Urteil des BGH vom 30.10.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 113/12
Verkündet am:
30. Oktober 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZVG §§ 57 a, 57, BGB § 565
a) Dem Ersteher einer Wohnungseigentumseinheit steht das Sonderkündigungsrecht
des § 57 a ZVG gegenüber dem Mieter auch dann zu, wenn das versteigerte
Wohnungseigentum Teil eines aus mehreren Wohnungseinheiten bestehenden
und insgesamt für einen einheitlichen Zweck (hier: betreutes Wohnen) vermieteten
Objekts ist.
b) Der Ersteher kann von einem Mieter, der die Eigentumswohnung im Rahmen einer
gewerblichen Weitervermietung an einen Endmieter zu Wohnzwecken vermietet
hat, trotz Wirksamkeit der auf § 57 a ZVG beruhenden Kündigung nicht Räumung
und Herausgabe verlangen, weil der Endmieter wegen § 565 BGB unbeschadet
dieser Kündigung zu Besitz und Nutzung berechtigt bleibt.
BGH, Urteil vom 30. Oktober 2013 - XII ZR 113/12 - LG Chemnitz
AG Freiberg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Weber-Monecke, Dr. Günter, Dr. Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Chemnitz vom 31. August 2012 unter Zurück-
weisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das Urteil des Amtsgerichts Freiberg vom 16. Februar 2012 wird
unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten
abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende
Mietverhältnis über die im Aufteilungsplan mit Nr. 7 bezeichnete
Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anwesens Dr.-K.-
Straße in F. nebst Kellerraum sowie einem Pkw-
Stellplatz mit der Bezeichnung Nr. 3 durch die Kündigung der Klä-
gerin vom 20. April 2011 mit Ablauf des 31. Dezember 2011 be-
endet worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Parteien streiten um Räumung und Herausgabe einer Wohnung und
insbesondere darüber, ob die Klägerin den zwischen ihnen bestehenden Miet-
vertrag wirksam gemäß § 57 a ZVG gekündigt hat.
Der Beklagte schloss im Jahre 1998 mit einem Bauträger zum Betrieb
einer Altenwohnanlage ("betreutes Wohnen") einen Mietvertrag über ein noch
zu errichtendes Gebäude mit 13 Wohnungen und vier Kfz-Stellplätzen. Die ver-
tragliche Laufzeit betrug 20 Jahre mit der Möglichkeit des Beklagten, zweimal
eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre zu verlangen. Nach dem Ver-
trag war der Beklagte zur Unter- oder Weitervermietung berechtigt. Dem Ver-
mieter war gestattet, seine sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und
Pflichten auf einen oder mehrere Dritte zu übertragen (§ 15 Nr. 2 des Mietver-
trags).
In der Folgezeit erwarb Herr B. vom Bauträger einen 77/1000-
Miteigentumsanteil an dem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum
an der streitgegenständlichen, im zweiten Obergeschoss liegenden Wohnung
(im Aufteilungsplan als Nr. 7 bezeichnet). Der Beklagte vermietete diese Woh-
nung mit unbefristetem Mietvertrag vom 11. September 2008 an die Eheleute F.
(im Folgenden: Endmieter), die sie seit dem 1. Oktober 2008 bewohnen. Laut
der in § 1 dieses Mietvertrags enthaltenen Vorbemerkung ist der Beklagte Zwi-
schenmieter, der die Wohnung vom Eigentümer zum Zwecke der Weitervermie-
tung angemietet hat.
Durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 7. April 2011 erhielt die
Klägerin den Zuschlag über den Miteigentumsanteil des B. verbunden mit dem
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Sondereigentum an der streitgegenständlichen Wohnung nebst zugewiesenem
Stellplatz. Mit am 21. April 2011 zugegangenem Schreiben erklärte die Klägerin
gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Mietvertrags zum Ablauf des
31. Juli 2011. Sie berief sich dabei auf § 57 a ZVG sowie auf Eigenbedarf, weil
ihre schwangere Tochter die Räume als Wohnung für sich benötige.
Nachdem der Beklagte der Kündigung widersprochen hatte, erhob die
Klägerin Räumungs- und Herausgabeklage. Der Beklagte vertrat die Auffas-
sung, es handele sich um ein Gesamtmietverhältnis, für das eine Teilkündigung
nicht zulässig sei. Außerdem sei ihm die Erfüllung des Klageanspruchs unmög-
lich, weil die Wohnung weitervermietet sei.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Be-
rufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landge-
richt zugelassene Revision des Beklagten.
