Urteil des BGH vom 16.08.2012

Erwerb, Strafmilderungsgrund, Gesamtstrafe, Lebensversicherung, Eigenverbrauch

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 303/12
vom
16. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. August 2012 ge-
mäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1, § 354 Abs. 1a StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Rostock vom 5. April 2012 wird verworfen; jedoch wird der
Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handel-
treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fäl-
len, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln schul-
dig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungs-
mitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten verurteil
t. Es hat den Verfall von Wertersatz in Höhe von 27.800 €
angeordnet und bestimmt, dass drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen
rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als verbüßt gelten. Die auf die all-
gemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus
der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übri-
gen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln hält sach-
lichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist davon ausgegan-
gen, dass hinsichtlich der jeweiligen Teilmenge, die zum Eigenverbrauch des
Angeklagten bestimmt war, die Grenze zur nicht geringen Menge nicht über-
schritten war. Bei dieser Sachlage verdrängt die speziellere Tatbestandsalter-
native Erwerb des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG den Auffangtatbestand des
Besitzes (st. Rspr.; vgl. Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 1092 mwN). § 265
StPO steht der entsprechenden Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen,
da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen kön-
nen.
2. Der Senat nimmt im Übrigen auf die Ausführungen in der Antrags-
schrift des Generalbundesanwalts Bezug und bemerkt ergänzend:
a) Zwar lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass das Landgericht
- wie es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehalten ge-
wesen wäre - auch geprüft hat, ob ein minderschwerer Fall dann in Betracht
kommt, wenn in die gebotene Gesamtwürdigung neben den allgemeinen Straf-
zumessungserwägungen zusätzlich der vorliegende vertypte Strafmilderungs-
grund, hier § 31 BtMG, einbezogen wird (vgl. nur BGH, Beschluss vom
26. Oktober 2011 - 2 StR 218/11, NStZ 2012, 271). Der Senat hält indes so-
wohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe für angemessen im Sinne des
§ 354 Abs. 1a StPO.
b) Der Senat schließt aus, dass das Landgericht, hätte es die Härtevor-
schrift des § 73c StGB in Bedacht genommen, von einer Verfallsanordnung
abgesehen oder den Verfallsbetrag niedriger als geschehen bemessen hätte.
Nach den Feststellungen finanzierte der Angeklagte die Betäubungsmittelge-
schäfte aus einem Giroguthaben über 9.588,02 € sowie aus dem Rückkaufwert
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seiner Lebensversicherung in Höhe von 29.283,21 €. Anhaltspunkte dafür,
dass die erzielten Erlöse, insgesamt 27.800 €, im Vermögen des erwerbstäti-
gen Angeklagten nicht mehr vorhanden sind, ergeben sich nicht.
VRiBGH Becker ist wegen Pfister Hubert
Urlaubs gehindert, seine
Unterschrift beizufügen.
Pfister
Schäfer Mayer