Urteil des BGH vom 09.07.2014

BGH: wiedereinsetzung in den vorigen stand, rechtsmittelfrist, vertretung, übermittlung, fristablauf, form

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 114/14
vom
9. Juli 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer, Dr. Pape und
die Richterin Möhring
am 9. Juli 2014
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts für die
beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des
4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. März 2014
wird abgelehnt.
Gründe:
Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts sind nicht er-
füllt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos ist (§ 78b Abs. 1
ZPO). Die Rechtsbeschwerde wäre auch nach Beiordnung eines beim Bundes-
gerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts unzulässig. Die Frist zur Einlegung
der Nichtzulassungsbeschwerde ist verstrichen, ohne dass für ein nach Beiord-
nung eines Notanwalts zu führendes Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzu-
lassung der Revision die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht
kommt.
1. Einer Partei, welche trotz Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen
zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinset-
zung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist nur gewährt werden, wenn
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sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts bei Gericht
gestellt und dabei die Voraussetzungen für die Bestellung des Notanwalts sub-
stantiiert dargelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - IX ZA 2/11,
WuM 2011, 323 Rn. 4; vom 12. Juni 2012 - VIII ZB 80/11, nv, Rn. 9; vom
18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, WM 2014, 425 Rn. 8; vom 31. März 2014
- IX ZB 17/14, nv). Im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof muss
sie hierzu darlegen, sich ohne Erfolg zumindest an mehr als vier beim Bundes-
gerichtshof zugelassene Rechtsanwälte gewandt zu haben (BGH, Beschluss
vom 16. Februar 2004 - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864; vom 25. Januar
2007 - IX ZB 186/06, FamRZ 2007, 635 f; vom 28. Juni 2010 - IX ZA 26/10,
WuM 2010, 649; vom 19. Januar 2011, aaO Rn. 2) und welche Rechtsanwälte
aus welchen Gründen zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren (BGH,
Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, WuM 2011, 699 Rn. 3).
2. Diesen Anforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie hat bis zum
Ablauf der Rechtsmittelfrist keinen zulässigen Antrag auf Beiordnung eines
Notanwalts gestellt. Zwar ist dieser nach dem Gesetz an keine Form gebunden,
so dass er auch schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt
werden kann (MünchKomm-ZPO/Toussaint, 4. Aufl., § 78b Rn. 10; Zöller/Voll-
kommer, ZPO, 30. Aufl., § 78b Rn. 5). Dem genügen die von der Klägerin in-
nerhalb der Rechtsmittelfrist ausschließlich übersandten E-Mails, die auch nicht
der Übermittlung eines bereits vorhandenen schriftlichen Beiordnungsantrages
dienten, jedoch nicht. Als lediglich elektronische Dokumente wahren sie die
Schriftform nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW
2008, 2649 Rn. 10; vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, NJW-RR 2009, 357
Rn. 6). Auch hat die Klägerin eigene Bemühungen, einen zu ihrer Vertretung
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bereiten zugelassenen Rechtsanwalt zu finden, erst durch Schreiben vom
19. Juni 2014 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist dargelegt.
Kayser
Lohmann
Fischer
Pape
Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2011 - 31 O 73/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.03.2014 - 4 U 111/11 -