Urteil des BGH vom 01.03.2016

Haschisch, Mittäterschaft, Weiterverkauf, Ankauf

ECLI:DE:BGH:2016:010316B4STR47.16.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 47/16
vom
1. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. März 2016 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Zweibrücken vom 8. September 2015 mit den Feststel-
lungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen uner-
laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge“ zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet
sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Annahme mittäterschaftlicher Tatbegehung durch den Angeklag-
ten hält der Überprüfung nicht stand.
a) Bei der Entscheidung, ob Mittäterschaft oder Beihilfe vorliegt, steht
dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu. Enthalten die Urteilsgründe eine
hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die Bejahung
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mittäterschaftlicher Tatbegehung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht
daher selbst dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung
möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2010
– 4 StR 522/09,
NStZ-RR 2010, 236 mwN
). Dabei werden für die „Darlegung aller maßgeblichen
Gesichtspunkte“ zwar häufig schon die Urteilsfeststellungen ausreichen. Eine
ausdrückliche Begründung zur (angenommenen) Mittäterschaft ist aber unver-
zichtbar, wenn sich diese Bewertung aus den tatsächlichen Feststellungen nicht
ohne weiteres ergibt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. Juli 2003
– 2 StR
134/03).
b) So verhält es sich hier.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen uner-
laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni
cht geringer Menge“ zu einer
Freiheitsstrafe verurteilt, ohne die Bewertung seines Handelns als Mittäter zu
begründen; vielmehr enthalten die Urteilsgründe keine über die Wiedergabe der
Straftatbestände hinausgehende Subsumtion. Dies genügt jedenfalls ange-
sichts der Besonderheiten des Falles nicht. Denn nach den getroffenen Fest-
stellungen hatte der Angeklagte schon bei einem ersten Besuch des Lieferan-
ten angesichts der schlechten Qualität des Haschisch davon Abstand genom-
men, sein ursprüngliches Vorhaben weiterzuverfolgen, von O. S. , den
er schon damals begleitete, 1 kg Haschisch zum Weiterverkauf zu übernehmen.
Er hat dann zwar O. S. auch bei dem schließlich durchgeführten
Ankauf von insgesamt 18 kg Haschisch begleitet, darüber hinaus hat O.
S.
vor dem Ankauf „Rücksprache“ beim Angeklagten gehalten und der An-
geklagte, der für seine Mitwirkung ca. 3000 bis 4000
€ erhalten sollte, hat bei
der anschließenden Rückfahrt nach Polizeikontrollen Ausschau gehalten, wobei
er mit seinem Pkw vor O. S. fuhr, der das Haschisch transportierte. Bei
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dem (zweiten) Verkaufsgespräch zwischen dem Lieferanten und O. S.
und der Übergabe der Betäubungsmittel war er aber nicht zugegen, sondern
wartete in seinem Pkw; zum Inhalt der „Rücksprache“ des O. S. beim
Angeklagten hat die Strafkammer keine Feststellungen getroffen. Auch am Ver-
kauf des Haschisch durch O. S. war der Angeklagte nicht beteiligt; die
ihm zugesagte „Entlohnung“ hat er nicht erhalten.
Angesichts dieser Feststellungen versteht sich eine mittäterschaftliche
Beteiligung des Angeklagten an der Tat des O. S. nicht von selbst.
Einen eigenen Einfluss auf die angekauften Mengen, deren Preise sowie deren
jeweiligen Weiterverkauf hatte er nach den bisherigen Feststellungen nicht. Die
bloße Begleitung und das Dabeisein rechtfertigt die Annahme einer Hilfeleis-
tung durch den Angeklagten nicht (vgl. Beschluss vom 31. Mai 2012
– 3 StR
178/12, StraFo 2012, 331). Auch die Absicherung des Transports stellt in
der Regel nur eine Beihilfehandlung dar (vgl. Beschluss vom 19. März 2013
– 3 StR 7/13).
2. Da es dem Tatrichter obliegt, im Rahmen der Prüfung, ob Mittäter-
schaft vorliegt, die festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten hinsichtlich ihrer
Bedeutung für das Gesamtgeschäft zu bewerten und es auch seine Sache ist,
hierbei Schlüsse aus dem festgestellten Ablauf zur Bed
eutung der „Rückspra-
che“ des O. S. beim Angeklagten zu ziehen, für die O. S. das
Verkaufsgespräch mit dem Drogenlieferanten unterbrach und nach der er ohne
weitere Verhandlungen den Kauf vornahm, ist das Urteil
– wie vom General-
bundesanwalt beantragt
– mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache ist
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzu-
verweisen. Der Senat kann insbesondere nicht ausschließen, dass zum Inhalt
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der
„Rücksprache“ des O. S. beim (geständigen) Angeklagten nähere
Feststellungen getroffen werden können.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Mutzbauer
Quentin