Urteil des BGH vom 19.06.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 183/12
Verkündet am:
19. Juni 2013
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 123, § 307 Abs. 1 und 2 Ba, Cf
a) Zur Frage, ob ein Händler verpflichtet ist, sich vor dem Weiterverkauf eines Ge-
brauchtwagens Kenntnis von einer beim Hersteller geführten "Reparaturhistorie"
des Fahrzeugs zu verschaffen.
b) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier eines Gebrauchtwagen-
kaufvertrags)
"Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Abliefe-
rung des Kaufgegenstandes an den Kunden."
ist nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern auch im Geschäftsverkehr zwi-
schen Unternehmern wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspart-
ners des Verwenders unwirksam (im Anschluss an die Senatsurteile vom 29. Mai
2013
- VIII ZR
174/12,
juris,
und
vom
19. September
2007
- VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1).
BGH, Urteil vom 19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12 - OLG Frankfurt in Darmstadt
LG Darmstadt
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2013 durch den Richter Dr. Frellesen als Vorsitzenden, die Richterin
Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in
Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Mai
2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin kaufte von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Fol-
genden: Beklagte) im Juni 2007 einen gebrauchten Audi A8 Quattro mit einer
Laufleistung von 124.058 Kilometer zum Preis von 34.500
€, den die Beklagte
ihrerseits im April 2004 von der Streithelferin mit einer Laufleistung von 30.800
Kilometer zum Preis von 55.000
€ erworben hatte.
In dem von der Klägerin unterzeichneten Bestellformular vom 19. Juni
2007 ist bei den Rubriken "Zahl, Umfang und Art von Mängeln und Unfallschä-
den laut Vorbesitzer (s. Anlage)" und "Dem Verkäufer sind auf andere Weise
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Mängel und Unfallschäden bekannt" jeweils die Antwort "nein" angekreuzt. Zif-
fer VI Nummer 1 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen für den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen und Anhängern
lautet:
"Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr
ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden."
Das Fahrzeug wurde am 22. Juni 2007 übergeben. Mit Anwaltsschreiben
vom 4. März 2009 erklärte die Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrags, hilfs-
weise den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, die Beklagte habe
"ins Blaue hinein" oder unter bewusster Täuschung der Klägerin die Unfallfrei-
heit des Fahrzeugs zugesichert. Tatsächlich seien jedoch am 29. Oktober 2003
und am 30. Mai 2005 erhebliche Unfallschäden repariert worden.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Rück-
zahlung des Kaufpreises von 34.500
€ nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rück-
gabe
des
Fahrzeugs,
Erstattung
entstandener
Finanzierungskosten
(3.265,56
€), Freistellung von noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten in
Höhe von 4.059,20
€ und von Anwaltskosten in Höhe von 1.307,81 € sowie
Zahlung von Gutachterkosten in Höhe von 456,
07 € nebst Zinsen begehrt.
Das Landgericht hat der Klage unter Abzug einer Nutzungsentschädi-
gung von 3.650,75 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin
mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils begehrt.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-
sentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertra-
ges. Sie habe den Kaufvertrag nicht wirksam gemäß § 123 BGB angefochten.
Etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin seien verjährt.
Es habe keine Verpflichtung der Beklagten bestanden, die Reparatur
vom 30. Mai 2005 der Klägerin mitzuteilen, weil ein bloßer Bagatellschaden
vorgelegen habe. Es habe sich insoweit lediglich um Lackierarbeiten im Zu-
sammenhang mit dem Ein- und Ausbau von Kunststoffteilen am hinteren Stoß-
fänger gehandelt. Blechschäden, die tiefer als die Schichtstärke des Spachtel-
auftrags gewesen wären, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Ein solcher
Schaden, der nach der Behauptung der Klägerin einen Kostenaufwand von
880,49
€ netto verursacht habe, sei bei einem zum Ankaufzeitpunkt fünfeinhalb
Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von rund 124.000 Kilometer als Ba-
gatellschaden anzusehen.