In der Revisionsinstanz hat die Klägerin hilfsweise die Feststellung bean-
tragt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit
Ablauf des 31. Juli 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, beendet
sei.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise Erfolg.
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I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der
Erwerber einer Wohnungseinheit rücke zwar in den gewerblichen Zwischen-
mietvertrag ein, der ursprünglich zwischen dem Bauträger und dem Beklagten
bestanden habe. Es entstehe eine Vermietergemeinschaft, die der einzelne Er-
werber grundsätzlich nicht kündigen könne. Der Klägerin stehe aber das Son-
derkündigungsrecht des § 57 a ZVG zu, das sie wirksam ausgeübt habe. Die-
ses Kündigungsrecht sei eine gesetzliche Versteigerungsbedingung. Es gelte
nichts anderes als bei einer Gesamtmietfläche, bei der mehrere Ersteher hin-
sichtlich der jeweils von ihnen ersteigerten Teilfläche einzeln ihr Sonderkündi-
gungsrecht ausüben könnten. Durch die Einbindung der streitgegenständlichen
Wohnung in den Gesamtmietvertrag könne dieses Recht nicht beeinträchtigt
werden. Nur bei Einräumung des Sonderkündigungsrechts unabhängig von den
anderen Wohnungseigentümern sei der Sinn und Zweck des § 57 a ZVG ge-
wahrt, im Interesse der Realgläubiger einen möglichst hohen Versteigerungser-
lös zu ermöglichen.
Dem Beklagten sei die Räumung und Herausgabe auch nicht unmöglich.
Die derzeitigen Endmieter hätten gewusst, dass er nicht Eigentümer sei. Damit
sei ihnen auch bekannt gewesen, dass ihr Mietverhältnis vom Bestand des
Hauptmietvertrags abhängig sei. Die Endmieter hätten die Stellung von Unter-
mietern, denn die gewerbliche Weitervermietung sei rechtlich nicht anders zu
beurteilen als ein Untermietverhältnis. Davon, dass die Endmieter sich gegen-
über dem Beklagten auf die Mieterschutzbestimmungen berufen könnten, wer-
de der Räumungsanspruch der Klägerin nicht berührt. Denn auch bei nicht be-
endetem Untermietverhältnis verliere der Untermieter gegenüber dem Haupt-
mieter infolge der Beendigung des Hauptmietverhältnisses das Recht zum Be-
sitz und zur Nutzung.
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II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung
nur teilweise
stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die
von der Klägerin gegenüber dem Beklagten erklärte Kündigung wirksam ist.
a) In § 57 a ZVG wird dem Ersteher ein außerordentliches Kündigungs-
recht gegenüber Mietern eingeräumt. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass
bei der Zwangsversteigerung die Interessen des Mieters grundsätzlich denen
des Realkredits untergeordnet werden müssen. Denn von Mietern genutzte
Grundstücke werden sich ohne das Sonderkündigungsrecht in der Regel
schlechter versteigern lassen und darum weniger gern beliehen (vgl. RGZ 124,
195, 199; KG NZM 2012, 304, 305; Stöber ZVG 20. Aufl. § 57 a Rn. 2;
Hahn/Mugdan Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Band 5
S. 48 und 118).
b) Durch den Zuschlag wird staatlich Eigentum verliehen, wobei dieser
Verleihungsakt grundsätzlich zu den im Zwangsversteigerungsgesetz geregel-
ten Bedingungen und mithin unter Einschluss des in § 57 a ZVG normierten
Sonderkündigungsrechts als einer gesetzlichen Versteigerungsbedingung er-
folgt (vgl. BGH Urteil vom 11. März 2009 - VIII ZR 83/08 - NJW 2009, 2312
Rn. 16 f.; RGZ 124, 195, 199; KG NZM 2012, 304, 305; Stöber ZVG 20. Aufl.
§ 57 a Rn. 2; Stumpe in Kindl/Meller-Hannich/Wolf Gesamtes Recht der
Zwangsvollstreckung § 57 a ZVG Rn. 12; Steiner/Teufel Zwangsversteigerung
und Zwangsvollstreckung 9. Aufl. §§ 57 ff. Rn. 5; Dassler/Schiffauer/Engels
ZVG 14. Aufl. § 57 a Rn. 13). Damit überlagern die öffentlich-rechtlichen Vor-
schriften des Zwangsversteigerungsgesetzes insoweit das Zivilrecht.
