böhnlein in
Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Aufl., § 43c Rn. 30). Nur ein zugelassener
2
3
4
5
- 4 -
Rechtsanwalt ist befugt, eine Bezeichnung als Fachanwalt zu führen. Auf "Vor-
rat" kann die Befugnis - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht verliehen
werden.
Dass die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft bestandskräftig
widerrufen wurde, ist, auch wenn der Widerruf erst nach dem angefochtenen
Urteil erfolgte, im Verfahren über die Zulassung der Berufung zu berücksichti-
gen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit einer Ver-
pflichtungsklage ist der der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Ur-
teil vom 19. April 2012 - 1 C 10/11, juris Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO,
18. Aufl., § 113 Rn. 217 f. m.w.N.). In der Berufungsinstanz ist dieser Grundsatz
auch im Berufungszulassungsverfahren zu beachten. Nach dem dieses Verfah-
ren beherrschenden Grundgedanken soll ein Berufungsverfahren nur eröffnet
werden, wenn die angeführten Zulassungsgründe für die Entscheidung in der
Hauptsache erheblich sind (BayVGH, Beschluss vom 1. August 2011 - 8 ZB
11.345, juris Rn. 5 m.w.N.; BVerwG, NVwZ-RR 1996, 122 [zur Nichtzulas-
sungsbeschwerde nach § 133 VwGO]). Daran fehlt es aber, wenn - wie hier -
nach Verkündung des angefochtenen Urteils Umstände eintreten, die dem Er-
lass des begehrten Verwaltungsaktes in jedem Fall entgegenstehen.
6
- 5 -
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154
Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 1 BRAO, § 52
Abs. 1 GKG.
Tolksdorf Lohmann Fetzer
Quaas Braeuer
Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 08.04.2011 - 1 AGH 78/09 -
7