Urteil des BGH vom 29.12.2014

Rechtsmittelbelehrung, Zustellung, Anfechtung, Eigenschaft, Vertretung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
A n w Z ( B r f g ) 2 4 / 1 4
vom
29. Dezember 2014
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen eines belehrenden Hinweises
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterinnen Roggenbuck und Lohmann sowie die
Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Braeuer
am 29. Dezember 2014
beschlossen:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats des Bayerischen
Anwaltsgerichtshofs vom 17. Februar 2014 wird zugelassen.
Der Wert des Berufungs
verfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelas-
sen. Er ist als Insolvenzverwalter tätig und wurde im Insolvenzverfahren über
das Vermögen der M. AG zum Verwalter bestellt. Mit Schrei-
ben vom 9. Oktober 2008 forderte er den früheren Vorstand der Insolvenz-
schuldnerin zur Rückgewähr eines Betrages von 4.250
€ zur Masse auf. Da-
raufhin zeigte Rechtsanwalt R. aus D. dessen anwaltliche Vertre-
tung an und bat, jeglichen Schriftverkehr über sein Büro zu führen; in einem
späteren Schreiben nahm er sachlich zu dem vom Kläger erhobenen Anspruch
Stellung. In einem an den früheren Vorstand persönlich gerichteten Schreiben
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vom 16. Dezember 2011 verlangte der Kläger, vertreten durch Rechtsanwältin
C. S. , erneut die Rückgewähr der 4.250
€. Das Schreiben war auf dem
Briefpapier der Anwaltskanzlei G. & B. verfasst. Es enthielt
den Satz: "In meiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter fordere ich Sie hiermit
dazu auf, den Betrag von insgesamt 4.250,00 an folgendes Anderkonto zu
überweisen …". Der Unterschrift der Rechtsanwältin S. war folgender Zusatz
beigefügt: "C. S. , LL.M. Rechtsanwältin für Dr. H. von G.
Rechtsanwalt und vBP als Insolvenzverwalter". Die Kosten der Inanspruchnah-
me eines Anwalts wurden nicht erstattet verlangt.
Der Anwalt der Gegenseite beanstandete einen Verstoß gegen das Um-
gehungsverbot des § 43 BRAO, § 12 BORA. Mit Bescheid vom 18. April 2013
erteilte der Vorstand der Beklagten dem Kläger einen belehrenden Hinweis da-
hingehend, dass das Umgehungsverbot jedenfalls dann auch im Rahmen der
Tätigkeit als Partei kraft Amtes gelte, wenn diese als "Rechtsanwalt" auftrete
und einen Zahlungsanspruch gegen einen in gleicher Sache anwaltlich vertre-
tenen Dritten durchzusetzen versuche. Die Klage gegen diesen Hinweis ist er-
folglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung
gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag
hat Erfolg. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssa-
che (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen. Dieser Zu-
lassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebli-
che, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in ei-
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ner unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte
Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung
des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ
154, 288, 291; BVerfG, NVwZ 2009, 515, 518; BVerwG, NVwZ 2005, 709). Die
Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Umgehungsverbot gemäß
§ 12 BORA für einen als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt gilt, ist in dem
vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom
12. Oktober 2004 (WpSt (R) 1/04, NJW 2005, 1057, 1058) nicht behandelt wor-
den.
III.
Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung
einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5
VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über
die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesge-
richtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einzureichen. Die Begründungs-
frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden ver-
längert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten
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sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsbe-
gründung). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzu-
lässig.
Kayser
Roggenbuck
Lohmann
Stüer
Braeuer
Vorinstanz:
AGH München, Entscheidung vom 17.02.2014 - BayAGH III-4-5/13 -