Die Anfechtung sei auch nicht im Hinblick auf die Reparatur vom
29. Oktober 2003 begründet. Die Einschränkung "laut Vorbesitzer" bei der Ver-
neinung von Unfallschäden im Bestellformular spreche erkennbar dafür, dass
die Beklagte nicht für die Unfallfreiheit des Fahrzeugs beim Vorbesitzer habe
haften wollen. Es handele sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung, mit
der die Verkäuferin die Angaben eines Vorbesitzes hierzu wiedergebe.
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Auch die weitere mit "nein" beantwortete Angabe, der Verkäuferin seien
"auf andere Weise Mängel und Unfallschäden" nicht bekannt geworden, sei
lediglich eine Wissensmitteilung und enthalte nicht die Zusicherung der Unfall-
freiheit. Die Erklärung sei so zu verstehen, dass im Geschäftsbereich der Be-
klagten Kenntnisse über einen Mangel oder Unfallschaden nicht vorgelegen
hätten. Es stehe nicht fest, dass die Beklagte durch die Streithelferin, von der
sie das Fahrzeug erworben habe, über die Reparatur vom Oktober 2003 und
einen ihr zugrunde liegenden Unfallschaden informiert worden sei.
Die Beklagte habe auch keinen bei Sichtprüfung erkennbaren Mangel
arglistig verschwiegen. Den Händler treffe keine allgemeine Untersuchungs-
pflicht; eine solche bestehe nur dann, wenn er mit der Möglichkeit eines Man-
gels rechne. Dass die Beklagte Kenntnis von der "Reparaturhistorie" des Fahr-
zeugs gehabt hätte, lasse sich nicht feststellen. Eine Abfrage bei der zentralen
Audi-Datenbank sei nicht festgestellt. Die Beklagte habe der Klägerin auch nicht
arglistig positives Wissen um die Unfallfreiheit vorgetäuscht. Die Angabe im
Kaufvertrag sei auch nicht "ins Blaue hinein" erfolgt, weil eine Verpflichtung zu
weiteren Nachforschungen, etwa aufgrund des Verdachts eines Vorschadens,
nicht bestanden habe. Ohne weiteren Aufklärungsbedarf habe keine Verpflich-
tung zu weiteren Nachforschungen und damit auch nicht zur Einsichtnahme in
die zentrale Audi-Datenbank bestanden. Umgekehrt habe die Beklagte der Klä-
gerin auch nicht mitteilen müssen, dass sie eine Einsichtnahme unterlassen
habe. Aus der Tatsache, dass der Beklagten eine Einsichtnahme möglich ge-
wesen wäre, folge keine Arglist.
Auch das neue Berufungsvorbringen der Klägerin, dass die Audi AG ih-
ren Vertragspartnern vorschreibe, beim Ankauf eines gebrauchten Kraftfahr-
zeugs eine Checkliste abzuarbeiten, und dies zu einer Einsichtnahme in die
Reparaturhistorie zwinge, begründe - seine Richtigkeit unterstellt - keine abwei-
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chende Beurteilung. Es sei bereits höchst fraglich, ob die Audi AG damit ihre
Pflichten gegenüber Drittkäufern habe erweitern und diese in den Schutzbe-
reich einbeziehen wollen. Selbst wenn dies bejaht würde, könnte es allenfalls
eine vertragliche Pflichtverletzung begründen, nicht aber Arglist im Sinne arglis-
tigen Unterlassens. Denn es habe, wie ausgeführt, für die Rechtsvorgängerin
der Beklagten keine Hinweise auf einen Unfall gegeben, denen nachzugehen
Anlass bestanden hätte. Als etwaige fahrlässige Verletzung vertraglicher Ne-
benpflichten - Prüfungspflichten - könne das Unterlassen der Einsicht in die Re-
paraturhistorie aber keinen Schadensersatzanspruch begründen. Ziffer VI
Nummer 1 der unstreitig einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für
den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen und Anhängern schließe die Ver-
letzung solcher Nebenpflichten ein, die sich in einem Sachmangel darstellten.