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Dies hat der Gesetzgeber in § 57 ZVG zum Ausdruck gebracht. Danach
rückt der Ersteher als Erwerber zwar gemäß dem von § 57 ZVG für entspre-
chend anwendbar erklärten § 566 BGB als Vermieter in das Mietverhältnis ein.
Das führt bei der Versteigerung lediglich eines Teils eines einheitlich vermiete-
ten Grundstücks schuldrechtlich zu einer Vermietergemeinschaft, die als Bruch-
teilsgemeinschaft vertragliche Kündigungsrechte nur im Rahmen der gemein-
schaftlichen Verwaltung gemäß §§ 744, 745 BGB ausüben kann (vgl. BGH Be-
schluss vom 26. April 2012 - V ZR 276/11 - ZMR 2012, 692 Rn. 17 und Urteil
vom 28. September 2005 - VIII ZR 399/03 - NJW 2005, 3781 f.). Darüber hin-
aus ist schuldrechtlich die nur auf eine Teilfläche bezogene Kündigung unzu-
lässig (BGH Urteil vom 12. Oktober 2011 - VIII ZR 251/10 - NJW 2012, 224
Rn. 11; KG NZM 2012, 304; BayObLG NJW-RR 1991, 651 f.; Schmidt-
Futterer/Blank Mietrecht 11. Aufl. § 542 BGB Rn. 87 mwN). Gleichwohl ordnet
§ 57 ZVG an, dass § 566 BGB nur nach Maßgabe des § 57 a ZVG gilt.
c) Mit Blick auf Zielrichtung und Regelungszusammenhang des
§ 57 a ZVG hat bereits das Reichsgericht die Vorschrift dahingehend ausgelegt,
dass bei Versteigerung nur eines Teils einer verpachteten Fläche der Ersteher
den Pachtvertrag für diese Teilfläche kündigen könne (RGZ 124, 195 ff.; so
auch KG NZM 2012, 304). Denn die Sonderregelung des § 57 a ZVG habe das
dort gewährte außerordentliche Kündigungsrecht auf andere Grundlagen als die
der Vertragskündigung gestellt, so dass es sich auch in dieser bürgerlich-
rechtlichen Gestaltung durchsetze.
d) Diese zutreffenden Erwägungen gelten auch für die vorliegende Fall-
gestaltung, bei der eine von mehreren zu einem einheitlich vermieteten Objekt
gehörenden Wohnungseinheiten versteigert worden ist.
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aa) Versteigerungsgegenstand war das Sondereigentum an der Woh-
nung Nr. 7 verbunden mit einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück, zu
dem es gehört, und mithin Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 2 WEG). Dieses ist
selbstständig beleih- und veräußerbar. Eine gemäß § 12 Abs. 1 WEG grund-
sätzlich mögliche Veräußerungsbeschränkung besteht nicht.
Insbesondere das dem jeweiligen Wohnungseigentümer zustehende
Recht der gesonderten Beleihbarkeit würde jedoch dann, wenn § 57 a ZVG auf
den Fall einer sich auf mehrere Wohneinheiten beziehenden Gesamtvermie-
tung keine Anwendung fände, in nicht gerechtfertigter Weise beeinträchtigt, weil
dies den Beleihungswert regelmäßig spürbar reduzieren würde. Den Interessen
des Mieters ist vielmehr dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass er sein
Mietrecht gemäß § 9 Nr. 2 ZVG anmelden und gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG
Änderungen der Versteigerungsbedingungen durchsetzen kann. Nur dann,
wenn es bei doppeltem Ausgebot nach § 59 Abs. 2 ZVG zu keinem oder nur zu
einem geringeren Gebot auf das geänderte Ausgebot und daher zum Zuschlag
auf die gesetzliche Ausgebotsform kommt, bleibt es bei § 57 a ZVG (vgl. Dass-
ler/Schiffauer/Engels ZVG 14. Aufl. § 57 a ZVG Rn. 13; Stumpe in Kindl/Meller-
Hannich/Wolf Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung § 57 a ZVG Rn. 12 ff.).
bb) Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe bei seiner Be-
urteilung nicht hinreichend beachtet, dass es sich bei dem Objekt um einen ei-
ner besonderen Zweckbindung unterliegenden Gesamtkomplex handele ("be-
treutes Wohnen"), greift nicht durch.
