Urteil des BGH vom 01.11.2007

BGH (vergewaltigung, stgb, schneider, hund, unterlassen, haushalt, strafkammer, entlastung, sachmangel, nachteil)

5 StR 227/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 30. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Sep-
tember 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp
als
beisitzende
Richter,
Bundesanwalt
als
Vertreter
der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B. ,
Rechtsanwalt Sa.
als
Verteidiger,
Rechtsanwältin I.
als
Vertreterin
der
Nebenklägerin Be. ,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Potsdam vom 1. November 2007 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die dadurch der Nebenklägerin Be. entstandenen not-
wendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen –
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von neun
Jahren verurteilt. Die gegen die Verurteilung mit Verfahrensrügen und der
Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte die Neben-
klägerin Be. zunächst gezwungen, sich von einem Wach- und Zwinger-
hund penetrieren zu lassen, und danach selbst mit der Nebenklägerin gegen
deren Willen den Beischlaf vollzogen.
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1. Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwaltes keinen Erfolg.
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2. Auch die Ausführungen zur Sachrüge zeigen, wie der Generalbun-
desanwalt in seiner Antragsschrift dargelegt hat, Rechtsfehler des angefoch-
tenen Urteils nicht auf.
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a) Der Schuldspruch ist nicht zu beanstanden.
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Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung, mit
der das Landgericht die Einlassung des Angeklagten für widerlegt hält, es
habe sich um einverständlichen Geschlechtsverkehr gehandelt. In einem
Fall, in dem – wie hier – Aussage gegen Aussage steht und die Entschei-
dung allein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht glaubt, müssen
die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, wel-
che die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegun-
gen einbezogen hat (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 14; StGB
§ 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 3, 5). Diesen besonderen Anforderungen wird
das angefochtene Urteil gerecht: Widersprüche, Lücken und sonstige Män-
gel, wie sie die Revision behauptet, enthalten die Urteilsgründe nicht. Die
Schlüsse, die das Tatgericht aus dem festgestellten Sachverhalt zieht, müs-
sen nicht unbedingt zwingend sein; es genügt vielmehr, dass sie möglich und
nachvollziehbar sind (BGHSt 36, 1, 14 m.w.N.) sowie dem Gebot rational
begründeter und tatsachengestützter Beweisführung noch entsprechen (vgl.
BGH, Urteil vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08 Rdn. 16 m.w.N.). Dies
ist hier der Fall.
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Die Strafkammer hat sich eingehend mit allen für und gegen die
Glaubwürdigkeit der Beteiligten sprechenden Gesichtspunkten auseinander-
gesetzt; dabei würdigt sie rechtsfehlerfrei die Tatsache, dass die Nebenklä-
gerin nach erlittener Vergewaltigung zeitweise im Haushalt des Angeklagten
lebte (vgl. UA S. 11 f., 27, 30 f.). Soweit es das Landgericht unterlassen hat,
als Falschbelastungshypothese zu erwägen, dass die Nebenklägerin aus
Scham über ein freiwilliges Zulassen der Penetration durch den Hund des
Angeklagten zur eigenen psychischen Entlastung eine Herbeiführung durch
Gewalt angegeben haben könnte, ist eine solche Hypothese angesichts der
eigenen Anzeigeerstattung durch die Nebenklägerin schon im Ansatz zwei-
felhaft. Abgesehen davon handelt es sich im Blick auf die – auch sachver-
ständig vermittelte (UA S. 11 f., 30 f.) – Persönlichkeitsstruktur der Neben-
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klägerin und ihren erlittenen psychischen Zusammenbruch um eine ohnehin
nicht so nahe liegende andere Möglichkeit, dass deren Nichterörterung einen
Sachmangel darstellt (vgl. BGH NStZ 2002, 494, 495; Brause NStZ 2007,
505, 507).
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass
der Angeklagte den Straftatbestand der besonders schweren Vergewaltigung
nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB erfüllt hat. Der bei der Tat eingesetzte Wach-
und Zwingerhund stellt nach den getroffenen Feststellungen zur konkreten
Art seines Einsatzes ein gefährliches Werkzeug dar (vgl. BGH
NStZ-RR 1999, 174 zum Einsatz eines Kampfhundes).
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c) Der Strafausspruch weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nach-
teil des Angeklagten auf. Die Angriffe der Revision gegen die Einschätzung
des sachverständig beratenen Landgerichts, die Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten sei nicht erheblich im Sinne von § 21 StGB herabgesetzt gewe-
sen, greifen gleichfalls nicht durch.
Basdorf Brause Schaal
Schneider Dölp