Die Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr sei zwischen Kaufleuten zuläs-
sig; es handele sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf. Aufgrund der Auslie-
ferung des Fahrzeugs am 22. Juni 2007 seien etwaige vertragliche Ansprüche
der Klägerin mit Ablauf des 22. Juni 2008 verjährt.
Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bestünden ebenfalls
nicht, da die Voraussetzungen eines Betrugs der Beklagten, für dessen Folgen
sie der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 2 BGB in Verbindung mit
§ 263 StGB zum Schadensersatz verpflichtet wäre, fehlten.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zwar einen bereicherungs-
rechtlichen Rückabwicklungsanspruch aus § 812 BGB aufgrund der von der
Klägerin erklärten Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung
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sowie einen deliktischen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Betrugs
verneint. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass vertragliche Ansprü-
che wegen Mängeln des Fahrzeugs nicht verjährt sind und deshalb nicht mit der
vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden können.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die tatrichterlichen Fest-
stellungen, aufgrund derer das Berufungsgericht den von der Klägerin erhobe-
nen Vorwurf der arglistigen Täuschung nicht für begründet erachtet hat.
a) Hinsichtlich der Reparatur vom 30. Mai 2005 hat das Berufungsgericht
mit Recht angenommen, dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten insoweit
nicht bestand. Denn dieser Reparatur lag, wie das Berufungsgericht rechtsfeh-
lerfrei festgestellt hat, lediglich ein Bagatellschaden zugrunde. Das Revisions-
vorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Die Revision räumt ein, dass die Klägerin zur Erheblichkeit dieses Scha-
dens nicht detailliert vorgetragen hat, und zieht nicht in Zweifel, dass sich aus
der Reparaturhistorie, dem Klägervortrag und dem von der Klägerin eingeholten
DEKRA-Gutachten kein weitergehender Schaden ergibt, als ihn das Berufungs-
gericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Sie meint jedoch, von der Klä-
gerin sei nicht darzulegen gewesen, dass diese Reparatur mehr als einen Ba-
gatellschaden zum Gegenstand gehabt habe, sondern es sei nach den
Grundsätzen der sekundären Behauptungslast Sache der Beklagten, welche
die Reparatur durchgeführt habe, darzulegen, dass es sich nur um einen Baga-
tellschaden und nicht um einen aufklärungspflichtigen Unfallschaden gehandelt
habe.
Das trifft nicht zu. Die Klägerin hat die Anfechtung des Kaufvertrags da-
rauf gestützt, dass der Reparatur vom 30. Mai 2005 ein aufklärungspflichtiger
Unfallschaden zugrunde gelegen habe. Aus der ihr vorliegenden Reparaturhis-
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torie, aus der sich die durchgeführten Arbeiten ergeben, und dem von ihr ein-
geholten DEKRA-Gutachten ergibt sich aber, wie ausgeführt, nicht mehr als ein
Bagatellschaden. Soweit die Beklagte aufgrund der von ihr durchgeführten Re-
paratur nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast etwas vorzu-
tragen hatte, hat sie dieser Obliegenheit genügt, wie das Berufungsgericht be-
reits in seinem Hinweisbeschluss vom 13. März 2012 festgestellt hat.
b) Auch hinsichtlich der Reparatur vom 29. Oktober 2003, die in der Zeit
durchgeführt worden war, als die Streithelferin Eigentümerin des Fahrzeugs
war, hat das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die
Beklagte verneint. Rechtsfehler der tatrichterlichen Beurteilung werden von der
Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.
Positive Kenntnis der Beklagten von der Unrichtigkeit der von ihr im Be-
stellformular abgegebenen Wissenserklärungen kann nicht angenommen wer-
den. Denn es steht nicht fest, dass die Streithelferin die Beklagte über einen
Unfallschaden, welcher dieser Reparatur zugrunde gelegen haben soll, infor-
miert hat. Ebenso wenig ist festgestellt, dass die Beklagte von diesem Schaden
vor dem Verkauf des Fahrzeugs an die Klägerin auf andere Weise Kenntnis
erlangt hätte. Dagegen bringt die Revision nichts vor.
