Urteil des BGH vom 09.11.2010

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 509/10
vom
9. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 9. November 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Essen vom 16. Juni 2010
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den
Fällen unter II. 1. der Urteilsgründe der unerlaubten Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen
jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Be-
täubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen unter II. 1
der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe sowie im Aus-
spruch über die Maßregel mit den Feststellungen aufgeho-
ben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen, jeweils in Tateinheit mit
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gewerbsmäßigem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge, wegen unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 30 wei-
teren Fällen und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verstoß gegen das
Pflichtversicherungsgesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren ver-
urteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf
von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Das Rechtsmittel hat mit
der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge wird durch Gewerbsmäßigkeit nicht zu einer besonders qualifizierten
Tat. Soweit § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewerbsmäßiges Handeln erfasst, gilt dies
ausdrücklich nur für die Fälle der unerlaubten Abgabe, Verabreichung oder
Überlassung an Minderjährige nach § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Der Senat hat
den Schuldspruch in den Fällen unter II. 1. der Urteilsgründe entsprechend ge-
ändert.
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2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafaus-
spruchs in den Fällen unter II. 1. der Urteilsgründe. Das Landgericht hat aus-
drücklich strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte mehrere Tatbe-
stände des § 30a BtMG (richtig: § 30 BtMG) verwirklicht hat, obwohl nur die
Tatbestandsvariante des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfüllt ist.
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3. Wegen der Aufhebung der genannten Einzelstrafen hat auch die Ge-
samtstrafe keinen Bestand.
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4. Aufzuheben war ferner die Maßregelanordnung der Festsetzung einer
isolierten Sperre gemäß § 69a StGB. Den Urteilsgründen ist nicht mit hinrei-
chender Sicherheit zu entnehmen, an welche rechtswidrige Tat die Maßregel
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anknüpft. Es bleibt letztlich offen, ob sie wegen eines Verkehrsdelikts oder we-
gen einer im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begange-
nen Straftat der allgemeinen Kriminalität (Zusammenhangstat) angeordnet wur-
de. Wird eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB aber an Zusammenhangstaten
angeknüpft, muss sich aus den Urteilsgründen die Überzeugung des Tatrichters
ergeben, dass die festgestellten Umstände den konkreten Anhalt begründen,
der Täter stelle eine Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs
dar (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 27. April 2005 - GSSt 2/04, BGHSt 50,
93, 105).
Der neue Tatrichter wird darüber hinaus Gelegenheit haben festzustel-
len, ob der Angeklagte eine Fahrerlaubnis besitzt oder nicht. Das angefochtene
Urteil enthält keine entsprechenden Feststellungen, auch der Gesamtzusam-
menhang der Urteilsgründe ist hierzu unergiebig. Die Vorstrafen (auch) wegen
Fahrens ohne Fahrerlaubnis liegen mehr als 15 Jahre zurück, der Angeklagte
ist hier nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden.
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Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender