Urteil des BGH vom 04.02.2014

BGH: finanzielles interesse, besitz, transport, beihilfe, sicherstellung, grenzwert, gefährdung, weiterverkauf, täterschaft, einfluss

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 447/13
vom
4. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Februar 2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 9. Oktober 2013 im Schuldspruch dahin abgeän-
dert, dass der Angeklagte des Besitzes von Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sieben Jahren
verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge
gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu der aus der Beschluss-
formel ersichtlichen Abänderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist sie unbe-
gründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Generalbundesanwalt hat hierzu
in seiner Antragsschrift ausgeführt:
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"Der Schuldspruch erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit das Landge-
richt den Angeklagten wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Be-
täubungsmittel in nicht geringer Menge verurteilt hat. Erschöpft sich der
Tatbeitrag eines Drogenkuriers im bloßen Transport von Betäubungs-
mitteln, liegt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs selbst dann keine Täterschaft vor, wenn Handlungsspielräume
hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben (Senat NStZ
2006, 454 f.; NStZ-RR 2012, 120; StV 2012, 287; BGH NStZ-RR 2012,
375 f.; BGH NStZ-RR 2013, 549). Eine andere Bewertung kommt nur in
Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport
hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rausch-
gifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weite-
ren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am
Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (Senat NStZ-RR
2012, 120; StV 2012, 287; BGH NStZ-RR 2012, 375 f.; BGH NStZ-RR
2013, 549).
Unter Anwendung dieses Maßstabes hätte die Strafkammer den Ange-
klagten lediglich wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmit-
teln in nicht geringer Menge verurteilen dürfen. Nach den Urteilsfest-
stellungen war der Angeklagte ausschließlich als Kurier tätig (UA
S. 4 f.). Sein Tatbeitrag beschränkte sich auf den Transport der Betäu-
bungsmittel. Selbst auf die Bestückung des Transportfahrzeuges hatte
er keinen Einfluss (UA S. 5). An dem Weiterverkauf der Drogen war der
Angeklagte ebenfalls nicht beteiligt. Sein finanzielles Interesse er-
schöpfte sich im Erlass eigener Schulden (UA S. 4).
Mit dem Wegfall der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltrei-
bens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge lebt der gleichfalls
verwirklichte Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge gem. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wieder auf, da Beihilfe
zum Handeltreiben von Betäubungsmitteln mit täterschaftlichem Besitz
derselben zueinander in Tateinheit gem. § 52 StGB stehen (Senat
NStZ 2009, 58; BGH StraFo 2013, 439; NStZ 2013, 549 f.).
§ 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da
sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte ver-
teidigen können. Es ist auch auszuschließen, dass ein neuer Tatrichter
Feststellungen treffen kann, welche die Annahme täterschaftlichen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tragen
könnten.
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Trotz der Änderung des Schuldspruchs hat der Strafausspruch Be-
stand. Auch für den geänderten Schuldspruch bestimmt sich der
gem. § 52 Abs. 2 S. 1 StGB anzuwendende Strafrahmen weiter nach
§ 29a Abs. 1 BtMG, da der Gesetzgeber Besitz und Handeltreiben un-
ter dieselbe Strafandrohung gestellt hat. Obwohl die Strafkammer von
einem täterschaftlichen Handeltreiben des Angeklagten ausgegangen
ist, hat sie dessen untergeordnete Rolle bei dem Rauschgiftgeschäft
ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt (UA S. 8; BGH NStZ-RR
2007, 320). Dies gilt auch für den Umstand, dass es aufgrund der poli-
zeilichen Sicherstellung der Betäubungsmittel zu keiner Gefährdung der
Volksgesundheit gekommen ist. Erheblich strafschärfend hat das
Landgericht die Menge des von dem Angeklagten in Besitz genomme-
nen Cannabisharzes gewertet, die den zulässigen Grenzwert um das
4366fache überschritt (UA S. 8; Senat NStZ 2006, 454 f.). Diese Erwä-
gungen haben auch nach Änderung des Schuldspruchs Bestand. Der
Senat wird daher ausschließen können, dass die Strafkammer bei zu-
treffender rechtlicher Würdigung der Tat auf eine geringere Strafe er-
kannt hätte."
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Schäfer Mayer
Gericke Spaniol
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