Urteil des BGH vom 28.10.2010

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
StPO § 111i Abs. 2; StGB § 73 Abs. 1, § 73a, § 73c Abs. 1
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
- 2 -
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsan-
spruchs, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei meh-
reren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
- 3 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- 4 -
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird
das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009
aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten
sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der An-
ordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes
des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro
Ansprüche der Verletzten entgegenstehen".
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T.
und Y. werden verworfen.
4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat
die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Re-
vision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklag-
ten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es
hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn
Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und
acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem
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Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung -
verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des
Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00
Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen
richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. ,
Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die
Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs
gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf
den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen un-
begründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.
I.
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die An-
geklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem -
wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen
Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der
Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür soll-
ten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. ,
Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
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Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. ,
Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte
Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich
sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier an-
wesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durch-
suchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nah-
men einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca-
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fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten
Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Ein-
zelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht fest-
zustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beu-
te mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
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2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anord-
nung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgese-
hen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48):
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Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der
Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1
S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur
gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der
Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Ge-
schädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vo-
rübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten.
Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wer-
tenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall aus-
führenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der er-
beuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme
gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zu-
sammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete
Summe sodann aufteilen.
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisio-
nen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbun-
desanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken ge-
gen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und
meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamt-
schuldner, sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags -
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den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine
konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Ge-
samt-)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.
II.
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaus-
sprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben
sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus
diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten
T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstre-
cken.
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Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO
treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den
Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3
StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt festste-
henden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu
benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO
unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtser-
werb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Ur-
teilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw.
Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs.
5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren ge-
samtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mit-
verfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem
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ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der
gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwend-
bar; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen
- in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Ver-
mögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO ge-
troffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und
teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen wer-
den.
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2
Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert
des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
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Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO.
Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierun-
gen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten
entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw.
§ 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der
bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geld-
betrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon aus-
gegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie
nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700
S. 16).
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Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechen-
den Geldbetrages im Urteils ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in de-
nen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates
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unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1
StPO ergeben können.
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorlie-
gen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zah-
lungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlang-
ten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen.
In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbe-
trag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
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a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4
StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Ver-
letzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der
dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates
unterliegt.
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Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden
Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB
beruhen.
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Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c
Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entschei-
dung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR
254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom
7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus
(BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2
StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rech-
nung"). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel-
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lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut
dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung,
dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem
Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich"
aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder
auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall
entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf
den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzge-
bers, dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen,
also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann,
weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen
würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voran-
stehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das
Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter
nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen
vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hier-
von nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar,
den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwend-
barkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der
Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten
oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei
Jahren vollzieht.
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraus-
setzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch er-
wirbt, schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Er-
langten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, ab-
weicht, muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.
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- 11 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung
vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass
die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechts-
erwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des
von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts.
Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das
Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung
die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag an-
zugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700
S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtser-
werbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
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3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates ge-
mäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tä-
tern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Ur-
teilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszuge-
hen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat
erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Ge-
samtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teil-
nehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen wer-
den.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermö-
genswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er
dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands
in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai
2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09),
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er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig recht-
liche) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs er-
zielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68;
Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4.
Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei
mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest
eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögens-
gegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Be-
schlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27.
Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08,
NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227,
256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom
12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR
17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in
welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat ge-
wonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der
Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde
(vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom
30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR
504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt,
StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSW-
StGB/Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73
Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse
vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2
BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06,
BVerfGK 8, 143, 147).
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b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder
Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an dem-
selben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewon-
nen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu er-
möglichen, dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzo-
gen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
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Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR
181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November
1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR
281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ
2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16.
Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008
- 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ
2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Be-
schlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli
2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR
166/07, BGHSt 52, 227, 253).
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Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim
Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne aus-
drückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aus-
sprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Beden-
ken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004
- 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
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Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LK-
Schmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010,
569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter
und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er
dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamt-
schuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen
der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) dar-
über einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben (vgl. BGH, Be-
schlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom
13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008
- 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010,
568 m. Anm. Spillecke).
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Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff.
StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll
nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da
dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender
Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom
14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer
effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzge-
bung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468,
472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter
und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer
Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter
könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln,
dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Beste-
chungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet
wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be-
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schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so
bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl.
auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen
werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang
(Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "er-
langt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Be-
schlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19;
vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil
vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter
oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftli-
che Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR
564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm
die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den
weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventi-
onszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den
Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen
mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73
Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
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Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilneh-
mern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal
erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung
getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.;
Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkei-
tenverfahren, 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff.
StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn
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die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers
(BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten
nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegen-
über bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer
(§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der
Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2
StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts
im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu
belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach …
[vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beein-
trächtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldneri-
schen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte
(vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtli-
chen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR
564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldne-
rische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich
nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99,
BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
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c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner et-
waige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
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§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i
Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffang-
rechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbe-
sondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl.
BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241,
242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unter-
schiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind.
Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mit-
telabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härte-
vorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai
2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5
StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Er-
langten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichen-
des - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige
Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes
gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamt-
schuldner.
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4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken,
dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO
das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit
insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Ge-
neralbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese
die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der
gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch
den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur)
das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte,
der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang-
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rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festge-
stellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des §
73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der An-
sprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der
Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr
zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechts-
fehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der
persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Re-
vision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht
die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sach-
lich-rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen
einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermes-
sensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls
abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz
wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt
(BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567).
Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer er-
sichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rah-
men der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist
(vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568,
569 m. Anm. Spillecke).
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5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des
Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8)
weist der Senat auf Folgendes hin:
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Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil
der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist
es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten
und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die ge-
mäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen
können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formu-
liert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines
Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbe-
trages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetra-
ges in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprü-
che Verletzter entgegenstehen."
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Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zuste-
henden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner,
StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des
oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor auf-
genommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht un-
mittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20
m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung
mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilneh-
mern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in
den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs.
6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Sei-
ten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte
übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst
später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob
und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte
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- etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des
§ 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrest-
und Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen re-
gelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR
17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010,
1685, 1686).
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III.
Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der
Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweis-
lich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die
Gehilfen des Raubes bezieht.
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Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer