Urteil des BGH vom 09.11.2016

Vergleich, Schmerzensgeld, Entschuldigung, Strafmilderungsgrund

ECLI:DE:BGH:2016:091116B2STR171.16.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 171/16
vom
9. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November 2016
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Rostock vom 14. Dezember 2015 im Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück-
verwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Rau-
bes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung formellen
und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge zum Straf-
ausspruch Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
1
- 3 -
I.
1. Nach den Feststellungen überfielen der Angeklagte und der Mitange-
klagte M. einen Ladenbesitzer. Unter Einsatz von Pfefferspray sowie
massiver Gewalteinwirkung erbeuteten sie 100 Euro. Der Geschädigte erlitt bei
dem Überfall u.a. eine Fraktur der medialen Orbitawand, die unter Einsetzung
einer Platte operativ behandelt werden musste.
Der Angeklagte hat mit dem Geschädigten in der Hauptverhandlung ei-
nen Vergleich geschlossen und sich verpflichtet, ein Schmerzensgeld in Höhe
von 4.800 Euro zu zahlen. Zudem hat er sich für das Tatgeschehen entschul-
digt.
2. Im Rahmen der Strafzumessung ist das Landgericht von einem minder
schweren Fall gemäß § 250 Abs. 3 StGB ausgegangen, u.a. deshalb, weil sich
der Angeklagte - wie der geschlossene Vergleich zeige - ernsthaft um eine
Schadenswiedergutmachung bemüht habe.
II.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig.
2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hat zum
Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der
Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat
dazu ausgeführt:
2
3
4
5
6
- 4 -
"Die Strafkammer hat bei der Strafrahmenwahl aber nicht bedacht, dass
die Bemühungen des Angeklagten um Schadenswiedergutmachung
- Abschluss eines Vergleichs zur Zahlung von 4800 Euro Schmerzens-
geld und Entschuldigung des Angeklagten - den vertypten Strafmilde-
rungsgrund des § 46a Nr. 1 StGB nahelegen. Liegt aber ein vertypter
Milderungsgrund vor und trifft ein derartiger Milderungsgrund mit allge-
meinen (nicht vertypten Milderungsgründen) zusammen, so ist im Rah-
men der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Strafzumes-
sungstatsachen zunächst - unter Ausklammerung des besonderen Milde-
rungsgrundes - allein auf die allgemeinen Milderungsgründe abzustellen.
Führt diese Prüfung bereits zur Annahme eines minder schweren Falles,
dann kann der so gefundene Strafrahmen nach §§ 46a Nr. 1, 49 Abs. 1
StGB nochmals g
emildert werden. …
Soweit die Strafkammer bei Prüfung des minder schweren Falls auf
'raubspezifische und allgemeine gesetzliche Milderungsgründe' abstellt
(UA S. 23) und ein beträchtliches Überwiegen der strafmildernden Um-
stände feststellt, erscheint - ungeachtet des Umstandes, dass sie die
Bemühungen des Angeklagten um Schadenswiedergutmachung als all-
gemeinen Milderungsgrund ausdrücklich berücksichtigt - nicht ausge-
schlossen, dass diese allein schon hinreichender Anlass für die Annah-
me eines minder schweren Falls im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB gewe-
sen sind. Dies führt aber dazu, dass die Strafkammer eine weitere Straf-
rahmenmilderung nach §§ 46a Nr. 1, 49 StGB unberücksichtigt gelassen
hat."
- 5 -
Dem schließt sich der Senat an.
Appl Krehl Eschelbach
Zeng Bartel
7