Urteil des BGH vom 08.12.2016

Juristische Person, Beihilfe, Subventionsbetrug, Ausnahme

ECLI:DE:BGH:2016:081216B5STR424.15.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 StR 424/15
vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetruges
zu 2.: Beihilfe zum Subventionsbetrug
Nebenbeteiligte:
1.
2.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2016 beschlos-
sen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Land-
gerichts Dresden vom 16. Januar 2015 werden nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Nebenbeteiligten wird das vorge-
nannte Urteil nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die
Geldbußen unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Fest-
stellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmit-
tel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen banden- und ge-
werbsmäßigen Subventionsbetrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstra-
fe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass ein
Jahr dieser Strafe als vollstreckt gilt. Die Angeklagte H. hat es wegen
Beihilfe zum Subventionsbetrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und
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acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Ferner hat es acht Monate dieser Strafe für vollstreckt erklärt und das Verfah-
ren im Übrigen eingestellt. Gegen die Nebenbeteiligte S. hat es wegen der
Tat der Angeklagten H. als deren Geschäftsführerin eine Geldbuße von
20.000 € und gegen die weitere Nebenbeteiligte B. wegen einer Tat des
Angeklagten S.
als deren Geschäftsführer eine solche von 10.000 € ver-
hängt.
1. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Re-
vision des Angeklagten S. und die mit der allgemeinen Sachrüge geführte
Revision der Angeklagten H. bleiben aus den Gründen der Antrags-
schrift des Generalbundesanwalts erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Hingegen führen die auf Sachbeanstandungen gestützten Revisionen
der Nebenbeteiligten nach § 349 Abs. 4 StPO zur Aufhebung der Aussprüche
über die Geldbußen.
Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Revision der S.
(…) Das Urteil enthält einen Erörterungsmangel, weil das
Landgericht bei der Festsetzung der Geldbuße seine Bemes-
sungsfaktoren nicht dargelegt hat.
Die Höhe der Geldbuße gegen eine juristische Person oder
Personengesellschaft nach § 30 OWiG soll sich daran orientie-
ren, wie die Tat der Leitungsperson bewertet wird. Die Geldbu-
ße ist danach vor allem nach dem Unrechtsgehalt der Bezugs-
tat und deren Auswirkungen auf den geschützten Ordnungsbe-
reich zu bemessen. Mit Blick auf die wirtschaftliche Gesamtsi-
tuation des Unternehmens kommt auch dem durch die Straftat
erlangten Vorteil eine entscheidende Rolle zu, weil das Buß-
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geld diesen nach §§ 30 Abs. 3, 17 Abs. 4 OWiG übersteigen
soll (vgl. dazu Göhler/Gürtler, OWiG, 16. Aufl., § 30 Rdnr. 36a).
Nach ganz herrschender Meinung erfordert der Begriff des Vor-
teils im Sinne der Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWiG eine Saldie-
rung, in deren Rahmen von den durch die Tat erlangten wirt-
schaftlichen Zuwächsen die Kosten und sonstigen Aufwendun-
gen der Betroffenen abzuziehen sind; es gilt das Nettoprinzip.
Eine Schätzung des Gewinns ist zulässig. Die Grundlagen, auf
denen die Schätzung basiert, müssen in der gerichtlichen Ent-
scheidung dargelegt werden, um die Nachprüfung der Buß-
geldbemessung zu ermöglichen (Göhler/Gürtler, a.a.O., § 17
Rdnrn. 38, 45).
Das Landgericht hat vorliegend festgestellt, dass die S.
durch
auf
Scheinrechnungen
erfolgte
Zahlungen
um
73.571,10 Euro bereichert wurde (UA S. 35, 169). Bei der Be-
messung der Geldbuße hat das Landgericht zwar gesehen,
dass Kosten und sonstige Aufwendungen zur Ermittlung des
Gewinns abzuziehen sind. Es hat aber mit Ausnahme der in ei-
nem Vergleich vereinbarten Zahlung von 14.000 Euro als
Schadensersatz nicht dargelegt, von welchen Abzügen es
– gegebenenfalls im Wege der Schätzung unter Angabe der
Schätzungsgrundlagen
– ausgeht. Es bleibt daher nach den Ur-
teilsfeststellungen offen, welchen Vermögensvorteil das Land-
gericht als erwiesen erachtet hat. Ob dieser Wert tatsächlich
oberhalb der verhängten Geldbuße liegt, kann daher nur ge-
mutmaßt werden
. (…)
Revision der B.
(…) Das Urteil weist Erörterungsmängel auf. (…) Die Feststel-
lungen auf UA S. 170 lassen nicht erkennen, von welchem wirt-
schaftlichen Vorteil im Sinne des § 17 Abs. 4 OWiG das Land-
gericht ausgegangen ist und worauf eine entsprechende Schät-
zung beruhte. Aus den Ausführungen lässt sich weder ersehen,
welche Kosten und Aufwendungen in Abzug gebracht wurden,
noch, ob und in welcher Höhe die Wirtschaftsstrafkammer von
einem nachträglichen Wegfallen des Vorteils ausgegangen ist.“
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Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Nach den bisherigen Fest-
stellungen der Wirtschaftsstrafkammer liegt allerdings kein Anhaltspunkt dafür
vor, dass die festgesetzten Geldbußen der Höhe nach übersetzt sein könnten.
Die Feststellungen zu den festgesetzten Geldbußen sind rechtsfehlerfrei
getroffen und können aufrechterhalten bleiben. Das neu zur Entscheidung be-
rufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern sie den be-
stehenden nicht widersprechen.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Feilcke
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