(1) Dass der Versteigerungsgegenstand hier Teil eines einer einheitli-
chen mietrechtlichen Bestimmung unterliegenden Objekts war, stellt keinen
substanziellen Unterschied zu sonstigen Verträgen dar, die sich - bei dann
ebenfalls notwendig einheitlichem Zweck - auf einen einheitlichen Miet- oder
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Pachtgegenstand wie eine angepachtete Fläche beziehen. Für diese ist aber im
Anschluss an die dargestellte reichsgerichtliche Rechtsprechung anerkannt,
dass bei der Versteigerung nur einer Teilfläche § 57 a ZVG eingreift (vgl. KG
NZM 2012, 304; Stöber ZVG 20. Aufl. § 57 a Rn. 2; Dassler/Schiffauer/Engels
ZVG 14. Aufl. § 57 a Rn. 25; Steiner/Teufel Zwangsversteigerung und Zwangs-
vollstreckung 9. Aufl. §§ 57-57 d Rn. 49; Jäckel/Güthe ZVG 7. Aufl. §§ 57-57 b
Rn. 11).
Würde man dies anders sehen, wäre gerade bei größeren Miet- oder
Pachtobjekten eine Verwertung im Wege der Zwangsversteigerung regelmäßig
nur insgesamt sinnvoll. Dies würde die rechtlich mögliche Beleihbarkeit von ab-
gegrenzten Teilen - etwa von im Grundbuch separat geführten Grundstücken
oder auch von wie hier einer von mehreren Wohnungseigentumseinheiten - in
erheblicher, mit dem gesetzgeberischen Willen nicht zu vereinbarender Weise
einschränken.
(2) Die besondere Nutzung des Gesamt-Mietobjekts für "betreutes Woh-
nen" steht der Wirksamkeit der von der Klägerin gegenüber dem Beklagten er-
klärten Kündigung im Übrigen schon deshalb nicht entgegen, weil diese Kündi-
gung die betroffene Wohnung nicht diesem Zweck entzieht. Vielmehr würde
sich erst dann, wenn statt der aktuellen Endmieter andere Bewohner in die
Wohnung einziehen würden, gegebenenfalls im Rahmen des § 15 WEG und
mit Blick konkret auf diese neuen Bewohner innerhalb der Wohnungseigentü-
mergemeinschaft die Frage stellen, ob die neue Nutzung mit einer Verwendung
im Rahmen des "betreuten Wohnens" zu vereinbaren ist.
e) Die Klägerin hat ihr Sonderkündigungsrecht in wirksamer Weise, ins-
besondere fristgerecht i.S.d. § 57 a Satz 2 ZVG, ausgeübt.
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Der Beklagte ist nicht Mieter von Wohnraum, nachdem der vertragsge-
mäße Gebrauch der Mietsache durch den Beklagte nicht im Wohnen, sondern
in der Überlassung von Wohnraum an Dritte besteht (BGHZ 133, 142, 147 =
NJW 1996, 2862, 2863). Daher kann er sich gegenüber der ihm erklärten Kün-
digung nicht auf die Kündigungsschutzrechte für Wohnraummieter berufen.
Die von § 57 a Satz 1 ZVG in Bezug genommene gesetzliche Kündi-
gungsfrist ist vorliegend § 580 a Abs. 2 BGB zu entnehmen (vgl. Stöber ZVG
20. Aufl. § 57 a Rn. 4), weil es sich nach den von der Revision nicht angegriffe-
nen Feststellungen des Berufungsgerichts um gewerbliche Weitervermietung
und mithin im Hauptmietverhältnis um Geschäftsraummiete handelt (vgl.
Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 11. Aufl. § 580 a BGB Rn. 14). Die Kündigung
konnte daher spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum
Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres erfolgen. Vorliegend hat die Klägerin
am 21. April 2011 gekündigt. Diese Kündigung beendete das Mietverhältnis mit
Ablauf des 31. Dezember 2011. Soweit im Kündigungsschreiben ein früherer
Beendigungstermin genannt ist, ist das unschädlich, weil die Klägerin zugleich
klargestellt hat, ihr gesetzliches Kündigungsrecht aus § 57 a ZVG zum nächst-
möglichen Termin ausüben zu wollen (Senatsbeschluss vom 25. Oktober 1995
- XII ZR 245/94 - NJW-RR 1996, 144).
