Urteil des BGH vom 04.02.2015

Haschisch, Beihilfe, Wohnung, Besitz, Gehalt

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 2 6 6 / 1 4
vom
4. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
der Angeklagte in Person,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 3 -
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Frankfurt am Main vom 18. März 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht gerin-
ger Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Han-
deltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
zwei Fällen, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere allgemeine Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge,
in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben
1
- 4 -
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Daneben hat es unter anderem die
sichergestellten Betäubungsmittel eingezogen. Gegen dieses Urteil richtet sich
die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen ist es unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte am
6. Juli 2012 in Frankfurt am Main für einen Bekannten namens I. rund
10 kg lose Haschischplatten an den gesondert verfolgten J. . Die Ha-
schischplatten hatte der Angeklagte zuvor von einem Beauftragten des I.
erhalten und in einzelne Pakete verpackt. Auf der Rückfahrt nach N.
wurden die Kuriere des J. von der Polizei festgenommen; dabei konn-
ten 9.772,4 g Haschisch mit einem durchschnittlichen THC-Gehalt von 5,6 %
sichergestellt werden (Fall 1).
Einige Tage vor dem 27. Juli 2012 rief J. , der zwischenzeitlich
ebenfalls festgenommen worden war und sich auf Veranlassung der Polizei zur
Durchführung eines Scheingeschäfts bereit erklärt hatte, den Angeklagten an
und bestellte bei diesem Betäubungsmittel. Der Angeklagte gab die Bestellung
an den Beauftragten seines Bekannten I. weiter und erhielt rund 10 kg
Haschisch (THC-Gehalt: 926,8 g). Da der Angeklagte das Haschisch nicht in
seiner Wohnung lagern wollte, brachte er es in die Wohnung der Zeugin L. ,
die sich mit ihrer Familie in Urlaub befand und über deren Wohnungsschlüssel
der Angeklagte verfügte und bewahrte es dort auf. Am 27. Juli 2012 holte der
Angeklagte das Haschisch aus der Wohnung der Zeugin L. und fuhr zu
dem mit J. vereinbarten Treffpunkt, an dem das Haschisch übergeben
2
3
- 5 -
werden sollte. Bei der Übergabe der Betäubungsmittel wurde der Angeklagte
festgenommen (Fall 2).
Ebenfalls einige Tage vor dem 27. Juli 2012 hatte ein weiterer Bekannter
den Angeklagten gebeten, für ihn Betäubungsmittel zu lagern. Der Angeklagte
hatte daraufhin rund 45,5 kg Haschisch (THC-Gehalt: 4.142,8 g), 4.135 g Mari-
huana (THC-Gehalt: 406,43 g) und 205 g Kokain (Kokain-Hydrochlorid-Anteil:
138,31 g) in die Wohnung der Zeugin L. verbracht und dort - getrennt von
den gelagerten anderen Betäubungsmitteln. Die portionsweise verpackten Be-
täubungsmittel waren - wie der Angeklagte wusste - jeweils zum gewinnbrin-
genden Weiterverkauf bestimmt. Als Gegenleistung für die Lagerung der Be-
täubungsmittel erhielt der Angeklagte aus dem Vorrat 938,67 g Haschisch
(THC-Anteil: 78,53 g), das er selbst gewinnbringend an seinen Cousin weiter-
verkaufen wollte und zu diesem Zweck in seiner Wohnung in O. lagerte
(Fall 3).
Die in den Wohnungen der Zeugin L. und des Angeklagten gelager-
ten Betäubungsmittel wurden sichergestellt.
II.
Die Revision des Angeklagten führt zur Änderung des Schuldspruchs
und zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Der Angeklagte hat in allen Fällen den Straftatbestand des unerlaub-
ten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG) erfüllt, indem er die Betäubungsmittel im Fall 1 an sich genommen und
in den Fällen 2 und 3 aufbewahrt hat (Senatsurteil vom 3. März 1978 - 2 StR
717/77, BGHSt 27, 380, 381 f.). Zudem hat er hierdurch jeweils Beihilfe zum
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ge-
4
5
6
7
- 6 -
leistet (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1986 - 5 StR 330/86, BtMG § 29
Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 3 StR 352/08,
NStZ-RR 2009, 58). Das Landgericht ist darüber hinaus im Fall 3 zutreffend von
einem täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge ausgegangen, da der Angeklagte die Menge von 938,7 g Haschisch, die
er als Gegenleistung für die Lagerung der Betäubungmittel erhalten hatte,
selbst gewinnbringend weiterverkaufen wollte (BGH, Urteil vom 23. September
1992 - 3 StR 275/92, NStZ 1993, 44, 45).
2. Allerdings hält die konkurrenzrechtliche Bewertung der Taten durch
das Landgericht, das drei selbständige Taten angenommen hat, revisionsrecht-
licher Überprüfung nicht stand.
Der gleichzeitige Besitz der Betäubungsmittel in den Fällen 2 und 3 ver-
bindet die jeweils selbständigen Taten der Beihilfe zum unerlaubten Handeltrei-
ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat. Dies gilt auch,
obwohl im Fall 3 ein täterschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge hinzukommt.
Der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittel erfüllt den Tat-
bestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal. Leistet
der Angeklagte bezüglich dieser Betäubungsmittel zugleich Beihilfe zum uner-
laubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, behält
der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge seinen
Unrechtsgehalt und verklammert die an sich selbständigen Beihilfetaten zur
Tateinheit (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163).
Die Klammerwirkung entfällt nicht dadurch, dass - wie hier im Fall 3 - ein täter-
schaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hin-
zutritt. Der Umstand, dass das täterschaftliche Handeltreiben mit Betäubungs-
8
9
10
- 7 -
mitteln in nicht geringer Menge trotz gleicher Strafdrohung im Grundsatz einen
höheren Unrechtsgehalt aufweist als der täterschaftliche Besitz und die Beihilfe
zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
(vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1996 - 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 164),
führt zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Wiegt - wie hier - nur ei-
nes der betroffenen anderen Delikte schwerer als dasjenige, das die Verbin-
dung begründet, bleibt die Klammerwirkung einer Dauerstraftat bestehen (vgl.
Senatsbeschluss vom 4. April 2012 - 2 StR 70/12, NStZ 2013, 158; Fischer,
StGB, 62. Aufl., Vor § 52 Rn. 30).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO
steht der Änderung nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als
geschehen hätte verteidigen können.
3. Infolge der Änderung des Schuldspruchs entfällt ohne Weiteres die im
Fall 2 verhängte Einzelstrafe. Da der Senat auch unter Berücksichtigung des
weitgehend gleichbleibenden Unrechts- und Schuldgehalts nicht ausschließen
kann, dass bei nur zwei verbliebenen Einzelstrafen die Gesamtstrafe geringer
ausgefallen wäre, unterliegt auch diese der Aufhebung. Der Senat hebt auch
11
12
- 8 -
die zwei Einzelstrafen - hinsichtlich des Falles 3 der mit Blick auf den durch die
Konkurrenzänderung erhöhten Unrechtsgehalt der Tat - auf, um dem neuen
Tatrichter Gelegenheit zu einer in sich stimmigen Strafzumessung zu geben.
Fischer Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng