Urteil des BGH vom 27.10.2015

Zusage, Organisation, Syrien, Gesamtstrafe

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 334/15
vom
27. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerde-
führers und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am
27. Oktober 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlan-
desgerichts Stuttgart vom 27. März 2015 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteils-
gründe verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe; die zugehörigen Fest-
stellungen bleiben aufrechterhalten.
2. Im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe wird der Angeklagte
freigesprochen; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und
die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
zur Last.
Im Umfang der Aufhebung im Übrigen wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafsenat des
Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen zu der Gesamtfreiheits-
strafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verlet-
zung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat
mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übri-
gen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts un-
begründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteils-
gründe hat keinen Bestand.
a) Nach den Feststellungen hatte sich der Bruder des Angeklagten in Sy-
rien der dort bestehenden terroristischen Vereinigung "Jaish al-muhajirin
wa-l-ansar" angeschlossen. Auf dessen Bitte veranlasste der Angeklagte die
Überweisung von 1.000 USD an einen Mittelsmann in der Türkei, die zur Förde-
rung der Zwecke der Vereinigung bestimmt waren. Da die Auszahlung des
überwiesenen Betrags an den Mittelsmann scheiterte, kam der Angeklagte mit
seinem Bruder überein, die Summe zurückzubuchen. Sie sollte stattdessen
vom Angeklagten anlässlich eines ins Auge gefassten Besuchs in Syrien bar
übergeben werden. Auch dazu kam es indes nicht.
b) Dies trägt entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts nicht den
Schuldspruch wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Aus-
land außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (§ 129a Abs. 5
Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB).
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom
11. Juli 2013 - AK 13 und 14/13, BGHSt 58, 318; vom 20. September 2012
- 3 StR 314/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 4) ist unter einem Un-
terstützen im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB
grundsätzlich jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das ein Nichtmitglied der
Vereinigung deren innere Organisation und ihren Zusammenhalt unmittelbar
fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenn auch nicht un-
bedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkei-
ten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr
eigene Gefährlichkeit festigt (s. etwa auch BGH, Urteil vom 14. August 2009
- 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen,
dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehöri-
gen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen
um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa
BGH, Urteile vom 30. Oktober 1964 - 3 StR 45/64, BGHSt 20, 89; vom
3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der
Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des
§ 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds
beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon
der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als
solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer
einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilf-
reich beitragen muss (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51,
345, 350 f.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117 f.).
Auch muss das Wirken des Nichtmitgliedes nicht zu einem von diesem erstreb-
ten Erfolg führen, es genügt, wenn sein Tun für die Organisation objektiv nütz-
lich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt (BGH, Urteile vom
14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 116; vom 25. Juli 1984 - 3 StR
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62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243,
244).
bb) Die dargestellten Maßstäbe schließen es zwar nicht von vornherein
aus, dass im Einzelfall allein schon die Zusage eines Außenstehenden, zu-
gunsten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder Geld- oder Sachleistungen
zu erbringen oder sich sonst in bestimmter Weise zu verhalten, als Unterstüt-
zungshandlung im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB
zu bewerten ist, auch wenn es letztlich nicht zur Erfüllung der Zusage kommt
oder der zugesagte Erfolg aus anderen Gründen ausbleibt. In Abgrenzung zum
bloßen straflosen Versuch der Unterstützung ist jedoch stets an dem Erforder-
nis festzuhalten, dass das Tun des Nichtmitglieds für die Vereinigung objekti-
ven Nutzen entfaltet. Erschöpft es sich - wie hier - in der Zusage einer Unter-
stützungshandlung bzw. in nachfolgendem erfolglosem Bemühen, muss sich
somit bereits dies für sich allein auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung
oder eines ihrer Mitglieder in irgendeiner Weise positiv auswirken.
Solche Auswirkungen hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt.
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch
Feststellungen zum objektiven Nutzen der Zusage des Angeklagten für die
Vereinigung oder für mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen des Bruders
getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der
entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
2. Der Wegfall der Einzelstrafe im Falle C. III. 2. a. aa. der Urteilsgründe
führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die
zugehörigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und
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können deshalb aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann insoweit
ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch
treten.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Gericke