2. Das Berufungsurteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit der Beklagte
verurteilt worden ist, die Wohnung nebst Kellerraum und Stellplatz zu räumen
und an die Klägerin herauszugeben. Dies ist ihm unmöglich i.S.d. § 275 Abs. 1
BGB, weil die Klägerin gemäß § 565 BGB ab dem 1. Januar 2012 als Vermiete-
rin in das Mietverhältnis mit den Endmietern eingetreten ist und diese daher
nach wie vor zum Besitz und zur Nutzung berechtigt sind, ohne dass der Be-
klagte einen Einfluss hierauf hat. Eine Kündigung der Klägerin gegenüber den
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Endmietern ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bislang nicht
erfolgt.
a) Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, die Endmieter hät-
ten ihr Recht zum Besitz und zur Nutzung mit der Beendigung des Hauptmiet-
verhältnisses verloren, weil ihnen die Zwischenvermietung bekannt gewesen
sei, stützt sich zwar auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 114,
96 = NJW 1991, 1815; BGHZ 84, 90 = NJW 1982, 1696). Diese Rechtspre-
chung ist jedoch mit der Einführung des § 549 a BGB aF durch das Vierte Miet-
rechtsänderungsgesetz vom 21. Juli 1993 (BGBl. I S. 1257; vgl. BT-Drucks.
12/5342 S. 3), der mit geringfügigen Wortlautänderungen als § 565 BGB über-
nommen worden ist (BT-Drucks. 14/4553 S. 63), überholt. Denn seitdem rückt
bei gewerblicher Weitervermietung von Wohnraum der Vermieter im Falle der
Beendigung des Hauptmietverhältnisses als Vermieter in das Mietverhältnis mit
dem Endmieter ein.
b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 565 BGB liegen hier vor. Die
Vertragsparteien hatten ein Mietverhältnis mit dem Zweck abgeschlossen, dass
der Beklagte die Wohneinheiten als Wohnraum weitervermieten sollte. Dass
diese Weitervermietung im Rahmen des "betreuten Wohnens" erfolgen sollte
und erfolgte, steht dem nicht entgegen. Damit gegebenenfalls verbundene Be-
treuungsleistungen sind weder Bestandteil des ursprünglichen Gesamtmietver-
trags zwischen Bauträger und Beklagtem, in den die Wohnungseigentümer auf
Vermieterseite eingetreten sind, noch des zwischen dem Beklagten und den
Endmietern abgeschlossenen Mietvertrags die Wohnung Nr. 7 betreffend. Nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Beklagte im Rahmen einer
gewerblichen Weitervermietung tätig geworden, was die Klägerin nicht in revisi-
onsrechtlich relevanter Weise beanstandet hat.
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3. Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden,
weil die Sache zur Entscheidung reif ist.
a) Der auf Räumung und Herausgabe gerichtete Hauptantrag der Kläge-
rin ist nicht begründet.
b) Demgegenüber ist der in der Revisionsinstanz geltend gemachte, auf
Feststellung gerichtete Hilfsantrag zulässig und nach dem oben unter 1. Ausge-
führten auch begründet.
Es handelt sich nicht um eine im Revisionsverfahren gemäß § 559 ZPO
grundsätzlich ausgeschlossene Klageänderung, sondern um eine zulässige
Antragsänderung. Diese kommt für die Fälle in Betracht, in denen die Änderung
nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und
sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt ist (BGH
Urteil vom 11. September 2013 - IV ZR 17/13
– WM 2013, 1939 Rn. 7 f.; Urteil
vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11 - GRUR 2013, 833 Rn. 24; Urteil vom
28. Februar 1991 - I ZR 94/89 - NJW-RR 1991, 1136; Urteil vom 28. September
1989 - IX ZR 180/88 - NJW-RR 1990, 122; Urteil vom 4. Mai 1961
- III ZR 222/59 - NJW 1961, 1467 f. und BGHZ 26, 31, 37 f. = NJW 1958, 98 f.).
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So liegt der Fall hier. Denn die Wirksamkeit der Kündigung des zwischen
den Parteien bestehenden Mietverhältnisses die streitgegenständliche Woh-
nung betreffend ist eine notwendigerweise zur Beurteilung des Hauptantrags zu
beantwortende Frage, für die auch das Feststellungsinteresse der Klägerin ge-
mäß § 256 ZPO gegeben ist.
Dose Weber-Monecke Günter
Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Freiberg, Entscheidung vom 16.02.2012 - 4 C 403/11 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 31.08.2012 - 6 S 93/12 -
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