Die Beklagte hat die Erklärung, dass ihr auf andere Weise Mängel und
Unfallschäden nicht bekannt seien, auch nicht arglistig im Sinne von "ins Blaue
hinein" abgegeben. Das Berufungsgericht hat diese Erklärung rechtsfehlerfrei
dahin ausgelegt, dass sie sich auf solche Kenntnisse bezog, die der Verkäuferin
im Rahmen einer vom Gebrauchtwagenhändler üblicherweise zu erwartenden
Prüfung bekannt geworden sein können, und hat Arglist der Beklagten mit der
Begründung verneint, dass es - unstreitig - für die Beklagte keine Anhaltspunkte
für einen erlittenen Unfallschaden gab und sie deshalb auch nicht zu weiteren
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Nachforschungen verpflichtet war. Dagegen wendet sich die Revision vergeb-
lich.
aa) Die Revision meint, die Beklagte sei in jedem Fall verpflichtet gewe-
sen, sich durch Einsichtnahme in die zentrale Audi-Datenbank Kenntnis von der
Reparaturhistorie zu verschaffen. Das trifft nicht zu.
Nach ständiger Rechtsprechung trifft den Verkäufer eines Gebrauchtwa-
gens ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht
die Obliegenheit, das zum Verkauf angebotene Fahrzeug auf Unfallschäden zu
untersuchen (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64
Rn. 15 mwN). Der Händler ist grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äuße-
ren Besichtigung ("Sichtprüfung") verpflichtet (Reinking/Eggert, Der Autokauf,
11. Aufl., Rn. 3895).
Wenn sich daraus - wie hier - keine Anhaltspunkte für einen Vorschaden
ergeben, dann besteht keine Pflicht zu weiteren Nachforschungen und damit
auch nicht zu einer Abfrage bei der zentralen Datenbank des Herstellers betref-
fend eine dort etwa vorhandene "Reparaturhistorie" des Fahrzeugs über bei
anderen Vertragshändlern/-werkstätten in den vergangenen Jahren durchge-
führte Reparaturen. Nur wenn die Erst-Untersuchung des Händlers zu anderen
Erkenntnissen führt, kann dieser zu weiteren Nachforschungen verpflichtet sein,
etwa zu gezielten Rückfragen oder auch zur Einsichtnahme in ihm zugängliche
Dateien bzw. Online-Datenbanken des Herstellers (Reinking/Eggert, aaO
Rn. 3909; LG Bielefeld, Urteil vom 3. Februar 2010 - 3 O 222/09, juris Rn. 26).
bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall etwas anderes
gilt, weil Audi, wie die Klägerin im zweiten Rechtszug behauptet und das Beru-
fungsgericht unterstellt hat, seine Vertragshändler intern verpflichtet haben soll,
beim Ankauf eines Audi-Fahrzeugs eine Checkliste abzuarbeiten, die zu einer
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Einsichtnahme in die Historie zwinge. Denn das Berufungsgericht hat rechtsfeh-
lerfrei festgestellt, dass die Beklagte gegen die (etwaige) Pflicht zur Einsicht-
nahme in die Audi-Datenbank, falls die Klägerin in den Schutzbereich dieser
Pflicht überhaupt einbezogen sein sollte, allenfalls fahrlässig, nicht aber vor-
sätzlich verstoßen habe. Da es keine Hinweise auf einen Unfall gegeben habe,
denen nachzugehen Anlass bestanden hätte, liege kein zur Anfechtung berech-
tigendes arglistiges Unterlassen, sondern allenfalls eine fahrlässige Pflichtver-
letzung vor.
