Urteil des BGH vom 11.06.2014

BGH: beschränkung, gesetzliche erbfolge, spanien, staat, nummer, nachlassgericht, erblasser, besitz, erbschein, wohnhaus

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I V Z B 3 / 1 4
vom
11. Juni 2014
in der Nachlasssache
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzen-
de Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. Juni 2014
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den
Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2013 wird auf ihre
Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 153.000
Gründe:
I. Die Beteiligte zu 1 ist die Lebensgefährtin des am 23. Januar
2009 verstorbenen Erblassers, die Beteiligten zu 2 und zu 3 sind seine
Kinder aus erster Ehe. Der Erblasser lebte vor seinem Tod in Spanien.
Er war Eigentümer von vier Grundstücken, von denen zwei in Deutsc h-
land, ein mit einem Wohnhaus bebautes in Spanien und ein unbebautes
in Florida/USA liegen. Am 12. März 2009 eröffnete das Nachlassgericht
ein Testament vom 17. Januar 2009 mit folgendem Wortlaut, welches der
Erblasser unterschrieben haben soll:
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"Letzter Wille und Testament
Ich, C. S., geb. am
… in
R. , Deutschland, bestätige hiermit, daß ich im Besitz
meiner vollen geistigen Kräfte bin.
Ich verfüge hiermit, daß mein gesamter Besitz in Spanien,
insbesondere mein Haus in B. , M. , C.
, mein Besitz in Deutschland und in
den USA (Florida) an meine langjährige Lebensgefährtin,
Frau J. L. , geb. am
… in V. ,
H. , gehen soll.
Außerdem verfüge ich, daß mein Sohn A. und meine
Tochter V. lediglich den gesetzlichen Pflichtteil erhalten
sollen.
Dieses Testament soll in den oben genannten Staaten Gül-
tigkeit haben.
A. , den 17. Januar 2009
Zeugen:
P. Z. "
Ferner befinden sich unterhalb des Testaments mehrere - unleser-
liche - Unterschriften sowie am rechten Rand der Name A . F.
.
Die Beteiligten zu 2 und zu 3 beantragten die Erteilung eines Erb-
scheins zu je 1/2 nach gesetzlicher Erbfolge mit dem Zusatz, dass der
Erbschein beschränkt sein soll auf das in Deutschland und Spanien vo r-
handene Vermögen. Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines
sie allein als Erbin ausweisenden Erbscheins auf der Grundlage des Te s-
taments vom 17. Januar 2009.
Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung eines Erbscheins, der
die Beteiligten zu 2 und zu 3 je zur Hälfte als Erben ausweist und sich
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nicht auf das in Florida vorhandene Grundvermögen bezieht, vorgetr a-
genen Tatsachen für festgestellt erachtet (Nummer 1), die sofortige
Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgesetzt, die Erteilung des Er b-
scheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt (Nummer 2)
und den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins, der
sie als Alleinerbin ausweist, zurückgewiesen (Nummer 3). Auf die Be-
schwerde der Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht den Beschluss
des Nachlassgerichts zu Nummern 1 und 2 aufgehoben und die Be-
schwerde im Übrigen zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Erblasser sei gemäß
Art. 25 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht beerbt worden. Die Gülti g-
keit des Testaments hinsichtlich seiner Form beurteile sich nach Art. 26
Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 EGBGB. Nach deutschem Recht sei das Testament
nicht gültig. Es seien keine drei Zeugen vorhanden, die die Vorausse t-
zungen des § 2250 Abs. 3 BGB für ein Nottestament nach § 2250 Abs. 2
BGB erfüllten. Die Beteiligte zu 1 komme als Zeugin nicht in Betracht, da
ihr durch das Testament ein rechtlicher Vorteil verschafft werden solle.
Der Arzt des Krankenhauses, A. F. P. , scheide als
Zeuge aus, weil er die deutsche Sprache nicht verstehe. Dasselbe gelte
für den Zeugen H. , der im Übrigen bei der Errichtung des Testa-
ments nicht zugegen gewesen sei. Das Testament sei ferner auch nach
spanischem Recht nicht wirksam. Gleichwohl komme die Erteilung des
beantragten Erbscheins auf der Grundlage gesetzlicher Erbfolge zuguns-
ten der Beteiligten zu 2 und zu 3 nicht in Betracht. Die Beschränkung ei-
nes Erbscheinsantrags auf Nachlassgegenstände, die sich im Inland und
lediglich in bestimmten ausländischen Staaten befänden, sei unzulässig.
Gemäß § 2369 Abs. 1 BGB könne der Antrag auf Erteilung eines Erb-
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scheins, wenn zu der Erbschaft auch Gegenstände zählten, die sich im
Ausland befänden, auf die im Inland befindlichen Gegenstände b e-
schränkt werden. Nicht möglich sei es demgegenüber, eine Beschrä n-
kung des Erbscheinsantrags auf Nachlassgegenstände vorzunehmen,
die sich zusätzlich zu dem im Inland belegenen Vermögen auf solches
bezöge, das sich lediglich in bestimmten ausländischen Staaten befinde.
