Urteil des BGH vom 14.07.2016

Besitz, Täterschaft, Anstiftung, Einfluss

ECLI:DE:BGH:2016:140716B1STR200.16.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 200/16
vom
14. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2016 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten D. wird das Urteil des
Landgerichts Ansbach vom 17. Dezember 2015
– auch soweit
es den Mitangeklagten P. betrifft
a) im Fall 1 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahingehend
abgeändert, dass die Angeklagten der unerlaubten Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge schuldig sind,
b) im Fall 2 der Urteilsgründe im jeweiligen Schuldspruch mit
den zugehörigen Feststellungen und
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten wie folgt verurteilt: die An-
geklagte D. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht ge-
ringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltrei-
ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubtem Besitz
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum uner-
laubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitstrafe von vier Jahren und neun Monaten, den nichtrevidieren-
den Mitangeklagten P. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in
zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubtem Besitz von Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubtem Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem
Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfrei-
heitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Zudem hat die Kammer den
Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.000 Euro gegen beide Angeklagte als
Gesamtschuldner und beim Mitangeklagten P. die Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet.
Die mit der Sachrüge geführte Revision der Angeklagten D. führt zu
dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im
Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Soweit die Revision Erfolg hat,
ist die Entscheidung auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten nach § 357
StPO zu erstrecken.
1. Die jeweils täterschaftliche Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht ge-
ringer Menge verdrängt in Fall 1 der Urteilsgründe den dazu tateinheitlich aus-
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geurteilten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; der Besitz
tritt in solchen Fällen als Auffangtatbestand hinter der vollendeten Einfuhr zu-
rück (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 3. September 2015
– 1 StR 322/15
mwN). Dieser Teil des Schuldspruchs hatte deshalb entsprechend dem Antrag
des Generalbundesanwalts zu entfallen. Der Senat schließt aus, dass sich der
Wegfall des tateinheitlichen Schuldspruchs auf die Bemessung der in diesem
Fall verhängten Einzelstrafen ausgewirkt hätte, zumal das Landgericht an kei-
ner Stelle der Strafzumessung auf den wegfallenden Schuldspruch Bezug ge-
nommen hat.
2. Im Fall 2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des Landgerichts
den Schuldspruch der (mittäterschaftlichen) Einfuhr von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge durch die beiden Angeklagten nicht, wie der Generalbun-
desanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat. Denn anders als im
Fall 1 der Urteilsgründe hatten beide Angeklagte keinerlei konkreten Einfluss
auf die Fahrt des von ihnen beauftragten Kuriers (vgl. zu den Anforderungen
BGH, Beschluss vom 31. März 2015
– 3 StR 630/14, StV 2015, 632). Ob in
diesem Fall anstelle von Täterschaft eine (Ketten-)Anstiftung des Kuriers durch
beide Angeklagte hinsichtlich der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht gerin-
ger Menge in Frage kommt, wird der neue Tatrichter klären müssen. Dem Se-
nat ist insoweit eine eigene Änderung des Schuldspruchs verwehrt (vgl. § 265
StPO). Um dem neuen Tatrichter hierzu umfassende widerspruchsfreie Fest-
stellungen zu ermöglichen, hebt der Senat die zu diesem Fall getroffenen Fest-
stellungen insgesamt auf.
3. Der Wegfall der in Fall 2 verhängten Einzelstrafen, die zugleich jeweils
die Einsatzstrafen sind, führt zur Aufhebung der verhängten Gesamtfreiheits-
strafen.
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4. Da die aufgezeigten Rechtsfehler beide Angeklagten gleichermaßen
betreffen, war die Entscheidung gemäß § 357 StPO auch auf den nichtrevidie-
renden Mitangeklagten P. zu erstrecken.
Raum Cirener Radtke
Mosbacher Bär
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