(1) Dagegen bringt die Revision nichts Durchgreifendes vor. Sie räumt
ein, dass aus der Vertragspflicht eines Vertragshändlers gegenüber dem Her-
steller möglicherweise keine Vertragspflicht gegenüber dem Kunden des Ver-
tragshändlers hergeleitet werden könne und deshalb bei - wie hier - fehlendem
Aufklärungsbedarf keine Rechtspflicht gegenüber dem Kunden zur Einsicht-
nahme in die zentrale Audi-Datenbank bestehe, meint aber, der Vertragshänd-
ler müsse den Kunden zumindest darüber aufklären, dass er in die Reparatur-
historie keinen Einblick genommen habe. Das trifft nicht zu. Wenn der Verkäu-
fer - wovon auch die Revision ausgeht - zu weiteren Nachforschungen nicht
verpflichtet ist, muss er auch nicht mitteilen, dass er weitere Nachforschungen
nicht angestellt hat. Ein Hinweis auf unterlassene Nachforschungen kann nur
dann geboten sein, wenn Nachforschungen erforderlich waren. Das war nicht
der Fall.
(2)Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Tatsachenfeststel-
lung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten allenfalls Fahrlässigkeit vorzu-
werfen wäre. Sie setzt nur ihre Sachverhaltswürdigung an die Stelle der tatrich-
terlichen Würdigung des Berufungsgerichts, ohne Rechtsfehler des Berufungs-
gerichts aufzuzeigen. Das Vorbringen der Revision, die Beklagte habe es unter-
lassen, Einblick in die Reparaturhistorie zu nehmen, weil sie damit gerechnet
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habe, dass dort Daten auftauchen würden, die sie dazu verpflichten könnten,
sie der Klägerin zu offenbaren, findet in den Tatsachenfeststellungen des Beru-
fungsgerichts keine Stütze. Vom Berufungsgericht etwa übergangenen Sach-
vortrag zeigt die Revision nicht auf.
2. Das Berufungsgericht hat vertragliche Ansprüche der Klägerin wegen
des der Reparatur vom 29. Oktober 2003 zugrunde liegenden massiven Heck-
schadens in Erwägung gezogen, Feststellungen zu deren materiellen Voraus-
setzungen aber nicht getroffen, weil es vertragliche Ansprüche - ihr Bestehen
unterstellt - aufgrund der Regelung in Ziffer VI Nummer 1 der in den Vertrag
einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von ge-
brauchten Kraftfahrzeugen und Anhängern für verjährt gehalten hat. Insoweit
hält das Berufungsurteil rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Revisionsrechtlich ist aufgrund der Unterstellung des Berufungsgerichts
davon auszugehen, dass der Klägerin vertragliche Ansprüche wegen des der
Reparatur vom 29. Oktober 2003 zugrunde liegenden Heckschadens zustehen.
Solche Ansprüche sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
verjährt. Denn die Regelung in Ziffer VI Nummer 1 der Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen für den Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen und Anhängern
über die Verkürzung der Verjährungsfrist verstößt gegen die Klauselverbote des
§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB (Senatsurteil vom 29. Mai 2013 - VIII ZR
174/12, zur Veröffentlichung bestimmt, im Anschluss an die Senatsurteile vom
15. November 2006 - VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31, und vom 19. September
2007 - VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1) und ist damit nicht nur gegenüber Ver-
brauchern, sondern ebenso im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern we-
gen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders
unwirksam (Senatsurteil vom 19. September 2007 - VIII ZR 141/06, aaO). Da
die Übergabe des Fahrzeugs am 22. Juni 2007 erfolgte, war die Verjährungs-
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frist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) noch nicht abgelaufen, als die
Klägerin am 4. März 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen des nicht mit-
geteilten Vorschadens erklärte.
III.
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die nicht entscheidungsreife Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuver-
weisen, damit die erforderlichen Feststellungen zu vertraglichen Ansprüchen
der Klägerin getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 05.10.2010 - 16 O 168/09 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 10.05.2012 - 12 U 173/10 -
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