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3 habe mithin keinen
zulässigen Inhalt gehabt. Insoweit sei die Entscheidung des Nachlassg e-
richts aufzuheben. Demgegenüber habe das Nachlassgericht den Er b-
scheinsantrag der Beteiligten zu 1 zu Recht zurückgewiesen, da sie we-
gen Unwirksamkeit des Testaments jedenfalls nicht Erbin bezüglich der
Nachlassgegenstände in Deutschland und Spanien geworden sei.
Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grun d-
sätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage, ob ein Erbschein erteilt
werden könne, der sich auf Nachlassgegenstände im Inl and sowie auf
Nachlassgegenstände in einem bestimmten ausländischen Staat unter
Ausklammerung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländ i-
schen Staat beziehe, bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1, die wei-
terhin die Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Grundlage des Test a-
ments vom 17. Januar 2009 begehrt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist bereits mangels Zulassung gemäß
§ 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG unzulässig.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann
das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO bzw. § 70 Abs. 1, Abs. 2
FamFG auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des
Streitstoffs beschränken, der Gegenstand einer gesonderten Festse t-
zung sein oder auf den der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel b e-
schränken könnte (BGH, Urteile vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06,
BGHZ 180, 77 Rn. 17; vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, NJW
2007, 144 Rn. 8; vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264
unter II 3; vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, NJW 2003, 3703 un-
ter A 1; Beschlüsse vom 12. April 2011 - II ZB 14/10, NJW 2011, 2371
Rn. 5, 7; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 92/09, WuM 2011, 137 Rn. 6).
Nicht zulässig ist demgegenüber die Beschränkung der Rechtsb e-
schwerde auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf b e-
stimmte Rechtsfragen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 aaO).
Ebenfalls kommt keine Beschränkung der Zulassung bei mehreren selb-
ständigen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) in Betracht,
wenn die Entscheidung über den einen Anspruch von der über den and e-
ren ebenfalls vom Beschwerdegericht entschiedenen Anspruch abhängt
(Senatsurteil vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04, ZEV 2006, 265 Rn. 14).
Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen muss von vor n-
herein ausgeschlossen sein (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 aaO).
2. Auf dieser Grundlage sind hier die Voraussetzungen für eine
wirksame Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde entgegen
der Auffassung der Beteiligten zu 1 erfüllt. Die Frage, ob sich ein Erb-
scheinsantrag auf Nachlassgegenstände beschränken kann, die im I n-
land sowie in einem bestimmten ausländischen Staat unter Ausklamm e-
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rung von Nachlassgegenständen in einem anderen ausländischen Staat
belegen sind, stellt zwar eine abstrakte Rechtsfrage dar, betrifft aber
ausschließlich den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3, nicht
dagegen den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 als Rechtsbeschwer-
deführerin, dem sich eine räumliche Beschränkung nicht entnehmen
lässt.
Die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 einerseits und der Be-
teiligten zu 2 und zu 3 andererseits beinhalten unterschiedliche Streitge-
genstände, bei denen die Entscheidung über den einen Erbscheinsan-
trag nicht zugleich von derjenigen über den anderen abhängt. Die g e-
genseitige Abhängigkeit der beiden Anträge bezieht sich allein auf die
Frage, ob das Testament des Erblassers vom 17. Januar 2009 wirksam
ist. Ist das der Fall, so ist die Beteiligte zu 1 testamentarische Erbin ge-
worden; ist das Testament unwirksam, so tritt zugunsten der Beteiligten
zu 2 und zu 3 gesetzliche Erbfolge ein. Prozessual sind die Erbschein s-
anträge voneinander unabhängig, was sich bereits aus ihrer unterschied-
lichen Reichweite ergibt. Während die Beteiligte zu 1 einen Erbscheins-
antrag gestellt hat, der sich unbeschränkt auf sämtliches Vermögen des
Erblassers bezieht, hat der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und
zu 3 lediglich das in Deutschland und Spanien belegene Vermögen zum
Gegenstand. Ist eine derartige räumliche Beschränkung des Erbschein s-
antrags auf im Inland und in einem ausländischen Staat belegenes Ve r-
mögen unzulässig, wie das Beschwerdegericht angenommen hat, so ist
der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 und zu 3 bereits aus diesem
Grunde zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Test a-
ment vom 17. Januar 2009 wirksam ist. Infolgedessen kommt es in Be-
tracht, sowohl den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 als auch denje-
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nigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 zurückzuweisen, denjenigen der Be-
teiligten zu 1 mangels Wirksamkeit des Testaments vom 17. Januar 2009
und denjenigen der Beteiligten zu 2 und zu 3 wegen unzulässiger räumli-
cher Beschränkung des Antrags.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Bensheim, Entscheidung vom 18.06.2012 - 31 VI 131/09 (2009) -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.12.2013 - 20 W 281/12 -